Unfallstatistik des Amtes für Statistik Berlin Brandenburg

In früheren Blog-Einträgen habe ich die jährlich von der Berliner Polizei herausgegebenen Unfallstatistiken bemängelt. Die Zahlen werden u.a. für den Radverkehr gesondert aufbereitet und dabei mit fragwürdigen Interpretationen und tendenziell fahrradfeindlichen Nebensätzen, die Radfahrern eine Mitschuld an allen Unfällen unterstellen, ausgeschmückt. Eine fehlende gesonderte Aufbereitung der Zahlen für den Kfz-Verkehr macht einen präzisen Vergleich des Unfallgeschehens von Rad- und Kfz-Fahrern unmöglich.

In meinem Blog wies mich Kommentator „Zahlendreher“ darauf hin, dass das Amt für Statistik Berlin Brandenburg ebenso Unfallstatistiken herausgibt. Dort beziehen sich zwar die meisten Zahlen auf Unfälle mit „Verunglückten“ (Verletzte und Getötete), verzichten dafür aber auf Zahlenauslassungen und verbale Interpretationen.

Auf eine weitere „reißerische“ Auswertung im Polizeistil will ich an dieser Stelle verzichten, wer seriöse Zahlen sucht, findet sie in dieser Statistik (PDF).

Die Unfallstatistik für Radfahrer im Tagesspiegel

In mehr als der Hälfte der Fälle der Verkehrsunfälle sind die Radfahrer selbst schuld. Diese Fehlauswertung der Berliner Unfallzahlen beglückt uns nicht nur jährlich in der Unfallstatistik Radfahrer der Berliner Polizei (PDF). Auch der Tagesspiegel übernimmt die Zahl unhinterfragt. Die Zahl entsteht, wenn man alle Verkehrsunfälle (des Jahres 2009) mit Radfahrerbeteiligung zusammenzählt (7056) und sie der Anzahl der radelnden Unfallverursacher (Haupt- und Mitverursacher: 4089) gegenüberstellt. Heraus kommt ein Schuldanteil von 57,95%, der aber unterschlägt, dass auch Unfälle unter Radfahrern einbezogen sind. Unfälle unter gleichartigen Verkehrsteilnehmergruppen sind von dieser Gruppe naturgemäß zu 100% selbst verursacht.

Der so ausgerechnete Verursacheranteil ist nur sehr begrenzt brauchbar – und für Pkw fast gar nicht auszurechnen, da auf Pkw aufgeschlüsselte Angaben in der Gesamtunfallstatistik der Berliner Polizei (PDF) schlichtweg fehlen. Bliebe nur ein mühseliges Zusammenrechnen anderer Zahlen.

Brauchbar ist ein direkter Vergleich der Unfallbeteiligten.

So wurden von 4647 Verkehrsunfällen zwischen Kfz und Radfahrern 2999 vom Kraftfahrer hauptsächlich verursacht, wie folgende Grafik verdeutlicht.

Unfallverursacher bei Unfällen zwischen Pkw und Fahrrädern, Berlin 2009

Bei Unfällen zwischen Fußgängern und Radfahrern (483, davon 203 hauptsächlich von Fußgängern verursacht) sieht das Bild für Radfahrer hingegen wenig rühmlich aus:

Unfallverursacher bei Unfällen zwischen Radfahrern und Fußgängern, Berlin 2009

Unfälle zwischen Radfahrern kann man indirekt aus der Unfallstatistik ablesen, indem man die Gesamtanzahl der Unfälle (7056) von der Gesamtzahl an Unfällen beteiligten Radfahrer (7452, vgl. S. 20 der Statistik) abzieht. Heraus kommt 396. Da bei einem Unfall zwischen Radfahrern immer ein Radfahrer schuld ist, wurden 396 dieser Unfälle von Radfahrern verursacht. Diese Zahl ist zwar nicht brauchbar, wird von Polizei und Tagesspiegel aber indirekt verwendet, indem sie in die Gesamtzahl aller Unfälle einfach mit einfließt. Grafisch veranschaulicht:

Unfallverursacher bei Unfällen zwischen Radfahrern, Berlin 2009

So genau hat man die Zahlen beim Tagesspiegel leider nicht analysiert, dafür gibt es als Ersatz zahlreiche Einzelfall-Beispiele, bei denen Radfahrer erwartungsgemäß nicht gut wegkommen.

Tagesspiegel: Radfahrer sind oft selbst schuld an Unfällen