Als Ergänzung zum Beitrag zum Spurwechsel-Unfall in der Perleberger Straße am Mittwoch dokumentieren wir hier drei Fotos, die aus einem Vortrag zum Radverkehr in Berlin im Jahre 2012 stammen. Gehalten wurde der Vortrag von Bernd Zanke, Vorstandsmitglied für Verkehrssicherheit beim Berliner ADFC. Bernd hatte 2010 den Radfahrstreifen am gerade umgebauten Knoten an der Kreuzung Perleberger Straße und Ellen-Epstein-Straße kritisiert. Damals befand sich der Radfahrstreifen rechts von der Rechtsabbiegerspur, was zu Unfällen und gefährlichen „Beinahe-Unfällen“ führte, weil die meisten Radfahrer geradeaus in der Perleberger fahren. Aus der Rechtsabbieger-Fahrspur bogen in das Gewerbegebiet am Tage viele Lkw nach rechts ab. Zusätzlich gibt es an dieser Stelle eine Rechtsabbieger-Lichtzeichenanlage. Im Klartext: die Kfz bogen rechts ab und „übersahen“ die Radfahrer. Eine Situation, ähnlich dem Hochbordradweg, trotz uneingeschränkter Sichtverhältnisse. Das erste Foto zeigt den Zustand der Kreuzung im Jahre 2009 mit dem Radfahrstreifen rechts von der Abbiegerspur.
Daraufhin wurde der Schutzstreifen in Mittellage, gemäß ERA 2010, markiert, wie es die Fotos zwei und drei zeigen. Im oben erwähnten Vortrag von 2012 hatte Bernd Zanke kritisiert, dass eine Rotunterlegung des Radfahrstreifens fehlt.
Der ADFC hat nach dem schweren Unfall vom letzten Mittwoch die Verkehrslenkung Berlin (VLB) erneut gebeten, die „Rotunterlegung“ zu prüfen und durch die VLB anzuordnen.
ADFC Berlin: Folien „Infrastruktur – Radfahrstreifen“ von 2012 (Seiten 6 und 7)
Dank an Bernd Zanke für die Folien
@Michael S:
Meine persönlichen Beobachtungen allein hier in Berlin ist, dass es straßenweise eine unterschiedliche Sozialisation der Verkehrsteilnehmer gibt. Es gibt Straßen, da ist eben der Radverkehrsanteil „traditionell“ recht hoch, und da arrangieren sich die Autofahrer gut damit. Berlin Unter den Linden zum Beispiel, von dem ganzen Baustellengemurkse der letzten Zeit mal abgesehen. Auf gleich großen Straßen z. B. draußen in Marzahn hat man gelegentlich ein Problem als Radfahrer. Weil man da sowas wie ein Alien ist. Aber sowas ist nicht in Stein gemeißelt. Straßen wie z. B. den Ku’damm mußten sich Radfahrer über die Jahre auch erst „erobern“, wobei die breiten „Umweltspuren“ da sicher einiges zu beigetragen haben. Im übrigen läßt es sich selbst auf der vielgehaßten Potsdamer Str. eigentlich sehr streßfrei mit dem Rad fahren. Da sind die Autofahrer generell genervt, und die paar Radfahrer im Gesamtchaos fallen auch nicht weiter auf…
@ dan: Ja, aber es gibt auch ausserhalb des leihraddominierten Zentrums solche Straßen, wie die Skalitzer Straße oder die Schönhauser. Stell dir die mal mit weniger Radfahrern auf dem „Radweg“ und nur doppelt soviel Radfahrern auf der Fahrbahn (wegen UDV) vor. Da lohnt es sich dann für die Autofahrer schon gar nicht mehr, rechts wieder einzuscheren. Und es gibt noch viele wichtige zweispurige Verbiindungen, die keinen oder keinen geeigneten separaten Radweg haben.
Fahrbahnradelförderpolitik würde sicher den Aufwärtstrend im MIV eine Zeit lang bremsen (jedenfalls mit passender Angstkampgane begleitet), aber die Nutzung des Autos nicht attrakiver machen (was ja angeblich Ziel der UDV wäre) und mehr Radler auf die Fahrbahn bringen, über kurz oder lang also die Fahrbahn den Radlern zurückgeben. Etwas, was Vorstadt Strizzi ja ganz recht als im Sinne der Fahrbahnradler sieht.
Ich will nur sagen: Niemand weiß im Moment so genau, wo die Reise hingeht, Berlin ist ja auch nicht Deutschland und Entwicklungen wie Pedelecs, die Auswirkungen des Altenanteils auf den Verkehr, die Zukunft des Öls/der Gesamtwirtschaft sind da ja noch gar nicht eingepreist. Vor diesem Hintergrund habe ich betonen wollen, dass es keine Verschwörungstheorie in Bezug auf die Studie braucht. Die Ergebnisse sollte man einfach mal zur Kenntnis nehmen (was Vorstadt Strizzi ja auch tut) und je nach Standpunkt in seiner Argumentation berücksichtigen.
@Michael S.
„Es gibt keinen Ausweg, das Auto verliert über kurz oder lang immer.“
Das glaube ich auch. Der UDV kommt es eher darauf an , den Niedergang zu verzögern. Jeder Tag und jede Police bringt Geld. Diese Taktik, „wissenschaftliche Studien“ von Mietmäulern, ist aus der Tabakindustrie und der Klimawandelleugnungsindustrie längst bekannt – und trotzdem wirksam.
Es gibt aber andere Beispiele. In London ist lt dem sehr guten Verkehrsblog „Mobolität Zukunft“ 2012 der Radverkehr erstmals seit Jahren und gegen den Landestrend der Radverkehr zurückgegangen. Trotz des Bau von vielen bike-lanes.
Man will dort jetzt mit „going Dutch“ und einem 10-Jahresprogramm von umgerechnet 1Mrd € für getrennte Radinfrastruktur gegensteuern.
Nicht wenige Großstädte besinnen sich auf den Standortvorteil, keine Autoindustrie im Lande zu haben.
Aber zurück zur Studie.
http://www.udv.de/sites/default/files/tx_udvpublications/uko_37_abbiegeunfall_rf.pdf
Es werden dort die Abbiegeunfälle in Darmstadt, Münster, Erfurt und Magdeburg untersucht.
Münster hat bekanntlich viele Radwege und Radwege sind besonders für Abbiegeunfälle bekannt.
Ob Münster ausgesucht wurde, um seine Gefährlichkeit zu beweisen, sei dahingestellt.
Der Klopper der Studie befindet sich auf S.17, Tabelle 3:
Münster hat mit weitem Abstand die wenigsten Abbiegekonflikte pro 1000 Radler. Nur 50% der nächstfolgenden Stadt. Zudem sind die Unfallkosten pro Unfall, sprich die Verletzungen die der Radler davonträgt, in Münster am geringsten.
Der durch die ( in Münster oft unzureichenden) vielen Radwege generierte safety in numbers Effekt wiegt die im Direktvergleich festgestellten Nachteile der Radwege offenbar um ein Mehrfaches auf und das sogar in der schlechtesten „Disziplin“ der Radwege, der Abbiegesicherheit.
Dieses Ergebnis hatte die UDV offensichtlich nicht erwartet und nicht gewünscht. Jedenfalls ist in ihrer Präsentation davon keine Rede.
Stattdessen wird empfohlen, auf der Fahrbahn zu radeln und „nicht den Anforderungen entsprechende Radwege … zurückzubauen.“
Vielleicht zu Parkplätzen?
Macht doch nichts. Die Zahlen sind erhoben und veröffentlicht. Danke UDV. Spread the word.
(Natürlich wäre es besser, die Medien würden nicht der PR der UDV folgen, sondern den Ergebnissen ihrer Studie – aber was erwartest du, die Medien waren noch nie auf der Seite der Radler, dafür gibt es der abzugreifenden Werbemelonen der KFZ-Hersteller zu viele).
Ich war am vergangenen Montag mal mit dem Fahrrad in Freiburg und konnte einen direkten Vergleich mit dem Zustand von vor drei Jahren ziehen, als ich das letzte Mal dort war.
Man hat in Freiburg mit geringstem Aufwand den Sprung zu einer Fahrradstadt geschafft. Sehr deutliche Zunahme an Radfahrenden. Und eine gefühlte Abnahme des Autoverkehrs. Jedenfalls im Zentrum. Als Hauptmaßnahme genau die hier in Frage gestellten ausmarkierten Radfahrbahnen. Daneben Umwidmung von zentrumsnahen Wohnstraßen in Fahrradstraßen und starke Auflockerung des vor drei Jahren noch geltenden Fahrradverbots für die Fußgängerzonen der Innenstadt. Wenig Aufwand mit großer Wirkung. Und mehr Radfahrer bedeuten ja mehr Sicherheit, weil weniger gefährdende Autofahrer vorhanden sind.
Trotzdem kann man natürlich auch dort Rechtsabbiegerunfälle nicht ausschließen. Hauptursache ist meiner Meinung nach nicht vorrangig und ausschließlich die Infrastruktur, sondern ein kleiner Bodensatz von leichtsinnigen, unfähigen oder kriminellen Autofahrern. Da hilft am ehesten eine drastische Strafandrohung wie man sie ja auch für Alkohol am Steuer hat. Fahrverbot, Nachschulung und MPU und auch, wenn nichts passiert, ein sehr hohes Bußgeld. Das ist kostengünstig und effektiv.
Ich hatte kürzlich einen Beinaheunfall, weil mich eine Autofahrerin, obwohl ich vor ihr fast mittig und flott auf der Fahrbahn fuhr, mit Vollgas noch in der Kreuzung überholt und scharf geschnitten hat, um in die zweite Spur der Querstraße zu kommen. Meiner Meinung nach eine versuchte gefährliche Körperverletzung mit dem Auto als Waffe, Schlicht und einfach kriminell.
Gegen solche Menschen hilft nur die Androhung empfindlicher Strafen. Die einzige Sprache, die sie verstehen.
gelenden
@Vorstadt Strizzi
Die Präsentation setzt tatsächlich zuviel auf die Angst vorm Radfahren, schade. Ich hatte diese nicht gesehen, weil ich nur die Studie gelesen habe. Allerdings kann ich mir bei der recht objektiven Untersuchung auch gut vorstellen, dass Fazit, Zusammenfassung und Präsentation „redaktionell betreut“ wurden, der Erstellern der Studie mag ich gezielte Manipulation nicht so schnell vorwerfen.
Den Effekt in Münster müsste man m.E. mal näher beleuchten. Da die Studie beim Herannahen an schon „grün“ leuchtende Ampeln und bei Abbiegerkolonnen stark erhöhte Risiken festgestellt hat und bei Vorhandensein mehrerer Radfahrer eher geringere, spricht einiges für den safety-in-numbers Effekt.
Dann stellt sich aber die Frage, wie man diesen schnellstmöglich herstellen kann. Da hierfür neben subjektiv sicherer Infrastruktur auch objektiv komfortable und sichere Infrastruktur und ein gutes Image entscheiden, kann ich nicht nur eine klare Präferenz für eine separiertes System daraus ableiten.
Bei einem politischen Willen für Geschwindigkeitsreduktion, ein positives Radfahrerimage und starke Sanktionierung von Nahüberholern, Radspurparkern, rückssichtslosen Abbiegern etc. kann ich mir in vielen Bereichen auch starke Radverkehrsanteile ohne Trennung oder mit rein optischer Berücksichtigung (Piktogramme/Fahrradstraßen/Radspuren/FuZo-Freigaben) vorstellen. Reicht der Wille nur für einzelne schlecht gewartete Schmalspurradwege wie bisher, wird man den Radverkehrsanteil nicht wesentlich fördern.
Es bleibt unabhängig von einer Präferenz für ein bestimmtes Modell der Radverkehrsführung immer das Hauptproblem, dass komfortable, durchgängige und breite Wohlfühlstrecken zu oft an Geld, Parkplätzen oder schlicht mangelndem Willen scheitern. Insofern haben die Radstreifen den Vorteil, dass sie billiger sind. Auch wenn sie für viele nicht die gleiche subjektive Sicherheit herstellen wie Radwege, ist sie gegenüber Mischverkehr oft erhöht, Radfahrer fahren sichtbar und gelangen mehr ins Bewusstsein und man kann später die Folgen besser beseitigen oder verbreitern.
Ja, Radfahrer gelangen mehr ins Bewsstsein wenn Kraftfahrer Radstreifen sehen.
Genau das ist der Teufelskreis den Radverkehrsanlagen an Strassen anrichten. Da an Strassen ohne Radverkehrsanlagen dieses Bewusstsein dadurch mehr und mehr schwindet. Oder man ist der Meinung, dass Radfahrer dort generell nicht fahren dürfen.
Letztens erst wieder von unserer fürsorglichen Polizei von der Strasse geholt worden weil sie der Meinung waren ich dürfte dort nicht fahren.
Es war diese Stelle. Ich fuhr auf der B54 Richtung Osten.
https://maps.google.de/maps?hl=de&ll=51.042035,7.832211&spn=0.004634,0.011362&t=k&z=17
Irgendwann kommt das generelle Fahrradverbot auf Strassen ohne Radverkehrsanlagen.
Zu niedrigen Zahlen an Abbiegeunfällen in Münster/W:
Ein ganz zentraler Grund ist, dass dort Radfahrer auf den benutzungspflichtigen Hochbord-Radwegen systematisch an den Ampeln benachteiligt werden.
In Münster haben fast alle Kreuzungen mit Hochbord-Radwegen separate Signalisierung für Radfahrer, und teilweise sogar ausdifferenziert nach „geradeaus“ und „rechts“. Linksabbieger werden indirekt geleitet und warten ggf. doppelt an einem Knoten. Die Radampeln für „geradeaus“ sind an diversen Kreuzungen, wo hoher Pkw-Durchsatz besteht, so geschaltet, dass sie ein paar Sekunden Vorlauf vor dem „Fahrbahn-Grün“ haben, dann aber recht schnell wieder rot werden. 10 Sekunden grün, anderthalb Minuten rot ist durchaus üblich an größeren Kreuzungen in Münster. Damit reduziert man natürlich Abbiegeunfälle. Bremst aber den Radverkehr signifikant aus und wundert sich dann ganz fürchterlich, warum gerade in so „Radfahrer-Paradiesen“ wie Münster die Leute noch weniger auf Ampeln geben als anderswo.
zu münster. für die vergleichsweise geringen unfallzahlen gibts meienr meinung nach verschiedene gründe
1.die gefahrene geschwindigkeit auf den radwegen ist schonmal recht moderat. auf einem hollandrad kachelt man nicht übermäßig schnell über leicht holprige gepflasterte hochbordradwege
-> autofahrer haben tatsächlich gelegenheit beim schulterblick jemanden zu sehen
2. herdenschutz. in MS rechnen autofahrer einfach immer und überall mit plötzlich auftauchenden radfahrern, weil die chancen dafür tatsächlich recht hoch stehen.
3. autofahrer sind idR auch radfahrer, da es im gesamten Münsterland eine ausgeprägte „bike culture“ gibt.
sobald man als radler jedoch von den ungeschriebenen gesetzen entfernt (langsam, radweg) ist es recht einfach gefährliche situationen und allgemeines unverständnis zu provozieren.
Ich sehe das genau so. Es gibt einen kleinen Prozentsatz an PKW und LKW Lenkern, die offensichtlich mit der Rücksichtnahme auf schwächere Verkehrsteilnehmer überfordert sind. Der Druck auf DIESE Personen muss erhöht werden.
höhere strafen helfen da nicht. die helfen nirgendwo. was hülfe wäre intensivere kontrollen.
Der safety in numbers Effekt wird oft auf den technischen Effekt der besseren, da vermehrten Sichtbarkeit beschränkt.
Er ist aber zu einem nicht minder großen Teil ein gesellschaftlich-politisch-juristischer Effekt.
Wenn mehr Leute radfahren, sind Radfahrer nicht mehr nur die Outlaws, denen es quasi nur recht geschieht, wenn …
Wenn mehr Leute radfahren, entsteht Druck, dass der juristische (Gesetze) und polizeiliche (Kontrolle) Schutz verbessert werden, z.B. durch Punkte für vergessenen Schulterblick, mangelndem Seitenabstand etc. pp.
Das Beispiel Münster zeigt vor allem die Attraktivität des Radfahrens und, vice versa, die Gefahr, die davon für den Modal Share der MIV Industrie ausgeht. Dass schon mit schlecht ausgeführter Radinfrastruktur ein relativ hohes Maß an Radverkehrsanteil zu erreichen ist, spricht für sich.
Münster bestätigt die Grundannahmen der Verkehrswissenschaft für induzierten Verkehr und die verkehrswissenschaftliche These, dass das Angebot die Nachfrage schafft.
Martin Randelhoff auf seinem lesenswerten Blog Mobilität Zukunft dazu:
„Ich rede mir sehr oft in Diskussionen über die Auswirkungen neu gebauter Verkehrsinfrastruktur den Mund fusselig.
Es ist zum einen sehr schwer, ”normalen” Menschen den Komplex des induzierten Verkehrs zu erklären und zum anderen Verständnis für die Regel “erst das Angebot, dann die Nachfrage” zu wecken.
Übersetzt für den Verkehrsbereich bedeutet dies, dass erst das Vorhandensein guter Infrastruktur die Nachfrage und somit die Nutzung nach sich zieht.
Vor allem wenn man Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr fordert, beißt man allerdings oft auf Granit.
Es freut mich daher immer, wenn die Realität der Theorie recht gibt.“
(Zum Radwegeausbau in New York)
So kompetent kann ich das nicht ausdrücken. Aber, für unstudierte Leute wie mich geht’s auch küzer:
It’s the infrastructure, stupid.
@siggi:
Das die Verbreitung von Radverkehrsanlagen auch negative Effekte auf Fahrbahnradeln an Straßen ohne Radverkehrsanlagen haben kann, ist natürlich ein Argument. Durch einen sehr hohen Radverkehrsanteil wäre dies aus meiner Sicht aber (über-)kompensiert.
Zudem wünschte ich mir grundsätzlich das Ende der Benutzungspflicht. Die Sicherheit der meisten bestehenden Radverkehrsanlagen lässt arg zu wünschen übrig und zum Schnellfahren sind sie gerade bei hohem Radverkehrsaufkommen völlig ungeeignet. Ich nehme natürlich Rücksicht auf langsamere Radfahrer, aber das bremst mich auch aus. Solange neben mir unbehelligt mit 60 km/h gefahren wird, möchte ich mich ungern auf 50-100% längere Fahrtzeiten einrichten, weil ich auf eine enge Separation gezwungen werde. Da dies (mit m.E. steigender Tendenz) etwa 5 % der Fahrradfahrer ähnlich sehen dürften, wäre damit dennoch mit Fahrbahnradlern zu rechnen. Bei den derzeitigen Streifenbreiten ist dies ohnehin bei jedem Überholmanöver nötig.
Die aufgezeigte extensiv ausgebaute Bundesstraße würde sicher nur von ganz wenigen Radfahrern freiwillig befahren werden, üblicherweise sind ähnliche Stellen aber „rechtzeitig“ mit VZ 254 ausgepreist, natürlich ohne jeglichen Hinweis auf Alternativrouten. Ich habe aber auch schon einige erlaubte „Schnellstraßen“ befahren, würde sie trotz ständiger Fahrbahnpraxis eher meiden. Die Autofahrerreaktionen sind selbst mir zu brachial, während die objektive Sicherheit oft sogar besser ist als bei anderen außerörtlichen Straßen.
Das rote Einfärben der Spur wird wohl eher bloß die Blutflecken kaschieren. Solange rücksichtsloses Autofahren noch als Kavaliersdelikt behandelt wird, wird sich am Fahrverhalten nichts ändern. Hier muss endlich eine Strafverschärfung gegen Autofahrer greifen, das abgefahrene Bein sollte wenigstens ein halbes Jahr Aufenthalt in einer Anstalt zum Nachdenken nach sich ziehen. Dazu noch eine fünfstellige Geldstrafe und die Abschreckung steigt. Ich beobachte auch, dass sich regelmäßig Autofahrer auf Radstreifen mit deutlicher Sperrlinie nach vorn bewegen, weil sie nicht bereit sind, fünf Minuten zu warten. Wer das regelmäßig macht, ist meiner Meinung nach bereit für einen PMU-Test.
Neben dem Radwegparken sind aber zu dichtes Überholen und Schneiden noch übliche Spiele. Deshalb kann ich auch nur raten, in der Fahrbahnmitte zu fahren.
„Es freut mich daher immer, wenn die Realität der Theorie recht gibt.”“
Tja, leider falsifiziert London diese schöne Theorie:
„Almost 9,300 riders – 11 a minute – cross London Bridge a day. Along Amsterdam’s busiest cycle route through the Rijksmuseum there is a daily frequency of 13,000.“
Daher schlage ich eine Modifikation der Theorie vor: Wenn das Autofahren und Parkplatzsuchen unerträglich wird, und die öffentlichen Verkehrsmittel überfüllt sind, steigen die Menschen auch ohne Radwege auf das Fahrrad um.
dan:
Ich sehe keine Benachteiligung, wenn man damit für klare und somit sichere Verhältnisse sorgt. Dem Geradeausradler Rot zu zeigen, während links neben ihm Autos bei Grün rechts abbiegen, sollte Unfälle sicher verhindern können.
Und was die 10 Sekunden betrifft: An der Kreuzung Kurfürstenstraße, Schillstraße Richtung Zoo, hier mal mit Bild haben die Autofahrer 10 Sekunden Grün, Radfahrer nur 3! Und ob man dort mit 1,5 Minuten für die Rotphase auskommt, wage ich zu bezweifeln.
Und ausdifferenziert ist da gar Nichts. Häufig stehen sogar rechts abbiegende PKW noch auf dem Radstreifen und behindern dadurch Radfahrer. Wenigstens verhindern sie damit Rechtsabbiegerunfälle. ;-/
@Claus, mit harten Strafen erreicht man leider herzlich wenig. Der schwere Unfall wird auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sein. Wenn ein Fahrer wegen Fahrlässigkeit bestraft wird, ist damit niemandem geholfen, denn das wird sich dennoch nicht auf das Verhalten anderer Fahrer auswirken.
Bei absichtlichen Gefährdungen sehe ich das allerdings anders – hier würde ich harte Strafen begrüßen.
@Jeremy
Ich denke mal, dass unsere unterschiedliche Interessen der Grund für die unterschiedliche Wahrnehmung sind. Vielleicht sollten wir die lieber zur Sprache bringen.
Dein Zitat belegt nur, dass dort, wo es geeignete Infrastruktur gibt, auch viel geradelt wird.
Im von dir zitierten Artikel des „London Evening Standard“ vom 24.06.2013 heißt es nämlich weiter:
(Zitiert wird Danny Williams, author of the Cyclists in the City blog)
„I’m not surprised by the huge numbers of people cycling in on some routes like Theobolds Road – we’ve created an environment where many other routes just aren’t realistic on a bike because they’re either full of stationary motor vehicles or those vehicles are going too fast for most people to feel safe cycling around them.“
Der von dir zitierte Artikel fährt fort:
„A system of Dutch-style bike lanes will be introduced in outer London from next year and the main east-to-west cycling corridor incorporating the Westway will open in 2016.“
Damit’s mal überall so aussieht wie an der London Bridge.
Siehe auch: The Mayor’s Vision of Cycling in London (soll mit 1Mrd € in 10 Jahren umgesetzt werden), key outcomes :
London will have a network of direct, high-capacity, joined-up cycle routes. Many will run in parallel with key Underground, rail and bus routes, radial and orbital, signed and branded accordingly:
the ‘Bakerloo Superhighway’; the ‘Circle Quietway’, and so on.
A ‘bike Crossrail’ will run, substantially segregated, from west London to
Barking. Local routes will link with them.
There will be more Dutch-style, fully-segregated lanes and junctions; more
mandatory cycle lanes, semi-segregated from general traffic; and a network of direct back-street Quietways, with segregation and junction
improvements over the hard parts.
So sieht’s aus, wenn man keine Rücksicht auf die Kfz-Lobby nehmen muss.
Bei uns werden ja leider Gesetze incl StVO und noch die Haushaltspläne entweder direkt von denen oder nach deren Wünschen geschrieben.
Die ganzen Diskussionen um Fahrbahn hier – Radweg dort führen zu nichts.
Ich verstehe durchaus auch die Interessen derjenigen von uns Radlern, die in erster Linie schnell und zügig fahren wollen. Bei ihnen kommen die Sicherheitsdefizite der hiesigen Radwege (schlechte Sichtbarkeit, besch.. Untergrund, Konflikte an Ein- und Ausfahrten, Fußgänger) am meisten zu tragen.
Eine Lösung, die für alle Radler 8-80 im ganzen Stadtgebiet das Maximale nach den jetzigen Vorstellungen rausholt, wird’s nicht geben.
Aber eine Erhöhung des Radverkehranteils, um die Bedingungen für alle Radler zu verbessern, das wäre doch was.
In HH versuche ich, eine Volksgesetzgebung anzuleiern, um das von der Kfz-Lobby geprägte Parlament zu umgehen und zumindest mal ein Backbone-Netz zu etablieren, von dem alle Radler was haben.
Bisher ist es mühsam, aber ich bin von meinem „Produkt“ überzeugt und mit Einigen im Gespräch.
Mein Vorschlag: https://www.dropbox.com/s/akex0d61bwgsy9o/WIR Petition end 3 pdf.pdf
Berlin ist doch wirklich ne hippe Stadt. Und Förderung bzw Implementierung von Radverkehr wird die Lebensqualität und damit die Attraktivität Berlins doch sicher noch einmal entscheidend erhöhen.
Der obige Link funktioniert nur, wenn man ihn incl “ Petition end 3 pdf.pdf“ ins Adressfeld kopiert.
Die Bundesstrasse ist mit dem Rad super zu befahren.
Übersichtlich, breit und meist mit Standstreifen. Selbst mit meiner Familie nutze ich diese Route wenn wir mit dem Rad auf Reise gehen.
Allerdings wird auch das Sauerland mehr und mehr mit Radwegen verseucht.
Da wird eine Gefahr herbei geredet die nicht existiert und nie existiert hat.
Nun fängt die Polizei schon an Radfahrer von der Strasse zu holen weil sie, Dank Radverkehrsanlagenwahn, völlig davon entwöhnt sind Radfahrer auf breiten Strassen zu sehen.
Das dies bei Otto-Normalautofahrer genau so ist wissen wir schon lange. Die halten dann drauf um die Gefahr zu beweisen.
@siggi, gingen denn die Polizisten tatsächlich von einem Fahrverbot für Radfahrer aus, oder handelte es sich um reine „Fürsorge“? Es ist natürlich wirklich beunruhigend, wenn nicht mehr die STVO das Handeln der Polizei bestimmt, sondern der „gesunde Menschenverstand“.
@Karsten Strupp bzgl. „ich sehe keine Benachteiligung…“:
Die Benachteiligung siehst Du dann, wenn Du eine solche Kreuzung mal ’ne Stunde lang beobachtest. Antoniuskirche/Beginn Weseler Str. war früher so ’n Klassiker, heute wahrscheinlich auch noch. Radfahrer Weseler stadteinwärts mussten mehrere Rotphasen zu Berufs- und Schulpendelzeiten abwarten. Weil 5 Sekunden grün eben nicht reichen, um mehr als 100 Radfahrer durchzulassen. Wenn dann nebenan die Blechtonnen aber länger als ’ne Minute Freifahrt haben, dann hat das alles mit gerechter Aufteilung der Verkehrsflächen nichts zu tun. Von der Breite des benutzungspflichtigen Radweges fangen wir mal lieber gar nicht an zu reden.
Oder für Berliner als Anschauungsvergleich: man stelle sich vor, 50 % der Kreuzungen würden so „effizient“ für Radfahrer funktionieren wie der Große Stern.