Füße Fahrrad Auto – Wer bekommt wie viel vom Straßenraum?

Flächenrückerstattung und Vorrang für langsame Verkehre.

„Was kann Planung tun, um angesichts des veränderten Mobilitätsverhaltens die Aufenthaltsqualität nachdrücklich zu verbessern? Die Planungen in Großstadt-Regionen heute müssen Wegbereiter einer neuen Mobilität sein, die sich nicht mehr als fortschrittsverheißende Technik mit dem Elektroauto als Speerspitze darstellt, sondern im Zuge des Rückgewinns der innerstädtischen öffentlichen Räume als Aufenthaltsorte für ihre Bewohner begreift. Deshalb ist Schritt für Schritt eine „Flächenrückerstattung“ des Autoverkehrs notwendig, um die bisherige Priorisierung von schnellen Verkehrsmitteln in Richtung einer Beachtung der Mobilitätsbedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen zu ändern.

Noch stehen in der deutschen Verkehrsplanung die Verkehrsmodelle nach wie vor für die längst nur noch eingeschränkt gültige Planung des Wachstums. Eine wichtige Herausforderung zukunftstauglicher und daher postfossiler Mobilitätspolitik sind Erreichbarkeiten mit weniger fossilem Verkehr zu ermöglichen. Dies erfordert vorrangig siedlungsstrukturelle Konzepte, Regelwerke und Rahmenbedingungen, die Nahmobilität und dichtere Versorgungsnetzwerke wieder herstellen.

Zu deren konkreten Umsetzung ist allerdings ein entsprechendes neues Denken + Handeln im Regelwerkgefüge unabdingbar, dass

(a) die wichtigen Wechselwirkungen zwischen Raum- bzw. Stadtentwicklung und Verkehr im Planungsprozess nutzt und sich zugleich

(b) „ein planerischer, rechtlicher und gesellschaftlicher Vorrang für langsamere bzw. verträglichere Verkehre‘‘ als Leitidee in einer wirklich integrierten Netzgestaltung für postfossile Mobilität etablieren kann. Erst wenn das gelingt, kann die Straßenraumgestaltung für eine attraktive klimagerechte Aufenthaltsqualität „nach dem Öl“ unter Bedingungen einer „Postwachstumsgesellschaft“ gelingen.“

Veranstaltung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Ort: Amerika Haus
Hardenbergstraße 22 – 24
10623 Berlin
Zeit: 24. Februar 2011
16.00 bis 19.00 Uhr

Eine Anmeldung zu der Veranstaltung ist nicht erforderlich

(Dank an Michael für den Hinweis)

Schildbürgerstreiche in Mitte

Die vor wenigen Jahren neu angelegte Alexanderstraße im Bezirk Mitte zwischen Alexanderplatz und Jannowitzbrücke besitzt auf beiden Seiten Hochbordradwege. Die kann man aber guten Gewissens ignorieren, weil sie nicht benutzungspflichtig sind.

Nun wurde gegenüber des Tiefgarageneingangs des Einkaufszentrums Alexa an der Alexanderstraße eine Baustelle eingerichtet. Und was macht die Verkehrsbehörde von Mitte? Die pflanzt an dieser Stelle ein blaues Schild: gemeinsamer Fuß- und Radweg. Radler, die sich korrekt verhalten wolllen, müssen also runter von der Straße und rauf auf den Bürgersteig. Zur Sicherheit steht gleich hinter der Baustelle noch einmal das gleiche Schild.

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Update Freitag, 25. Februar 2011:

Seit gestern ist das Schild „Gemeinsamer Fuß- und Radweg“ ausgestauscht durch das Schild „Fußgängerweg“ mit dem Zusatz „Radfahrer frei“. Dank an xyz.

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Sunday Ride

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Sunday Ride
Berlin ist groß. Als täglicher Radfahrer kennt man für gewöhnlich die üblichen Routen: Wohnung – Arbeit – Wohnung – Kino – … Aber das ist bekanntlich nur ein Bruchteil dieser Stadt. Der Sunday Ride bietet die Möglichkeit, was anderes zu sehen und wenn man Glück hat, etwas anders zu sehen. Die Ortientierung verlieren (oder auch nicht) und sich gemütlich und sicher mit der Gruppe treiben lassen. Einer weiß, wo es langgeht.

Da beim letzten Sunday Ride leider nicht besonders viele Mitfahrer waren (es regnete), versuchen wir es gleich nochmal! Diesmal (hoffentlich) mit besserem Wetter. Die Strecke ist die gleiche geblieben, weil wir diese beim letzten mal dann doch nicht gefahren sind und die ist sehr schön.

„VeloBerlin“ mit der Radspannerei

Wir haben uns entschlossen, an der Fahrradmesse „VeloBerlin“ am 26. & 27. März in Berlin teilzunehmen. Seit längerem schon arbeiten wir an einem eigenen Rahmen, das auf diesem Rahmen basierende Fahrrad wollen wir dort einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen. Ob das Segment „Fine Art Handmade“ in welches wir auf der Messe einsortiert sind tatsächlich zu uns passt, werden wir hinterher besser beurteilen können. Vieles, was uns in der Fahrradbranche unter „Lifestyle“, „Fine“, „Art“ etc. vorgestellt wird finden wir unpraktisch bis scheußlich und dazu noch überteuert. Unser Anspruch ist nach wie vor vernünftige (gerne auch schöne) Fahrräder für den Gebrauch in der Stadt und auf Reisen zu bauen. Dass wir mit unserem Fahrradladen nicht irgendwelchen Moden hinterher laufen, sondern Überzeugungstäter_innen sind zeigt denke ich unser seit 15 Jahren konsequentes Sortiment. Trotzdem sind uns an den Fahrrädern, die wir verkaufen immer wieder Verbesserungs-Möglichkeiten aufgefallen. Diese Überlegungen und die Erfahrung von uns als Radfahrer_innen und im Fahrradladen haben wir jetzt endlich in die Entwicklung eines Fahrrades gesteckt. Die Bezeichnung Konzept-Fahrrad, ist vielleicht nicht ganz falsch, wir wollen aber auf jeden Fall verschiedene Ausstattung-Optionen anbieten. Lasst euch überraschen.

Ulrike Saade mit ihrem Team von „VeloKonzept“ ist Ausrichterin der Messe, und in Berlin seit vielen Jahren eine feste Größe für die Fahrradlobby. Die von VeloKonzept mit entwickelte Kampagne „Kopf an: Motor aus!“ ist sicher vielen ein Begriff. Folgerichtig geht ein Fach-Kongress der Messe voran. „METROMOBILE – Mensch und Mobilität im urbanen Raum“ diskutiert unter der Schirmherrschaft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Referent_innen aus Kopenhagen und London Konzepte für fahrradfreundliche Städte.

In den nächsten Wochen werden wir immer wieder mal rund um die Messe berichten.

Jahrespressekonferenz des Polizeipräsidenten zur Verkehrssicherheit in Berlin 2010

Heute wurde vom Präsidenten der Berliner Polizei der Verkehrssicherheitsbericht 2010 vorgestellt. Danach ist die Gesamtzahl der polizeilich registrierten Verkehrsunfälle in Berlin um 4,4% auf 130.500 Unfälle gestiegen. Zurückgegangen ist dagegen die Zahl der Verunglückten. Mit 44 Verkehrsunfalltoten gab es den niedrigsten Stand, der jemals in Berlin registriert wurde.

Folgende Ausführungen machte der Polizeipräsident zur Radverkehrssicherheit im Jahre 2010:

„In der Verkehrssicherheitsarbeit haben wir uns im letzten Jahr auch wieder auf die Hauptrisikogruppe der Radfahrer konzentriert. In Berlin spielt das Fahrrad als Verkehrsmittel eine immer größere Rolle.

Der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehrsaufkommen hat ständig zugenommen und liegt aktuell bei ca. 13 %. Umso erfreulicher ist es, dass im vergangenen Jahr die Unfälle unter Beteiligung von Radfahrern erneut deutlich zurückgegangen sind. 6.182 Unfälle sind 874 oder 12,4 % weniger als 2009. Besonders hervorzuheben ist, dass wir mit sechs getöteten Radfahrern den bisher niedrigsten Stand registriert haben. Im Jahr 2000 verunglückten noch 17 Menschen beim Radfahren tödlich, 2003 hatten wir mit 24 einen traurigen Höhepunkt. Diese positive Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahl der verunglückten Radfahrer weiterhin hoch ist. Sie verringerte sich zwar 2010 um 11,5 % auf 4.277, damit war jedoch immer noch jeder dritte Verunglückte in der Stadt ein Radfahrer. Nahezu die Hälfte der Unfälle, an denen Radfahrer beteiligt waren, wurde durch sie selbst verursacht oder mitverursacht. Die häufigsten Fehlverhaltensweisen waren falsche Fahrbahnbenutzung und fehlerhaftes Einfahren in den Fließverkehr. Darüber hinaus wurden 229 Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss und 192 durch Rotlichtmissachtung registriert. 19.143 Ordnungswidrigkeitsverfahren (-13,5 %, 2009: 22.143) wurden 2010 gegen Fahrradfahrer eingeleitet.

Ziel unserer Verkehrsüberwachung war es, sowohl Radfahrer als auch alle anderen Fahrzeugführer für die besonderen Gefahren des Radverkehrs zu sensibilisieren und das Radfahren in Berlin sicherer zu machen. 2011 werden wir wieder mit Schwerpunktkontrollen dazu beitragen.“

Pressemeldung 0510 der Berliner Polizei vom 11.02.2011 – 13:25 Uhr

Radfahrer bei Unfall mit Straßenbahn getötet

Noch am Unfallort starb heute ein Radfahrer, der in der Seestraße im Wedding mit einer Straßenbahn kollidiert war. Nach der Presemeldung der Berliner Polizei wollte der Radfahrer um 15:25 Uhr in der See- Ecke Turiner Straße auf einer Fußgängerüberquerung über die auf dem Mittelstreifen befindlichen Gleise fahren. Dabei wurde er von der Straßenbahn erfasst.

Der noch unbekannte Radfahrer ist das erste Verkehrsopfer unter Radlern in diesem Jahr.

Pressemeldung # 0476 vom 08.02.2011 – 19:30 Uhr

Sunday Ride ab Hausvogteiplatz

Berlin ist groß. Als täglicher Radfahrer kennt man für gewöhnlich die üblichen Routen: Wohnung – Arbeit – Wohnung – Kino – … Aber das ist bekanntlich nur ein Bruchteil dieser Stadt. Der Sunday Ride bietet die Möglichkeit, was anderes zu sehen und wenn man Glück hat, etwas anders zu sehen. Die Ortientierung verlieren (oder auch nicht) und sich gemütlich und sicher mit der Gruppe treiben lassen. Einer weiß, wo es langgeht.

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Sonntag, 6. Februar 2011 13:30 Uhr
Hausvogteiplatz

Fahrtwind Berlin
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Tödlicher Unfall in Berlin – Polizei ergreift Partei

Dass die Berliner Polizei Unfallmeldungen parteiisch formuliert, war hier schon öfters Thema. Besonders dreist ist die Pressemeldung nach einem tödlichen Unfall zwischen einer Fußgängerin und einem Auto in Wedding:

Wie berichtet, bog ein 58-jähriger Autofahrer gegen 6 Uhr 15 bei grünem Ampellicht aus der Reinickendorfer Straße in die Schulstraße ab. Nach dem bisherigen Kenntnisstand lief ihm dabei plötzlich die dunkel gekleidete Frau vor das Auto und wurde von dem „Opel“ erfasst.

Hier nutzt man gleich mehrere Mechanismen der Parteinahme:

– Man weist auf die grüne Ampel des Kraftfahrers hin – dazu, dass die Fußgängerin dann wohl auch grün hatte, schweigt man lieber. Dass der Kraftfahrer dann wartepflichtig ist, muss man gar nicht erst erwähnen.

– Jemand, der eine Straße überqueren will, tut das natürlich unvorhersehbar und plötzlich. Ist zwar nicht STVO-widrig und gilt wegen mangelnder Definition wohl für jeden Unfall, liest sich aber dennoch wie eine Mitschuld.

– Dunkle Kleidung – es ist ja nicht so, dass der Kraftfahrer seine Geschwindigkeit den Verhältnissen anpassen und mit dunklen Hindernissen rechnen muss. Nein, auch wenn es so gar nicht vorgeschrieben ist, ist ein dunkel gekleideter Fußgänger auch dann Schuld am Unfall, wenn er eigentlich Vorrang hatte. Die Geschwindigkeit des Kfz spielt dabei keine Rolle, noch nie war sie Teil von Unfallmitteilungen der Polizei.

Die Angehörigen der bisher nicht identifizierten Frau müssen nun nicht nur einen schweren Verlust verkraften, sondern auch die Tatsache, dass die Polizei ihr mindestens moralisch die Schuld am Unfall gibt und dies an eine breite Öffentlichkeit kommuniziert. Der Fußgänger – ebenso wie der Radfahrer – ist in solchen Situationen (Unfälle bei grüner Ampel) immer Schuld. Zwar wird er regelmäßig zum Beachten der Ampel ermahnt, wird er dabei jedoch von einem Abbieger umgefahren, so war er eben zu dunkel gekleidet oder hat auf seinem Recht bestanden.

Pressemitteilung vom 4.2.2011

Geldstrafe für Fahrer eines LKW, der Radfahrerin zu Tode schleifte

Am 24. Juni 2009 überfuhr an der an der Danziger Straße Ecke Prenzlauer Allee ein LKW-Fahrer eine 34-jährige Radfahrerin bei einem Rechtsabbiegeunfall und schleifte sie etwa 40 Meter mit. Die Radfahrerin starb noch an der Unfallstelle. Im Blog haben wir hier über den Unfall  berichtet.

Für diese Tat ist der Berufskraftfahrer vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 2.800 Euro verurteilt worden, zu zahlen in 70 Tagessätze a 40 Euro. Der 33-Jährige LKW-Fahrer sei beim Abbiegen unachtsam gewesen und habe durch dieses „kurze Versagen“ einen Unfall mit schrecklichen Folgen verursacht, urteilte das Verkehrsgericht.
Tagesspiegel: Laster schleifte Radlerin zu Tode – Geldstrafe für Fahrer

Scheiß kalte Finger? Nö, wieso?

chin handschuhe

Die Dinger sind eigentlich für Motoroller entwickelt und ein Mitbringsel aus China. Sehr warm und wasserdicht! Schalt- und Bremshebel sind im Überzug verstaut und lassen sich problemlos betätigen

Viele Unfälle auf Berliner Radwegen

Die Grünen haben eine kleine Anfrage gestellt, um unter anderem herauszufinden, wieviele Radfahrer in den ersten drei Quartalen des Jahres auf Berliner Radwegen wegen unachtsamer Rechtsabbieger verunglückt sind. Beantwortet wurde diese wie folgt: Von 27 schwer verunglückten Radfahrern waren 24 auf Radwegen unterwegs. Im Kreuzungsbereich starben 2 Radfahrer, 13 wurden schwer verletzt. 7 Schwerverletzte gab es auf den Radwegen, 2 auf gemeinsamen Geh- und Radwegen. Je ein Radfahrer verunglückte schwer auf der Fahrbahn, auf der Busspur und auf einem auf der Fahrbahn markierten Radweg.

Im März ergab eine weitere kleine Anfrage der Grünen, dass im Jahre 2009 14 der 48 Getöteten auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen waren.

Was könnte man als nächstes fragen? Ein Vorschlag: Wieviele Radfahrer verunglückten im Jahre 2010 bei grüner, wie viele bei roter Ampel?

Antworttext der kleinen Anfrage (PDF)

Winterdienst auf den Fahrradrouten

Während man in Kopenhagen zunächst die Radfernwege freiräumt, um dadurch Autofahrten einzusparen und den Verkehr flüssig zu halten (siehe de.rec.fahrrad), fährt man in Berlin eine andere Strategie. Hier haben große Straßen und Straßen mit Busverkehr Vorrang, deren Fahrbahn mit Salz gestreut werden darf. Dann kommen die Radwege, die von der BSR geräumt werden sollen – ohne Salz. An letzter Stelle stehen die Gehwege, die dezentral von den Anwohnern freigehalten werden müssen.

Völlig ohne Winterkonzept stehen die innerhalb der Stadt eingerichteten Radial- und Tangentialrouten für Radfahrer da. Diese führen hauptsächlich über ruhige asphaltierte Nebenstraßen und grüne Wege, beispielsweise durch Parkanlagen. Gerade die grünen Wege scheinen von jeder Räumpflicht ausgenommen zu sein – und sind damit teilweise unbenutzbar.

Dieser Beitrag soll zu einer Diskussion anregen – um Beispiele für guten oder schlechten Winterdienst wird gebeten!

Google Street View

Seit heute ist der umstrittene 3D-Kartendienst Google Street View für 20 deutsche Städte verfügbar. Der Dienst ist auch für Radfahrer gut geeignet, kann man doch Strecken virtuell am Rechner befahren, bevor man sie real abradelt. Hier ein Blick auf unsere Werkstatt in der Admiralstraße. Einfach mit dem Cursor ins Bild und weiterfahren. Den Standpunkt ändert man, indem man auf die Pfeile klickt, die nach links oder rechts weisen. Man dreht den Bildausschnitt, indem man mit der Maus den Ring um die Windrose oben links ein wenig verändert.


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Umbau der Kastanienallee

BikeBlogBerlin hat gestern einen Aufruf zu einem Krisentreff zum Umbau der Kastanienallee veröffentlicht: „Eine Bürgerinitiative aus der Kastanienallee macht sehr polemisch gegen den Radfahrstreifen in der Kastanienallee mobil. Wer an diesem Donnerstag, den 18.11., um 13 Uhr (Treffpunkt Oderberger Straße/Kastanienallee) eine gute Stunde Zeit hat, ist herzlich willkommen. Es wäre gut, wenn sich viele Fahrradfahrer deutlich für den Radstreifen aussprechen würden.“

Zur Zeit besitzt die Kastanienallee eine Fahrspur in jede Richtung. Auf dieser Spur tummeln sich Straßenbahnen, Autos und Radfahrer. Viele Radfahrer haben mit Recht großen Respekt vor dem Fahren auf der Castingallee, weil sich immer mal wieder Unfälle ereignen, wenn Radfahrer in die Straßenbahngleise geraten.

Nach dem Willen des Bezirksamtes Pankow soll die Straße erheblich verbreitert und der Bürgersteig ebenso erheblich verkleinert werden. Neben den Gleisen sollen Radfahrspuren entstehen. Dafür sollen die Parkstreifen verschwinden, Autos sollen künftig in Parktaschen abgestellt werden, die wiederum vom Bürgersteig abgezwackt werden. Allerdings soll die Zahl der Parkplätze in der Kastanienallee um etwa 40 Prozent reduziert werden. Dennoch wird die Straße nach dem Umbau breiter und die Bürgersteige schmaler. Für eine Flaniermeile wie die Kastanienalle ist das meines Erachtens das falsche Signal. Breite Straßen verführen zu schnellem Fahren. Bemerkenswerterweise konnte sich die Verkehrslenkung Berlin (VLB) noch nicht einmal dazu entschließen, aus der Kastanienallee eine Tempo-30-Zone zu machen.

Parallel zur Kastanienallee verläuft im Abstand von einhundert Metern die Choriner Straße, die in wenigen Wochen zu einer Fahrradstraße umgestaltet wird. Radfahrer aus dem Bezirk Pankow mit einem Ziel im Bezirk Mitte werden also in Zukunft auf die Choriner Straße ausweichen können.

Die BVG befürwortet den Umbau der Kastanienallee, weil sie sich eine höhere Geschwindigkeit der Straßenbahn erwünscht. Dieses Ziel wäre aber mit einem Umbau des Weinbergswegs viel besser zu erreichen. Auf der ebenen Kastanienallee ist ein Radfahrtempo von 15 oder 20 kmh locker zu erreichen, während der relativ steile Anstieg im Weinbergsweg dazu führt, dass die Straßenbahnen im Schritttempo hinter Radfahrern hinterherfahren, die sich den Weinbergsweg hochkämpfen. Der Verzicht auf einen Parkstreifen im Weinbergsweg und die Anlage eines Radfahrstreifens in diesem Bereich würde also zu einer deutlich höheren Durchschnittsgeschwindigkeit der Straßenbahnlinie M12 führen.

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Wenn man alle Argumente für und gegen einen Umbau der Allee abwägt, dann kann das Ergebnis nur lauten, sich gegen eine Verbreiterung der Kastanienallee auszusprechen.

Kann es einen Kompromiss geben? Ja, den kann es geben. Verkehrsstadtrat Jens-Holger Kirchner hat vor kurzem in der taz gesagt: „Am besten wäre es, wenn es gar keine Parkplätze gäbe. Aber das haben wir uns nicht getraut.“ Wenn Kirchner sich trauen würde, statt der vierzig Prozent der Parkplätze achtzig oder neunzig Prozent zu eliminieren, wäre allen geholfen. Den Radfahrern, die dann eine eigene Spur hätten, und den Flaneuren, denen der Platz auf dem Bürgersteig bliebe.

Grafik: taz