Was für Fahrräder fährst Du?
Ich habe ein ganz tolles Stadtrad, das ich mir mal mit einem Maßrahmen habe bauen lassen. Das habe ich seit 1992. Es sieht etwas oll aus, ich bin ja ein bißchen kleiner, fast wie ein mißratenes Kinder- Jugendrad, aber es ist sehr leicht und sehr schön. Mein Lieblingsrad ist mein Stadtflitzer, ein umgebauter Rennradrahmen, der auch auf dem Foto zu sehen ist. Und dann habe ich für meine Dienstfahrten, wenn ich unterwegs bin, ein Faltrad, ein Birdy.
Was bedeutet Dir Fahrradfahren?
Das Radfahren ist für mich die beste Möglichkeit von A nach B zu kommen. Es gibt viel Lebensqualität: Ich finde es super, dass ich mich bewege. Es tut einfach gut, ich bleibe fit und erlebe die Natur. Ich wohne eigentlich viel zu nah an der S-Bahn, leider. Aber früher musste ich sieben oder acht Kilometer fahren, ans Paul-Lincke-Ufer, gleich um die Ecke von der Radspannerei übrigens. Ich finde natürlich auch das Politische daran wichtig. Wenn einfach weniger Leute mit dem Auto führen, verbesserte sich die Lebensqualität für alle in der Stadt.
Wie benutzt Du Deine Räder? Wie sieht Dein Fahrrad-Alltag aus?
Ich wohne in einem ehemals besetzten Haus und da haben wir gute Fahrrad-Abstellanlagen, überdachte Parkplätze, sogar auf der Straße. Wir haben schon damals in den 80ern organisiert, dass wir anstelle eines Autoparkplatzes einen überdachten Fahrrad-Abstellplatz haben. Und sonst? Ich nehme das Fahrrad und fahre damit überall hin. Eigentlich immer.
Wie pflegst Du Deine Räder?
Oh, das ist peinlich! Ich schaffe es immerhin, die Kette in einem guten Zustand zu halten. Das kann ich nicht sehen, wenn die rostet. Wenn ich in der Firma sehe, dass die MitarbeiterInnen rostige Ketten fahren, dann sage ich „Ey, öle mal Deine Kette! Das geht so nicht, da geht ja alles kaputt“. Im Büro stehen immer kleine Fläschchen mit Kettenöl. Ansonsten pflege ich sie wenig sondern bringe sie einmal im Jahr zum Wintercheck in die Fahrradwerkstatt.
Was hat sich in den letzten Jahrzehnten für das Radfahren getan?
Ich habe 1980 in einem Fahrradladen angefangen und da waren wir ja die absoluten Exoten! Wir haben damals den ersten Fahrradatlas von Berlin gemacht. Es war völlig ungewöhnlich, dass Leute radfahren und wir wurden als sehr komisch angesehen, auch vom sozialen Status her. In den 80ern war ja auch ganz klar diese Feindschaft zwischen Autofahrern und Radfahrern gegeben. Jeder Autofahrer war ein Feind und umgekehrt jeder Radfahrer auch. Und da finde ich, hat sich viel getan. Das Radfahren ist doch zunehmend anerkannt. Man kann mit einem guten Fahrrad sogar Status haben. Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass es jetzt eher die besser qualifizierten Leute sind, die das Fahrrad benutzen und eher die weniger qualifizierten Leute das Auto noch als Statussymbol brauchen. Das ist ein Wandel, den ich gut finde.
Was sollte sich noch tun, um die Situation für das Radfahren zu verbessern?
Ganz viel! Ich glaube, dass dieser Wandel in der Gesellschaft gewiss bei vielen, vielen Entscheidern noch gar nicht angekommen ist. Das Potential, das im Radverkehr steckt, wird noch völlig unterschätzt! Wenn man bedenkt, dass 50% aller Autofahrten in Berlin unter 5 kilometern liegen, dann sieht man doch, was noch möglich ist. Und was in Berlin deutlich wird, und überall dort, wo es viel Radverkehr gibt, ist, dass die Inratsruktur überhaupt nicht ausreicht. Es gibt zwar Radwege, aber die sind oft viel zu schmal. Die Ampelphasen sind falsch eingestellt, und so weiter. Ich glaube, dass da ein Mentalitätswechsel stattfinden muss. Ich habe letztens den ehemaligen Bürgermeister von Kopenhagen getroffen und der hat viele Bilder gezeigt. Da dachte ich, die sind in Dänemark ja erheblich viel weiter. Andererseits verteidige ich oft den Berliner Senat. Ich mache ja im FahrRat mit und da wird schon einiges Gutes gemacht. Aber das ist alles noch so klein, klein, klein. Ich glaube, dass der Mentalitätswechsel bei den Entscheidungsträgern erst noch kommen muss.
Ulrike ist Geschäftsführerin der
Velokonzept Saade GmbH, einem Fahrrad
„Think-Tank“ in Berlin
velo:konzept