Manfred Neun ist der Präsident des European Cyclists‘ Federation (deutsch: Europäischer Radfahrer-Verband, abgekürzt ECF) und in dieser Funktion gewissermaßen der oberste Fahrradlobbyist nicht nur Deutschlands sondern ganz Europas. Neun schrieb Anfang Dezember letzten Jahres einen freundlich formulierten Offenen Brief mit der Überschrift „Zukunftsinvestitionen – Chefsache Fahrrad“ an die Kanzlerin. Er beklagte den geringen Stellenwert der Fahrradpolitik in Deutschland und legte seinem Brief eine Vorschlagliste zu kombinierten umwelt- und verkehrsrelevanten Investitionen in Deutschland und in Europa bei. Er schloss seinen Offenen Brief mit den geradezu devoten Worten: „Ich wünschen Ihnen Kraft, Ehrhardsches Augenmaß, und freue mich auf Ihre Antwort.“
Daraufhin passierte … gar nichts. Keine Antwort, keine Eingangsbestätigung, einfach gar nichts. Ende Mai fasste Manfred Neun noch einmal nach. In seinem zweiten Brief fragte Neun, ob der Ausbau der Fahrradmobilität seitens der Deutschen Bundesregierung weiter so nachrangig behandelt werden wird. Am 23. Juni 2009 bequemte sich das Bundeskanzleramt zu einer Antwort. Formuliert wurde diese Antwort von Dirk Pung-Jakobsen, immerhin Leiter des Referats Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, und diese Antwort strotzt nur so vor Ignoranz und Arroganz. In dürren Worten und ganzen sechs Sätzen bestätigt Pung-Jakobsen den Eingang des Briefes und schreibt: „Die Förderung des Radverkehrs ist fester Bestandteil der integrierten Stadt- und Verkehrspolitik der Bundesregierung.“ Unkonkreter gehts wirklich nicht. Dann verweist er auf die Webseite des Bundesministeriums für Verkehr zum Fahrradverkehr, als ob der Chef des ECF Nachhilfe im Surfen benötigen würde. Besonders peinlich ist der Satz: „Ihr offener Brief vom 9. Dezember 2008 liegt hier leider nicht vor.“ Mit anderen Worten: Ihren Brief vom Dezember haben wir leider verschlampt.
Wenn irgendein Radfahrer darüber nachdenkt, am 27. September die CDU zu wählen, dann empfehle ich dringend, den Antwortbrief des Bundeskanzleramtes zu lesen. Er wird danach ganz gewiss kuriert sein.
via: ADFC: Radverkehr ist keine Chefsache
Offener Brief von Manfred Neun (pdf-Dokument)
Nachfassbrief von Manfred Neun (pdf-Dokument)
Antwort des Bundeskanzleramtes (pdf-Dokument)