Veranstaltung: Shared Space oder durchgehend Tempo 30? – Alternative Verkehrskonzepte für die Stadt

Shared Space versteht sich als „Raum für alle“, in dem ein gleichberechtigtes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer/innen ermöglicht wird. Es ist ein Verkehrskonzept, das die Ansprüche von Fußgänger/innen, Rad- und Autofahrer/innen miteinander vereint und verschiedene Nutzungen des öffentlichen Raumes wie Mobilität, Aufenthalt, Kinderspiel berücksichtigt.

Von verschiedenen Seiten wird empfohlen, in der Stadt durchgehend Tempo 30 einzuführen. Damit kann das Unfallrisiko wesentlich verringert und nicht zuletzt die Lebensqualität in der Stadt gesteigert werden.

Marion Laube, Vorsitzende des VCD (Verkehrsclub Deutschland) Nordost, stellt die alternativen Verkehrskonzepte vor. Wir wollen diskutieren, welches Verkehrskonzept für welchen Stadtteil das Beste – und auch, wie eine Realisierung möglich ist.

Ökowerkstatt im Nachbarschaftshaus am Teutoburger Platz
Fehrbelliner Str. 92
10119 Berlin
Tel: 443 71 78

Donnerstag 9. August 2012
19:30 Uhr

Wikipedia über Shared Space
VCD-Kampagne: Tempo 30 für mehr Leben!

Fahrrad-Infotour zu Stätten der NS-Zwangsarbeit

Die Geschichtswerkstatt Lichtenrade bietet am kommenden Sonntag eine Informationstour auf dem Fahrrad durch Lichtenrade an. Sie dauert zwei Stunden, ist kostenlos und beschäftigt sich mit der NS-Zwangsarbeit in Lichtenrade, wo in Lagern mehrere 1000 Zwangsarbeiter untergebracht waren. Auch die Häftlinge des KZ-Außenlagers Sachsenhausen in Lichtenrade mussten Zwangsarbeit leisten.

Sonntag, 5. August 2012
Treffpunkt: 11:00 Uhr am S-Bahnhof Lichtenrade

The Bike Brigade

Von heute 20:00 Uhr bis zum kommenden Mittwoch, dem 8. August, ist die frisch eröffnete Platoon Kunsthalle an der Schönhauser Allee Schauplatz einer Ausstellung und eines Workshops unter dem Titel The Bike Brigade. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von selbst konstruierten und selbstgebauten Lastenfahrrädern, die die Bandbreite der Bike Hack Bewegung demonstrieren soll.

Am Montag (6. August) und Dienstag (7. August) findet jeweils ab 17:00 Uhr ein Workshop zum Lastenradbau statt. Am ersten Tag liegt der Focus darauf, zusammen mit Experten ein Lastenfahrrad zu bauen. In der zweiten Session soll das Rad mit Technologie aufgepimpt werden. Der Workshop richtet sich ausdrücklich nicht an gestandene Fahrradbauer sondern an jederfrau und jedermann: „no experience required, only passion!“ Die Kunsthalle ist jeden Tag von 10:00 bis 22:00 Uhr geöffnet.

Platoon Kunsthalle
Schönhauser Allee 9
10119 Berlin

Platoon
Facebook: The Bike Brigade: Exhibition & Workshop

European Cycle Logistics Federation

Im Juli trafen sich mehr als 30 Anbieter von Lastenfahrrädern und Kurierdiensten aus ganz Europa in Cambridge in Großbritannien und gründeten die Interessenvereinigung European Cycle Logistics Federation. „Gemeinsam können wir die Interessenvertreter davon überzeugen, dass Lastenfahrräder eine praktische Lösung für die Zustellung von Waren in verstopften Innenstädten sind. Mehr Lieferungen durch Cargo-Bikes bedeutet gleichzeitig weniger Lkw’s in den Innenstädten und damit sicherere und lebenswertere Straßen für Menschen „, sagte der Initiator der Lobbyvereinigung Rob King, Gründer eines Fahrradkurierdienstes in Cambridge. Die Vereinigung will sich regelmäßig zum Interessentausch treffen.

ADFC: Cargo-Bikes bekommen eigene Lobby
ECF: Cargo Cycle Crazy: 30+ Companies Form Freight Bike Federation

Auch in Berlin gewinnt die Lastenradidee immer mehr Freunde. Nach der letzten Sternfahrt Anfang Juni kamen Berliner Lastenradfahrer zum Klönschnack in der Kneipe zusammen. Dort entstand der Gedanke, gemeinsam zum Cargo-Bike-Rennen am 18. August in Kopenhagen zu fahren. Und damit die Berliner in Kopenhagen nicht völlig chancenlos sind, wird regelmäßig auf dem Tempelhofer Flugfeld traniert.

Facebook-Gruppe: Team Bullitt Hangover Berlin
Foto: Bakfiets Lastenfahrrad

Staatssekretär Gaebler in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: „Der Fahrradbeauftragte bin ich“

Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler gab der Morgenpost ein Interview, das gestern veröffentlicht wurde. Darin ging es um die Kennzeichnungspflicht für Fahrräder (Gaebler ist dagegen), eine Helmpflicht (Gaebler ist dagegen, empfiehlt das Tragen, vergisst aber manchmal, ihn aufzusetzen), um eher alltägliche Verkehrsvergehen von Radfahrern (Gaebler juckt es gelegentlich, auf den Bürgersteig auszuweichen oder bei Rot rechts abzubiegen, aber er beherrscht sich) sowie um den Streit um das Geld zwischen Verkehrs- und Finanzbehörde (Gaebler ist zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren schrittweise mehr Mittel für den Radverkehr zur Verfügung stehen).

Dann kommt die Morgenpost auf den seit Monaten vakanten Posten des Radverkehrsbeauftragten zu sprechen und fragt, ob der Senat keinen unabhängigen Rat benötigt. Daraufhin Christian Gaebler: „In unserer Verwaltung haben wir heute eine andere Situation als vor zehn Jahren, als wir den Fahrradbeauftragten eingeführt haben. Heute haben wir drei oder vier Experten, die sich fast ausschließlich mit Radverkehr befassen. Der Radverkehr ist in dieser Verwaltung integraler Bestandteil der Planung. Der bisherige Beauftragte hat gesagt, was er sich an Tätigkeit vorstellt, könne er ehrenamtlich nicht leisten. Sollen wir deshalb einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen? Das lehne ich ab, weil wir in den nächsten fünf Jahren in unserer Senatsverwaltung 255 Stellen abbauen müssen. Der bisherige Beauftragte war der Meinung, er müsse alle Vorgänge im Haus bewerten. Aber das ist meine Aufgabe, insofern bin ich hier der Fahrradbeauftragte.“

Berliner Morgenpost: „Ich bin hier der Fahrradbeauftragte“
(Dank an T. für den Hinweis)

Berliner Fahrradkarte des BMWGuggenheimLab

Das BMWGuggenheimLab hat eine interaktive Fahrradkarte für Berlin erstellt. Unter dem Titel Dynamische Verbindungen (Dynamic Connections) können Radfahrer Fahrradstrecken in der Stadt bewerten. Wer die Startseite des Projektes betritt, wird gefragt, wie man sich radfahrmäßig einschätzt. Anschließend wird man durch weitere fünf Fragen geprügelt, bevor man sich eine Karte mit den von Radfahrern bewerteten Straßen ansehen darf. Wer die Abkürzung direkt zur Karte sucht, klickt hier. Zunächst bekommt man allerdings erst die Weltkarte zu Gesicht, muss sich also zehn Stufen in die Karte nach Berlin hineinzoomen.

Bisher wurden fast ausschließlich Hauptstraßen in den Innenstadtbezirken bewertet, in der Peripherie fehlt jegliche Beurteilung. Es fällt auf, dass Straßen in den südlichen Bezirken Neukölln, Kreuzberg, Tempelhof und Wilmersdorf negativer eingeschätzt werden als Straßen in Mitte und Pankow.

Dynamic Connections

Es gibt eine Reihe von Gründen, die gegen das Projekt sprechen: So teilen die Macher nicht mit, wieviel Website-Besucher sich an der Bewertung beteiligt haben. Das Bewertungsraster ist unscharf und schlecht aus dem Englischen übersetzt. Dennoch ist der Grundgedanke der Erstellung crowd-basierter Fahrradkarten erfolgversprechend und vermutlich präziser als es herkömmliche Karten je sein können. Papiergebundene Fahrradkarten drücken ja lediglich aus, was Kartenmacher vermuten, welche Wege Radfahrer wählen. Eine Datenerhebung wäre noch einfacher, wenn eine Smartphone-App ähnlich wie My Tracks Wege von Radfahrern aufzeichnet. Wenn der Benutzer danach einzelne Unterstrecken und Punkte bewertet, ergäbe das eine Karte, die die wirklichen Wege von Radfahren akkurat beschreibt.

Dynamic Connections

Land Hamburg will höhere Strafen für Radfahrer

Die Innenbehörde von Hamburg leitet nach eigenen Angaben eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern, die höhere Verwarngelder für Radfahrer erarbeitet. Es geht dabei um Strafen bis zu einer Höhe von 35 Euro. Höhere Bußgelder über 35 Euro sollen konstant bleiben, sie wurden bereits vor drei Jahren erhöht. Begründet wird der Vorstoß damit, dass Bußgelder von zehn Euro ihre Wirkung verfehlen.  Radfahren auf dem Fußweg, Fahren ohne Licht oder mit Handy am Ohr soll daher teurer werden. Der verschärfte Strafkatalog für Radfahrer wird im Herbst dem Bundesinnenministerium vorgelegt.

NDR: Radfahrer sollen bei Verstößen mehr zahlen

Bagger überrollt 66-jährige Radfahrerin und verletzt sie tödlich

Der Tagesspiegel meldet, dass die sechste Person auf einem Fahrrad in diesem Jahr tödlich verunglückt ist. Heute kurz nach halb elf wurde eine 66-jährige Radfahrin in der Fritz-Erler-Allee in Neukölln von einem Bagger überrollt, als sie auf ihrem dreirädrigen Fahrrad in die Wutzkkyallee einbiegen wollte. Die Radfahrerin starb noch am Unfallort.

Tagesspiegel: Bagger überrollt Radfahrerin: 66-Jährige tot

Eine Pressemeldung der Polizei zu diesem Unfall ist noch nicht erschienen.

Fahrrad aus Pappe

Izhar, Tüftler aus Israel, ist besessen von der Idee, ein Fahrrad aus Pappe zu bauen. Seine Frau rät ihm: „Mach es, oder Du machst erst Dich und dann mich verrückt.“ Also experimentiert Izhar, baut einen Prototypen, der zuerst überhaupt nicht nach Fahrrad ausschaut. Aber er bleibt dran und sein neuestes Pappfahrrad wird sehr schön. Aus billigsten Materialien, wasserfest, wenn auch nicht unbedingt ökologisch.

Izhar cardboard bike project from Giora Kariv on Vimeo.

[via]

Keine Radverkehrsstrategie in Berlin

Der Berliner Senat gibt in diesem Jahr etwa 1,60 € pro Einwohner für den Radverkehr aus. Die Gesamtsumme in Höhe von 5,5 Millionen Euro fließt in das Abmarkieren von Radstreifen (3,5 Millionen) und in die Sanierung von Radwegen (2 Millionen).

Nach dem Vorstellungen des Senators für Stadtentwicklung sollen die Investitionen in den Radverkehr bis zum Jahr 2017 auf 17 Millionen steigern: 5 Millionen für neue Fahrstreifen, 5 Millionen für Sanierungen, 3 Millionen für Abstellplätze an Bahnhöfen und Fahrradstationen sowie 4 Millionen für Modellprojekte. Pro Berliner und Jahr würden dann 5 Euro für den Fahrradverkehr ausgegeben.

So sieht es der Entwurf der neuen Radverkehrsstrategie vor, doch der Stadtentwicklungssenator hat die Rechnung ohne Nußbaum und Henkel gemacht. Der Finanzsenator Ulrich Nußbaum will grundsätzlich nicht, dass die Ausgaben für den Radverkehr steigen. Auch Innensenator Henkel befürchtet höhere Personalkosten, da die Ordnungsämter Radfahrstreifen und Radwege in ihre Kontrollen einbeziehen sollen. Die Senatsverwaltungen für Finanzen und Inneres verweigern die Mitzeichnung der Beschlussvorlage. Deshalb kann die Radverkehrsstrategie nicht verabschiedet werden.

Berliner Zeitung: Senatoren blockieren neues Konzept für den Radverkehr

Radwege in Google Maps

Google Maps markiert im Onlinestadtplan nun auch Wege und Straßen, die für Radfahrer geeignet zu sein scheinen. Dabei werden Straßen mit Radwegen oder Fahrradspuren grün markiert, Wege durch Parks dunkelgrün und sonstige Straßen mit geeigneter Oberfläche und wenig Verkehr grün gestrichelt. Einstellbar ist die Option über die Schaltfläche „Verkehr“ oben rechts.

ZDnet: Google Maps nimmt europäische Radrouten auf

Google Latlon Blog: Biking directions expands into Europe and Australia

Kennzeichen für Radfahrer?

Das Radfahren wird immer beliebter – doch damit wächst auch die Sorge um die Gesundheit der Radfahrer. Immer wieder wird darüber diskutiert, wie man die Sicherheit der Radfahrer erhöhen kann. Doch in der öffentlichen Diskussion finden sich eher monotone Vorschläge, die gerne ausblenden, dass Radfahrer häufig Opfer von Verkehrsunfällen sind, die sie nicht selbst verursacht haben. Der Radfahrer, der sich an die Regeln hält und regelmäßig gefährdet wird, sieht sich in den entsprechenden Debatten nicht vertreten.

Einer der häufigsten Vorschläge zur Erhöhung der Sicherheit von Radfahrern ist die Einführung der Kennzeichenpflicht. Radfahrer würden ein Kennzeichen erhalten, über das sie – etwa nach Verkehrsverstößen oder Unfällen mit Fahrerflucht – identifiziert werden können. Zudem wäre – so die Befürworter – davon auszugehen, dass Radfahrer weniger Verkehrsverstöße begehen, so dass am Ende weniger Unfälle geschehen.

Auf die Auswirkung einer Kennzeichenpflicht auf die Unfallsituation möchte ich mich mit den nachfolgenden Gedanken konzentrieren. Immerhin haben wir in Deutschland langjährige Erfahrungen mit einer Kennzeichenpflicht (für Kraftfahrzeuge) gemacht, die in die Überlegungen einer solchen Maßnahme für Radfahrer einbezogen werden sollten. In einem ersten Schritt muss dafür die Anzahl der Verkehrsverstöße quantifizierbar gemacht werden – derer, die bereits ein Kennzeichen haben und derer, die eins verordnet bekommen sollen.

Anzahl der Verkehrsverstöße – Datenquelle Polizeikontrollen?

Doch wie misst man diese Anzahl? Die Polizei führt stichpunktartige Kontrollen durch, bei denen sie sich auf einzelne Verkehrsverstöße konzentriert. So wird jemand, der regelmäßig zu schnell fährt, recht bald in die „Falle“ tappen, während jemand, der keinen Sicherheitsabstand wahrt, in der Stadt wahrscheinlich keine Sanktionen zu erwarten hat. Mit der Anzahl ihrer Kontrollen kann die Polizei die gemessene Anzahl der Verstöße erhöhen. Mit dem Auslassen bestimmter Verstöße aus den Kontrollen kann sie die gemessene Anzahl verringern und gleichzeitig eine höhere Akzeptanz für das entsprechende Fehlverhalten erzeugen. Polizeikontrollen sind also ungeeignet, um Schlüsse auf die Verkehrsmoral zu ziehen.

Anzahl der Verkehrsverstöße – Datenquelle „Strichliste“?

Will man die Anzahl der Verkehrsverstöße objektiv messen, so könnte man sich beispielsweise an eine Kreuzung stellen, alle Fahrzeuge und Fußgänger beobachten und jedes Fehlverhalten notieren. Aber auch hier wird es schwierig, überhaupt jedes Fehlverhalten mitzubekommen. So wird man eine ignorierte rote Ampel eher notieren als einen nicht eingehaltenen Sicherheitsabstand oder eine Geschwindigkeitsübertretung. Noch schwieriger wird es bei den Verkehrsverstößen, bei denen der Gesetzgeber reichlich unkonkret von „gemäßigter Geschwindigkeit“ oder „ausreichendem Abstand“ spricht. Es wäre möglich, Verkehrsverstöße auf diese Weise zu messen – technisch aber aufwendig und wegen der Gummiparagraphen teilweise ungenau.

Anzahl der Verkehrsverstöße – nach Verkehrsart

Auch im direkten Vergleich der Verstöße von Rad- und Autofahrern wird man seine Probleme haben. Rotlichtverstöße von Radfahrern wird man als „schlimmer“ wahrnehmen als Abbiegeverstöße von Kraftfahrern, die aber in ebensolcher Regelmäßigkeit auftreten. Wer mit 70 km/h bei Grün auf die Kreuzung zufährt, wird im Falle eines Unfalls weniger moralische Mitschuld zugesprochen bekommen als jemand, der bei Rot über die Ampel fährt. Dabei hätte der „Raser“ seinen Bremsweg verringern können – eventuell so stark, dass es am Ende zu keinem Unfall kommt. Ebenso hätte der Rotlichtfahrer auf Grün warten können, und damit ebenso einen Unfall verhindert. Beide haben zum Unfall beigetragen, die moralische Schuld wird aber nur einem zugewiesen. Spätestens hier merkt man, dass Fehlverhalten in der öffentlichen Wahrnehmung gewichtet wird.

Gewichtung von Verkehrsverstößen

Eine Gewichtung von Verkehrsverstößen ist für die Gefahrenbetrachtung logisch. So wird es in einer ruhigen Nebenstraße wenig erheblich sein, ob ein Fußgänger die Fahrbahn „zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung“ überschreitet – siehe §25 (3) STVO – oder regelwidrig langsam und im schrägen Winkel über die Fahrbahn geht. Hingegen wird es sehr wichtig sein, ob ein Fahrzeugführer die Geschwindigkeitsbeschränkungen einhält und die Vorfahrt beachtet. Einige Vergehen erzeugen sehr viele Unfälle, andere Vergehen sehr wenige.

Über Radfahrer liest man häufig, dass sie entweder „gar keine“ Regeln einhalten oder zumindest wesentlich seltener (als Autofahrer) dazu bereit seien. Häufigster Vorwurf: Nicht anhalten vor roten Ampeln. Das ist eine gewichtete Betrachtungsweise: Rote Ampeln schützen den Verkehrsteilnehmer davor, vom Querverkehr erfasst zu werden. Somit ist das Ignorieren roter Ampeln ein schwerer Verkehrsverstoß. Ein Gegenbeispiel wäre das Ignorieren eines „Anlieger frei“-Schildes. In solchen Straßen wird mit Straßenverkehr gerechnet, das verbotene Befahren schafft keine höheren Gefahren als das erlaubte Befahren.

Nicht vergessen darf man in der Betrachtung, dass es kontraproduktive Verkehrsregeln gibt, deren Einhaltung gefährlich ist. Wer auf der Fahrbahn – bestenfalls noch auf der Linksabbiegerspur – nach Radwegampel fährt, geht Risiken ein. Wer das Rechtsfahrgebot überinterpretiert, knallt früher oder später in eine sich öffnende Autotür. Und Radwege, oft benutzungspflichtig, wirken wie Unfallmagneten – die Berliner Hauptunfallkreuzungen für Radfahrer sind allesamt solche mit Radwegen. Wie bezieht man Verstöße gegen solche Selbstgefährdungsgebote in die Gefahrenbetrachtung ein?

Die Antwort ist sehr einfach: Es ist ausgeschlossen, alle Verkehrsverstöße zu ahnden oder auszumerzen. Daher muss man die Unfallstatistik mit einbeziehen und die wichtigsten Unfälle betrachten:

Verkehrsverstöße, die häufig zu Unfällen führen, sind schlimmer als solche, die selten zu Unfällen führen.

Und hier wird es interessant. Berlin leistet sich ca. 130.000 Verkehrsunfälle pro Jahr, davon ca. 7.300 (also 5%) mit Radfahrern. Bei einem Modal Split von ca. 33% (Kfz) zu 12% (Radfahrer) ist das durchaus bemerkenswert. Das Kfz wird 2,75 mal so häufig genutzt wie das Fahrrad. Dabei ist es in 17 mal so viele Unfälle verwickelt, großteils mit anderen Kraftfahrzeugen. Schon diese Zahlen lassen erwarten, dass eine Kennzeichenpflicht keinen großen Einfluss auf das Unfallgeschehen haben wird.

Wenn man die durchschnittlichen Streckenlängen mit einbezieht – siehe „Kenndaten zur Mobilität“ (Berliner Stadtentwicklung) – gleichen sich die Werte etwas an. Die durchschnittliche Fahrradfahrt in Berlin wird mit 3,6 km angegeben, die durchschnittliche Autofahrt mit 9,5 km (Daten von 2008). Dementsprechend werden mit dem Kfz in der Summe gut sieben Mal so weite Strecken zurückgelegt wie mit dem Fahrrad. Doch es bleibt bei 17 Mal so vielen Unfällen – trotz Kennzeichen.

Bezieht man die Verursacherquote ein – die die Polizei exklusiv für Radfahrer und Fußgänger, nicht aber für Kfz-Fahrer berechnet – wird die Auswirkung noch dramatischer. So waren im Jahre 2011 in 3.352 Fällen Radfahrer die Hauptverursacher, in 707 Fällen immerhin Mitverursacher. Jedes Wirken in eine Richtung, die Fahrfehler von Radfahrern auf „Null“ reduziert, würde die Berliner Statistik also um etwa 3.300 Unfälle erleichtern. Den regelkonform fahrenden Radfahrern wäre damit kaum geholfen, weiterhin würden 4.000 pro Jahr in Berlin verunglücken.

Wenngleich die Strafverfolgung in einzelnen Fällen erleichtert sein könnte – immerhin 632 Radfahrer flüchteten 2011 nach Unfällen – wird man bei der Unfallvermeidung auf andere Maßnahmen zurückgreifen müssen. Die drastisch höheren Unfallquoten von (kennzeichenpflichtigen) Kraftfahrzeugen lassen erahnen, dass Nummernschilder keinen Einfluss auf das Unfallgeschehen haben.

Die Tatsache, dass Radfahrer unterdurchschnittlich an Unfällen beteiligt sind und keine überdurchschnittliche Unfallverursacherquote (ca. 50%) aufweisen, unterscheidet sie deutlich von Kraftfahrern, die stark überdurchschnittlich am Unfallgeschehen beteiligt sind und zu den Hauptverursachern zählen. Unfallverursachende Unterschiede sind also weniger in der Kennzeichenpflicht zu sehen, sondern wohl vielmehr in den erreichbaren Geschwindigkeiten und im hohen Sicherheitsstandard für Kfz-Insassen bei innerstädtischen Geschwindigkeiten.

Sue Denim: Bicycle

Sue Denim, die eine Hälfte der Electropunkband Robots in Disguise, wird Ende Juli ihr erstes eigenes Soloalbum herausbringen. Vorab ist schon mal die Single-Auskopplung Bicycle erschienen. Luftiger, britischer Pop.

Verkehrsunfallbericht 2011

Im vergangenen Jahr 2011 sind insgesamt 399 Radfahrerinnen und Radfahrer auf den Straßen Deutschlands tödlich verünglückt. Dies geht aus dem Verkehrsunfallbericht des Statistischen Bundesamtes hervor. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Verkehrstoten unter den Radfahrern um 4,7 Prozent, über die letzten sechs Jahre gesehen geht der Trend jedoch deutlich nach unten. Etwa zehn Prozent der Verkehrstoten starben auf dem Fahrradsattel, während 49,5 % der Verkehrstoten in einem Pkw zu Schaden kamen.

Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011
             
PKW 2 683 2 625 2 368 2 110 1 840 1 986
Motorrad 793 807 656 650 635 708
Mofa 107 100 110 99 74 79
LKW 235 215 183 164 162 174
Fahrrad 486 425 456 462 381 399
Fußgänger 711 695 653 591 476 614
Gesamt 5 091 4 949 4 477 4 152 3 648 4 009

Auch die Gesamtzahl der Verkehrsopfer stieg im letzten Jahr gegen den langjährigen Trend um knapp zehn Prozent auf 4009. Als mögliche Ursache dafür nannte das Amt das Wetter. Bei schönerem Wetter wird meist mehr und schneller gefahren. 2011 war der Winter mild, das Frühjahr trocken, der Sommer verregnet und der Herbst sonnig. Dagegen hatte es im Vorjahr 2010 einen langen Winter mit Schnee bis zum März gegeben. Langfristig erwartet das Statistische Bundesamt eine Abnahme der Verkehrsopfer auf 2500 im Jahr 2020.

Die Chance, einen tödlichen Verkehrsunfall zu erleiden, ist in Ballungsräumen viel niedriger als auf dem Land. So wurden in Berlin im vergangenen Jahr 16 Personen pro Million Einwohner durch einen Verkehrsunfall getötet, während in Mecklenburg-Vorpommern 87 Personen pro eine Million Einwohner ums Leben kamen. „Je mehr Fußgänger, Radler und öffentlicher Personennahverkehr, desto geringer ist das Risiko, einen folgenschweren Unfall zu erleiden.“

Statistisches Bundesamt (Destatis): Verkehrsunfallbericht 2011 (pdf-Dokument)

RadfahrerInnen und ReiterInnen gegen einen Asylknast in Berlin-Schönefeld

Die Eröffnung des Flughafens Berlin-Schönefeld verzögert sich hin und wieder um einige Monate, der Asylknast auf dem Gelände des Großflughafens ist aber schon fertig. Bis zu 30 Flüchtlinge sollen in der Haftanstalt eingesperrt und im so genannten Flughafenasylverfahren abgeschoben werden. Dabei wird der einreisende Flüchtling umgehend auf dem Airport in einem Sonderbereich interniert, wenn er keine korrekten Papiere hat. Sein Asylantrag muss dann innerhalb von zwei Tagen bearbeitet, ein Widerspruch innerhalb von zwei Wochen von einem Gericht entschieden werden. Danach erfolgt entweder die Einreise oder eine Abschiebung.

Die Initiative Friedensritt 2012 wird Ende Juli mit einen Wanderritt im Berliner Umland gegen den Asylknast protestieren. Friedensritt, das heißt mit Pferd oder Stahlross unterwegs sein, mit Flugblättern, Transparenten, Musik und Straßentheater (Pferde sind gute Schauspieler!). Gute Argumente und gute Laune sind auf unserer Seite. Wir unterstützen örtliche Initiativen bei ihrer Arbeit gegen Militäreinrichtungen oder Atomanlagen, auf Marktplätzen und in Fußgängerzonen.

Der Friedensritt wird an folgenden Orten Station machen:

  • Fr 20.7. – So 29.7.2012 Bernau > Königs Wusterhausen > Schönefeld
  • Sa. 21.07. [11 Uhr]: Bernau am Deserteurdenkmal ab 19 Uhr Film und Diskussion in der Alten Post
  • Do. 26.07.: Königs Wusterhausen Kundgebung vor dem Amtsgericht
  • Sa. 28.07. [12 Uhr]: Schönefeld Kundgebung vor dem Flughafen

MitreiterInnen und MitradfahrerInnen sind immer herzlich willkommen, auch auf Teilstrecken.

Flyer zum Friedensritt
Friedensritt Homepage
Kein Asylknast auf dem BBI!