Umgestaltung des Moritzplatzes

Als vor vier Wochen der Beitrag Unfall am Moritzplatz erschien, wussten wir noch nicht, dass der Bezirk bereits seit Längerem eine Umgestaltung des Platzes plant. Seit Mai letzten Jahres liegt ein Plan zur Veränderung der Verkehrsströme in den Schubladen. Wenn die Information der radzeit zutrifft, wird mit den Bauarbeiten im Frühjahr angefangen, die Berliner spricht davon, dass „das Bezirksamt 2015 mit der Ummarkierung beginnen wolle“.


Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg: Moritzplatz Plan Entwurf (pdf-Dokument)

An den stumpfen Seiten des Kreises beträgt die gesamte Fahrbahnbreite 10,15 Meter. Dieser Raum wird neu aufgeteilt. Der Radstreifen ist an dieser Stelle 3,40 Meter breit. Daran schließt sich ein Puffer zwischen Fahrbahn und Radstreifen an, der 1,25 Meter breit ist. Die Fahrbahn für KFZ wird schließlich 5,50 Meter breit.

Nicht überall bleibt der Raum für die Autos gleich breit. An den vier Ausfahrten des Kreisverkehrs wird er bis zu 6,75 Meter breit. Entsprechend schrumpft der Radstreifen an diesen Stellen auf 3,00 Meter Breite. Wenn ich den Plan richtig verstehe, ist der Radstreifen durchgehend zweispurig gedacht, es gibt immer eine Rechtsabbiegespur und eine zweite für Radfahrer, die im Kreis weiterfahren. Um die Wahrnehmung des Radstreifens zu erhöhen, wird der ganze Kreis mit „abriebfestem, rot gefärbtem Asphalt unterlegt“.

Im Entwurf wird recht großzügig mit Schrägstrichgattern gearbeitet, die Sperrflächen, die von Fahrzeugen freigehalten werden sollen. Dadurch soll wohl die Einspurigkeit des Kraftfahrzeugverkehrs gefördert werden. Die Oranienstraße westlich des Moritzplatzes wird ebenfalls einspurig je Richtung plus Buspur in beide Richtungen.

Bezirk Friedrichshain-Kreuzber: Moritzplan Plan Entwurf (pdf-Dokument)
Berliner Zeitung: Berlin rollt Radfahrern roten Teppich aus
radzeit: Moritzplatz wird radfreundlich ummarkiert

Berliner Fahrradwoche

Von heute bis zum kommenden Sonntag steht in Berlin das Fahrrad im Mittelpunkt. Die Berlin Bicycle Week als Auftakt zu zwei Fahrradmessen je am Sonnabend & Sonntag und weitere Veranstaltungen bieten dem Radfahrer reichlich Möglichkeiten, seinen Neigungen zu frönen. Eine kleine Auswahl:

Montag:
19:00 Uhr: Film im Soho House: „off the grid“. Lucas Brunelle schiebt sein Rad abseits von Wegen auf der letzten Lücke in der Panamericana im Südosten Panamas und im Nordwesten Kolumbiens.

Dienstag:
19:00 Uhr: Lesung im Soho House. Bettina Hartz liest aus „Auf dem Rad“.
19:00 Uhr: Sputnik Kino: “Sportsfreund Lötzsch”, ein Dokumentarfilm über den Chemnitzer Radsportler.

Mittwoch:
17:00 Uhr: Station Berlin: „Fahrrad meets Startups“. Die Gründer- und Investorenszene mit Politik und Verbänden trifft auf die Fahrradszene. Fünf Startups stellen ihre Innovationen rund ums Rad vor.
19:00 Uhr: Sputnik Kino: „Half the Road“, ein Film über den professionellen Radrennsport der Frauen.

Donnerstag:
11:00 Uhr: Station Berlin: „Mauerradweg“. Geführte E-Bike und Pedelec-Testfahrten entlang der historischen Berliner Mauer.

Freitag:
11:00 Uhr: Station Berlin: „Critical Mass Bar Camp“. Bundesweites Vernetzungstreffen und Erfahrungsaustausch der Critical-Mass-Szene.

Sonnabend:
10:00 Uhr: Station Berlin: Messe Berliner Fahrradschau
10:00 Uhr: Messegelände: Messe Velo-Berlin
14:00 Uhr: Freigelände des Messegeländes: Lastenfahrradrennen.
18:00 Uhr: Station Berlin: Rad-Race „Last man standing“. Fixed Gear Rennen Mann gegen Mann und Frau gegen Frau.

Sonntag:
10:00 Uhr: Station Berlin: Messe Berliner Fahrradschau
10:00 Uhr: Messegelände: Messe Velo-Berlin
17:00 Uhr: Brandenburger Tor: Cycling Unites. Rabbis und Imane gemeinsam auf Tandems auf einer Fahrradtour für mehr Vielfalt und Respekt in unserer Stadt und Gesellschaft.

 

Berlin Bicycle Week
Berliner Fahrradschau
Velo-Berlin

Wieviel Geld gibt das Land Berlin für den Radverkehr aus?

In der jüngsten Ausgabe der radzeit findet man einen interessanten Artikel von Kerstin Finkelstein über die Ausgaben des Landes Berlin in die Fahrradinfrastruktur. Vorgesehen waren im Haushalt 2013 5,5 Millionen Euro und im folgenden Jahr 2014 hatte man 6 Millionen Euro veranschlagt. Allerdings wurden nicht alle Mittel ausgeschöpft. Im Jahr 2013 wurden Mittel in Höhe von 675.617,- Euro nicht verbaut, die realen Investitionen beliefen sich 2013 also auf 4.824.383,- Euro.

Die Gesamtsumme nicht verbauter Mittel steigt 2014 so stark an, dass sie die eigentlich vorgesehene Erhöhung der Mittel locker kompensiert. Nicht eingesetzt wurden Mittel in Höhe von 2,362 Millionen Euro, angekommen auf der Straße sind also lediglich Mittel in Höhe von 3.638.000,- Euro.


Grafik: radzeit, Ausgabe 1/2015 Seite 14

Wenn man nun die real investierten Mittel in den Radverkehr dividiert durch die Zahl der Einwohner, kommt man auf folgende Werte:
2013: 1,40 Euro pro Einwohner
2014: 1,06 Euro pro Einwohner

radzeit: Reden ist Plastik, handeln ist Gold

„Heute wieder Radfahrerrazzia“

Das Wort „Razzia“ stammt aus dem Arabischen und bedeutete urspünglich Streif- oder Plünderungszug. Jetzt hat es die Bedeutung eines Streifzuges der Polizei auf verdächtige Individuen, so Brockhaus‘ Kleines Konversations-Lexikon.

In den 1930er Jahren war das Fahrrad das mit Abstand bedeutsamste individuelle Verkehrsmittel. Der Fahrradbestand in Deutschland wurde Mitte der 30er auf 17 Millionen Stück geschätzt. (Zum Vergleich: heute haben wir in der Bundesrepublik etwas mehr als 70 Millionen Räder.) Exakt 1.120.182 Velos wurden im Jahr 1934 in Deutschland produziert und insbesondere in den Ballungsräumen boomte der Radverkehr. So hat sich nach Verkehrszählungen in Frankfurt a. M. die Zahl der Radfahrer von 1930 bis 1936 dort verachtfacht.

Dennoch befand man sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten gefühlt bereits am Beginn der Volksmotorisierung. Radfahrer waren Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse. Der Geist jener Zeit kommt im Schnappschuss auf der Chausseestrasse aus dem Jahre 1934 zum Ausdruck. Das Vergehen der Radfahrerin: sie fuhr zu weit in der Mitte, heute ein probates Mittel, um aufdringliche Nahüberholer vom Leib zu halten.

Bundesarchiv, Bild 183-2004-0512-502 / CC-BY-SA

Original-Bildunterschrift:
„Scherl: Heute wieder Radfahrerrazzia (von 6.00 bis 20.00)
UBz: Die Personalien einer Verkehrssünderin werden festgestellt (Chausseestrasse), da sie auf der Mitte der Fahrbahn, statt äußerst rechts gefahren ist. Nach der preußischen Verkehrsordnung sollen Radfahrer grundsätzlich einzeln und äußerst rechts fahren.“

Weitere Quelle: Dobuschinsky, Alexander, Das Fahrrad im Schatten von Hitlers Vierjahresplan. Manuskript, München (o.J.)., als pdf-Download verfügbar auf der Seite:
Kleiner Exkurs über Ballon-Fahrräder der 1930er Jahre

Berlin Music Ride mit Klara Geist

Eine kostenlose Fahrradtour durch neun Jahrzehnte Berliner Musikgeschichte wird am kommenden Freitag, dem 20. März angeboten. Klara Geist und Berlin on Bike erwarten euch an der Station in der Luckenwalder Straße. Von dort aus erkunden wir Berlins vielfältige und aufregende Rolle als Musik-Metropole von den 1920er Jahren bis in die Gegenwart. Mit dabei ist auch eine fette Musikanlage auf einem Cargo-Bike, um euch zwischen den Stationen mit speziell für diese Tour ausgewählten Songs zu beschallen. Profi-Musiker Ekki versorgt euch mit Hintergrundinfos und Anekdoten aus Berlins Leben als Musikstadt. Die Tour dauert zwei bis zweieinhalb Stunden, ist zehn Kilometer lang und kostet euch keinen Cent. Zusätzlich werden fünf Tickets für die Abendveranstaltungen der Berliner Fahrradschau verlost.

Wann: Freitag, 20. März 2015 um 17:00 Uhr
Wo: Station
Luckenwalder Straße 4-6

Berlin on Bike: Free Tour
Klara Geist
Berliner Fahrradschau

Berlins „Fahrradbeauftragter“ spricht Klartext

Als Christian Gaebler (SPD), Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, noch relativ frisch im Amt war, gab er mal der Morgenpost ein Interview. Es ging darum, dass der Ex-Radverkehrsbeauftragte Benno Koch geschasst worden war. Gaeblers Antwort: „Der bisherige Beauftragte hat gesagt, was er sich an Tätigkeit vorstellt, könne er ehrenamtlich nicht leisten. Sollen wir deshalb einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen? Das lehne ich ab, weil wir in den nächsten fünf Jahren in unserer Senatsverwaltung 255 Stellen abbauen müssen. Der bisherige Beauftragte war der Meinung, er müsse alle Vorgänge im Haus bewerten. Aber das ist meine Aufgabe, insofern bin ich hier der Fahrradbeauftragte.“

Knapp drei Jahre später wird Gaebler wieder befragt, diesmal vom Tagesspiegel. Die Aussagen Gaeblers sind bemerkenswert für jemanden, der für alle Belange des Fahrradverkehrs zuständig ist. Das gesamte Gespräch (Überschrift: „Tempo 30 ist schwer vermittelbar“) ist lesenswert, hier nur drei Aussagen im Zitat.

Zu Tempo 30:

„Wir müssen immer abwägen, dass eine gewisse Mobilität gewährleistet bleibt. Stadtweit auf Verdacht Tempo 30 einzuführen würde eher nicht helfen. Hinzu kommt die Frage der Akzeptanz: Tempo 30 wird da akzeptiert, wo es einen Anlass gibt, also Kitas, Schulen oder Lärmschutz. Aber einfach zu sagen, es dient der Verkehrssicherheit, scheint mir problematisch. Wenn es nicht eingehalten wird, nützt es auch nichts.“

Zu Tempo 50 an Unfallschwerpunkten:

„Es ist ja nicht gesagt, dass die Geschwindigkeit die Hauptursache ist. Radfahrer verunglücken besonders oft, weil Kraftfahrer unaufmerksam abbiegen. Aber deshalb kann ich doch nicht das Abbiegen verbieten. Wir können nicht alle Probleme durch Vorschriften lösen, sondern nur durch Rücksichtnahme.“

Zur Tatsache, dass von der Radverkehrsstrategie praktisch nichts umgesetzt wurde:

„Ich bekomme oft Beschwerden, dass wir angeblich zu viel für den Radverkehr machen. Dass fast nichts umgesetzt wurde, stimmt so nicht. Wir bauen das Radroutennetz aus und haben ein paar große Projekte schon umgesetzt wie in der Turmstraße und der Müllerstraße. Die Warschauer Straße folgt jetzt. Dass manches lange dauert, will ich nicht bestreiten. Aber da arbeiten wir dran – zusammen mit den Bezirken.“

Morgenpost: Wie Berlin zur Fahrradhauptstadt werden soll (30.07.12)
Tagesspiegel: „Tempo 30 ist schwer vermittelbar“

Alleinunfall einer Radfahrerin in der Schlesischen Straße

Vor vier Tagen tickerte die Berliner Polizei folgende Nachricht:

„Eine Radfahrerin war heute früh in Kreuzberg offensichtlich so abgelenkt, dass sie gegen ein geparktes Auto fuhr und sich dabei eine Kopfverletzung zuzog.
Nach den bisherigen Erkenntnissen fuhr die 21-Jährige gegen 5.40 Uhr mit einem Rad auf dem Radfahrerschutzstreifen der Schlesischen Straße in Richtung Puschkinallee und unterhielt sich während der Fahrt mit ihrem 25-jährigen Freund, der auf dem Gehweg mit einem Skateboard unterwegs war. Durch das Gespräch war die junge Frau vermutlich so unaufmerksam, dass sie gegen ein geparktes Auto fuhr. Alarmierte Rettungskräfte brachten die Gestürzte zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus.“

Polizeimeldung Nr. 0578 vom 08.03.2015

Die Initiative Clevere Städte kommentierte den Unfall so:

Presserad nahm die Vorlage auf: „Dass die Polizei Berlin sogar das Thema nicht einmal in einer Unfallmeldung mit einer Radfahrerin anspricht, ist dagegen zugleich neu wie irritierend“.

Daraufhin habe ich bei der Polizei nachgefragt, wo das Auto geparkt war. Die Antwort der Polizei:

„Sehr geehrter Herr ***,

zu Ihrer Anfrage bei der Internetwache der Berliner Polizei unter der o.g. Vorgangsnummer darf ich Ihnen mitteilen, dass der PKW ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand der Schlesischen Str., also außerhalb des Radfahrschutzstreifens, geparkt war.

Mit freundlichen Grüßen!“

Initiative Clevere Städte bei Twitter
Presserad: Neulich in Berlin

1. Berliner Lastenradrennen

Am Sonnabend, dem 21. März 2015 wird im Rahmen der Velo-Berlin ein Lastenfahrradrennen auf dem Messeglände zwischen den Messehallen am Funkturm stattfinden. Bei dem offenen Rennen für alle Nationalitäten werden sich die Lastipiloten in Geschicklichkeit und Schnelligkeit messen. Ausgeschrieben werden Wettfahrten in drei Kategorien mit jeweils eigenen Cargo-Bikes:
A: Lastenräder mit 2 Rädern m/w
B: Lastenräder mit 3 Rädern m/w
C: Staffel gemischt

Eine Anmeldung ist möglich bis zum Renntag. Sendet eure Anmeldung an  info@cargobikefans-berlin.de und nennt bitte Namen und die Kategorie, an der ihr teilnehmen möchtet.

 

Ort: Velo-Berlin, Messedamm, Eingang Ost, Außenbereich unter dem Funkturm
Zeit: Sonnabend, dem 21. März 2015 von 14:00 bis 17:00 Uhr

Cargo-Bike-Fans-Berlin auf Facebook
Velo-Berlin

Neue „radzeit“ jetzt doppelt so groß. Auch doppelt so gut?

Das war die Frage, als ich die neue Ausgabe der ADFC-Mitgliederzeitschrift „radzeit“ des Berliner Landesverbandes in den Händen hielt. Zugegeben, ich war selten gespannter auf das neue Heft als diesmal. Statt in DIN A5 erscheint das „Das Fahrradmagazin für Berlin und Brandenburg“, wie es nun im Untertitel heißt, im Format DIN A4, statt 6x wird es nur noch vier mal im Jahr an die Mitglieder verschickt. Das Layout ist angenehm nüchtern und zurückhaltend, das Papier ist dicker.

Inhaltlich will das Blatt sein „Profil schärfen und einen lokaleren Fokus wählen“. Zum Ausdruck kommt das dadurch, dass dem Landesverband Brandenburg in Zukunft eine regelmäßige Seite gewidmet ist. Im Prinzip eine gute Sache, denn die schönen und schrecklichen Aspekte des Radfahrens in unserem Nachbarland haben für die Berliner Radfahrer einen hohen Stellenwert. Der lokalere Schwerpunkt wird auch sichtbar durch mehr Artikel über die Berliner Bezirke. Im Premierenheft gibt es einen Beitrag über Spandau und drei Artikel zu Kreuzberger Radproblemen.

Auch der Politik-Teil hat zugelegt, im Zentrum der ersten Nummer steht ein Interview mit dem Fahrradtechnikguru Ernst Brust über schrottige Räder und ein Artikel darüber, wie die große Koalition aus SPD und CDU in Berlin den Radverkehr mit dem Mittel der so genannten „qualifizierten Haushaltssperre“ bekämpft. Die letzten Seiten der radzeit sind wie gehabt: Tourismus und Glosse.

Angekündigt aber noch nicht im Netz ist eine neue Online-Ausgabe der radzeit, die sich „orientiert an den Lesegewohnheiten neuer Zielgruppen“. Man darf gespannt bleiben.

(Link wird nachgereicht.)

Berlin und Kopenhagen spielen beim Fahrradverleih in einer Liga

Berlin hat Erfahrung damit, wie man ein Fahrradverleihsystem vor die Wand fährt. Der Vertrag mit der Deutschen Bahn über den eher unbeliebten Leihfahrrad-Service namens Call a Bike ist bereits Ende letzten Jahres ausgelaufen, das Stadtbüro von Call a Bike in der Schönhauser Allee 179 steht leer. Die Stadtentwicklungsverwaltung hat es verschlafen, rechtzeitig die Ausschreibung für einen neuen Betreiber vorzubereiten. Niemand rechnet damit, dass ein neues System vor dem Jahresende am Start ist. Unterdessen kündigt die DB an, ihr System auf jeden Fall weiterführen zu wollen, zur Not auch ohne die Unterstützung des Senats. Call a Bike hatte in Berlin in der Vergangenheit nur sehr mäßige Ausleihzahlen und war anderen Systemen wie beispielsweise dem Hamburger StadtRAD sowohl hinsichtlich der Nutzung als auch hinsichtlich der Rentabilität um Längen unterlegen.

Auch Kopenhagen zeigt, wie man es besser nicht machen sollte. Im vergangenen Jahr wurde das Leihfahrrad GoBike vorgestellt, ein stark aufgepimptes E-Bike mit integriertem Tablet-PC als eine Art Steuerkonsole mit GPS, digitalem Schloss, einer LED-Lichtanlage und und und. Das Rad hat einen großen Nachteil: es ist 6.000,- Euro teuer, Räder anderer Leihsysteme kosten nur einen Bruchteil davon. Der hohe Anschaffungspreis führt zu einem hohem Vermietungspreis. In Kopenhagen kostet die erste Stunde eines Leihfahrrades 25,- dänische Kronen, das sind etwa 3,30 Euro. Das wiederum führt dazu, dass das System kaum genutzt wird und wenn, dann lediglich von Touristen. Durchschnittlich wird jedes GoBike 0,8 mal am Tag ausgeliehen. Folge: das Fahrradverleihsystem ist unwirtschaftlich und kann nur durch permanente Subventionen der Stadt aufrechterhalten werden.

Berlin und Kopenhagen stehen also vor der gleichen Aufgabe: in die Hände spucken und noch mal komplett neu anfangen!

copenhagenize: Watching Copenhagen Bike Share Die

Berliner Verkehrsunfallstatistik 2014

An einem ganz normalen und durchschnittlichen Tag wurden im vergangenen Jahr in Berlin 2356 Anzeigen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geschrieben, im gesamten Jahr 2014 wurden 860.000 Autofahrer erwischt. Die Rate der Autofahrer, die deutlich zu schnell fuhren, lag bei 5,25 Prozent, das heißt, dass jeder 19. Kraftfahrer zu schnell und damit potentiell andere Menschen gefährdend unterwegs war.

Ebenfalls stark im Kommen war 2014 der gemeine Rotlichtverstoß. Exakt 29.101 Verstöße notierte sich die Berliner Polizei. Der so genannte qualifizierte Rotlichtverstoß mit mehr als einer Sekunde rotem Ampellicht stieg gar um satte 30 Prozent von 3.894 im Jahr 2013 auf 5.213 im Jahr 2014.

Angesichts dieser Zahlen ist es kaum verwunderlich, dass der Kraftverkehr für den Großteil der in der Stadt verursachten Unfälle verantwortlich ist. Zählt man Pkw, Lkw, Motorräder und Busse zusammen, so kommt man auf einen Wert von 86,59 Prozent aller Unfälle, die durch diese Gruppe der Verkehrsteilnehmer verursacht wurden.

Das Bild wird ein anderes, wenn man sich die Unfälle des vergangenen Jahres nicht unter dem Aspekt der Verursacher sondern unter dem der Opfer betrachtet. Die Leidtragenden dieses Verkehrssystems sind die Fußgänger, sie verursachen gerade einmal ein Prozent aller Unfälle, stellen jedoch mit 40,38% aller im Straßenverkehr getöteten Personen die mit Abstand größte Gruppe der Verkehrsunfallopfer.

Auch die Radfahrer sind mit 19,23% aller getöteten Personen eine große Gruppe. Zehn Radfahrer kamen im vergangenen Jahr im Straßenverkehr ums Leben. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der verunglückten Radfahrer im Zeitablauf seit dem Jahr 2000. Trotz einer stark anwachsenden Zahl von Radfahrern in Berlin steigt die Zahl der Opfer nicht an respektive sinkt sogar leicht.

Polizei Berlin: Verkehrsunfallstatistik
ADFC Berlin: Unfallstatistik

Unfall am Moritzplatz

„Zu einem Zusammenstoß zwischen einem Taxi und einer Radfahrerin kam es gestern Abend in Kreuzberg. Gegen 21.20 Uhr fuhr der 49-Jährige mit einem „Toyota“ von der Prinzenstraße kommend in den Kreisverkehr des Moritzplatzes. Hierbei stieß er mit der 34-jährigen Radfahrerin zusammen, die auf dem Weg in Richtung Oranienplatz war. Die Frau stürzte und erlitt Verletzungen am Kopf zu. Sie kam mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus, wo sie stationär aufgenommen wurde. Der Taxifahrer blieb unverletzt. Wegen des Unfalls kam es für eine knappe halbe Stunde zu einer Straßensperrung der Oranien- und der Prinzenstraße vor der Einfahrt zum Moritzplatz.“

Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 0411 vom 19.02.2015

Der Kreisverkehr am Moritzplatz fordert mal wieder seinen Blutzoll. Seit vielen Jahren ist dieser Ort ein Unfallbrennpunkt in Bezug auf Radfahrer. In den Jahren 2011 bis 2013 gab es hier 154 Verkehrsunfälle mit 61 Verletzten, darunter waren 75 Unfälle mit Beteiligung von Fußgängern oder Radfahrern.

Was tut Berlin dagegen, dass hier regelrecht Schwerverletzte in Serie produziert werden? Nichts. Dabei reicht ein Blick auf das Luftbild, um zu erkennen, dass mit einem Eimer Farbe der Kreisverkehr erheblich entschärft werden könnte. Auffällig ist zunächst, dass die Fahrbahn im Kreisel riesig breit ist und die Kraftfahrer zum Fahren in zwei Reihen animiert. Auch die Ausfahrten aus dem Kreisel sind teilweise zweispurig. Dadurch werden Unfälle durch verdeckte Sichtbeziehungen geradezu provoziert.

Abhilfe könnte man schaffen, indem man die Fahrbahn im Kreisel deutlich verengt, sodass nur noch einspurig gefahren werden kann und zwar möglichst eng am inneren Kreisel. Dadurch entsteht zwischen Fahrbahn und Radspur ein nicht befahrener, mindestens zwei Meter breiter Puffer. Radfahrer werden besser gesehen und Kfz und Radfahrer kreuzen einander in stumpferem Winkel.

Fünf Minuten Chaos in der O-Straße

92 Leute hatten bei dem Facebook-Event „Erster Internationaler Falschparker-Tag“ auf „Zusage“ geklickt, bei 51 weiteren Facebook-Freunden war die Teilnahme unsicher. Gutmütig gezählt standen gestern nur zwei Dutzend Radfahrer auf dem Heinrichplatz, um einmal für wenige Minuten den Spieß umzudrehen beim Falschparken. Eine Hand voll Medienvertreter waren anwesend und die Polizei war auch am Start mit einer sichtbar geparkten Wanne. Kaum hatten die Lasten- und sonstigen Radfahrer nach einer Zuckelrunde um den Block die Oranienstraße wieder erreicht und ihre Fahrzeuge in zweiter Reihe geparkt, ging einige Minuten nichts mehr. Doppeldeckerbusse, Lastwagen, Autos und Räder waren hilflos ineinander verkeilt. Die herbeieilenden Polizeibeamten bemühten sich, Räder und Lastenräder an den Fahrbahnrand zu schieben; keine ganz einfache Aufgabe, wenn Räder und Lastenräder zusammengeschlossen sind. Nach wenigen Minuten war der Parkspuk vorbei und die Oranienstraße war wieder die ganz normale Radfahrerhölle. Positiv an der Sache war immerhin das recht große Medienecho. Eine kleine Auswahl:

Tagesspiegel: Falschparken gegen die „Radfahrer-Hölle“
Bild: Gegenschlag im Fahrrad-Auto-Krieg
Zeit-Fahrradblog Velophil: Mit den Rädern in die zweite Reihe
RTL: Am 11.02. ist Falschparker-Tag: Hat niemand ein Herz für Parksünder?  

1. Internationaler Falschparker-Tag am 11. Februar

Am kommenden Mittwoch, dem 11. Februar, findet in Berlin und anderswo der 1. Internationale Falschparker-Tag statt. Anlass ist die Gewohnheit von Motorisierten, auf Rad- und Gehwegen zu parken, ihr Fahrzeug mal eben in der zweiten Reihe abzustellen, um was auszuladen, einen Kaffee zu trinken – oder auch ganz selbstverständlich über Nacht, ohne Warnblink und jedes Unrechtsbewusstsein.

Nun wollen Radfahrer in der Kreuzberger Oranienstraße testen, ob für sie das Gleiche gilt. In-der-zweiten-Reihe-Parken mit (Lasten-)Rad. Um mal kurz was abzuladen, eine Besorgung zu machen oder eine Briefsendung einzuwerfen. Eine Idee der Initiative Clevere Städte.

Zeit: Mittwoch, 11. Februar 2015 ab 13:00 Uhr
Ort: Oranienstraße 14A in Kreuzberg vor dem Buchladen “Müßiggang”

Facebook: Erster Internationaler Falschparker-Tag
Initiative Clevere Städte