Rad-Spannerei wünscht guten Rutsch und viel Glück im Jahr 2020

Euch allen einen guten Rutsch und ein gutes Jahr 2020. Auch im nächsten Jahr werden Fußgänger, Radfahrer und Kinder mit den Widrigkeiten der Straße klar kommen müssen. Die Daumen gedrückt, dass das immer so gut ausgeht wie bei dem kleinen Jungen in der Spielstraße.

Was machen eigentlich die Berliner Radschnellverbindungen?

Vor drei Jahren haben SPD, die Linke und die Grünen in Berlin eine Koaltionsvereinbarung für fünf Jahre unterschrieben. Im Abschnitt „Radverkehrsinfrastruktur ausbauen“ heißt es darin: „Die Koalition wird den Bau von Radschnellverbindungen vorantreiben, damit Pendler*innen weitgehend kreuzungsfrei – oder an Knotenpunkten bevorrechtigt – auch größere Distanzen überwinden können. Ziel ist eine Gesamtlänge von 100 km.“ Nun sind etwa zwei Dritttel der Regierungszeit von Rotrotgrün abgelaufen. Ist die Koalition dem Ziel „100 Kilometer Radschnellwege“ näher gekommen?

In einem ersten Schritt wurden aus einer Vielzahl von Trassenvorschlägen zehn Korridore ermittelt, die nahezu alle radial aus den Stadtzentren in die Außenbezieke führen. Danach wurden Machbarkeitsuntersuchungen für die Mehrzehl der Trassenkorridore in Auftrag gegeben.Und so ist der Arbeitsstand bei den einzelnen Radschnellwegen:

1 Y-Trasse, Machbarkeitsstudie sollte im 2./3. Quartal 2019 vorliegen.
2 Trasse Mitte-Tegel-Spandau, Machbarkeitsstudie noch nicht in Auftag gegeben.
3 Königsweg, Machbarkeitsstudie sollte im 2./3. Quartal 2019 vorliegen.
4 Panke-Trail, Machbarkeitsstudie soll im Herbst 2019 vorliegen.
5 West-Route, Machbarkeitsstudie soll im 4. Quartal 2019 vorliegen.
6 Teltowkanal-Route, Machbarkeitsstudie sollte im 2./3. Quartal 2019 vorliegen.
7 Spandauer Damm, Machbarkeitsstudie soll im 4. Quartal 2019 vorliegen.
8 Nonnendammallee, Machbarkeitsstudie soll im 4. Quartal 2019 vorliegen.
9 Landsberger Allee Dialogveranstaltung 9. Dezember 2019, Machbarkeitsstudie ab dem 2. Quartal 2020.
10 Heiligensee, Machbarkeitsstudie noch nicht in Aufrag gegeben.

Es ist nicht zu übersehen, dass der Senat arg hinter seinem eigenem Zeitplan hinterherhinkt. Viele Machbarkeitsstudien sollte bereits seit Monaten vorliegen, weitere müssten eigentlich bis Weihnachten veröffentlicht werden.

Erst wenn eine Trasse für einen Radschnellweg festgelegt ist, beginnt der zeitaufwändigste Abschnitt der Bauvorbereitung, nämlich Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Planfeststellungsverfahren, Ausführungsplanung sowie letztlich die Vergabe der Bauleistung. Und danach muss schließlich auch noch gebaut werden.

Fazit: Berlin ist von dem Ziel, 100 Kilometer Radschnellwege zu bauen, sehr, sehr weit entfernt.

Kottbusser Damm noch immer ohne geschützten Radweg

Vor zwei Jahren hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen, dass an einer der gefährlichsten Straßen im Bezirk, nämlich am Kottbusser Damm, ein geschützter Radstreifen (PBL) eingerichtet werden soll. Bis heute wurde nicht mit den Bauarbeiten begonnen. Ein Zustand, der tödliche Folgen haben kann.
Deshalb ruft das Netzwerk Fahrradfreundliches Friedrichshain-Kreuzberg zur „Kottical Mass“ auf. Die Fahrraddemonstration ist angelehnt an das Konzept der Critical Mass, nur dass der Kottbusser Damm in einer Endlosschleife hoch- und runtergefahren wird – zwei Stunden lang. Bitte helft mit, den Protest gegen den Stillstand lautstark zu machen. Die Veranstaltung ist angemeldet. Die Grafik zeigt, wie der Kottbusser Damm sicher umgestaltet werden könnte.

Bild: Changing Cities

Wann? Mittwoch, 30. Oktober, 18 Uhr bis 20 Uhr
Wo? Kottbusser Brücke, Ecke Planufer, gegenüber der Ankerklause
Geschrieben von harrdoc

Keine Verbesserung für Radfahrende auf der Oberbaumbrücke!

Die Oberbaumbrücke ist eine der meistbefahrenen Radfahrstrecken Berlins. Dennoch erhält der Fahrradverkehr nach Abschluss der Fahrbahnsanierung am Dienstag (22.10.2019) keinen wirklich breiten und sicheren Radweg. Siehe Grapfik.

  1. Bild( Changing Cities)

Um Platz zu schaffen wurde die Zweispurigkeit der Fahrbahn für Autos aufgehoben und in jeweils eine überbreite Spur pro Richtung umgewandelt. Die neue Aufteilung widerspricht zwar nicht den Vorgaben des Mobilitätsgesetzes, aber sie führt zu keiner Verbesserung der Fahrradinfrastruktur so wie es das Mobilitätsgesetz fordert. Genau das Gegenteil schein sogar der Fall zu sein. Die gefühlte Breite beschränkt sich wie auf Bild 2 zu sehen ist auf lediglich 1,35 Meter.

Bild: Martin von Changings Cities

Überholvorgänge zwischen Radfahrenden bleiben lebensgefährlich, zumal die Autos auf die Radspur drängen, weil eine bauliche Trennung zwischen Radspur und Kfz-Spur fehlt. Die neue Verkehrslösung stellt keine Verbesserung für den Radverkehr auf dieser wichtigen Verbindung über die Spree dar, auch wenn das Jan Thomsen, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz behauptet. Die neuen Straßenmarkierungen widersprechen zwar nicht dem Mobilitätsgesetz, sie fördern aber auch nicht den Fahrradverkehr in Berlin, dem eigentlichen Ziel der Mobilitätsgesetzes. Der ADFC hat die Überlegungen zur notwendigen Breite für sicheres Überholen
aufgeschrieben:

Der Platzbedarf zum sicheren Überholen von zwei Radfahrenden liegt demnach bei 2,5 m Mindestbreite inklusive der Sicherheitsabstände. Wenn der Senat es wirklich Ernst meint mit der Umsetzung des MobG müssen folgende Punkte an der Oberbaumbrücke realisiert werden

  1. Reduzierung der PKW-Spur auf Normbreite damit eine überbreite Radverkehrsanlage entstehen kann, auf der zwei Radfahrende sich sicher überholen können.
  2. Die Radverkehrsspur muss durch bauliche Maßnahmen vom Kfz-Verkehr getrennt werden.

Geschrieben von harrdoc

Kreuzberg autofrei?

Die Errichtung von Durchfahrtsperren mittels Pollern ist in Friedrichshain-Kreuzberg ja endlich wieder Mittel der Verkehrsberuhigung geworden. Die Geschichte darum zeigt aber auch: Verwaltung und Politik (selbst wenn sie sich wie in Kreuzberg seit Jahrzehneten „ökologisch“ nennen), werden nur aktiv, wenn sie von Initiativen dazu gedrängt werden. Hier ein neuer Anlauf mit einer Demonstration unter dem Motto Kreuzberg autofrei!http://autofreiberlin.de/wp-content/uploads/2019/09/blockparade5gross-768x524.jpg

Die veranstaltende Initiative autofreiberlin schreibt dazu:

Global denken, lokal handeln! Während unsere Regierung mit vollkommen unzureichenden Maßnahmen auf die weltweite Klimakrise reagiert, fangen wir bei uns mit der Verkehrswende einfach schon mal an – dieses Mal in Kreuzberg. Wir fordern sofortige Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs und werden mit Euch gemeinsam am Samstag, den 26.10.2019 von 14 bis 17 Uhr rund um das Kottbusser Tor aufzeigen, wie viel lebenswerter die Innenstadt ohne Autos wäre. Los geht es am Hermannplatz, wo sich Radfahrer*innen und Fußgänger*innen auf dem Gehweg stapeln, während Autos freie Fahrt haben. Weiter demonstrieren und flanieren wir auf dem Kottbusser Damm, der bisher vollkommen ohne Schutz für Radfahrer*innen auskommt, bis wir das Kottbusser Tor erreicht haben – einem der übelsten Unfallschwerpunkte in Berlin. Es kann nicht angehen, dass ausgerechnet die klimafreundlichsten Verkehrsteilnehmer*innen tagtäglich Angst um Leib und Leben haben müssen! Von dort biegen wir auf die Skalitzer Straße, bevor wir kurz vor dem Görlitzer Bahnhof die Oranienstraße erreichen – eine der pulsierendsten Lebensadern des Bezirks, zugeparkt und zugestaut. Für eine lebenswerte Oranienstraße fordern wir breitere Gehwege und sichere Fahrradstreifen bei gleichzeitigem Wegfall der Parkplätze und Vorrang für die BVG. Und natürlich Tempo 30. Ohne nervigen Autoverkehr und Zweite-Reihe-Parker*innen werden wir dann gemütlich zum Moritzplatz schlendern. Bei der Blockparade #5 handelt sich um eine angemeldete Demonstration. Bring your Soundsystem oder Soundbike, wir wollen Tanz und Musik statt Lärm und Abgasen! Flummys statt Feinstaub…

Wir freuen uns riesig darauf, mit Euch gemeinsam Kreuzberg für ein paar Stunden autofrei zu machen!

https://www.facebook.com/events/2767518293272808/

Klimastreik 2019, wir streiken mit!

Am 20.09.2019 bleibt die Radspannerei geschlossen. Wir sehen uns auf der Straße:

Die Demo startet um 12 Uhr am Brandenburger Tor. Um 20 Uhr gibt es eine Critical Mass ab Mariannenplatz in Kreuzberg.

Wir teilen den Aufruf von Fridays for Future:

Weltweit streiken Kinder und Jugendliche seit Monaten jeden Freitag für ihre Zukunft. Jetzt sind alle Menschen gefordert: Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis rufen wir gemeinsam auf, mit #FridaysForFuture auf die Straße zu gehen – alle zusammen für das Klima!

Die Schüler*innen haben mit ihren Protesten gezeigt, dass sie die Politik unter Zugzwang setzen können. Am 20. September entscheidet die Bundesregierung über die nächsten Schritte in der Klimapolitik. Wenn wir alle zusammenstehen, treiben wir die Regierung zum notwendigen Handeln.

Macht mit: Kommt am 20. September zur Demonstration bei Euch vor Ort!
#Klimastreik 
#AlleFürsKlima

Die Reisetätigkeiten der Berliner Senatsmitglieder

Der AFD-Abgeordnete Pazderski hat eine kleine Anfrage an den Senat gestellt, die aus drei Einzelfragen besteht:

1. Wie viele dienstlich bedingte Inlandsflüge, Flüge innerhalb Europas und Flüge außerhalb Europas haben die einzelnen Mitglieder des Senats seit dem 1.1.2017 unternommen?
2. Wie viele dienstlich bedingte Bahnreisen außerhalb Deutschlands, aber innerhalb Europas haben die einzelnen Mitglieder des Senats in der Zeit unternomen?
3. Wie viele dienstlich bedingte Autoreisen außerhalb Berlins, aber innerhalb Deutschlands haben die einzelnen Mitglieder des Senats unternommen?

In der Antwort auf die erste Frage sagt der Senat, dass die Senatsmitglieder 27 dienstlich bedingte Inlandsflüge, 76 Flüge innerhalb Europas und 14 Flugreisen außerhalb Europas unternommen haben. Es folgt eine Auflistung jedes einzelnen Fluges. So hat Justizsenator Behrendt zum Beispiel sieben Flüge nach Karlsruhe, Kopenhagen, Brüssel, Luxemburg, Köln/Bonn, Saarbrücken und erneut nach Brüssel unternommen. In dieser Weise werden alle Dienstflüge der Senatsmitglieder abgearbeitet. Am häufigsten flogen der Regierende Michael Müller (22), Finanzsenator Matthias Kollatz (15) und Innensenator Andreas Geisel (15), alle SPD.

In der nächsten Frage geht es um dienstlich bedingte Bahnreisen außerhalb Deutschlands. Hier gibt es nur einen einzigen mageren Eintrag. Klaus Lederer (Linke) fuhr zweimal mit dem Kulturzug nach Breslau.

Sehr viel länger ist die Liste, wenn es um dienstlich bedingte Autofahrten außerhalb Berlins geht. Von den insgesamt 96 Autoreisen hat allein Behrendt von den Grünen allein 37 mal seinen Chauffeur gerufen, um sich durch die Lande kutschieren zu lassen, darunter 13 Fahrten nach Potsdam, aber auch nach Großbeeren, Michendorf und Kleinmachnow.

Man will den Senatsmitgliedern ja gern glauben, dass manchmal ein so großer Berg an Akten mitgeschleppt werden muss, dass nur eine Fahrt mit dem Auto Sinn macht. Mit Sicherheit trifft das aber nicht auf alle Autofahrten zu. So bleibt der Eindruck, dass Flüge und dienstliche Autofahrten deshalb nötig sind, weil sie das Ego des Senatsmitglieds putzen und das trifft gleichermaßen auf alle drei im Senat vertretenden Parteien zu.

Kleine Anfrage: Reisetätigkeiten der Berliner Senatsmitglieder (pdf-Dokument)

Mercedes-Benz hat die Antwort auf die Klimakrise

Der vergangene Juli könnte der weltweit heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen sein. Das sagte UN-Generalsekretär António Guterres gestern vor Journalisten in New York. Und was sagt Mercedes-Benz dazu? Im Mercedes-AMG GLA 45 4MATIC mit dem scharfen „red-hot finish“ wird der Sommer noch heißer. Schließlich ist die Klimaanlage in diesem Geschoss serienmäßig eingebaut.

IAA blockieren! The revolution will not be motorized!

Die Klimakrise verschärft sich mit enormer Geschwindigkeit: Aber die Auto-Konzerne rasen weiter mit Vollgas Richtung Heißzeit. Das Überleben der Menschheit wird durch den Klimakollaps in Frage gestellt. Doch die Auto-Industrie will weiterhin fette Spritschlucker verscheuern. Sie macht weiter, als gäbe es kein Morgen: Unterstützt von der Bundesregierung stellt sie im September auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) ihr klima- und umwelt-zerstörerisches Verkehrssystem von Gestern aus.

Auf der IAA in Frankfurt werden das deutsche Autoverkaufsministerium und die Spitzen von VW, Daimler, BMW & Co. sich und ihre zerstörerischen Blechkisten feiern. Kein Wunder: Die Auto- Industrie gehört zu den mächtigsten Fraktionen der deutschen Wirtschaft und bildet das Fundament des deutschen Export-Modells – mit seinen verheerenden ökonomischen, sozialen und ökologischen Folgen weltweit. Diese Show wollen wir als das entlarven, was sie wirklich ist: Profitgier auf dem Rücken der Ärmsten und zukünftiger Generationen. Es ist höchste Zeit, dem Automobilismus Sand ins Getriebe zu streuen!

Unter dem Slogan „Driving Tomorrow“ wirbt die Auto-Industrie auf der IAA 2019 immer noch für das Verkehrssystem von gestern. Höher, schneller, schwerer: Das ist das Motto des ungebremsten Wachstums – auch mit Elektroantrieb. Das Klima, die Umwelt und unsere Lebensqualität kommen unter die Räder von Premiumschlitten und Stadtpanzern – während ganze Landstriche abgehängt und unerreichbar werden.

Dabei könnte die Verkehrswende längst in vollem Gange sein: Mit dem Ausbau von öffentlichem Nah- und Fernverkehr kann das Reisen auf die Schiene kommen. Breite Straßen und riesige Parkplätze können Fuß- und Fahrradwegen weichen. Mit fahrscheinfreiem Nahverkehr und einer Stadt der kurzen Wege können Innenstädte autofrei werden – ganz ohne schmutzige Luft, Blechlawinen, Lärm und Asphaltwüsten. Und auch für die klimaschonende Anbindung des ländlichen Raumes können die Weichen schon heute richtig gestellt werden.

Wir wollen die Wende – jetzt! Es reicht nicht mehr, selbst Fahrrad und Bahn zu fahren. Wenn Regierung und Konzerne blockieren, müssen wir uns selbst dem Verkehrswahnsinn in den Weg stellen. Wir werden dahin gehen, wo die Auto-Industrie ihr glitzerndes Image poliert und ihre schmutzigen Karossen als Zukunft verkauft. Wir wollen die Macht der Autolobby brechen!

Sand im Getriebe: BLOCK IAA! – WIR CRASHEN IHRE PARTY!
Twitter: IAA-Demo & Sternfahrt

Steelworks: Fahrradrahmen aus Stahl

Im vergangenen Jahr kündigte der Stahlkonzern Thyssenkrupp ein Joint Venture mit dem chinesischem Rahmenbauer Jingu sowie dem Stahlhersteller Ansteel an. Ziel der Kooperation sei es, mit innovativen Produkten Marktpotenziale für Leichtbau- und Stahl-Designräder zu erschließen.

Nun wurde ein erstes Produkt der Zusammenarbeit präsentiert. Der Rahmen steelworks sieht aus wie ein Alu- oder Carbonrahmen, ist in Wirklichkeit aber aus Stahl. Allerdings wurden keine herkömmlichen konifizierten Stahlrohre für den Rahmen verschweißt. Stattdessen besteht er aus zwei Halbschalen aus Stahl, die mit hochpräziser Laserschweißtechnik zusammengefügt werden. Das Ergebnis ist die Kombination zweier Eigenschaften, die sich eigentlich gegenseitig ausschließen: extreme Steifigkeit bei gleichzeitig hohem Fahrkomfort. Angeblich soll die neue Rahmenbauweise auf lange Sicht billigere Rahmen als Konkurrenzprodukte garantieren.

Verkaufsstart des neuen Rahmens soll im Spätsommer 2019 sein.

Thyssenkrupp: steelworks

Utrecht: Für Menschen und Räder planen, nicht für Autos

Mit etwa 350.000 Einwohnern ist Utrecht die viertgrößte Stadt der Niederlande. Noch vor dreißig Jahren sah Utrecht so aus wie heute jede gewöhnliche mittelgroße Stadt in Deutschland: voller Autos, für die die Straßen verbreitert und die Kanäle zugeschüttet wurden, um noch mehr Platz für Kraftfahrzeuge zu schaffen. Irgendwann hat man in Utrecht erkannt, dass dieser Weg zu Städten führt, in denen die Menschen an den Rand gedrückt werden.

Nachdem man in Utrecht das Ruder herumgerissen hat, wurden Straßen einfach entwidmet, Straßen wurden wieder in Kanäle zurückverwandelt. 98% der Einwohner besitzen ein Rad und der Anteil des Radverkehrs in der Innenstadt liegt bei 60%. Unter dem Bahnhof entsteht gerade eine neue Fahrradabstellanlage mit 12.000 Parkplätzen.

Der 13 Minuten lange Film von Streetfilms fasst gut zusammen, wie Utrecht in den vergangenen Jahren zu einer menschenzentrierten Stadt transformiert wurde.

Utrecht: Planning for People & Bikes, Not for Cars from STREETFILMS on Vimeo.

Regierender Bürgermeister lässt sich anstecken vom Wiener 365-Euro-Jahresticket

Michael Müller hat sich in einem Interview der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) für einen stark verbilligten Öffentlichen Nahverkehr ausgesprochen. Wörtlich sagte er: „Tatsächlich habe ich mich von diesem 365-Euro-Jahresticket in Wien anstecken lassen. Ich will Schritt für Schritt auch das Ziel verfolgen, ein Jahresticket für den öffentlichen Personennahverkehr für 365 Euro anbieten zu können.“

Zur Zeit kostet ein Nahverkehrsabo im Tarifbereich AB in der günstigsten Variante 728 Euro im Jahr, also fast genau zwei Euro am Tag. Müller möchte diesen Tarif „Schritt für Schritt“ auf einen Euro senken.

Die Stadt Wien hatte diesen Schritt im Jahre 2012 gewagt, die Zahl der verkauften Jahrestickets war daraufhin stark angestiegen.

Die Einführung eines 365-Tickets wäre ein starkes Signal ür eine umweltfreundliche Verkehrspolitik in Berlin. Die regierende rotrotgrüne Koalition hat in den vergangenen knapp drei Jahren den Preis eines Sozialtickets von 36,00 auf 27,50 € gesenkt. Nach den Sommerferien können Schüler den Nahverkehr kostenlos nutzen.

NZZ: Interview mit den Stadtoberhäuptern von Wien, Berlin und Zürich

So geht Verkehrswende. Nicht.

„CDU/CSU und SPD wollen im Bundeshaushalt 2020 die Mittel für den Aus- und Neubau der Infrastruktur für die Bahn kürzen. Zugleich sollen die Haushaltsmittel für die Straßen weiter steigen“, sagt Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss für die Grünen.

Googlet man mal nach „Bundeshaushalt 2020“, dann findet man den „Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2020 (PDF, 176 KB)“ und da bekommt der Haushalt 20 einen anderen Drall. Zitat: „Im Verkehrshaushalt werden die Investitionen gegenüber dem geltenden Finanzplan weiter erhöht. Die klassische Verkehrsinvestitionslinie (der Bereiche Straße, Schiene und Wasserstraße) wird im Jahr 2020 gegenüber dem noch geltenden Finanzplan um über 770 Mio. € auf rund 15,3 Mrd. € gesteigert“ (Seite 11). Dass Gastels Zahlen (2020: 10,92 Mrd. € Investitionen für Autobahnen, Bundestraßen und Schienenwege) und die Zahlen der Regierung (2020: 15,3 Mrd. € Investitionen in den Verkehrsbereich) nicht vergleichbar sind, liegt vermutlich daran, dass die Investitionen in den Wasserstraßenausbau und die Milliarden für den Radschnellwegbau bei Gastel nicht berücksichtigt werden.

Und weiter aus der Haushaltsvorlage der Bundesregierung: „Die Steigerung kommt vor allem dem Schienenbereich zugute, der als klimafreundlicher Verkehrsträger weiter gestärkt wird“ (Seite 11). Konkrete Zahlen werden dann allerdings nicht genannt, stattdessen recht blumige Aussagen darüber, dass ganz, ganz viele Milliarden (konkret: 51,4 Mrd. €) für die Schienenwege im Zeitraum 2020 bis 2029 eingeplant sind. Gut zu wissen, dass heute in zehn Jahren viel Geld in den Schienenausbau gesteckt werden soll, allerdings hilft uns das hier und heute kein Stück weiter. Notwendigerweise ist der sofortige Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur erforderlich und nicht erst in einer Dekade.

In den Kommentaren zu Gastels Tweet werden auch Neuwahlen und eine grüne Regierung gefordert. Mal abgesehen davon, dass das nicht passieren wird, weil zu viele SPD- und CDU-Abgeordnete Angst haben, nicht wiedergewählt zu werden und deshalb die Merkelregierung nicht in Rente schicken, bekomme ich bei solchen Äußerungen immer ein flaues Gefühl im Magen. Die Grünen schlagen einen CO2-Preis von 40,- € pro Tonne vor. Das führt ungefähr zu einer Spritpreiserhöhung von 10 Cent pro Liter. Da die Einnahmen aus der CO2-Steuer „dem Bürger wieder zurückgegeben werden sollen“, schlagen die Grünen die Streichung der Stromsteuer und eine Barauszahlung von 100 Euro pro Einwohner vor. Der Rest des Geldes soll in die Ladeinfrastruktur von E-Autos gesteckt werden. Richtig gelesen. Der kleine Mann soll zehn Cent mehr für Sprit zahlen, das Geld fließt (teilweise) in die Infrastruktur für 30.000-Euro-E-Autos. Das ist Umverteilung von unten nach oben. Wenn die Grünen wenigstens vorgeschlagen hätten, die Mehrwertsteuer für Bahnfahrten von 19 Prozent auf Null zu stellen und die MwSt. für Regionalbahnen von 7 % auf Null zu setzen. Aber so kann ich nicht wirklich glauben, dass mit den Grünen eine radikale Verkehrswende geht.

Bundesfinanzministerium: Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2020 (PDF, 176 KB)

Thilo Jung: Grünes „Sofortprogramm“ zum Klimaschutz: Hofreiter, Baerbock & Kretschmann – BPK 28. Juni 2019 (Youtube-Video)

Fahrradparkplätze in Fürstenberg / Havel

Die Stadt Fürstenberg an der Havel hat im vergangenen Jahr noch einmal 200.000 € in die Hand genommen, um die Parkmöglichkeiten am Bahnhof zu verbessern. Fürstenberg liegt an der Bahnstrecke Rostock bzw. Stralsund und Berlin.Im Ein-Stunden-Takt hält hier der Regional-Express RE 5 und in fast einer Stunde können die Reisenden das Berliner Zentrum mit dem Zug erreichen. Da inzwischen viele Berufspendler den Regionalexpress nutzen, reichten die 112 im Jahre 2012 geschaffenen Kfz-Parkplätze bei weitem nicht aus. Mit dem frischen Geld konnten 20 weitere Kfz-Pendler-Parkplätze geschaffen werden.

Auch an Fahrräder hat man in Fürstenberg gedacht. Eine alte, abgewrackte Abstellanlage mit 55 Fahrradstellplätzen wurde demontiert, stattdessen wurde eine überdachte Fahrradabstellanlage mit festem Untergrund für 38 Fahrräder gebaut. Die Fahrradparkplätze sind genauso umkämpft wie die Autostellplätze auf der anderen Seite des Bahnhofs. Selbst in den großen Ferien ist kein einziger Fahrradparkplatz unbesetzt. Wenn man möchte, dass mehr Pendler die umweltfreundliche Kombi Fahrrad & Zug nutzen, um die die Hauptstadt zu pendeln, sollte man noch mal die doppelte Menge an Fahrradstellplätzen dort bauen.

Felsen in der Bergmannstraße

Wenn man heute mit dem Rad vom Mehringdamm über die Bergmannstraße zur Marheinekemarkthalle fahren will, muss man genauso viel Zeit einplanen wie früher. Zweitereiheparker wirken wie Pfropfen in der engen Straße und behindern das Vorankommen gehörig. Aber immerhin ist die Straße durch Parklets, Fahrradabstellplätze und Poller viel autofreier und schöner geworden. Man blickt nicht mehr ausschließich auf parkende, stehende und fahrende Kfz, sondern nimmt die Menschen auf den Bürgersteigen und auf dem Straßenmobiliar wahr.

Seit Mitte der Woche ist die Bergmannstraße um ein Requisit reicher. Auf einer Länge von 50 Metern liegen große Felsbrocken, die verhindern sollen, dass das kurze Straßenstück zugeparkt wird. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg: „Bis jetzt wurde das absolute Halteverbot durch viele Autofahrer*innen missachtet. Dadurch wird aktuell die umfangreiche Baumaßnahme in der Friesenstraße behindert und die termingerechte Fertigstellung gefährdet.“ Laut Berliner Zeitung wurden die Findlinge aus Mecklenburg „für einen schmalen Taler“ beschafft. Die großen Feldsteine sollen dort fünf Wochen liegen bleiben, bis die Friesenstraße saniert ist.

Autofahrer, die dennoch in die entstandene Sackgasse Richtung Friesenstraße fahren, halten nun respektvoll Abstand zu den Felsen. Und Radfahrer nutzen die neue Verkehrsführung wie selbstverständlich Wenn die Felsbrocken auch nachts gut ausgeleuchtet sind, sodass kein Radfahrer sie im Dunkeln übersieht, dann können die Dinger gern auch länger liegen bleiben.

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg: Findlinge sichern den Begegnungsplatz in der Bergmannstraße
Tagesspiegel: Steinzeit in der Bergmannstraße
Berliner Zeitung: Kampf gegen Falschparker Findlinge blockieren die Bergmannstraße
Bild: Kreuzberg legt Autofahrern Riesen-Steine in den Weg