1. Niederländische Gegenwindmeisterschaft

Was ist der größte Feind des holländischen Radfahrers? Das ist der allgegenwärtige Gegenwind, der sich gegen die Radfahrer verschworen hat.

Deshalb wird noch in diesem Monat das erste Gegenwindrennen in den Niederlanden gestartet. Der Wettbewerb soll auf der ultimativen Gegenwindstrecke stattfinden, auf dem Oosterschelde-Sturmflutwehr, einem Bauwerk, teils Deich, teils Wehr, das die niederländische Provinz Zeeland vor Sturmfluten und Hochwasser schützt. Auf den 8,88 Kilometern des Wehrs kann man keinen Windschatten nutzen, dort gibt es keinen Baum, keinen Zaun und keine anderen Objekte, nur den nackten Wind. Die Teilnehmer werden die Fahrt nicht mit einem Rennrad bewältigen, sondern mit einem klassischen Hollandrad der Marke Gazelle, aufrecht, ohne Gangschaltung, aber mit Rücktrittbremse.

Ein genauer Zeitpunkt des Gegenwindrennens kann noch nicht festgelegt werden, da das Rennen von den Windbedingungen abhängt, notwendig ist mindestens Windstärke sechs. In dieser Woche werden eher moderate Winde aus Osten erwartet, das ist der „falsche“ Wind. Aber die nächsten stürmischen Tage mit Wind aus Süd- oder Nordwesten kommen bestimmt. Auf der Facebook-Seite NK Tegenwindfietsen wird das Rennen rechtzeitig angekündigt. Auf dieser Seite kann man sich auch für das Rennen anmelden, für das 200 Startplätze vergeben werden.

NK Tegenwindfietsen

Und wenns mal schiefgeht?

Die allgemeine Radwegbenutzungspflicht wurde im Jahre 1997 aufgehoben, ab diesem Zeitpunkt sollten Benutzungspflichten nur noch im Falle besonderer Gefahren angeordnet werden. Ist keine Benutzungspflicht angeordnet, so haben Radfahrer nun freie Wahl zwischen Radweg und Fahrbahn. Dieses Recht wird Radfahrern von anderen Verkehrsteilnehmern gerne streitig gemacht. Selbst der Berliner Polizei ist dies bekannt, und so schreibt sie:

Leider erreichen uns auch noch nach über 10 Jahren nach Aufhebung der generellen Benutzungspflicht immer wieder Beschwerden von Radfahrern, die von Autofahrern zur Benutzung der Radwege aufgefordert werden, obwohl die Benutzungspflicht dort nicht mehr besteht. Die „Belehrungen“ beschränken sich manchmal nicht nur auf Worte, sondern schließen auch aggressives Hupen und sogar Gefährdungen der rechtmäßig auf der Fahrbahn fahrenden Radfahrer durch zu dichtes Vorbeifahren und Abklemmen am Fahrbahnrand ein.

Einen Einfluss auf die alljährlichen Schwerpunktkontrollen Radverkehr hat dies freilich nicht, diese beschränken sich im Wesentlichen auf die Ampelbeachtung und den technischen Zustand des Fahrrads. Schlimmer noch, selbst manche Polizisten gehen immer noch von einer allgemeinen Benutzungspflicht aus und ermahnen korrekt fahrende Radfahrer.

In der Fahrradzukunft vom 2.6.2006 fand sich ein Artikel von Dr. Basler, der auf seinem Arbeitsweg 5,5 km Strecke mit und 3,5 km Strecke ohne Radwege vorfindet, und die Radwege mangels Benutzungspflicht nicht nutzte. Zwischen dem 14.5.2004 und 13.5.2005 fuhr er im Berliner Stadtverkehr eine Strecke von etwa 3186 km. Dabei wurde er in Zusammenhang mit der Nichtbenutzung von Radwegen 143x angehupt und 44x abgedrängt.

Auch in den Kommentaren hier in der Rad-Spannerei finden sich immer wieder abenteuerliche Schilderungen, was einem so alles passieren kann, wenn man einen Radweg nicht benutzt. Mit durchgedrückter Hupe hinterherfahren oder eben mittels riskanter – absichtlicher – Manöver zeigen, wie „unsicher“ es auf der Fahrbahn ist.

In diesem Zusammenhang habe ich die These aufgestellt, dass es sich insbesondere beim absichtlichen Abdrängen nicht mehr um Verkehrsverstöße, sondern um körperliche Gewalt – also Straftaten – handelt, bei der das Auto als Waffe missbraucht wird. Nur scheint das unter der gesellschaftlichen Wahrnehmungsschwelle zu liegen. Wird ein Fahrgast in der Bahn mit dem Messer bedroht, findet diese Schlagzeile Eingang in alle Nachrichten. Wird ein Radfahrer von der Fahrbahn abgedrängt, so kann er froh sein, wenn er von der Polizei überhaupt ernstgenommen wird, eine Schlagzeile wird daraus nicht.

Analoge Beobachtungen mache ich regelmäßig mit Fußgängern, die die Fahrbahn queren – entweder an einer Stelle, wo sie es vermeintlich nicht dürfen, bei roter Ampel oder in sonstiger Weise, die dem Verkehrsverständnis widersprechen. Insbesondere wer bei roter Ampel über die Kreuzung geht, darf sich nicht auf eine Reaktion anderer Verkehrsteilnehmer verlassen – nicht selten wird noch extra beschleunigt, um es dem Regelbrecher so richtig zu zeigen.

Eine in meinen Augen naheliegende Frage findet scheinbar keinen Eingang in die Medien oder Unfallstatistiken: Was, wenns mal schiefgeht? Also was ist, wenn ein absichtlich Abgedrängter so ungünstig stürzt, dass er sich schwer verletzt oder gar stirbt? Es macht doch einen erheblichen Unterschied, ob jemand versehentlich übersehen und deshalb angefahren wird (Unfall) oder absichtlich gefährdet und dabei angefahren wird (Straftat). Man wird davon ausgehen müssen, dass ein Teil der in den Unfallstatistiken auftauchenden „Unfälle“ eher Resultate unbeherrschter Wutanfälle sind, die durch Bremsen oder Ausweichen hätten verhindert werden können. Eine Ausnahme gibt es natürlich – fingierte Unfälle mit Sachschäden zu Ungunsten von Versicherungen sind ein Thema, das es ab und zu in die öffentliche Wahrnehmung schafft.

Ist das Unglück erst einmal geschehen, so wird schwer herauszufinden sein, ob es sich um einen Unfall oder um einen Angriff handelte. Der Verursacher wird natürlich nicht zugeben, jemanden absichtlich angefahren zu haben – aufgrund der hohen Toleranz gegenüber Verkehrsunfällen wird er sich nicht einmal dieser Fragestellung ausgesetzt sehen.

Mir ist klar, dass die Dunkelziffer schwer herauszufinden sein wird, dennoch möchte ich mit meinen Gedanken zu einer Diskussion anregen. Wie sind Eure Erfahrungen – hattet Ihr mal einen Unfall, der offenbar nicht ganz unbeabsichtigt war? Was sagt die Polizei, wenn Ihr Radwege nicht benutzt? Was sagen andere Verkehrsteilnehmer? Bessert sich die Lage?

Polen: Kein Gefängnis mehr für betrunkene Radfahrer

In Polen gilt eine Promillegrenze von 0,2 ‰. Wer im Straßenverkehr mit einem Alkoholgehalt von 0,2 bis 0,5 Promille im Blut erwischt wird, der zahlt eine Geldstrafe zwischen 625 und 1250 € oder das anderthalbfache eines Monatseinkommens. Wer mehr intus hat, kann mit Geldstrafe und/oder Haftstrafe bestraft werden. Und wer noch betrunkener ist, muss außer der Geldstrafe zwingend ins Gefängnis. Dieser Strafrahmen hat dazu geführt, dass in der Vergangenheit 10.000 Radfahrer eine Haftstrafe verbüßen mussten, weil sie die Alkohol-Promillegrenze überschritten hatten.

Ende letzter Woche hat Polens Präsident Komorowski eine Strafrechts-Novelle unterschrieben, nach der Radfahren unter Alkoholeinfluss als Ordnungswidrigkeit und nicht mehr als Straftat behandelt wird. Radfahrern, die mehr als 0,2 Promille haben, droht nun lediglich eine Arreststrafe von bis zu 30 Tagen oder eine Geldstrafe. Eine Arreststrafe ist eine abgemilderte Form der Haftstrafe, vergleichbar mit der Untersuchungshaft.

Infoseite-Polen: Keine Gefängnisstrafe mehr für betrunkene Radfahrer

Poster mit aufmerksamen Augen reduziert Fahrraddiebstahl um die Hälfte

Wenn ein simples Poster mit zwei starrenden Augen und der Unterzeile „Fahrraddieb, du wirst beobachtet!“ direkt über einer Fahrradabstellanlage hängt, reduziert das die Fahrraddiebstahlrate signfikant. Das ist die Erkenntnis eines zweijährigen Experiments, das an der Universität Newcastle im Norden Englands durchgeführt wurde.

Im ersten Jahr des Experiments ermittelte eine Arbeitsgruppe des „Centre for Behaviour and Evolution“ die Diebstahlquote auf allen Fahrradabstellanlagen des Campus der Uni Newcastle für einen Kontrollversuch. Im darauffolgenden Jahr wurde ein Poster (siehe Abbildung) über drei Anlagen zum Fahrradparken platziert, während alle anderen Fahrradabstellanlagen auf dem Universitätsgelände unverändert blieben. Ergebnis: die Diebstahlquote an den Fahrradparkanlagen mit Warnposter sank um 62%, die Zahl der Diebstähle an den unverändert gelassenen Fahrradparkplätzen stieg dagegen um 63%. Die Forscher vermuteten, dass der Fahrraddiebstahl sich insgesamt nicht reduzierte, sondern sich lediglich an andere Orte verschob. Professor Daniel Nettle, Autor des Forschungsberichts: „Wir wissen nicht, was exakt passierte, aber es scheint evident, dass Augen einen großen Einfluss auf das Verhalten haben kann.“ Die Ergebnisse bestätigen ein früheres Experiment der gleichen Forscher mit einer „Kaffeekasse“ in einer Teeküche.

Newcastle University: Watching eyes reduce bike theft
PLOS One: ‘Cycle Thieves, We Are Watching You’: Impact of a Simple Signage Intervention against Bicycle Theft
via Fietsberaad

Fahrraduhr

Toon Boumans aus Cuijk in der Nähe von Mijmegen sammelt seit mehr als vierzig Jahren historische Fahrräder, allerdings keine gewöhnlichen, normalen Räder. „Sie müssen etwas Besonderes haben“, sagt er. So wie das Feuerwehrfahrrad, das er auf eine Flohmarkt in Lille in Frankreich aufstöberte. Weil es immer schwieriger wird, Velos mit besonderen Eigenschaften zu finden, hat er sich zuletzt dem Basteln mit Fahrradteilen verschrieben. So entstand in drei Monaten eine Pendeluhr nahezu komplett aus Bike-Zubehör. Auf der Maker Fare in Kerkrade im letzten September wurde die Fahrraduhr vorgestellt.

via Bikehacks

Stadt in Bolivien verpflichtet die Einwohner zum Radfahren

Wie bringt man die Leute dazu, aufs Rad zu steigen? Entweder macht man es ihnen einfach, Fahrräder zu nutzen und schafft Anreize ökonomischer oder kultureller Art. Oder man zwingt die Menschen zum Radfahren.

Den zweiten Weg geht die bolivianische Stadt Cochabamba. In der mit gut 650.000 Einwohnern viertgrößten Stadt Boliviens wurde gerade ein Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Bürger verpflichtet, mindestens einmal in der Woche ein Fahrrad zur Bewältigung ihrer alltäglichen Wege zu gebrauchen, um die Luftverschmutzung in der 2.500 Metern über dem Meeresspiegel gelegenen Großstadt einzudämmen und die Gesundheit der Menschen zu fördern. Stadträtin Beatrice Zegarra, die das Gesetz vorgeschlagen hatte: „Wir glauben, dass das Gesetz in den nächsten zehn Tagen durchkommt, damit wir es am nächsten 22. Januar, dem Welttag des Fahrrads, schon haben.“

Opinion: En Cochabamba aprobarán Ley de la Bicicleta que obligará su uso un día a la semana
via Zukunft Mobilität

Lastendreirad und Kindertransporter „Veleon“

Der Markt für Lastenfahrräder wird immer differenzierter. Eine Berliner Firma hat nun das Lastendreirad „Veleon“ mit Neigetechnik entwickelt und auf den Markt gebracht. Im Prinzip funktioniert das Veleon wie ein Dreirad mit Achsschenkellenkung, allerdings werden beim Veleon Stahlseile zum Übertragen der Lenkbewegung verwendet. Die Neigetechnik lässt sich variieren beziehungsweise komplett abschalten.

Mit wenigen Handgriffen kann man eine selbsttragende Box in das Veleon einhängen. Aus dem Kraftfahrzeugbau wurde das Befestigungssystem Isofix für Kindersitze übernommen. Damit kann man Babyschalen und Autokindersitze fest mit dem Veleon verbinden.

Das Veleon-Dreirad ist teilbar, die vorderen beiden Räder lassen sich vom Rest des Fahrrads abtrennen, sodass man die Box auch separat als Kinderwagen oder Einkaufswagen nutzen kann. Auf Wunsch wird die Transportbox auch mit einem weiteren Stützrad geliefert.

 

Das Veleon wird in drei verschiedenen Versionen angeboten: Eco, Sport und Comfort. Das Modell „Eco“ kommt mit Seilzugscheibenbremsen an allen drei Rädern und hat eine Handbremsfunktion zum Feststellen der Bremse. Mit SRAM-8-Gang-Schaltung wiegt es etwa 22 Kilogramm und kostet  2.189,- Euro. Das knapp 22 kg schwere Modell „Sport“ hat hydraulische Scheibenbremsen, eine Neungang-Schaltung von Shimano und kostet 2.499 Euro. Das Modell „Comfort“ hat Nabenschaltung und ebenfalls Hydraulik-Scheibenbremsen, wiegt 23 Kilo und kostet 2.769,- €. Das zulässige Gesamtgewicht der Dreiräder liegt bei satten 160 Kilogramm.

Veleon

Falschparker-App „Straßensheriff“ sucht Crowdfunding-Kapital

Das Berliner Start-Up „Agentur für clevere Städte“ will eine kostenlose App „Straßensheriff“ im kommenden Jahr für die Betriebssysteme iOS und Android auf den Markt bringen. Mit der App kann man ein Foto eines Autos machen, das den Fahrradverkehr behindert. Die App speichert zusätzlich Datum und Uhrzeit sowie die GPS-Kordinaten. Alle diese Infos werden dann in ein pdf-Dokument umgewandelt und per Mail an die Polizei geschickt.

Für die Finanzierung der App setzt das Start-Up auf Crowdfunding. Insgesamt sollen so 59.000 Euro zusammenkommen. Für die ersten 33.000 € sollen die Rechtsfragen geklärt und eine Basis-Version der App für das Betriebssystem Android entwickelt werden. Für weitere 26.000 € werden dann aufgebohrte Apps für Phone und Android geliefert, inclusive der „Message-Funktion, um den Autos nette Nachrichten zu schicken“. In den ersten Tagen ist ein Kapital von 1.090 € zugesichert worden, es bleiben noch weitere 42 Tage, um das Funding-Ziel zu erreichen.

Straßensheriff
Straßensheriff bei Startnext
Straßensheriff bei Facebook
(Dank an Gerrit für den Hinweis.)

180-Euro-Fahrradschloss nach zehn Sekunden geknackt

Das Fahrradschloss TiGr Lock wird als heiliger Gral unter den Schlössern beworben. Gegen die Titanlegierung sollen auch Diebe mit schwerem Bolzenschneider chancenlos sein. Das sagt jedenfalls der amerikanische Hersteller TiGr und beruft sich auf ein Testlabor ART®, das die Schlösser getestet und zertifiziert hat. In Deutschland wurde das Fahrradschloss vom Versandhändler manufactum verkauft.

Die Stiftung Warentest hat drei TiGr-Schlösser mit einer Breite von 19 Millimeter gekauft und getestet. Ergebnis: keines der Schlösser überlebte einen Angriff mit einem Bolzenschneider länger als zehn Sekunden. Mit einer Metallsäge war das Schloss nach 90 Sekunden geknackt. „Sperr-Müll“ statt Sicherheitsfeature, urteilt die Stiftung Warentest.

Das Kaufhaus manufactum reagierte schnell und kundenfreundlich. Kunden, die das Schloss in einem der Warenhäuser des Anbieters gekauft haben, sollen sich melden, die Online-Käufer werden angeschrieben. Allen Käufern soll das Geld erstattet werden. Aus dem Webshop ist das fehlerhafte Fahrradschloss bereits verschwunden.

Stiftung Warentest: Fahrradschloss TiGr Lock: Der „Heilige Gral“ fliegt aus dem Sortiment

Wenn die „Bild“ über Radfahrer schreibt …

Radfahrer sind ein Phänomen. Ständig verursachen sie neue Riesenprobleme, von denen man vorher noch nie gehört hat, die nach Bekanntwerden aber umgehend gelöst werden müssen. Wer erinnert sich nicht an die Zeit, in der VerkehrsAutominister Ramsauer das Wort „Kopfhörer“ in den Raum rief und dieses Thema monatelang die Diskussion beherrschte. Die Bild-Zeitung hat nun das Problem Zweite-Reihe-Radfahrer ausgemacht. Tenor: Auf manchen Straßen fahren so viele Radfahrer, dass sie nicht mehr auf den Radweg passen oder auf der Fahrbahn in zwei Reihen fahren. Das wiederum ist verboten, so lange dadurch „der Verkehr“ behindert wird – also in solchen Straßen eine Minderheit an Autofahrern, die genötigt werden, die rechte Spur zu verlassen oder mal etwas langsamer zu fahren.

Tatsächlich hat der Gesetzgeber bei der Regelung, Radfahrer dürften nur so lange nebeneinanderfahren, wie „der Verkehr“ dadurch nicht behindert würde, wohl eher eine damals übliche Situation im Auge gehabt, nämlich eine geringe Anzahl an Radfahrern, die nebeneinanderfahrend den Autoverkehr aufhalten würden. Das Verbot passt aber nicht in Straßen, in denen so viele Radfahrer unterwegs sind, dass sie schon rein physisch nicht mehr hintereinanderpassen. Und es ist ungerecht gegenüber Radfahrern, die genau wie Autofahrer von A nach B kommen wollen, ohne dabei kriminalisiert zu werden. Die Bildzeitung schreibt von „Riesenradwegen“ in Berlin, die nicht ausreichen, um allen Radfahrern Platz zu bieten, übersieht dabei aber, dass es wohl keinen einzigen straßenbegleitenden Radweg gibt, der auch nur die Breite einer Fahrspur hat. Und in vielen Straßen stehen den Autos davon sogar mehrere zur Verfügung.

Und, was darf nicht fehlen, nachdem man so über die Radfahrer gemeckert hat? Genau – ans Ende eines solchen Artikels stellt man dann die Unfall- und Totenzahlen. Der aufmerksame Leser wird es sich schon so zurechtreimen, wie es gemeint ist – nämlich dass Radfahrer durch Fehlverhalten oder Zweite-Reihe-Fahren all ihre Unfälle selbst verschulden.

Bild: Zweite-Reihe-Radler verstopfen die Stadt (25.9.2013)

Tout Terrain Loops XL

Mit dem Loops XL stellt die Firma Tout Terrain einen zweisitzigen Fahrradanhänger vor, der ein wenig anders ist als gewöhnliche Zweisitzanhänger. Die zu transportierenden Kinder befinden sich in einer transparenten Kapsel mit selbsttragendem Dach und großem Kopfraum. Die Sitzpositionen sind mehrfach verstellbar und bieten auch eine Liegeposition. Der rund um die Kapsel verlaufenden Rahmen soll einen Rundumschutz bieten bei einem Aufprall. Der Kinderanhänger besitzt eine ölgedämpfte Federung mit 75mm Federweg. Und schließlich passt der Anhänger mit einer Breite von weniger als 80 Zentimetern durch alle Standardtüren und Aufzüge und lässt sich auch auf Rolltreppen nehmen. Eine multifunktionelle Deichsel sorgt dafür, dass man den Kinderanhänger in Sekunden zum Kinderwagen oder Jogger umbauen kann.

 

Ein Preis für den Kinderanhänger Loops XL ist noch nicht bekannt.
Tout Terrain Blog

Leuchtende Zebrastreifensymbole gegen Abbiegeunfälle?

Fußgänger und Radfahrer (auf dem Radweg) haben eines gemein: Im Kreuzungsbereich unterliegen sie bei grüner Ampel einem relativ hohen Unfallrisiko, verursacht durch unachtsam abbiegende Fahrzeuge. Im Jahre 2012 gab es in Berlin 484 Unfälle mit Fußgängern durch falsches Abbiegen, Radfahrer verunglückten auf diese Weise gleich 1485 mal. Zum Vergleich: Durch die Missachtung der Ampeln verursachten Radfahrer im selben Zeitraum 201 Unfälle.

Der Berliner Senat will die Unfallgefahren für Fußgänger im Ampelbereich minimieren und hat daher in den letzten Jahren einige Versuche durchgeführt. Neben einigen Kreuzungen mit Rundum-Fußgängergrün, bei dem Fußgänger auch diagonal laufen können, blinken an einigen Stellen testweise die Ampeln, um die herannahende Rotlichtphase anzukündigen. Da aber Sekundenanzeigen, die signalisieren, wie lange der Fußgänger noch zu warten hat, viel zu gefährlich sind, startet der Senat nun die nächste Testphase. Ein Symbol ähnlich einem Zebrastreifen, dessen nach und nach weniger werdende Balken das nahende „Rot“ ankündigen, soll Fußgänger sicherer über die Ampel bringen.

Wenn umgestaltete Fußgängerampeln geeignet sind, die Hauptgefahr im Kreuzungsbereich – das ist wie gesagt die der unvorsichtig abbiegenden Fahrzeuge – zu verringern, dann können auf dem Radweg fahrende Radfahrer hoffen. Vielleicht werden ihre Ampeln eines Tages auch umgestaltet: Wie wärs zum Beispiel mit einem weiß leuchtenden Kreis um die Ampelfarbe herum? Oder mit quadratischen statt runden Leuchtscheiben?

Es besteht Hoffnung, dass Märchen wahr werden: Fußgänger sind bei grüner Ampel sicher und Radfahrer auf dem Radweg auch.

Tagesspiegel vom 20.9.2013: Berlin testet neue Count-Down-Ampeln

Die Fahrrad-Black-Box Rideye

Immer mehr Radfahrer nehmen ihre Fahrten aus Gründen der Beweissicherung bei Unfällen und anderen Verkehrskonflikten auf Video auf. Eine US-Firma will deshalb eine Art Black Box für das Fahrrad für einen Preis von 149,- Dollar anbieten. Auf Kickstarter werden dafür in den nächsten 32 Tagen Unterstützer gesucht.

Rideye besteht aus einer Minikamera mit Ultraweitwinkel und einer Auflösung von 1280 x 720 Punkten. Ein einziger Knopfdruck reicht aus, die Kamera zu starten. Automatisch werden dann die letzten sechzig Minuten gespeichert. Nicht ganz klar ist mir die zusätzliche Funktion des Accelerometers. In den FAQ wird sie so beschrieben: „Rideye verwendet einen internen Beschleunigungsensor, um seine Orientierung relativ zum Boden zu bestimmen. Wenn Rideye erkennt, dass das Rad umstürzt, wird die Aufnahme beendet und die Videodatei gespeichert.“ Ist es nicht gerade besonders sinnvoll, die Momente nach einem Unfall im Videobild festzuhalten?

Rideye
Rideye bei Kickstarter

Erhöht reflektierende Kleidung die Sicherheit von Radfahrern?

Es gibt keinen Beweis, dass das Tragen von fluoreszierender, reflektierender oder anderweitig auffallender Kleidung zu einer Verminderung des Unfallrisikos führt. Das ist die überraschende Erkenntnis einer umfassenden Studie der Universität Nottingham von September 2012. Für die Studie wurden die Daten von Radfahrern, die in einen Unfall verwickelt waren, verglichen mit der Gruppe von unfallfreien Radlern. Das Datenmaterial wurde um Faktoren wie Risikoprofil einer Strecke, persönlichen Eigenschaften etc korrigiert.

In der Schlussfolgerung der Studie heißt es: „This study was designed to assess the effect of conspicuity aid use on the risk of crash for commuter and utility cyclists. A slightly greater proportion of cases than controls reported using conspicuity aids. There was therefore a raised odds ratio of collision crash involvement for those using conspicuity aids even after adjustment for a large number of important confounders. The study results do not demonstrate a protective effect as expected given previous work testing the effects of such aids on drivers’ awareness of cyclists and pedestrians. This study demonstrates the importance of understanding why many cyclists remain at risk of collision crash resulting in injury despite the use of conspicuity aids.“

„Die Studie wurde konzipiert, um die Wirkung des Gebrauchs reflektierender Kleidung auf das Unfallrisiko von Radfahrern zu beurteilen. Eine leicht höherer Anzahl von Testpersonen als die Kontrollgruppe benutzte Sicherheitswesten oder ähnliches. Es gab daher ein erhöhtes Kollisionsrisiko für Radfahrer mit Warnkleidung, sogar nach der Einbeziehung einer großen Zahl wichtiger Störfaktoren. Die Ergebnisse der Studie beweisen nicht eine schützende Wirkung, wie sie nach früheren Studien erwartet wurden, die die Wirkung reflektierender Kleidung auf Kraftfahrer hinsichtlich der Wahrnehmung von Radfahrern und Fußgängern testeten. Die Studie zeigt, wie wichtig es ist zu verstehen, weshalb das Unfallrisiko trotz reflektierender Elemente nicht automatisch sinkt.“

Universität Nottingham: The Use Of Conspicuity Aids By Cyclists And The Risk Of Crashes Involving Other Road Users: A Population Based Case-Control Study. (pdf-Dokument)
Fietsberaad: Geen bewijs voor effectiviteit reflecterende kleding

Eurobike: Merkel im Wahlkampf

Heute wurde die Eurobike 2013 eröffnet, die noch bis zum 31. August läuft. Höhepunkt der ersten Tages war eine Ansprache der Bundeskanzlerin auf der weltgrößten Fahrradmesse. Das war insofern eine Premiere, als noch nie ein deutscher Regierungschef eine Fahrradmesse mit einem Besuch geehrt hat. Noch bevor Merkel heute das erste Mal das Wort „Fahrrad“ in den Mund nahm, sprach sie über den Ausbau der Kfz-Infrastruktur. Konkret ging es um den Ausbau der Bundesstraße 31 nach Friedrichshafen, die besonders an Messetagen überfüllt ist. Merkel sagte, das „Problem B31“ sei in Berlin bekannt und sie sei zuversichtlich, dass bald eine neue Bundestraße samt 700-Meter-Tunnel zur Messestadt am Bodensee gebaut würde.

Danach gewährte Merkel den Zuhörern Einblicke in ihre Kindheit in Templin. Auch Merkel hat schon früh auf einem Fahrrad gesessen, allerdings musste sie erst „links“ und „rechts“ lernen, bevor ihre Eltern sie radfahren ließen. Danach gab es einen Knacks in Merkels Beziehung zum Rad, denn ihr erstes Kinderrad wurde von sowjetischen Soldaten gestohlen. Merkel betonte aber, dass dieser Diebsstahl ihr Verhältnis zu Russland nicht nachhaltig getrübt habe.

Danach blieb Merkel mehr im Allgemeinen. Das Fahrrad ist ein wichtiger Verkehrsträger. Schon 10 Prozent aller Wege in Deutschland werden mit dem Fahrrad zurück gelegt. Als Ziel bis zum Jahr 2020 will die Bundesregierung, dass dieser Anteil auf 15 Prozent steigt. Zur Frage der Sicherheit von Radfahrern sagte Merkel, dass das Radfahren umso sicherei sei, je mehr Radfahrer unterwegs seien und verwies auf die Städte Münster, Oldenburg und Greifswald. Allerdings seien Autofahrer nicht selten von der Menge der Radfahrer überfordert. In der Helmfrage setzt die Bundesregierung auf Freiwilligkeit und nicht auf einen Zwang zum Helm. Zum Schlus gab es ein paar Worte zum E-Bike (ist innovativ und hat große Chancen) sowie zum  Radtourismus (schafft Milliardenumsätze), bevor sich Merkel auf einen Messerundgang machte, um die Firmen Cycle Union, Bosch, Wiinora, Scott und Specialized zu besuchen.