Bezirksgrüne wollen Kottbusser Damm und Zossener Straße fahrradfreundlicher machen

In zwei Anträgen an die BVV fordern die Grünen von Kreuzberg-Friedrichshain, auf dem Kottbusser Damm beidseitig baulich geschützte Radfahrstreifen einzurichten und in der Zossener Straße zwischen Gneisenaustraße und Blücherstraße Radfahrstreifen oder Schutzstreifen zu malen. Dazu sollen die zum Parken genutzten Spuren jeweils aufgehoben werden, um Platz für die Umgestaltungen zu schaffen.

In der Begründung für die Maßnahme Kottbusser Damm heißt es: „Der Kottbusser Damm ist eine wichtige Verbindung zwischen dem Kottbusser Tor in Kreuzberg und dem Hermannplatz in Neukölln und eine wichtige Geschäftsstraße. Er wird stark von RadfahrerInnen frequentiert, denen keine sicheren Fahrmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Gefährdungen bestehen vor allem wegen überholender Autos, dem Parkverkehr sowie Lieferwagen, die auf der rechten Fahrspur parken bzw. halten. Um ein Zuparken der Radstreifen auszuschließen, sollen diese baulich getrennt von den Fahrstreifen errichtet werden. Für diese bauliche Trennung können Poller, Bordsteine oder andere geeignete Elemente genutzt werden.“

Um den Bedürfnissen von Gewerbetreibenden und Lieferdiensten Rechnung zu tragen, sollen auch Ladezonen eingerichtet werden. Diese sollen aber von der Fahrspur erreichbar sein und nicht den geschützten Radweg kreuzen.

Die Umgestaltung der Zossener Straße und des Kottbusser Damms würde auf Kosten der bisherigen Parkplätze gehen. Die B.Z. schätzt, dass auf dem 500 Meter langen Abschnitt der Zossener Straße etwa einhundert Parkplätze wegfallen. Da der Kottbusser Damm zwischen Landwehrkanal und Herrmannplatz etwa einen Kilometer lang ist, würden hier noch mehr Parkplätze gestrichen werden.

Grüne Friedrichshain Kreuzberg: Ausbau der Fahrradinfrastruktur am Kottbusser Damm und in der Zossener Straße geplant
Antrag Drucksache – DS/0129/V: Sichere Radstreifen und Kreuzungen auf dem Kottbusser Damm
Antrag Drucksache – DS/0131/V: Zossener Straße fahrradfreundlicher machen!
B.Z.: Streit in Kreuzberg: Verdrängen bald Radwege Parkbuchten?

Senat schlägt 12 Trassenkorridore für mögliche Radschnellverbindungen in Berlin vor

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat eine erste Untersuchung zu möglichen Radschnellwegen in Berlin vorgelegt. Ein im letzten Dezember gegründeter Arbeitskreis „Radschnellwege in Berlin“ hatte 30 Korridore ermittelt, die sich grundsätzlich eignen für schnelle Radverbindungen. Darunter befinden sich die Vorschläge des ADFC, die der Radfahrerclub im Rahmen eines Wettbewerbs ermittelt hatte, aber auch ein Vorschlag des BUND sowie weitere Routen durch Berlin.

In einem zweiten Schritt wurden diese Korridore nach dem Schulnotenprinzip bewertet. Dabei wurden drei Zielfelder betrachtet: Infrastruktur, Potenziale und Wirtschaftlichkeit. Im Zielfeld Infrastruktur wurde zum Beispiel bewertet, ob ein Vorschlag mindestens fünf Kilometer lang ist, ob es eine geringe Anzahl von Knotenpunkten mit Wartepflicht gibt, sodass die Reisezeit gering ist und ob die vorgeschlagene Strecke hinsichtlich ihrer Topographie und Oberflächenbeschaffenheit verspricht, attraktiv für Radfahrer zu sein.

Hier sind die zwölf am besten bewerteten Fahrradkorridore durch Berlin:

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Strecken in der Reihenfolge ihrer Gesamtnote:
23. Betriebsweg A113 (Note 1,9)
27. Südstern – Rungiusstraße (Note 2,1)
4. Betriebsweg A 100 (Note 2,2)
10. Königsweg – Kronprinzessinnenweg (Note 2,2)
7. Straße des 17. Juni – Unter den Linden (Note 2,2)
24. Flughafen Tegel – Hohenzollernkanal (Note 2,3)
22. Spandauer Damm – Freiheit (Note 2,4)
5. Stettiner Bahn (Note 2,4)
1. Potsdamer Stammbahn (Note 2,5)
21. Nonnendammallee – Falkenseer Chaussee (Note 2,5)
11. Yorckstraße – Lichterfelde Süd (Note 2,5)
19. Berliner Straße – Schönhauser Allee (Note 2,6)
8. Saatwinkler Damm (Note 2,8)

Zusätzlich zu den zwölf notenbesten Korridoren kam der Radschnellweg an der Potsdamer Stammbahn hinzu, der unabhängig von der Bewertung auf Machbarkeit geprüft wird.

Wie geht es nun weiter? Die insgesamt vorgeschlagenen 13 Strecken werden nun detailliert auf Machbarkeit und voraussichtliche Reisezeiten untersucht. So ergab eine Untersuchung des potentiellen Radschnellwegs entlang der Stammbahn, dass die durchschnittliche Reisezeit mit dem Fahrrad von Lichterfelde-West zum Potsdamer Platz zur Zeit etwa 44 Minuten dauert. Durch den Radschnellweg verkürzt sich die Reisezeit Lichterfelde – Potsdamer Platz auf 25 Minuten. Zum Vergleich: mit dem ÖPNV dauert die gleiche Strecke 22 Minuten, ein KFZ-Fahrer sitzt für diese 9,3 Kilometer lange Strecke 27 Minuten hinter dem Steuer.

Und was kommt danach? Laut Koalitionsvertrag sollen in der aktuellen Legislaturperiode erste Radschnellverbindungen umgesetzt und weitere Machbarkeitsuntersuchungen durchgeführt werden.

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Radschnellverbindungen im Berliner Stadtgebiet – Zwischenstand (pdf-Dokument)

Rätselhafte Radzählstelle Berliner Straße

Im September letzten Jahres richtete die Verkehrslenkung Berlin (VLB) eine Internetseite ein, um die täglich aktualisierten Daten der 12 Berliner Radzählstellen zu veröffentlichen. Anfang Januar kamen fünf weitere Zählstellen hinzu. Neu ist auch die Zählstelle Berliner Straße im Pankower Norden. Sie stieg von Anfang an hoch in den Charts ein, in der Hitliste der beliebtesten Zählstellen liegt sie auf Platz zwei hinter dem Spitzenreiter Oberbaumbrücke, vom Jahresanfang bis gestern wurden hier bereits 186.034 Radfahrer gezählt.

In einem Punkt unterscheidet sich die Zählstelle Berliner Straße von allen anderen: hier werden erheblich mehr Radfahrer in die eine Richtung gezählt als andersherum. In der vergangenen Woche ab dem 12. Februar wurden bespielsweise insgesamt 30.977 Radfahrer gezählt. Von ihnen fuhren 20.639 Richtung Norden und nur 10.338 Richtung Süden. Exakt zwei Drittel fuhren nach Norden, nur ein Drittel nach Süden. In anderen Wochen ist das Missverhältnis zwischen Norden und Süden noch ausgeprägter, bis hin zum Verhältnis 75 % zu 25%.

Für die VLB ist es nicht ungewöhnlich, dass die Messergebnisse grundsätzlich unterschiedliche Werte zeigen: „Dieses Phänomen gibt es nicht nur im Radverkehr, sondern auch im Pkw-Verkehr. Die Menschen suchen sich ihre Wege täglichen Wege jeden Tag aufs Neue, ganz individuell. Morgens wird ein anderer Weg zur Arbeit gefahren wird, als abends, weil es beispielsweise noch zum Einkaufen oder Sport geht. Oder am Abend wird die schönere, aber etwas längere Strecke genutzt, morgens hingegen ist die Zeit eng, deswegen der direkte Weg. Nicht alle alle Radfahrenden machen alle Wege mit dem Rad, viele nutzen auch die Fahrradmitnahme in der Bahn. Diese Phänomene sind bei Verkehrszählungen bekannt und nichts ungewöhnliches.“

Mich selbst befriedigt diese Erklärung nicht und ich kann mir keinen Reim darauf machen. In einem Kommentar zu einem anderen Beitrag hat „Dackelblut“ auf ein ähnliches Phänomen an der Jannowitzbrücke hingewiesen. Er schrieb: „Ich füttere quasi täglich die Zählstelle an der Jannowitzbrücke und musste nun, dank der Radzählstelle, eine dramatische Entwicklung feststellen. Jeden Freitag und Samstag überqueren 200-300 Räder die Zählstelle Richtung Kreuzberg häufiger als Richtung Alexanderplatz. Wahnsinn. Nun stellt sich die Frage: Was ist mit den Menschen in “Bermuda” Kreuzberg passiert? Fahrrad geklaut? In Mitte geklautes Rad am Landwehrkanal vertickt? Zu betrunken, um auf dem Rückweg die Zählstelle zu “treffen”? Geheimen Promilleschleichweg nach Hause genommen? Als Klappradbiker lässig mit dem ÖN auf den Heimweg gemacht? Viele Geisterradler aus Kreuzberg am Start? Fragen über Fragen! Eine klassische X-Akte.“

Verkehrslenkung Berlin: Übersicht über 17 Fahrradzählstellen
Verkehrslenkung Berlin: Fahrradzählstelle Berliner Straße

Petition an den Bundestag fordert Ausstattung von LKW mit tief gezogenen Scheiben zur Verringerung von Unfällen

„Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass Lastkraftwagen, die für Fahrtstrecken im öffentlichen Straßenraum von Städten oder dicht besiedelten Räumen genutzt werden, mit einer tiefgezogenen Frontscheibe und einer Beifahrertür mit tiefgezogener Seitenscheibe ausgestattet sein müssen, um die Zahl schwerer und tödlicher Unfälle in diesen Sichtbereichen („Toter Winkel“) deutlich zu verringern.“

Diese Petition wurde im Januar 2017 erstellt und läuft noch einen Monat bis zum 20. März 2017. Zur Zeit sieht es nicht so aus, als könne sie erfolgreich werden, denn bisher haben lediglich dreißig Personen unterzeichnet und das Quorum ist erst erreicht, wenn 50.000 Mitzeichnungen erreicht sind. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Richtigkeit dieser Forderung.

Als vor zwei Wochen der Tod einer Radfahrerin im Dezember 2015 vor dem Berliner Gericht verhandelt wurde, ging es um einen Sattelschlepper, der nicht mit passiver Sicherheitstechnik ausgerüstet war. Ein Foto des Unfallfahrzeuges wurde in der B.Z. am 17. Dezember 2015 veröffentlicht, siehe hier. Im Gerichtsverfahren selbst war die ungenügende Sicherheit des LKW kein Thema. Damit sich das ändert, kann jede Stimme für die Petition sinnvoll sein.

Petition 69689 an den Deutschen Bundestag

Anton Saefkow-Straße: Vom Quer- über Längs- zum Schrägparken

Die Anton Saefkow-Straße ist eine 3/4-Kilometer lange, schmale und unbedeutende Einbahnstraße im Berliner Bezirk Pankow. Sie erschließt eine Wohnzeile entlang des S-Bahn-Rings und des Anton Saefkow-Parks. Seit langer Zeit konnten hier die Anwohner ihre Autos auf der Parkseite quer parken. Radfahrer durften die Straße nur in Richtung Kniprodestraße benutzen.

Um die Anton-Saefkow-Straße für den Radverkehr in Gegenrichtung zu öffnen, wurde eine Änderung der Parkordnung beschlossen. Statt quer sollte nur noch längs geparkt werden, damit Radfahrer nicht von rückwärts ausparkenden Kraftfahrern gefährdet werden. Das wiederum brachte eine Anwohnerinitiative auf die Palme. Sie initiierte eine Petition zum Erhalt der Parkplätze in der Anton-Saefkow-Straße, an der sich 449 Menschen beteiligten.

Der politische Druck der Petition und die Anwesenheit von Anwohnern der Straße auf der Sitzung des Verkehrsausschusses der BVV reichte aus, um den Bezirk zum Einknicken zu bringen. Letzte Woche wurde folgender Beschlussantrag angenommen:

„1. Die Freigabe zum Befahren der Anton-Saefkow-Straße entgegen der Richtung der Einbahnstraße für Fahrräder wird aufgehoben. Der ruhende Verkehr von PKW wird in Form von Schrägparkplätzen mit Richtung Kniprodestraße angeordnet.

2. In den Maßnahmekatalog im Rahmen des Programmes Stadtumbau Ost (ISEK Prenzlauer Berg) wird die Anlage eines Radweges auf der Nordseite der Anton-Saefkow-Straße von der Kniprodestraße bis zur Greifswalder Straße aufgenommen. SeinePlanungen werden zunächst dem Ausschuss für Verkehr und Öffentliche Ordnung vorgestellt und, nach Zustimmung, möglichst im Rahmen der Aufwertung des Anton-Saefkow-Parkes umgesetzt.“

Zur Zeit noch erlaubt: Fahrradgegenverkehr in der Anton Saefkow-Straße

Zur Zeit noch erlaubt: Fahrradgegenverkehr in der Anton Saefkow-Straße.

Nun muss noch die Bezirksverordnetenversammlung zustimmen, was laut Prenzberger Stime reine Formsche ist. Die Öffnung der Straße für einen gegenläufigen Radverkehr ist auf die lange Bank geschoben und wird langfristig nur dadurch gelöst, dass ein Stück des Parks versiegelt wird und als Fahrradweg in Ost-West-Richtung entsteht.

Petition der Anwohnerinitiative zum Erhalt der Parkplätze in der Anton-Saefkow-Str.
Prenzlberger Stimme: Erstmal Schluss mit Fahrradgegenverkehr in der Anton Saefkow-Straße vom 19. Februar 2017
Prenzlberger Stimme: Erst quer, dann längs – Kommunikationsproblem an der Anton-Saefkow-Straße vom 16. November 2016

Berliner Fahrradwoche

In knapp vierzehn Tagen startet wieder die „Berlin Bicycle Week“ als Auftakt zur Messe „Berliner Fahrradschau“. Hier eine kleine und unvollständige Vorschau auf interessante Veranstaltungen der Fahrradwoche.

Dienstag, 28. Februar 2017
Die lange Nacht der Bikeshops startet mit fünf Läden zwischen Pankow und Neukölln.

Mittwoch, 1. März 2017
Die Radspannerei vertreibt den Fahrradwinter mit glühenden Schraubenschlüsseln. Am 1. März ab 20 Uhr: Schlauchwechsel nach Zeit, blind Fahrradteile raten, Musik und Getränke mit dem Team der Radspannerei. Dazu gibts heiße Scheiben von den Ding Dong Daddies!

Donnerstag, 2. März 2017
Cycling Prestige – Projekte für Berlin
Die SkyCycle-Route von Sir Norman Foster in New York, die Cykelslangen in Kopenhagen oder den Hovenring in Eindhoven – wer kennt sie nicht, die internationalen Prestige-Projekte der Cycling-Infrastrukturen. Darüber wollen wir, die Initiative für clevere Städte berichten, einen Überblick zeigen und uns in einem kurzen effektiven Brainstorming neue Ideen jenseits der RadBahn für Berlin ausdenken. Denn was ist anziehender für eine Metropolen-Cycling-Kultur als Bauwerke, die Träume verkörpern und Phantasien beflügeln. Der Volksentscheid Fahrrad lädt zum Open Forum im Rahmen der Berlin Bicycle Week in die Station Berlin ins Bicylcle Cinema. Ab 21:00 Uhr.

Freitag, 3. März 2017
Die Fahrradschau öffnet ihre Pforten und bereits am ersten Tag werden einige Wettbewerbe ausgetragen, darunter der „Berlin Trials Cup“ und die Vorrunde im „Bike-Polo“.

Sonnabend, 4. März 2017
Retro-Fans werfen sich in stilechte Klamotten und treffen sich um 10:00 Uhr vor dem Brandenburger Tor zum „Berlin Tweed Day“, der Ausflug startet um 10:30 Uhr mit dem Ziel Station Berlin.

Sonntag, 5. März 2017
Station Berlin: Classsiv Bike Market von 10:00 bis 18:00 Uhr
Nach Besucheranstürmen im letzten Jahr geht der Classic Bike Market auf dem Vorhof der Station Berlin in diesem Jahr in die zweite Runde. Angeboten werden alle Preziosen, die sich als „Zweirad-bezogen“ und „gebraucht“ verstehen – vom Sammlerstück bis zum modernen Trackframe, vom klassischen Schaltwerk bis zur Kuriertasche.

Berlin Bicycle Week

Podiumsdiskussion “Volksentscheid Fahrrad schützt Eisbären”

Berlin wird bis 2020 seine selbstgesteckten Klimaschutzziele verfehlen, auch 2050 steht in den Sternen. Dabei ist Berlins 2050-Ziel nicht einmal ambitioniert genug, um die Erderwärmung, wie international vereinbart, auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dafür braucht es  schnelle, finanzierbare und effektive Veränderungen – auch im Verkehr.

Volksentscheid Fahrrad lädt in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung ein, mit Vertretern des Senats, des Club of Romes bzw. des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, des Verbands der Automobilindustrie, des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg und des Volksentscheids Fahrrads zu diskutieren.

Wir möchten klären, ob die Verkehrswende in Berlin schnell genug vorankommen wird, damit die CO2-Emissionen bis 2050 auf Null sinken.

Es diskutieren:

  • Prof. Dr. Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal-Instituts, Mitglied im Club of Rome und im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU)
  • Jens-Holger Kirchner, Staatssekretär für Verkehr, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima
  • Dr. Martin Koers, Leiter unserer Abteilung Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik, , Verband der Automobilindustrie (VDA),
  • Susanne Henckel, Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB)
  • Heinrich Strößenreuther, Volksentscheid Fahrrad

Die Veranstaltung wird moderiert von Sabine Drewes (Heinrich-Böll-Stiftung) und Marion Tiemann (Volksentscheid Fahrrad).

Zeit: Freitag, 17. Februar 2017 von 18:00 bis 20:00 Uhr
Ort: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, 10117 Berlin

70 Tagessätze Strafe gegen LKW-Fahrer wegen fahrlässiger Tötung von Radfahrerin

Am 17. Dezember 2015 um 7:30 Uhr steht ein 52-jähriger Lkw-Fahrer mit seinem fünfachsigen Sattelauflieger an der Kreuzung Karlshorster Straße und Hauptstraße als erstes Fahrzeug vor einer roten Ampel. Er wartet dort 43 Sekunden auf das grüne Ampellicht. Als die Ampel auf grün springt, setzt der Fahrer seinen Truck in Bewegung und biegt mit einer Geschwindigkeit von 11 bis 13 km/h nach rechts ab. Danach nimmt er Fahrt auf und wird 340 Meter weiter von einem PKW-Fahrer gestoppt, der beobachtet hat, dass der LKW-Fahrer beim Abbiegevorgang eine 32-jährige Radfahrerin überfahren hat. Die Frau stirbt Minuten später an der Unfallstelle, noch bevor die Polizei an der Unfallkreuzung eintrifft.

Der Prozess gegen den LKW-Fahrer fand heute vor dem Amtsgericht Tiergarten in der Kirchstraße statt. Außer dem Angeklagten werden sieben Zeugen des Unfalls beim Prozess gehört. Manchen Zeugen ist anzumerken, dass sie noch heute stark unter dem Eindruck des Geschehens leiden. Eine 47-jährige Radfahrerin, die auf der anderen Straßenseite steht und den Unfall erst dadurch bemerkt, dass der LKW einen kleinen Satz macht, als die beiden hinteren Achsen die Radfahrerin überrollen, eilt zur verunglückten Radfahrerin und muss ansehen, wie die junge Frau in ihren Händen stirbt. Weitere Zeugen, die den Unfall aus ihren Autos beobachtet haben, machen teils widersprüchliche Angaben zum Unfallhergang, zur Kleidung der Verunglückten und zur Frage, ob die Radfahrerin auf dem Bürgersteig oder auf dem Schutzstreifen fuhr.

Nach den Zeugen wird ein Sachverständiger gehört, der am 17. 12.2015 am Unfallort war. Der Sachverständige hatte das Unfallfahrzeug sicherstellen lassen, um die Spiegelstellungen des LKW zu rekonstruieren. Die Rekonstruktion ergab keine Fehlstellung der Spiegel. Der sichergestellte LKW wurde auch dazu genutzt, um den Unfall nachzustellen. Alle Spuren am LKW deuten darauf hin, dass der LKW vorn rechts die Radfahrerin traf.  Als nächstes traf der Tank des LKW´s die Radfahrerin, die daraufhin nach rechts mit ihrem Fahrrad kippte, dann von der angehobenen dritten Achse des Fahrzeugs einige Meter mitgeschleift wurde, bevor die Radfahrerein von den letzten beiden Achsen des LKW überrollt wurde. Obwohl die Nachstellungsversuche bei Tageslicht durchgeführt wurden, stellte sich heraus, dass Radfahrer sehr schlecht zu erkennen sind. Und weiter: „Es gibt einen Punkt, an dem die Radfahrerin gestanden haben könnte und von dem Fahrer des LKW nicht zu erkennen gewesen ist.“ Allerdings hätte der Angeklagte sie kurz nach dem Anfahren im Spiegel sehen müssen. Wenn er dann sofort auf die Bremse getreten hätte, hätte der Bremsweg des LKW 4,70 Meter betragen. Das wiederum bedeutet, dass der LKW zum Stillstand gekommen wäre, bevor die Radfahrerin von den hinteren Achsen des Fahrzeugs überrollt wurden. Der Sachverständige konnte ebenfalls berichten, dass das Fahrrad der Frau mit funktionierendem Seitenläuferdynamo sowie Vorderlicht und Rücklicht ausgestattet war. Ob das Licht der Radfahrerin angeschaltet war, ließ sich angesichts des zerstörten Fahrrads nicht ermitteln.

Im Plädoyer der Staatsanwältin wurde eine Strafe von 90 Tagessätzen a 40 Euro gefordert. Die Staatsanwältin beantragte auch, dass dem Angeklagten die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird. Der Angeklagte hatte keine Vorstrafen und auch keine Punkte in Flensburg. Die Verteidigung forderte einen Freispruch für ihren Mandanten und begründete das damit, dass sich „Radfahrer nur eingeschränkt an die Straßenverkehrsordnung halten“. Das letzte Wort hatte schließlich der Angeklagte. Er beließ es bei einem Satz: „Es tut mir leid.“

Das Urteil: 70 Tagessätze a 40 Euro wegen fahrlässiger Tötung. Außerdem muss der Angeklagte die Kosten des Verfahrens tragen.  Der Führerschein wird ihm nicht entzogen.

Polizeimeldung vom 18.12.2015 

Weitere Prozessberichte:
BZ: Brummifahrer überrollte Radlerin (32) – 2.800 Euro Geldstrafe
Tagesspiegel: Lkw-Fahrer bekommt 2800 Euro Strafe für Unfalltod einer Radlerin
Berliner Zeitung: Tödlicher Rad-Unfall in Lichtenberg Elf, vielleicht 13 Stundenkilometer  

Workshop: Radstreifen freiräumen

Der Berliner ADFC führt Anfang Februar einen Workshop zum Freiräumen von Radstreifen durch. In der Einladung zur Veranstaltung heißt es: „Falschparken auf Fahrradstreifen, Busspuren, Fußgängerüberwegen oder im Kreuzungsbereich ist in Berlin eher Regel als Ausnahme. Für Radfahrende ist das nicht nur ärgerlich, sondern oft gefährlich, weil sie in den fließenden Verkehr ausweichen müssen. An anderen Stellen verspäten sich Busse; Menschen im Rollstuhl oder mit Kinderwagen können die Straße nicht überqueren.

Niedrige Bußgelder und falsches Ermessen mancher Mitarbeiter des Ordnungsamts und der Polizei führen dazu, dass viele Falschparkende sich nicht von einfachen „Knöllchen“ abschrecken lassen.“

Das muss nicht so sein. Erst ein Abschleppwagen führt zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung. Fahrrad-Aktivist Andreas Schwiede – bei Twitter bekannt unter Polizeibeobachter – beschäftigt sich seit Jahren mit dem Problem zugeparkter Rad- und Gehwege und Busspuren. Er verfügt über umfassende Erfahrungen und rechtliches Fachwissen. Parkverstöße, die andere Verkehrsteilnehmende gefährden, meldet er in Eigeninitiative der Polizei oder dem Ordnungsamt und erreicht in der Regel die Umsetzung der Fahrzeuge. In seinem Vortrag erzählt er von seinen Erfahrungen und gibt praktische Tipps, um selber aktiv zu werden. Gemeinsam wollen wir anschließend Strategien diskutieren, mit denen wir auf das Problem aufmerksam machen und den Druck auf die Politik erhöhen können.

Der ADFC bittet darum, sich zur Veranstaltung auf der Facebook-Seite des ADFC mit dem „Zusagen“-Button anzumelden, da die Teilnehmerzahl bei dem Workshop begrenz ist. Bei Bedarf wird es Folgetermine geben.

Zeit: Donnerstag, 2. Februar 2017 von 19:30 bis 21:00 Uhr
Ort: ADFC Berlin Brunnenstraße 28, 10119 Berlin

ADFC Berlin bei Facebook: Workshop Radstreifen freiräumen
RadZeit 4/2016: Die Stadt als Hindernisparcours
Andreas Schwiede auf Twitter
Autofreies Kreuzberg: Leitfaden zum Räumen von Radwegen

death.bike

Heute wurde ein Internetprojekt aus der Taufe gehoben, das nur aus einer einzigen Seite besteht. Auf ihr sieht man einen Counter, der heute bei „1“ steht. Die Zahl bezieht sich auf einen tödlichen Verkehrsunfall in Morsbach, der einzige mit Radfahrerbeteiligung, den es in dem jungen Jahr 2017 gegeben hat. In Morsbach wurde ein 46 Jahre alter Radfahrer getötet, als ein 85 Jahre alter Kraftfahrer aus Herbertshagen kommend nach links auf die L94 einbiegen wollte und dabei offenbar den Radfahrer rammte.

Es bleibt wohl ein frommer Wunsch von Radfahrern, dass dieser Counter auch am Jahresende noch einstellig ist oder gar bei 1 bleibt, denn duchschnittlich stirbt etwa ein Radfahrer pro Tag in Deutschland. Die Seite „death.bike“ will die tödlichen Radfahrerunfälle dieses Jahres dokumentieren und auf einer schwarz unterlegten Landkarte verorten.

death.bike
Radverkehrsforum: Darum geht’s bei death.bike
via: itstartedwithafight

Berliner Radverkehrszählstellen 2016

An sechs der zehn automatischen Radverkehrszählstellen in Berlin wurden im gesamten Jahr 2016 mehr als eine Million Fahrräder gezählt. Spitzenreiter ist die Zählstelle an der Oberbaumbrücke mit 3.368.703 gezählten Rädern. Hier eine Übersicht über die Zahlen aller Zählstellen vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016  in absteigender Reihenfolge:

1 Oberbaumbrücke 3.368.703 Fahrräder
2 Jannowitzbrücke 2.805.576 Fahrräder
3 Yorkstraße 1.673.246 Fahrräder
4 Monumentenstraße 1.288.240 Fahrräder
5 Invalidenstraße 1.267.409 Fahrräder
6 Paul-und-Paula-Uferweg 1.094.119 Fahrräder
7 Schwedter Straße 738.725 Fahrräder
8 Prinzregentenweg 433.634 Fahrräder
9 Markstraße 341.138 Fahrräder
10 Alberichstraße 177.368 Fahrräder

An welchem Tag waren die meisten Radfahrer in Berlin unterwegs? Das war am Dienstag, dem 7. Juni 2016. An diesem Tag verzeichnete die Hälfte aller Radverkehrszählstellen den stärksten Tag des Jahres. Die Woche vom 6. bis zum 12. Juni war die stärkste Woche des Jahres. Acht von zehn Zählstellen haben in dieser Woche die meisten Radfahrer gezählt. Stärkster Monat war ungewöhnlicherweise der September.

Berliner Verkehrssicherheitsbericht 2016

Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat gestern den Verkehrssicherheitsbericht 2016 vorgelegt. Dieser seit 2005 jährlich erscheinende Bericht soll den Fortschritt des Programms „Berlin Sicher Mobil 2020“ dokumentieren. Ziel dieses Programms ist eine Senkung der Verletzten- und Totenzahlen gegenüber 2011 um 30%.

In den Jahren bis 2006 gab es einen stetigen Rückgang der Unfallzahlen. Dieser Trend kehrt sich jedoch seitdem um und die Zahlen steigen wieder. Eine Ursache liegt darin, dass die Anzahl in Berlin zugelassener Kraftfahrzeuge zugenommen hat. Der Zuwachs betrug von 2011 bis Ende 2015 bei Pkw 5,2 %, bei Motorrädern 8,6 %, bei Lkw 20,6 % und lag im Durchschnitt bei 6,4 %. Der generelle Trend spiegelt sich auch in den Zahlen der getöteten Verkehrsteilnehmer. Nach dem absoluten Tiefstand im Jahre 2013 mit 37 Getöteten wurden im vergangenen Jahr  48 Menschen in Berlin im Straßenverkehr getötet.  Das Risiko, im Berliner Straßenverkehr schwer verletzt oder getötet zu werden, hat sich entgegen aller Zielsetzungen seit 15 Jahren nicht nachhaltig verringert.

Radfahrer gehören zu den Hauptrisikogruppen im Straßenverkehr. Radfahrer haben nach den letzten Daten von 2013 einen Anteil von 13% am Modal Split. Der Anteil der Radfahrer unter den Verunglückten der Jahre 2013 bis 2015 macht jedoch 30,2 Prozent aus. Hauptunfallursachen von Radfahrern sind:

  • Benutzung der falschen Fahrbahn“ (880 bis 940 Unfälle pro Jahr)
  • Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr (600 bis 690 Unfälle pro Jahr)
  • Nicht angepasste Geschwindigkeit (320 bis 380 Unfälle pro Jahr)
  • Falsches Verhalten gegenüber Fußgängern (210 bis 250 Unfälle pro Jahr).

Hauptunfallursachen gegenüber Radfahrern sind

  • Falsches Verhalten beim Abbiegen (1.400 bis 1.600 Unfälle pro Jahr)
  • Verkehrswidriges Verhalten beim Ein- und Aussteigen (530 bis 630 Unfälle pro Jahr)
  • Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr (390 bis 440 Unfälle pro Jahr)
  • Ungenügender Sicherheitsabstand gegenüber Radfahrern (160 bis 180 Unfälle pro Jahr).

Alle Hauptunfallursachen betreffen Verhaltensweisen von Kraftfahrern. Demgegenüber ist die Unfallursache „Falsches Verhalten von Fußgängern beim Überschreiten der Fahrbahn“ mit 160 bis 180 Unfällen pro Jahr recht klein.

Das Risiko von Radfahrern, bei einem Unfall schwer verletzt zu werden, ist für alte Menschen mit rund 25 % weitaus am höchsten. Ältere Menschen (19 %) weisen ebenfalls ein überhöhtes Risiko auf.

Der Verkehrssicherheitsbericht 2016 präsentiert auch Daten zum relativen Unfallrisiko im Vergleich der Stadtbezirke. Um kleinere räumliche Einheiten als die heutigen Bezirke zu betrachten, werden im Bericht die Unfallzahlen auf die „alten“ Stadtbezirke vor 2001 heruntergebrochen. Hier eine Übersicht über das Unfallrisiko von Radfahrern in einzelnen Stadtteilen im Drei-Jahres-Mittel 2013 bis 2015 (im unten verlinkten Verkehrssicherheitsbericht auf Seite 30):


Wie ist diese Karte zu lesen? Wenn in ganz Berlin ein Unfallrisiko für Radfahrer von 1,0 besteht, dann haben alle grün markierten Altbezirke ein unterdurchschnitliches Unfallrisiko. Die niedrigsten Werte erreichen Hohenschönhausen, Hellersdorf, Marzahn und Steglitz. Orange und rot markierte Stadtteile haben ein erhöhtes Unfallrisiko für Radfahrer. Hier zeigt sich, dass im Altbezirk Mitte das mit Abstand höchste Unfallrisiko für Radfahrer besteht. Mit einem Wert von 4,4 für die alte Mitte ist das Risiko für Radfahrer hier mehr als vier mal höher als in ganz Berlin. Nach Einschätzung des Verkehrssicherheitsberichts stellt deshalb die Einrichtung der Polizei-Fahrradstaffel „vor diesem Hintergrund eine geeignete und räumlich gut platzierte Maßnahme dar“. Erhöhtes Risiko für Radfahrer besteht auch in den Stadtteilen Friedrichshain, Kreuzberg und Tiergarten.

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Berliner Verkehrssicherheitsbericht 2016

Heute Mahnwache in der Königin-Elisabeth-Straße

Heute vormittag gab es erneut einen tödlichen Unfall mit einer Radfahrerin in Berlin. Wieder war ein Lastwagen beteiligt. Deshalb wird heute um 18:30 Uhr zu einer Mahnwache an der Unfallstelle Königin-Elisabeth-Straße Ecke Knobelsdorffstraße aufgerufen. Der ADFC Berlin wird bei der Mahnwache ein weißes Geisterrad aufstellen. Der Volksentscheid Fahrrad wird 16 Grablichter aufstellen – für jede und jeden getöteten Radfahrenden eines.

Klimatest 2016 geht ins Finale

Bis übermorgen können sich noch Radfahrer beim ADFC-Klimatest 2016 beteiligen. Am Mittwoch, dem 30. November 2016 endet die dreimonatige Umfrage zur Fahrradfreundlichkeit aller deutschen Städte und Kommunen.

Der Fahrradclub veröffentlich regelmäßig Zwischenstände der Teilnehmerzahlen. Auch wenn die bisher aufgelaufenen Gesamtzahl der Stimmen nicht veröffentlicht werden, deutet sich ein uneinheitliches Bild an. In einigen Städten wird die Teilnehmerzahll der letzten Erhebung 2014 überschritten, in anderen Gemeinden scheint das Interesse am Fahrradklima einzubrechen. Immerhin wird damit gerechnet, dass 2016 wieder mehr Städte und Gemeinden in die Wertung kommen. 2014 war in 468 Städten die Mindestteilnehmertahlerreicht worden. Zum Vergleich: 332 Städte kamen beim Klimatest 2012 in die Wertung.

ADFC Klimatest