Heute stellte die kommissarische Polizeichefin Margarete Koppers den Jahresbericht zur Verkehrssicherheit im Land Berlin vor. In ihrem Resümee sagte Frau Koppers zwei bemerkenswerte Sätze: „Letztlich muss ein Umdenken der Verkehrsteilnehmer stattfinden, um Berlins Straßen noch sicherer zu machen. Nicht das Auto steht im Vordergrund unseres mobilen Denkens, sondern immer der Mensch!“ So eine Aussage eines Berliner Polizeipräsidenten wäre vor zehn Jahren noch völlig unmöglich gewesen.
Die teilweise persönlich gehaltenen Passagen zum Thema Radverkehr zitieren wir vollständig:
„Ich selbst fahre im Sommer viel mit dem Fahrrad und beobachte den Straßenverkehr in meinem neuen Amt natürlich kritischer und mit anderen Augen als früher. An den zahlreichen roten Ampeln auf meinem Weg zum Platz der Luftbrücke bin ich meist die einzige, die anhält. Die mich überholenden und offenbar ohne jeden Skrupel weiterfahrenden Radfahrer machen eher den Eindruck, dass sie mein Verhalten „schräg“ finden; gelegentlich muss ich mich beschimpfen lassen, wenn ich bei „Gelb“ bremse und die hinter mir fahrenden Radfahrer dadurch anhalten oder ausweichen müssen. Rote Ampeln zu überfahren, ausgewiesene Radwege zu ignorieren, obwohl sie Schutz bieten, und nur für Fußgänger vorgesehene Gehwege zu nutzen, scheint selbstverständlich. Auch hier entsteht also der Eindruck, Verkehrsregeln seien nur unverbindliche Verhaltensempfehlungen, denen man nach Lust und Laune folgen kann oder eben nicht. Ist es wirklich spießig oder uncool, Regeln einzuhalten?
Zudem ist es doch ein Trugschluss, selbst genau einschätzen zu können, wie gefährlich die Situation tatsächlich ist. Denn auf die Rücksicht der anderen Verkehrsteilnehmer können wir nicht zwingend setzen. Als Radfahrerin kenne ich natürlich auch die Opferperspektive, habe unfreiwillig einen Salto über eine geöffnete Autotür hinter mir, bin von einem rechts abbiegenden Auto erfasst oder von einem BVG-Bus so an die hohe Bordsteinkante gedrängt worden, dass ich quer über den Bürgersteig geflogen bin.
Gerade weil Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radfahrern am stärksten gestiegen sind, liegt es mir am Herzen, durch intensive präventive und auch repressive Maßnahmen die Anzahl verunglückter Radfahrer zu senken. Hier ist Kontinuität und Kreativität gefragt, um für Verständnis und Akzeptanz zu werben.
Ich wünsche mir, dass mehr Radler gemeinsam mit mir gelassen an der Ampel auf Grün warten. „Ohne Gefahr sicher ankommen“ heißt hier die Devise.
Wir werden den Fahrradverkehr auch in 2012 konsequent und kontinuierlich überwachen. Selbstverständlich stehen dabei nicht nur die Radfahrer selbst im Fokus, sondern auch die Kraftfahrer mit ihrem fehlerhaften Verhalten gegenüber dieser Risikogruppe.
Parallel werden wir auch in diesem Jahr gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern, den externen Trägern der Verkehrssicherheitsarbeit, wie dem ADFC, dem ADAC oder der BVG gezielte Schwerpunktaktionen durchführen. Insbesondere die 2011 erstmalig sehr erfolgreich durchgeführten gemeinsamen Aktionstage „ADFC-Herbstcheck“ zum Thema „Sicheres Fahrrad“ wollen wir in diesem Jahr fortsetzen und um den „Frühlingscheck“ ergänzen, damit gezielt auf das fehlerhafte Verhalten von und gegenüber Radfahrern hingewiesen werden kann.“
aus: Jahrespressekonferenz zur Verkehrssicherheitslage und Verkehrssicherheitsarbeit 2011 im Land Berlin und zur strategischen Ausrichtung 2012 – Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 0452 vom 10.02.2012 – 12:20 Uhr