Fahrradfreundlichkeit der Bundesregierung

Der ADFC gibt ein neues jährliches Stimmungsbild zur Lage der Radfahrer in Deutschland heraus. Die erste Ausgabe der Studie wurde gerade unter dem Titel Fahrradland Deutschland – ADFC-Monitor 2009 veröffentlicht. Mit dem neuen Instrument will der ADFC insbesondere den Stellenwert des Radverkehrs in der Gesellschaft betrachten. Dazu wurden etwa 2000 Personen in einem 25-minütigen Telefoninterview befragt. Die Daten bilden die deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren ab.

fahrradfreundlichkeit-der-bundesregierung-300x220.jpgRichtig aussagekräftig werden die Zahlen erst, wenn in den Folgejahren weitere Monitore erscheinen und sich so Trends erkennen lassen, aber auch so bietet die Studie manche überraschende Erkenntnis. Bei der Frage „Würden Sie unsere Bundesregierung grundsätzlich als fahrradfreundlich einstufen?“ vergaben 14 Prozent aller Deutschen die Noten sehr gut oder gut an die Regierung. Die Zensuren im einzelnen:

Note 1: 4 Prozent
Note 2: 10 Prozent
Note 3: 41 Prozent
Note 4: 20 Prozent
Note 5: 9 Prozent
Note 6: 9 Prozent
Keine Angabe machten 8 Prozent der Befragten. Die Durchschnittsnote für die Fahrradpolitik der Regierung lag bei 3,5.

aus: Fahrradland Deutschland
ADFC-Monitor 2009, Seite 41

Radfahrer stirbt sechs Tage nach Unfall

Ein Radfahrer ist heute an den Folgen eines Unfalls gestorben, der sich vor sechs Tagen in Neukölln ereignet hatte. Der Mann befuhr am Dienstag letzter Woche von der Fritz-Erler-Allee kommend die Johannisthaler Chaussee in Richtung Gropiuspassagen. Auf Höhe der Hausnummer 300 soll er von einem unbekannten Pkw während eines Überholvorgangs gestreift worden sein. Das Auto setzte seine Fahrt fort, bei dem Radfahrer kam es zu einem Sturz. Der Radfahrer konnte noch seine Fahrt mit dem Fahrrad nach Hause fortsetzen, danach klagte er jedoch über Rückenschmerzen. Der 68-jährige wurde ins Krankenhaus eingeliefert und starb heute an seinen Verletzungen.

„Der Verkehrsermittlungsdienst der Polizeidirektion 5 in der Friesenstraße erlangte erst heute Kenntnis von dem Sachverhalt und bittet Zeugen des Unfalls/Sturzes sich unter der Telefonnummer 4664 581 800 oder jeder anderen Polizeidienstelle zu melden.“

Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 2555 vom 14.09.2009 – 16:25 Uhr

Radfahrerfreundliche Ampelschaltung

Wenn das Ziel der Verkehrspolitik die Gleichberechtigung unterschiedlicher Verkehre ist, dann bleibt in Hinblick auf Ampelschaltungen für Radfahrer noch eine Menge zu tun. Linksabbiegende Radfahrer müsen an großen Kreuzungen häufig eine halbe Ampelphase länger warten als motorisierte Verkehrsteilnehmer und eine halbe Umrundung des Großen Sterns dauert gefühlt eine ganze Ewigkeit. Besonders Ampelschaltungen, bei denen Radfahrer Grünlicht anfordern müssen, sind ein wahrer Zeitfresser.

Einen kleinen Schritt nach vorn hat man in der Stadt Lemgo in Nordrhein-Westfalen gemacht. Um die Altstadt Lemgos bildet die Wallanlage einen autofreien grünen Ring, der von Radfahrern, Fußgängern, Joggern und Walkern genutzt wird. Für Radfahrer hat der Wall eine wichtige Verteilerfunktion. Die den Wall querenden Straßen haben teilweise Bettelampeln. Eine davon wurde mit einem zusätzlichen Anforderungstaster versehen, der sich 30 Meter vor der Ampel befindet. So funktioniert nun die Kreuzung:

  • Die Ampel steht in Grundstellung und zeigt dem Kfz-Verkehr Grün an.
  • Ein Radfahrer betätigt den ca. 30m vor der Anlage befindlichen Taster.
  • In ca. 12 Sekunden springt das Radfahrer-/Fußgängersignal auf Grün, so dass die Fahrbahn bei angepasster Geschwindigkeit (3m/s) ohne Halt gequert werden kann.

Später eintreffende Radfahrer können die Grünphase durch erneutes Betätigen des Tasters um 9 Sekunden verlängern. Das kann bis zu dreimal wiederholt werden, erst dann ist der Kfz-Verkehr wieder an der Reihe.

Fahrradportal: Vorgezogener Ampel-Druckknopf zur Realisierung einer grünen Welle am Regenstor

Angriff auf Radfahrer bei Demo

Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ demonstrierten gestern in Berlin viele Tausend Menschen gegen Internetüberwachung und für mehr Datenschutz. Während der Demonstration gab es einen Polizeiübergriff auf einen Radfahrer. Hintergrund ist, dass der Fahrradfahrer im blauen T-Shirt Anzeige gegen einen anderen Polizisten erstatten wollte, weil der einen Freund von ihm unter unerfreundlichen Umständen (”aggro-zecke trifft aggro-polizist”) festgesetzt hatte. In dem Video sieht man, wie die Polizisten gegen den Radfahrer und gegen diverse Passanten handgreiflich werden.
via: Netzpolitik

Geplante Polizei-Verordnung Berlin 1884

Die Luft in Berlin riecht wieder nach einer Polizei-Verordnung, die in nächster Zeit erscheinen soll. Die Staatsbürger-Zeitung schreibt hierüber:

„Bezüglich des Velocipedensports schweben bekanntlich noch immer Verhandlungen zwischen den massgebenden Factoren darüber, ob und inwieweit derselbe für Berlin existenzberechtigt und unter welchen Bedingungen seine Ausübung zuzulassen sei. Wir sind in der Lage, unseren Lesern einiges Nähere über diese Frage mittheilen zu können, welche in nachstehender Art demnächst voraussichttlich ihre Regelung finden wird. Die Ausübung des Velocipedensports soll zunächst für die innere Stadt ausgeschlossen bleiben und weiterhin zu den verbotenen Früchten gehören. Dagegen aber soll eine Demarcationslinie festgesetzt werden, ausserhalb welcher das Velocipedenfahren freigegeben wird, und zwar soll diese Grenzlinie gebildet werden ungefähr folgendermassen: im Norden vom Oranienburger Thor durch die Elsasser-, Lothringer- (heute: Torstraße) und Friedensstrasse nach dem Landsbergerthor, im Osten vom Landsbergerthor über die Schillingbrücke, das Engelbecken, das Louisen-Ufer entlang, im Süden längs des Landwehrcanals bis ungefähr zur Potsdamerbrücke und hieran anschließend im Westen von der Potsdamerbrücke durch die Sieges-Allee nach der Alsenstrasse zu.

Es würden bei diesem Arrangement, welches voraussichtlich in nicht zu ferner Zeit in Form einer Polizeiverordnung das Licht der Welt erblicken wird, ausser den zahlreichen Strassen und Plätzen der ausserhalb der Demarcationslinie belegenen Stadttheile der ganze Friedrichs- und Humboldt-Hain, sowie der grösste Theil des Thierdartens, ferner ganz Moabit nebst dem kleinen Thiergarten den Jüngern des Velocipeden-Sports als Tummelplatz verbleiben, selbstverständlich unter den auch für anderes Fuhrwerk im verkehrspolizeilichen Interesse geltendenen Modificationen.“

aus: Rüdiger Rabenstein: Radsport und Gesellschaft – Ihre sozialgeschichtlichen Zusammenhänge in der Zeit von 1867 bis 1914, Hildesheim 1996, Seite 301f
Wikipedia über Rüdiger Rabenstein

Kulinarische Fahrradtouren auf Bornholm

Genussfreudige Radfahrer können auf der dänischen Ostseeinsel Bornholm kulinarische Radrouten befahren. Sie führen entlang von Lebensmittelproduzenten, Restaurants und Läden, die einen besonderen Einblick in die kulinarische Kultur der beliebten Insel vermitteln.

bornholm-211x180.jpgDie erste Fahrradstrecke ist 24 Kilometer lang und geht von Gudhjem an der Nordküste über Østermarie nach Svaneke. Auf dieser Tour kann man insgesamt elf Unternehmen besuchen, darunter eine alte Mühle, eine Karamelfabrik und eine Brauerei, eine Imkerei, Hersteller von feinen Schokoladen, Bonbons und Lakritz sowie eine Räucherei. Die Gourmet-Themenroute Nummer 2 führt über 31 Kilometer vom Hafen Nexø nach Aakirkeby im Zentrum der Insel (siehe Karte). Höhepunkte sind hier die Besichtigung der Bornholmer Spritfabrik, einer Senffabrik, einer Handwerksschlachterei und mehrerer Räuchereien.

Leider ist auf der Webseite noch nicht der Kalorienzähler integriert, der einem anzeigt, wieviele Kilometer man nach einer ausführlichen Verkostung wieder abstrampeln muss.

Themenrouten auf Bornholm

Begegnungen auf Augenhöhe

Der Radweg an der Schönhauser Allee im Bezirk Pankow hat zahlreiche Fallen für Radfahrer: Poller, winkelige Verkehrsführung, Masten, „plötzlich“ auftauchende Fußgänger. Bis zur Wahl sind noch einige zusätzliche Schikanen eingebaut.

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Abwrackprämie auch in Teltow

Eine Abwrackprämie für alte Fahrräder will die Stadt Teltow vor den Toren Berlins von Oktober an zahlen. Die ersten 100 Teltower, die sich bei einem Händler im Ort ein neues Rad kaufen und ihr altes abgeben, sollen 50 Euro aus dem städtischen Haushalt bekommen, sagte Stadtsprecherin Andrea Neumann. Allerdings: Verschrottet werden die ausgedienten Drahtesel nicht. Sie sollen von Azubis oder 1-Euro-Jobbern aufgemöbelt und für einen guten Zweck weitergegeben werden. Die Stadtverordneten wollen das Vorhaben endgültig nächste Woche absegnen.

Die Initiatiave zur Abwrackprämie kam von den Fraktionen der SPD, Linken und Grünen im Teltower Gemeindeparlament und soll für bessere Luft und weniger Autoverkehr sorgen. Das Angebot hat jedoch einen Haken: es dürfen nur neue City-Räder gekauft werden, Rennräder, Mountainbikes und Kinderräder sollen nicht subventioniert werden.

taz
Morgenpost: Teltow plant Abwrackprämie für Fahrräder

Berliner Kreisfahrt 2009

kreisfahrt-berlin-2009.jpgDie Kreisfahrt steht ein wenig im Schatten der Sternfahrt, der größen Radfahrerdemo Berlins, die regelmäßig im Juni mehr als 100.000 Teilnehmer anzieht. Die Kreisfahrt wird 2009 schon zum neunten Mal im Frühherbst durchgeführt und hat in diesem Jahr das Motto Die Stadt mit dem Fahrrad neu erfahren!

Die Kreisfahrt beginnt am Sonnabend, dem 26. September 2009 um 14 Uhr am Brandenburger Tor (Ostseite). Es wird gemeinsam in mäßigem Tempo (ca. 13 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit) gefahren, um gegen 17 Uhr wieder am Brandenburger Tor einzutreffen. Bei der Kreisfahrt handelt es sich um eine Demonstration für den Fahrradverkehr, die nach dem Versammlungsrecht angemeldet ist. Der Zweck der Kreisfahrt ist es, im Zusammenhang mit der europäischen Woche der Mobilität für die Anerkennung des umweltfreundlichen Fahrrades als vollwertiges Verkehrsmittel zu demonstrieren.
ADFC: ADFC-Kreisfahrt 26. September 2009

Die Polizei bei der Leipziger Critical Mass

Der Mitteldeutsche Rundfunk hat in seiner Sendung hier ab vier die Polizeiarbeit während der letzten Critical Mass in Leipzig am 28. August dieses Jahres dokumentiert. Solche Filmchen sind es, die mich daran zweifeln lassen, dass die Polizei jemals als Verbündeter der Radfahrer agieren wird.
via: da isser…

Wieder Notbetrieb bei der Berliner S-Bahn

Wer heute morgen S-Bahn fahren wollte, erlebte sein blaues Wunder. Nachdem bei einer Untersuchung an einem Zug der Pleiten-, Pech und Pannen-Baureihe 481 Mängel an vier Bremszylindern festgestellt wurden, wurden abermals viele Fahrzeuge außer Betrieb genommen. Völlig überraschend wurde gestern abend bekanntgegeben, dass ab heute die Stadtbahn wieder nicht befahren wird. Am stärksten betroffen sind die Linien S7 und S75. Auf der Strecke von Alexanderplatz bis Westkreuz besteht kein S-Bahn-Verkehr, Spandau und Potsdam sind vom Netz getrennt. Als Ersatz sollen Regionalzüge dienen. Noch ist unklar, wie lange diese Maßnahme dauern wird. Das Thema Fahrradmitnahme in der S-Bahn hat sich damit wieder erledigt.

Elektrofahrräder auf der Eurobike

Am Tag nach der Eurobike meldet die Messeleitung Superlative: mehr Fachbesucher (39.152 aus 75 Ländern), mehr Besucher am auf einen Tag reduzierten Publikumstag (21.000 zahlende Fahrradfans nach 18.000 im Vorjahr), mehr Journalisten (1.556 aus 36 Ländern) und begeisterte Ausstellerstimmen: „Für uns lief es hier in diesem Jahr definitiv grandios und es herrschte eine äußerst positive Stimmung. Das ist die größte Messe der Welt.“, so zum Beispiel der Manager von Campagnolo. Von einer Krise war auf der Fahrradmesse nichts zu spüren.

Unübersehbar war der Trend zu E-Bikes. Ich habe die Anbieter von Elektrofahrrädern nicht durchgezählt, aber es müssen viele Dutzend Hersteller sein, die sich in dem in Deutschland noch recht schmalen Fahrradsegment Pedelec tummeln. Die Teststrecken auf dem Außengelände und in der riesigen Zeppelinhalle waren ständig überfüllt und die Erwartungen der E-Bike-Produzenten wurden offensichtlich nicht enttäuscht. Ein Marketingmanager wird mit folgenden Worten zitiert: „Besonders die Nachfrage nach E-Bikes und Pedelecs übertrifft in diesem Jahr alle Erwartungen.“

Dabei war ein Großteil der Elektrofahrradbauer nicht besonders kreativ. Man nehme einen verstärkten Fahrradrahmen, baue einen Radnabenmotor aus taiwanesischer Produktion wahlweise vorn oder hinten ein und klemme unter den Gepäckträger eine Standardbatterie ebenfalls aus Taiwan. Hinzu kommt ein wenig Regelungselektronik und fertig ist das Pedelec. Fast alle dieser so zusammengebauten Elektroräder sehen für meinen Geschmack hässlich und klobig aus, ich würde mich nicht auf so ein Ebike setzen.

gocycle.jpg

Dass es auch anders geht, zeigt das GoCycle aus England, das auch gleich den Eurobike-Award in Gold abgeräumt hat. In der Jurybegründung heißt es: „Üblicherweise werden die Fahrrad-Einzelteile von verschiedenen Herstellern einfach pragmatisch zusammengeschraubt. Nicht so beim Gocycle: Diese Teile werden individuell für das Grundkonzept entwickelt, so dass eine Ganzheitlichkeit entsteht. Und dabei vereint es auch noch alle Trends: urbane Mobilität, Elektrorad, gutes Design und Systemintegration.“

Dennoch haben sich Pedelecs in Deutschland noch nicht durchgesetzt, im Gegensatz zu anderen Ländern. In den Niederlanden wird mit Ebikes bereits ein Drittel des Gesamtumsatzes der Fahrradbranche gemacht. Früher oder später werden wir das auch hier erleben, denn elektrounterstützte Räder haben zwei entscheidende Vorteile: sie vergrößern den Aktionsradius von Pendlern und sie machen das Radfahren in sehr hügeligem Gelände überhaupt erst möglich. (Zur Diskussion über E-Bikes beachtet auch die Kommentare zum letzten Beitrag Eindrücke von der Eurobike 09).

Gocycle