Sachverständigenrat für Umweltfragen fordert Tempo 30

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen  (SRU), auch bekannt als Umweltrat, ist ein wissenschaftliches Beratungsgremium der deutschen Bundesregierung. Er besteht zur Zeit aus sieben Mitgliedern, allesamt Professorinnen und Professoren verschiedener Fachrichtungen an deutschen Universitäten. Im Umweltgutachten 2012, das der Umweltrat am 4. Juni an Bundesumweltminister Peter Altmaier überreichte, wird unter anderem Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Städten gefordert.

Unter der Überschrift „Mobilität und Lebensqualität in Ballungsräumen“ heißt es auf Seite 7 der Kurzfassung:

„Um die Ballungsräume vom Kfz-Verkehr zu entlasten und den Verkehr insgesamt umweltverträglich zu gestalten, ist eine Verschiebung der Verkehrsträgeranteile notwendig. Als mittelfristiges Ziel sollte angestrebt werden, den Anteil des Umweltverbundes (öffentlicher Personennahverkehr [ÖPNV], Fahrrad- und Fußverkehr) am Modal Split bis 2025 vom jeweiligen Stand um 20 % und langfristig auf einen Anteil von 70 bis 80 % zu erhöhen.

Um ein solches Ziel zu erreichen, sind zum einen verstärkte Fördermaßnahmen und Investitionen in den Umweltverbund erforderlich. Dazu zählen eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Infrastruktur mit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit für motorisierte Fahrzeuge in Innenstädten. Die Erhaltung des ÖPNV kann langfristig nur durch die Schaffung eines ÖPNV-Finanzierungsgesetzes des Bundes gesichert werden.

Zum anderen ist aber auch die Korrektur ungerechtfertigter und umweltschädlicher Subventionen für den Autoverkehr notwendig (z. B. die ermäßigte Dieselbesteuerung und die niedrige Besteuerung privat genutzter Dienstwagen).“

Umweltrat: Umweltgutachten 2012 (Kurzfassung)
Umweltrat: Umweltgutachten 2012 (Langfassung)

Nationaler Radverkehrsplan 2020

Anfang der Woche veröffentlichte das Bundesverkehrsministerium einen Entwurf für einen Nationalen Radverkehrsplan 2020. Er soll den alten Nationalen Radverkehrsplan von 2002 ersetzen, der in diesem Jahr ausläuft. Kernziel des Radverkehrsplans ist die Steigerung des Radverkehrsanteils in Deutschland. Für möglich gehalten wird ein Anteil des Radverkehrs in Höhe von 15% an den zurückgelegten Wegen. Dieser Gesamtwert bedeutet für den ländlichen Raum eine Steigerung des durchschnttlichen Wertes von jetzt 8% auf 13% im Jahr 2020 und für städtische Kommunen einen Zuwachs von 11% auf 16% (Seite 73).

Der Radverkehrsplan erlaubt sich auch einen Ausblick auf das Jahr 2050: „Das Fahrrad wird in jedem Fall einen wichtigen Platz einnehmen, weil es hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit, der Klimavertrräglichkeit, des parsamen Flächenverbrauchs sowie der Kosten für die Nutzer und die öffentliche Hand unschlagbare Vorteile aufweist. Wenn es gelingt, die Radverkehrssicherheit darüber hinaus nachhaltig zu verbessern sowie die Radverkehrsinfrastruktur an die steigende und geänderte Nachfrage anzupassen, wird sich Deutschland im Jahr 2050 zu Recht als fahrradfreundliches Land bezeichnen dürfen“ (Seite 75).

Im Vergleich zum alten Radverkehrsplan ist der nun vorgelegte Entwurf sehr viel unkonkreter. Eine der Hauptüberschriften im alten Plan hieß: „Finanzierung von Radverkehrsanlagen: Verdoppelung der Bundesmittel“ (Seite 58 im alten Plan). Stolz wurde darauf verwiesen, dass im Bundeshaushalt 2002 der Bau und die Erhaltung von Radwegen in der Baulast des Bundes einen eigenen Titel erhalten. Dagegen ist im neuen Radverkehrsplan von konkreten Ausgaben überhaupt nicht mehr die Rede. Stattdessen wird allgemein ein abgestimmtes Handeln von Bund, Ländern und Kommunen für eine Stärkung des Radverkehrs gefordert. Darauf nimmt auch der Titel des Plans Bezug: „Den Radverkehr gemeinsam weiterentwickeln“.

Das Bundesverkehrsministerium erwartet, dass der Entwurf für den Plan in den nächsten Wochen diskutiert wird. Noch vor der Sommerpause könnte der Plan dann das Bundeskabinett passieren.

Bundesministerium für Verkehr,  Bau- und Wohnungswesen: Nationaler Radverkehrsplan 2020 (Entwurf)
Bundesministerium für Verkehr,  Bau- und Wohnungswesen: Nationaler Radverkehrsplan 2002 – 2012

Fahrrad-Sternfahrt in Hannover verboten

Auch in Hannover gab es in den letzten Jahren Fahrradsternfahrten. Eine solche war für den 20.5.2012 geplant – unterstützt von der Stadt und der Polizei. Doch das Landesverkehrsministerium untersagte die Aktion mit der Begründung, dass die Schnellwege wegen Bauarbeiten an wichtigen Verkehrswegen offen bleiben müssten.

Der ADFC Hannover hat eine Stellungnahme von Verkehrsminister Jörg Bode veröffentlicht.

Lastenrad-Parade in Salzburg

Der Salzburger Verein fairkehr demonstrierte bei einer Rundfahrt durch die Stadt die Möglichkeiten des Lastentransports mit Fahrrädern. Dabei “transportierten” 12 schwer beladene Lastenfahrräder unterschiedliche Botschaften. Die Räder beförderten eine Waschmaschine, 100kg Holz, eine Tischgarnitur, eine Ladung Gemüse, Liegestühle, 4 Kisten Bier, Fahrräder, Kinder und Strohballen. Hier die Lastenraddemo im Video.
Critical Mass Austria: fairkehr veranstaltete Lastenrad-Parade in Salzburg

Etwas ähnliches war ja auch auf der Sternfahrt geplant, hat nicht ganz geklappt, weil der Lastenrad -Pulk dann doch nicht zusammengeblieben ist. Vielleicht wird es besser bei der Sternfahrt 2013.

Sie glaubt an Gott und Fahrradhelme

Seit letzter Woche hängen im Landkreis Paderborn viele Großplakate, die für das Tragen von Fahrradhelmen werben. Auf den Plakaten sieht man Ordensschwester Gertrud Terhorst mit wehendem Schleier und Helm auf einem Rad. Die Plakataktion ist Teil der Kampagne „Helle Köpfe tragen Helm!“, die von der Sparkasse Paderborn/Detmold sowie von Landkreis, Polizei und Verkehrswacht in Paderborn finanziert wurde.

Foto: Polizei Nordrhein-Westfalen
Dank an Gerrit für Hinweis und Formulierungshilfe.

Bicycle Club von NL Architects

Die Architekten des niederländischen Büros NL Architects erhielten den Auftrag, ein Gebäude für eine Fahrradverleihstation in Hainan in China zu bauen. Sie kamen auf die Idee, anstatt des Daches ein Mini-Velodrom anzulegen. Das geschwungene und weit auskragende Dach bietet dem Shop und einem Café im Erdgeschoss Schatten, was im tropischen Klima Südchinas sehr willkommen ist. Das Projekt Bicycle Club wird in diesem Jahr gebaut, ab 2013 werden Kunden ein Fahrrad ausleihen und einige Stufen weiter oben gleich ein paar Runden auf dem Miniaturvelodrom fahren können.

NL Architects

Autofahrer geht für Tötung von zwei Radfahrern 15 Jahre ins Gefängnis

Im September 2011 fuhr ein alkoholisierter Mann bei Pyrzyce in Westpommern in eine Radfahrer-Gruppe und tötete zwei Menschen. Ein Bezirksgericht in Stettin verurteilte den Mann in der letzten Woche zu 15 Jahren Gefängnis. Der Autofahrer besaß wegen früherer Alkoholfahrten keinen Führerschein. Bereits im Jahr 1996 hatte eine dieser Fahrten zwei Menschen das Leben gekostet.

Infoseite-Polen: 15 Jahre Haft für alkoholisierten Autofahrer

Fahrrad in Rostock gestohlen und 4 Jahre später in Bayern aufgetaucht

Es lohnt sich halt doch, die Rahmennummer eines Fahrrades zu notieren. Vor rund vier Jahren ist ein Fahrrad in Rostock als gestohlen gemeldet worden. In Merching in der Nähe Augsburgs, etwa 800 Kilometer weiter südlich, lehnte es nun an einem Zaun. Dem Grundstücksbesitzer kam es herrenlos vor und er verständigte die Polizei. Die Beamten prüften das Rad und siehe da: Es gehört zu einem Rostocker, der es damals als gestohlen gemeldet hat.
Augsburger Allgemeine: In Rostock gestohlen, in Merching wieder aufgetaucht
[via]

Every Bicyclist Counts

Die Liga Amerikanischer Radfahrer (The League of American Cyclists) wurde 1880 gegründet und versteht sich als Anwalt der Radfahrerinnen und Radfahrer in den USA. Gestern hat die Liga das Projekt Every Bicyclist Counts gestartet, eine Art Ort im Netz zum Gedenken an die etwa 700 Radfahrer, die in jedem Jahr bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen. Auf der Webseite von Every Bicyclist Counts stehen die schlichten Namen der seit dem 1. Januar 2012 getöteten, wo noch keine Name bekannt ist, steht „Name Not Yet Released“. Es folgt der Polizeibericht zum Unfall sowie ein Satz an Daten zum Unfall und zum Unfallfahrer.

In den USA gedenkt man getöteter Radfahrer bisher auf zweierlei Weise. Es werden die bekannten weißen Fahrräder, die so genannten Ghostbikes an den Unfallorten aufgestellt und es wird manchmal ein  Ride of Silence veranstaltet, eine Fahrradfahrt, bei der die Teilnehmer zur Erinnerung an den gestorbenen Radfahrer schweigen.

Every Bicyclist Counts
[via]

Fahrradparken am Hauptbahnhof Utrecht

In der Animation wird der Bahnhof Utrecht Centraal gezeigt, der bis zum nächsten Jahr komplett umgestaltet wird. Nach dem Umbau werden für Radfahrer unter dem Bahnhofsvorplatz Ost 12.500 Fahrradparkplätze angeboten. Der Hauptbahnhof ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Rad in den Niederlanden unverzichtbarer Bestandteil der Mobilitätskette ist.

Update 7. Juni 2012: Das zu diesem Beitrag gehörige Video wurde vom Nutzer gelöscht und ist bei Youtube nicht mehr zu sehen.

Autofahrer muss für Tötung von zwei Radfahrern 4800 Euro Geldstrafe zahlen

Im August 2011 wollte ein 57-jähriger Autofahrer im ostfriesischen Burhafe in einer Kurve eine aus 50 Personen bestehende Radfahrergruppe überholen. Ein entgegenkommendes Auto musste wegen des Überholvorgangs ausweichen und schleuderte in die Gruppe. Zwei Radfahrer wurden getötet, weitere 15 Radfahrer wurden verletzt.

Das Amtsgericht Wittmund hat den 57-Jährigen nun zu einer Geldstrafe in Höhe von 4.800 Euro verurteilt. Der Autofahrer hatte jede Schuld bestritten.

Auch der zweite Autofahrer, dessen Auto in die Radfahrergruppe geschleudert war, hatte jede Schuld von sich gewiesen. Ein Gutachten ergab, dass die Geschwindigkeit des entgegenkommenden Autos „technisch realistisch“ bei 137 Stundenkilometer lag. Erlaubt sind an dieser Stelle 100 Kilometer pro Stunde. Der Richter maß der Geschwindigkeit des entgegenkommendes Autos keine Bedeutung zu. Ursächlich für den Unfall sei allein die Fahrweise des ersten Autofahrers gewesen. „Sie hätten nur überholen dürfen, wenn eine Gefährdung des Gegenverkehrs ausgeschlossen gewesen wäre“, sagte er.

Welt Online: Autofahrer muss für Tötung von zwei Radfahrern Geldstrafe zahlen

Junge auf dem Fahrrad wird zum Symbol des russischen Widerstandes

Ein iPhone-Schnappsschuss der Journalistin Julia Ioffe ist zum Symbol der Protestbewegung gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin geworden. Das Foto wurde am Sonntag, dem 6. Mai aufgenommen, als Tausende von Moskauern gegen die Inthronisierung Putins demonstrierten. Ioffe postete das Bild des Jungen auf dem Kinderfahrrad mit Stützrädern sofort auf Twitter und brachte es mit dem Tian’anmen-Platz in Peking in Zusammenhang, wo 1989 ein Volksaufstand gegen die chinesische Diktatur blutig niedergeschlagen wurde.

The New Yorker: The Boy on the Bicycle

The New Yorker: The Boy on the Bicycle

Baden Württemberg lobt Ideenwettbewerb rund um das Fahrrad aus

Unter dem Motto “Ich habs” will das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg eine mehrjährige Kampagne für das Radfahren starten.

Grundlage der Radverkehrspolitik des Landes ist ein Landesradverkehrsplan, der 2012 erarbeitet wird. Ziel ist ein leistungsfähiges und flächendeckendes Radverkehrsnetz, das sowohl direkte und schnelle Alltagsrouten als auch touristische Radfernwege und einen sinnvollen Umweltverbund aus Radverkehr und Öffentlichem Personen-Nahverkehr (ÖPNV) einschließt. Im Haushalt 2012 stehen für den Fördertatbestand „verkehrswichtiger Radweg“ erstmals Gelder bereit.

Neben den harten Zielen will das Land eine fahrradfreundliche Mobilitätskultur fördern. In einem Ideenwettbewerb werden die pfiffigsten Ideen rund um die Technologie und die Nutzung des Fahrrads im Alltag gesucht. „Wir freuen uns besonders über schlaue Lösungen, die die Verkehrssicherheit beim Radfahren steigern. Gesucht werden auch Lösungen die das Fahrrad beim Abstellen und Parken vor Diebstahl besser schützen und doch pragmatisch und einfach sind. Wenn dabei noch Platz gespart werden kann, wäre dies ein zusätzlicher Nutzen, den wir natürlich gern honorieren. Im Bereich Mode suchen wir Ideen, die das Fahrradfahren nicht nur angenehmer oder sicherer machen, sondern gleichzeitig Modetrends setzen und die Freude am Radfahren erhöhen.“

Bis zum 30. September 2012 können Texte, Fotos, Skizzen, Prototypen oder marktreife Produkte zu den Themenschwerpunkten Sicherheit und Mode / Bekleidung beim Ministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) Baden-Württemberg eingereicht werden. Für den Ideenwettbewerb werden Preise in Höhe von 25.000,- Euro ausgelobt.

RadKULTUR Baden Württemberg

Sternfahrt Szczecin (Stettin)

Am Sonntag, dem 27. Mai ist die Großstadt  Szczecin (Stettin) das Ziel einer grenzüberschreitenden Fahrradsternfahrt. Die Demo gehört zu einem landesweiten Fahrradtag, der von einem Verein namens Städte für Fahrräder (Miasta dla Rowerów) organisiert wird und für bessere Bedingungen für das Radfahren in Polen wirbt. Zwei Hauptrouten der Sternfahrt beginnen in Mecklenburg-Vorpommern beziehungsweise in Brandenburg. Radfahrer aus dem Raum Pasewalk fahren über den Grenzübergang Linken, ein weiter Strang der Demonstration wird den weiter südlich gelegenen Grenzübergang Rosow nutzen. Alle Routen vereinigen sich um 12:00 Uhr in Szczecin zu einer Radlerdemo durch die 400.000 Einwohner große Stadt. Ziel der Radfahrerdemonstration ist ein großer Platz im Zentrum Stettins, auf dem ein buntes Rahmenprogramm mit Infos, Spielen und Wettbewerben veranstaltet wird.

Weitere Information auf deutsch auf der Internetseite:
Rowerowy Szczecin
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Europäische Bürgerinitiative für Tempo 30

Der Lissabon-Vertrag der Europäischen Union sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger der EU ihre eigenen Themen auf die Agenda der Kommission setzen und so die Gesetzgebung mitbestimmen können. Wenn innerhalb eines Jahres 1 Million Unterstützer-Unterschriften aus mindestens 7 Ländern für das gewünschte Thema gesammelt werden, wird das Thema in der EU geprüft und eventuell beschlossen. Zur Zeit wird eine solche Europäische Bürgerinitiative (EBI) zum Thema Tempo 30 in unseren Städten vorbereitet.

Die Kernaussage der „EBI Tempo 30“ ist folgende: „Die reguläre Höchstgeschwindigkeit für Wohngebiete und Hauptstraßen mit erheblichem Fuß- und Fahrradverkehr in der Europäischen Union beträgt 30 km/h (20 mph). Lokale Behörden können Ausnahmen öffentlich begründen und beschildern.“

In der Begründung heißt es: „Die Vorschrift von 30 km/h für alle Wohn- und Stadtstraßen würde einen signifikanten Beitrag dazu bedeuten, dass die Straßen der EU sicherer werden und die Lebensqualität für ihre Bürger steigt. Es würde eine klare und unmissverständliche Botschaft aussenden, dass der Schutz von Leben und die Gleichberechtigung der Mobilitätsarten die Fundamente für die Verkehrspolitiken der Europäischen Union sind. Sie würde darüber hinaus eine weltweite Vorbildfunktion schaffen, die, wenn sie von sich entwickelnden Ländern übernommen wird, zum weltweit größten Einzelbeitrag zur Senkung der Unfallzahlen in der UN-Dekade der Straßenverkehrssicherheit werden würde.“

Tempo 30 in unseren Städten
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