BikeBlogBerlin hat gestern einen Aufruf zu einem Krisentreff zum Umbau der Kastanienallee veröffentlicht: „Eine Bürgerinitiative aus der Kastanienallee macht sehr polemisch gegen den Radfahrstreifen in der Kastanienallee mobil. Wer an diesem Donnerstag, den 18.11., um 13 Uhr (Treffpunkt Oderberger Straße/Kastanienallee) eine gute Stunde Zeit hat, ist herzlich willkommen. Es wäre gut, wenn sich viele Fahrradfahrer deutlich für den Radstreifen aussprechen würden.“
Zur Zeit besitzt die Kastanienallee eine Fahrspur in jede Richtung. Auf dieser Spur tummeln sich Straßenbahnen, Autos und Radfahrer. Viele Radfahrer haben mit Recht großen Respekt vor dem Fahren auf der Castingallee, weil sich immer mal wieder Unfälle ereignen, wenn Radfahrer in die Straßenbahngleise geraten.
Nach dem Willen des Bezirksamtes Pankow soll die Straße erheblich verbreitert und der Bürgersteig ebenso erheblich verkleinert werden. Neben den Gleisen sollen Radfahrspuren entstehen. Dafür sollen die Parkstreifen verschwinden, Autos sollen künftig in Parktaschen abgestellt werden, die wiederum vom Bürgersteig abgezwackt werden. Allerdings soll die Zahl der Parkplätze in der Kastanienallee um etwa 40 Prozent reduziert werden. Dennoch wird die Straße nach dem Umbau breiter und die Bürgersteige schmaler. Für eine Flaniermeile wie die Kastanienalle ist das meines Erachtens das falsche Signal. Breite Straßen verführen zu schnellem Fahren. Bemerkenswerterweise konnte sich die Verkehrslenkung Berlin (VLB) noch nicht einmal dazu entschließen, aus der Kastanienallee eine Tempo-30-Zone zu machen.
Parallel zur Kastanienallee verläuft im Abstand von einhundert Metern die Choriner Straße, die in wenigen Wochen zu einer Fahrradstraße umgestaltet wird. Radfahrer aus dem Bezirk Pankow mit einem Ziel im Bezirk Mitte werden also in Zukunft auf die Choriner Straße ausweichen können.
Die BVG befürwortet den Umbau der Kastanienallee, weil sie sich eine höhere Geschwindigkeit der Straßenbahn erwünscht. Dieses Ziel wäre aber mit einem Umbau des Weinbergswegs viel besser zu erreichen. Auf der ebenen Kastanienallee ist ein Radfahrtempo von 15 oder 20 kmh locker zu erreichen, während der relativ steile Anstieg im Weinbergsweg dazu führt, dass die Straßenbahnen im Schritttempo hinter Radfahrern hinterherfahren, die sich den Weinbergsweg hochkämpfen. Der Verzicht auf einen Parkstreifen im Weinbergsweg und die Anlage eines Radfahrstreifens in diesem Bereich würde also zu einer deutlich höheren Durchschnittsgeschwindigkeit der Straßenbahnlinie M12 führen.
Wenn man alle Argumente für und gegen einen Umbau der Allee abwägt, dann kann das Ergebnis nur lauten, sich gegen eine Verbreiterung der Kastanienallee auszusprechen.
Kann es einen Kompromiss geben? Ja, den kann es geben. Verkehrsstadtrat Jens-Holger Kirchner hat vor kurzem in der taz gesagt: „Am besten wäre es, wenn es gar keine Parkplätze gäbe. Aber das haben wir uns nicht getraut.“ Wenn Kirchner sich trauen würde, statt der vierzig Prozent der Parkplätze achtzig oder neunzig Prozent zu eliminieren, wäre allen geholfen. Den Radfahrern, die dann eine eigene Spur hätten, und den Flaneuren, denen der Platz auf dem Bürgersteig bliebe.
Grafik: taz