„Rund um Berlin“ wegen Nazis abgesagt

Das älteste deutsche Radrennen fällt aus. Der für den 6. September geplante Klassiker Rund um Berlin kann nicht gestartet werden. „Die Polizei ist überfordert. Am 6. September planen die Rechten Aufmärsche in Brandenburg, da kann uns die Polizei keine Kräfte für das Radrennen zur Verfügung stellen“, sagte Organisator Werner Ruttkus. Rund um Berlin hatte 1896 erstmals stattgefunden und war zuletzt nach einer Pause wiederbelebt worden. Das Rennen sollte in diesem Jahr im brandenburgischen Wünsdorf gestartet werden.
Rund um Berlin

rad-net: „Rund um Berlin“ findet nicht statt
rad-net: Abgesagt und wiederbelebt: „Rund um Berlin“ am 6. September
Dank an Konrad für den Hinweis

Wo Radstreifen funktionieren und wo nicht

Im den Kommentaren zum Beitrag Immer weniger Autoverkehr in Berlin geht es zur Zeit um das Thema Radstreifen. Chris vertritt eine grundsätzlich kritische Haltung zu Fahrradstreifen und belegt das mit einer Reihe von absurden Fotos. Das folgende Bild ist der Seite Radwege in Chemnitz entnommen, größere Version nach dem Klick auf das Bild. Hier sind es exakt 1,24 Meter zwischen der fahrbahnseitigen Außenkante der Markierung und dem Bordstein, wobei der Rinnstein bereits 32 Zentimeter breit ist.

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Dass es auch anders geht, zeigt ein Foto aus der Wichertstraße im Bezirk Pankow. Die lichte, innere Breite des Angebotsstreifens beträgt mehr als 170 Zentimeter, hinzu kommt der 45 Zentimeter breite Abstandsstreifen zu den parkenden Autos. Meiner Erinnerung nach gab es früher zwei Fahrbahnen für Autos pro Richtung. Nach der Umgestaltung existiert nur noch eine Fahrbahn für Autos in jede Richtung. Ich finde, man kann auf der Wichertstraße entspannt und bequem radfahren, ohne von Autos behelligt zu werden.

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Ein weiteres schlechtes Beispiel für einen Radstreifen ist die Lichtenberger Straße zwischen Straußberger Platz und der Michaelkirchbrücke. Die Lichtenberger Straße hat ebenso wie die Wichertstraße eine breite grüne Mittelinsel, die die Richtungsverkehre trennt. Vor der Aufpinselung des Angebotsstreifens gab es zwei Fahrbahnen für Autos, durch eine unterbrochene Linie getrennt. Nun hat man links des Parkstreifens einen 150 Zentimeter breiten Angebotsstreifen für Radfahrer abgezwackt und die Fahrbahn für Autos entsprechend verkleinert. Es gibt nun keine unterbrochene Mittellinie für Autos mehr, dennoch ordnet sich der Autoverkehr zweispurig an. Das führt dazu, dass Radfahrer häufig äußerst knapp überholt werden, weil die rechts fahrenden Autos nicht selten mit einem Reifen auf dem Angebotsstreifen fahren. Hinzu kommt, dass die Radfahrer eh durch den nicht vorhandenen Abstandsstreifen eng an die parkenden Autos gedrückt werden.

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Radfahren im Gewitter

Seit Wochen bietet der Sommer 2009 immer wieder das gleiche Schauspiel. Erst ist es schwülheiß, dann zieht eine Gewitterfront herauf und lässt etliche Bltze zur Erde jagen. Ist es eigentlich gefährlich, bei Gewitter mit dem Rad unterwegs zu sein?

Ein Fahrrad ist kein Faradayscher Käfig wie ein Auto, in dem man vor Bltzschlägen geschützt ist. Im Gegenteil, die vielen Metallteile eines Fahrrads können ein gutes Ziel für einen Blitz sein. Dennoch ist es innerhalb von Ortschaften auf dem Fahrrad relativ unbedenklich, denn meist befinden sich höhere Gebäude in der Nähe, die Blitze ablenken. Auf dem freien Feld heißt es dagegen: „Runter vom Rad!“ und einige Meter neben dem Rad in die Hocke gehen.

Andererseits werden in Deutschland höchstens ein Dutzend Menschen pro Jahr von einem Blitz gegrillt. Bei den Abermillionen von Blitzen, die hier jedes Jahr niedergehen, ist die Chance, getroffen zu werden, nicht gerade groß, egal ob auf dem Fahrrad oder nicht.

Be-cycle: Soundsystem auf Transportfahrrad

be-cycle-255x368.jpgBe-cycle ist eine Gruppe von Leuten, die Spaß haben und Party machen will, Musik auflegen und Videos und Animationsfilme drehen will und das alles mit und um ein zum Soundsystem ausgebautes Lastenfahrrad. „Design, Set-Konstruktion, Musik, Fotografie, Animation, Filme machen, Mechanik und Kochen – wir sind grenzenlos. Frei nach diesem Motto gibt es keine Einschränkung von Ideen, sondern jede Menge Raum zum Ausprobieren neuer Möglichkeiten, den »Cycle« zu vergrößern.“

Auf diesem YouTube-Video wird gezeigt, wie das Transportrad gebaut und ausgestattet wurde, die ersten Veranstaltungen mit Be-cycle gab es Mitte Juli im im Görlitzer Park in Kreuzberg und im Mauerpark in Mitte.

„Präsentieren wollen wir Live Konzerte, Sound Systems, Projektionen und Performances in und um Berlin, an so unterschiedlichen Orten wie Parks, Gärten, Strassen, verlassenen Fabrikhäusern und Metrostationen, sowie allen anderen Räumen, die wir diesen Sommer entdeckt haben und vorbereiten können.“

Be-cycle
Foto: Be-cycle

Benutzungspflichtiger Radweg am Südstern

Nicht ungefährlich ist dieser benutzungspflichtige Radweg am Südstern (vergrößerte Version nach dem Klick auf das Bild). Zwischen Bauzaun und Halteverbotsschild für Autos bleibt so wenig Platz, dass die meisten Radfahrer diese Stelle zu Fuß nehmen. Der Kindertransporter vorn rechts verzichtet gleich auf die Slalomfahrt und weicht auf den Bürgersteig aus.

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Radfahrer verletzt Fußgänger schwer und flüchtet anschließend

Von einem besonders rücksichtslosen Radfahrer berichtet eine Pressemeldung der Polizei von gestern:

„Schwere Verletzungen erlitt gestern Abend ein Mann bei einem Verkehrsunfall in Schöneberg. Ein Fußgänger hörte gegen 21 Uhr 45 in der Potsdamer Straße plötzlich einen lauten Knall hinter sich. Als er sich umdrehte sah er einen Fußgänger auf der Straße liegen und einen Radfahrer, der sich ohne um den am Boden Liegenden zu kümmern, vom Unfallort entfernte. Der 32-Jährige zog den 58-jährigen Mann von der Fahrbahn und alarmierte die Feuerwehr. Der am Kopf schwer Verletzte wurde in ein Krankenhaus gebracht und musste sofort notoperiert werden. Die weiteren Ermittlungen werden von dem zuständigen Verkehrsermittlungsdienst durchgeführt.“
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 2334 vom 22.08.2009 – 10:35 Uhr

Der Radfahrer muss nicht Schuld gehabt haben. Da sich der Unfall auf der Fahrbahn ereignet hat, kann der Fußgänger ihn verursacht haben oder gar selbst hingefallen sein, obwohl das meist nicht mit einem Knall passiert. Aber es ist skrupellos vom Radfahrer, so einen Verunglückten seinem Schicksal zu überlassen und zu flüchten.

Bambus-Fahrräder aus Berlin

Auf Bildern habe ich Bambusfahrräder schon häufig gesehen, in Natur allerdings noch nie. Immer wieder wird darauf verwiesen, dass Bambus in seinen Festigkeitskennwerten Stahl gleich kommt oder gar „Stronger Than Steel“ ist. Deshalb sei es nur eine Frage der Zeit, bis der Werkstoff Bambusrohr auch im Fahrradbau Einzug hält. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Bambus-Fahrradrahmen die Festigkeit von herkömmlichen Fahrradrahmen erreicht, denn es kommt nicht nur auf die Haltbarkeit der Bambusrohre an sondern auch auf die der Verbindungsstücke aus Metall oder Kohlefaser und vor allen Dingen darauf, wie sie  mit dem Bambus verbunden sind. Jedes Bambusfahrrad ist deshalb ein Einzelstück und entsprechend teuer.

berlin-bamboo-bikes.jpgTrotz dieser Schwierigkeiten hat sich eine Projektwerkstatt von Studierenden an der Technischen Uni Berlin vorgenommen, Berliner Bamboo Bikes zu entwickeln. Die Studis wollen ein breites Spektrum an Bambusrädern zu günstigen Preisen designen, z.B.: Cityräder, Liegeräder, Transportbikes und Rikschas. Die Konstruktionspläne der Bambusbikes werden unter einer Open-Source-Lizenz stehen, so dass man privat Räder nachbauen kann.
Berlin Bambus Bikes

Hamburger Leihradsystem läuft unrund

„StadtRAD Hamburg – aufsteigen und abfahren!“ Mit diesen Worten wirbt das vor einigen Wochen eingeführte Hamburger Leihfahrradsystem. Nun hat die Deutsche Bahn als Betreiber des Verleihsystems eingeräumt, dass es noch Schwierigkeiten gibt.

An knapp 70 Ausleihstationen kann man die auffälligen roten Leihfahrräder ausleihen und an einer beliebigen anderen Station wieder zurückgeben. Da an etwa 40 Stationen die Kartenlesegeräte nicht funktionieren, ist dort eine Ausleihe nur mit Hilfe eines Telefons möglich. Nach und nach sollen aber die defekten Lesegeräte durch funktionierende ersetzt werden.

Das Hamburger Leihradsytem wurde Mitte Juli eingeführt und besteht aus 67 Leihstationen im erweiterten Innenstadtbereich, an denen insgesamt 700 Fahrräder ausgeliehen werden können. Um das System nutzen zu können, müssen sich die Kunden im Internet, am Telefon oder an einer Leihstation einmalig registrieren. Fahrten bis zu 30 Minuten sind kostenlos, die zweite halbe Stunde kostet 90 Cent bis 1,20 Euro. Ab der 61. Minute werden sechs Cent pro Minute für Inhaber einer Bahncard oder einer Zeitkarte des Hamburger Verkehrsverbundes fällig, alle anderen zahlen acht Cent. Ein ganzer Tag Ausleihe schlägt mit 12 Euro zu Buche. In den ersten Wochen wurden die Erwartungen des Betreibers übertroffen. Bisher haben sich 12.000 Hamburger und Auswärtige für das System registriert.

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StadtRAD Hamburg
NDR: Leihrad-System in Hamburg läuft nicht rund
Foto: Radpropaganda

Abwrackprämie für Fahrräder in Wien

„Was Mannheim vorgemacht hat, können wir Wiener auch.“  Das hat sich wahrscheinlich der Bürgermeister der Stadt Wien Rudolf Schicker gedacht und eine Abwrackprämie für Fahrräder eingeführt. Um die Prämie von 70 Euro zu bekommen, musste der Interessent ein Fahrrad im Wert von mindestens 140 Euro erstehen. Allerdings wurde die Initiative auf 500 Fahrräder begrenzt. Die Fahrradverschrottungsprämie war nach einem Tag aufgebraucht, keine 24 Stunden nach Bekanntwerden der Aktion waren die 500 Prämien am Dienstag Vormittag schon reserviert. Noch begehrter war lediglich eine Förderung der Photovoltaik, die bereits nach sieben Minuten ausgebucht war.
Standard: 70 Euro für den alten Drahtesel

Immer weniger Autoverkehr in Berlin

Die Nachricht ist zwar nicht neu, aber im Tagesspiegel gibt es aktuelle Daten aus einer Haushaltsbefragung der TU Dresden. In Berlin verschiebt sich der Modal Split zugunsten von Fußgängern, Radfahrern und ÖNPV. Demnach hat der Anteil der Fußgänger in den letzten 10 Jahren um vier, der Anteil der Radfahrer um drei Prozent zugenommen (Sind hier Prozentpunkte gemeint?). Der Autoverkehr hat um 7% abgenommen. Es werden 30,9% aller Wege mit dem Auto zurückgelegt, 29,8% zu Fuß, 26,2% im ÖPNV und 13,1% mit dem Rad. Das Auto hat eine durchschnittliche Auslastung von 1,3 Personen.

Während die Bundesregierung die Umwelt mit fragwürdigen Prämien „rettet“, an der Verkehrsverteilung aber lieber nichts ändern will, wird Berlin hier die Möglichkeit eines ernsthaften umweltverträglichen Handelns in die Hand gegeben. In vielen Straßen ist der Verkehrsanteil der Radfahrer bereits höher als derjenige der Autos, dennoch dominieren sie das Bild und benötigen fast den gesamten Verkehrsraum, und sei es nur zum Parken.

Ein noch schnelleres Umsetzen der die Bezirke verbindenden Fahrradrouten, die Schaffung echter autofreier Fahrradstraßen, die Abschaffung gefährlicher Radwege und – wo nötig – die Markierung von ausreichend breiten Radstreifen – all dies ist geeignet, um mehr Leute aufs Rad steigen zu lassen.

Sofia überrascht mit kreativen Radwegen

Um noch mehr Radtouristen in die bulgarische Hauptstadt Sofia zu ziehen, hat die Stadtverwaltung beschlosssen, dem Radfahrer in Zukunft themenzentrierte Radwege anzubieten.

Der erste so gestalte Radweg ist der Bauhaus-Radweg, benannt nach der Avantgarde der Klassischen Moderne in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts. Klare, geometrische Linien begrenzen den Bauhaus-Radweg, der wie geschaffen ist für den exakten und präzisen Radfahrer.

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In nächster Zeit wird auch der Hundertwasser-Radweg gebaut. Der in Wellenform verlaufende Radweg hat sich als ideal erwiesen für touristische Radler zwischen 0,7 und einem Promille, weil die Eigenschwankungen des Radfahrers prima mit den geschwungenen Linien des Fahrradwegs harmonieren. Besondere Hoffnungen setzt man in Sofia darauf, mit dem Hunderwasserradweg mehr österreichische Gäste anzuziehen.

Umstritten ist noch der Bau des Keith-Haring-Radweges. Er soll in wilden Zick-Zack-Linien letzendlich an das Ziel führen. Zu bewältigen ist der nach dem New Yorker Künstler Haring benannte Radweg nur von Fixies. Mit denen kann man zur Not auch mal einige Meter rückwärts fahren, um besonders kniffelige Stellen erneut zu versuchen. Radlerverbände kritisierten den Haring-Radweg allerdings als „zu schwierig“.

Man darf gespannt sein, wer sich in dieser Frage durchsetzt. Engstirnige Radfahrerorganisationen, die nur mäkeln, oder innovative Stadtplaner, die mit der Idee thematischer Radwege eine Marktlücke entdeckt haben.

Rechtsfragen zum Thema Fixie

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Sebastian Dramburg.

Fixies sind in aller Munde. Es wird viel berichtet über die Popularität dieser Fahrräder. Die einen halten sie für Teufelszeug, die anderen sind genervt von der Fixie-Diskussion. Es gibt die abgefahrensten Ansichten und Befürchtungen zu den Folgen, wenn man mit einem Fixie von der Polizei erwischt wird. Diese Spekulationen sind aber im Wesentlichen auf Gerüchte und Berichte vom Hörensagen zurückzuführen sind.

Im Folgenden will ich versuchen das Thema aus der juristischen Sicht kurz zu beleuchten. Dabei geht es natürlich in erster Linie um die Bremsen-Frage. Denn die Erfordernisse von Klingel, Licht und Reflektoren ergeben sich eindeutig aus dem Gesetz und sollten bekannt sein. Auch bin ich kein Experte auf dem Gebiet, also lasse ich mich gerne aufklären. Nur bitte keine Gerüchte und Stories vom Kumpel, der einen Kumpel hat, der…

Auf geht’s:

1. Reicht eine starre Nabe als Bremse für ein Fahrrad aus?
Nein. Das Gesetz, die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, schreibt vor, dass „alle Fahrzeuge eine ausreichende Bremse haben müssen, die während der Fahrt leicht bedient werden kann und ihre Wirkung erreicht, ohne die Fahrbahn zu beschädigen. Fahrräder müssen zwei voneinander unabhängige Bremsen haben.“ (§ 65 StVZO). Das heißt völlig unabhängig von der Frage, ob eine starre Nabe als Bremse ausreicht (dazu sogleich), muss ein Fahrrad zwei Bremsen haben, um dem Gesetz Genüge zu tun. Ohne Vorderbremse geht es nicht. Zumindest rechtlich.

2. Ist eine starre Nabe eine Bremse im Sinne der StVZO?
Aus der ersten Frage ergibt sich die Folgefrage: Reicht eine Vorderbremse und eine starre Nabe aus, um die Erfordernisse der StVZO zu erfüllen?

Die Kernfrage ist, ob eine starre Nabe als Bremse „leicht zu bedienen ist“. Als Bremse an einem Fahrrad versteht man eine Vorrichtung, die geeignet ist, die Fahrgeschwindigkeit zu reduzieren und das Fahrrad damit zum stehen zu bringen.

Ganz frisch hat nun das Amtsgericht Bonn (Az. 337 Js 1152/09) eine starre Nabe als Bremse anerkannt und damit entschieden, dass eine Vorderbremse und eine starre Nabe die Voraussetzungen des § 65 StVZO erfüllen. Bei diesem Urteil handelt es sich aber nicht um eine richtungsweisende Entscheidung oder gar einen Präzedenzfall (gibt es im deutschen Recht nicht). Jedes Gericht kann anders entscheiden, und der starren Nabe keine Eigenschaft als Bremse bescheinigen. Daher bleibt die Frage weiterhin offen und letztendlich wird der Punkt zu klären sein, ob man ein Fahrrad mit einer Vorderbremse und einer starren Nabe genauso gut anhalten kann wie ein Rad mit Vorderbremse und bspw. einer Rücktrittsbremse.

3. Darf die Polizei Fixies einfach so einziehen?
Dies ist keine ja/nein Frage, sondern eine juristische Frage. Das heißt je nach Auslegung des Gesetzes kann sie unterschiedlich beantwortet werden.

Bei der Beantwortung zunächst davon auszugehen, dass der Radfahrer das erste Mal von der Polizei angehalten wird (zum Wiederholungstäter s.u.). Nach meiner Auffassung ist die erstmalige Einziehung eines Fahrrades mit starrem Gang rechtswidrig, selbst wenn es keine Vorderbremse hat. Vier von mir betreute Fixie-Fahrer haben ihre Räder alle wieder, ohne dass es ein Gerichtsverfahren gegeben hat.

Sowohl die Sicherstellung als auch deren Aufrechterhaltung sind rechtswidrig, da sie nicht im Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Soweit darauf abgestellt wird, dass das Rad nicht verkehrssicher ist, so ist dazu zu sagen, dass die Gefahrenabwehr (Schutzgut: die Sicherheit des Straßenverkehrs und die des Fahrers) auch durch ein milderes Mittel hätte erfolgen können (z.B. schieben).

4. Was droht, wenn erwischt werde und mein Rad nicht der StVZO entspricht?
Mach dich gefasst auf ordentlich Bußgeld (über 100 € sind drin), wenn du ohne Vorderbremse, Reflektoren und Klingel unterwegs bist. Und Punkte, wenn du einen Führerschein hast (rechne mit bis zu 3 Punkten).

Die Ordnungsbehörden fordern z.B. bei den eingezogenen Fixies, dass diese nach Herausgabe nachgerüstet und später auf dem Polizeiabschnitt vorgezeigt werden sollen. Meines Erachtens ist der Eigentümer eines Bahnrades nicht verpflichtet, dies zu tun. Die Polizei kann nicht vorschreiben, wo das Rad gefahren wird (z.B. Privatgelände).

5. Kann die Polizei mein Fixie verschrotten?
Die Frage stellt sich nur, wenn man kein Ersttäter ist (siehe Frage 3).

Wird man widerholt mit einem Rad erwischt, das nicht verkehrssicher ist, dann muss im Einzelfall entscheiden werden, ob die Sicherheit des Verkehrs nur durch die endgültige Wegnahme des Rades erreicht werden kann. Ein wiederholter Verstoß führt jedenfalls nicht zwingend zur Verschrottung.

Juristisch bezeichnet man dies als Einziehung, was den Zweck hat, den weiteren Umgang mit dem Gegenstand zu unterbinden. Die Einziehung erfolgt durch einen Richter. Die Polizei kann dies nicht entscheiden. Aber die dauerhafte Wegnahme ist grundsätzlich möglich.

6. Und sonst?
Außer dem oben genannten Urteil aus Bonn (der Volltext des Urteils liegt mir leider noch nicht vor) ist mir kein Fall bekannt, in dem sich die Gerichte schon mal mit dem Thema befasst haben. Auch an sich ist das Thema juristisch gesehen ja eher eine neue Materie, daher bleibt abzuwarten, ob die harte Linie der Polizei irgendwann mal von den Gerichten bestätigt wird oder nicht. Ein Gerichtsverfahren kostet erst mal Geld und vor diese Alternative gestellt, rüsten die Leute ihre Räder meist doch lieber nach.

Der Autor:
Rechtsanwalt Sebastian Dramburg, LL.M. (University of Auckland) ist als Rechtsanwalt in Berlin tätig und hat als Schwerpunkt eigentlich die Bereiche rund um das Internet- und Urheberrecht im Blick, fährt aber auch gerne Fahrrad.
dramburg.eu

Bonner Richter: Starrantrieb ist Bremse

Dass völlig bremsenlose Fixed-Gear-Räder gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, ist unzweifelhaft, denn die StVO schreibt zwei baulich unabhängige Bremsen vor. Aber wie wird ein Fixie mit Starrgang und nur einer Vorderrradbremse rechtlich beurteilt?

Das Urteil eines Bonner Gerichts könnte die Diskussion um diese Frage beleben. In Bonn war ein Fixie-Fahrer von der Polizei erwischt worden. Er sollte 55 Euro zahlen, weil sein Fahrrad keine Klingel, keine seitlichen Reflektoren und keine Hinterrradbremse besaß. Zusätzlich wurde er mit einem Punkt in Flensburg bestraft. Der Radfahrer klagte gegen den Strafbescheid, weil nach seiner Argumentation eine Bremse gemäß § 65 Abs. 2 StVZO eine feste Einrichtung am Fahrzeug zur Verminderung der Geschwindigkeit ist und in diesem Sinne auch der Starrlauf am Fixie als Bremse zu werten ist.

Das Gericht folgte dieser Ansicht und reduzierte die Strafe für den Radler auf 15 Euro Bußgeld für die fehlende Klingel und Reflektoren.
pd-f: Bonner Richter erklären starren Antrieb zur Bremse