Projekt „Spurensicherung“ des Tagesspiegel

Jeder, der in Berlin mit dem Fahrrad unterwegs ist, macht Erfahrungen mit zu eng überholenden Fahrzeugen. Aber wieviel Abstand halten Autofahrer beim Überholen von Radfahrern wirklich ein? Nach der mündlichen Auskunft eines Fahrradpolizisten von vor zwei Jahren wollte die Berliner Polizei testweise ein Gerät zur Abstandsmessung erwerben. Niemand weiß, ob die Polizei in Berlin inzwischen einen Abstandmesser besitzt und – wenn ja – tatsächlich einsetzt.

Dabei sind die Verkehrsregeln eindeutig. Jeder Kraftfahrzeugführer, der einen Fahrradfahrer überholt, muss einen Seitenabstand von mindestens 1,5 Metern einhalten. Der Tagesspiegel will nun wirklich wissen, wieviel Raum überholende Kraftfahrzeuge den Radfahrern wirklich lassen. Er hat ein Testfahrrad mit einem Arduino-Minicomputer, einem Ultraschallsensor und einem Bluetoothmodul ausgestattet. Zusammen mit einem Smartphone zur Positionsbestimmung kann nun auf den Zentimeter genau ermittelt werden, wie groß die Überholabstände tatsächlich sind.

Als Teststrecke wurde der Weg zwischen dem Funkturm auf dem ICC-Gelände und dem Kottbusser Tor gewählt. Diese Strecke ist ein wenig länger als zehn Kilometer. „Der Radfahrer fährt defensiv und mit mittlerer Geschwindigkeit“. Bei einer einmaligen Durchführung des Experiments wurde das Testfahrrad fünfzig Mal in einem Abstand von unter zwei Metern überholt, darunter waren 31 Fahrzeuge, die einen Überholabstand von 1,5 Metern unterschritten. Superenge Überholabstände von unter einem Meter registrierte das Testfahrrad vier Mal. Durchschnittlich wurde der Testfahrer also etwa alle 2,5 Kilometer hochgefährlich überholt.

Die Messfahrt des Tagesspiegel wurde nur von einer einzelnen Person auf einer bestimmten Strecke zu einer bestimmten Tageszeit durchgeführt. Der Tagesspiegel will nun wissen, ob diese Messung auf anderen Straßen ähnlich ausfällt. Er will 100 Testfahrer in allen Bezirken Berlins mit 100 Radmesser-Sensoren ausstatten. Acht Wochen sollen die Testfahrer damit auf den Straßen Berlins fahren. Hinterher soll ausgewertet werden, wo es für Radfahrer am gefährlichsten ist.

Tagesspiegel: Projekt Spurensicherung

MoPed statt Fahrrad?

Jeden Monat tritt ein neues Startup mit einer motorisierten Fahrradflotte im Programm auf den Plan. Die Fachmagazine der Fahrradbranche kennen nichts anderes. Motorisierung ist das Gebot der Stunde, so scheint es. Front-, Heck- oder Mittelmotor sind die Fragen, die sich Radfahrende scheinbar heute zu stellen haben.
Obwohl von diesem Boom in Berlin bislang nicht viel zu spüren ist, bekomme ich langsam Angst, dass das vollintegrierte MoPed, mit Smartphone gesteuert, den guten alten Drahtesel verdrängt. Ist es nur noch nostalgisch die Tugenden eines alten Hollandrads zu beschwören? Vielleicht geht es dem Fahrrad ja wie es den Pferdegespannen vor hundert Jahren ergangen ist.

7 Gründe für ein Fahrad ohne Motor
Ein Fahrrad ist billig.
Es kostet weniger bei der Anschaffung und ist auch im Unterhalt günstiger als ein E-Bike. Denn:
Ein Fahrrad ist stabil.
Je weniger Technik an einem Gefährt versammelt ist, desto weniger störanfällig ist es.
Ich kann es selbst reparieren.
Das ideale Rad für alle Zwecke besitzt weder Hydraulikbremsen noch Federung, noch elektronisch gesteuerte Schaltung. Dafür kann ich problemlos zuhause einen Schlauch wechseln.
Ein Fahrrad ist leicht.
Das merk ich nicht nur beim Fahren, ich kann es auch mal Treppen tragen.
Es ist gesund.
Dafür anstrengender als fernsehen, fliegen oder Auto fahren.
Es verbraucht keinen Strom.
Tschüß Atomkraftwerke.
Es ist die effizienteste Art der menschlichen Fortbewegung.
Mit Muskelkraft fahren ist auch eine Einladung zur Entschleunigung. Fühl ich mich heute schlapp, fahr ich langsamer.

Macht Schnellasphalt Radfahrer wirklich schneller?

Auf niederländischen Radschnellwegen wird immer häufiger ein bestimmter Asphalttyp verwendet, der Radfahrer schneller machen soll. So wird zum Beispiel auf der Schnellverbindung von Apeldorn bis Deventer eine Asphaltmischung namens „KonwéCity Rood“ eingebaut, die besonders glatt sein soll. An der Universität Twente wurde nun durchgerechnet, dass sich der Rollwiderstand auf diesem Asphalt um etwa zehn Prozent verringert, verglichen mit einem „normalen“ Asphalt.

Ist das viel? Kommt darauf an, ist die Antwort des Fietsersbond, mit welchen anderen Methoden, das Radfahren schneller zu machen, man Vergleiche anstellt. Zwei optimal aufgepumpte Reifen machen ein Rad um fünf Prozent schneller, eine gut geölte und eingestellte Kette spart ebenfalls etwa fünf Prozent. Noch größere Effekte würde es geben, wenn man den Windwiderstand an Radwegen verbessern würde, etwa durch Mauern oder Hecken. Wenn man bei 20 km/h auf dem Fahrrad gegen einen Wind treten muss, der drei Windstärken (15 km/h) hat, ist der Windwiderstand insgesamt 35 km/h groß. Dafür muss man ungefähr doppelt so viel Energie investieren als bei Windstille.

Den größten Effekt kann man erzielen, wenn man dafür sorgt, dass Radfahrer nicht stoppen müssen. Bei einer Bremsung von 20 km/h auf Null und anschließendem Wiederanfahren verliert man etwa 1600 Joule Energie. Wenn man gute Schnellradrouten bauen möchte, sollte man darauf achten, dass Radfahrer nicht irgendwo anhalten müssen.

Fietsersbond: Hoe snel is snel asfalt op het fietspad?

Bezirksbürgermeister wollen Gebühren für nicht stationsgebundene Leihfahrräder

Einmal im Monat kommen die Berliner Bezirksbürgermeister mit dem Regierenden Bürgermeister zusammen, um zu den grundsätzlichen Fragen der Verwaltung und Gesetzgebung Stellung zu nehmen. In der jüngsten Sitzung dieses Gremiums wurde einstimmig der Beschluss gefasst, die Verkehrssenatorin aufzufordern, eine Sondernutzungsgebühr für frei flottierende Leihfahrräder in Berlin einzuführen. Stationsgebundene Leihbikes soll das nicht betreffen. Den Anbietern soll ebenfalls vorgeschrieben werden, einen Ansprechpartner zu benennen. Wenn diesem behindernd abgestellte oder nicht funktionsfähige Räder gemeldet werden. In so einem Fall sollen die Mieträder innerhalb von 24 Stunden beseitigt werden.

In einem Urteil vom März 2009 hatte das Landgericht Hamburg festgestellt, dass das Abstellen von Mietfahräädern auf öffentlichem Straßenland keine Sondernutzung darstellt. Dagegen erhebt das Land Bremen seit dem vergangenen Jahr eine Gebühr von einem Euro pro Rad und Monat. Der Leihradanbieter Limebike hatte sich daraufhin vom Bremer Markt zurückgezogen.

Peter Feldkamp von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz will die Einführung einer solchen Gebühr von der flächendeckenden Einführung der Parkraumbewirtschaftung abhängig machen, wie er in einem Tweet schreibt. Dieser Vorschlag ist deshalb irreführend, weil eine Parkraumvignette ausdrücklich keine Gebühr sondern lediglich eine Verwaltungsgebühr ist. Zur Zeit zahlen Autobesitzer 20,40 Euro, um ihr Fahrzeug zwei Jahre in einer Parkzone abstellen zu dürfen. Dieser Preis lag schon einmal höher, wurde aber vom damaligen rot-roten Senat mit dem Argument gesenkt, dass diese Summe ausschließlich den Veraltungsaufwand für das Ausstellen einer Vignette abbilden sollte. Außerdem ergäbe die Einführung von Gebühren für Mieträder nach dem Bremer Modell die absurde Situation, dass das Abstellen eines Leihfahrrads einen Euro pro Monat kostet, das Abstellen eines Pkw jedoch nur 80 Cent im Monat.

Berliner Zeitung: Gebühr Bezirke votieren einstimmig: Vermieter sollen für Leihrad-Chaos zahlen

Mahnwache für einen von uns

Mahnwachen sind immer bewegend. Bereits die vorletzte vor fünf Wochen für den Achtjährigen aus Spandau mit den Dutzenden von Schülern, die am Gedenken für ihren Mitschüler teilnahmen, hat mich tieftraurig gemacht. Am vergangenen Freitag versammelten sich in der Treskowallee in Karlshorst einige Dutzend Menschen, um des 7. getöteten Radfahrers in diesem Jahr zu gedenken. Unter den Trauernden befanden sich auch recht viele mit einem Hund an der Leine. Da ich selbst Hundefreund bin, habe ich die Gruppe von Leuten mit Hund angesprochen. Es stellte sich heraus, dass Heiko, so hieß der getötete Radfahrer, eine Hundetagesstätte in Lichtenberg aufgebaut hatte. Und Heiko hat in den vergangenen Jahren immer mal wieder an der Critical Mass teilgenommen. In den letzten beiden Jahren wurde seine Teilnahme an der CM weniger, weil ihn seine Hundetagesstätte „Nino und Lotte“ so in Beschlag genommen hat. Seine Tagesstätte in Lichtenberg war so erfolgreich, dass er in diesem Jahr eine zweite Betreungsstelle für Hunde eröffnet hat.

Man konnte Heiko daran erkennen, dass bei der Critcal Mass ein kleiner, brauner Vierbeiner auf seiner Schulter lag. Wenn ihr also am kommenden Freitagabend wieder zum Mariannenplatz fahrt und den Radfahrer mit Hund auf der Schulter nicht seht, dann wisst ihr, dass er nicht mehr kommt. Hier ein kleines, drei Jahre altes Video von Heiko:

Polizei Berlin: Tödlicher Verkehrsunfall
ADFC Berlin: Geisterrad in Karlshorst

Prozess gegen einen Kfz-Meister, der mit seinem Fahrzeug Jagd auf einen Radfahrer gemacht und ihn schwer verletzt haben soll

Am Sonnabend, dem 1. Oktober 2016 wollen die beiden Wohngemeinschaftsmitglieder V. und J., beide männlich und Anfang dreißig, einen Einkauf bei IKEA machen. Sie fahren etwa um elf Uhr von ihrer WG in der Sonnenallee in Neukölln in Richtung des Möbel & Einrichtungshauses in Berlin-Tempelhof. Auf der Germaniastraße treffen sie, nebeneinander fahrend, auf den angeklagten Kfz-Meister S. Der Angeklagte, Besitzer eines Autohauses in Tempelhof, ist mit einem Mercedes S 500 4MATIC unterwegs, ein 450-PS-Fahrzeug mit V8-Motor und 4,6 Litern Hubraum. Es kommt zu einem Streit. S. behauptet, einer der beiden Radfahrer hätte auf die Windschutzscheibe des Autos gespuckt und den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Die Radfahrer sagen, dass die Ursache des Streits ein zu enges Überholen des Angeklagten sei. Der Radfahrer V. merkt sich das Kennzeichen des schwarzen Mercedes.

Was in den nächsten Minuten folgt, darüber gibt es unterschiedliche Versionen. Der Angeklagte sagt, er habe nach dem Streit das Fahrzeug gewendet, sei an der Kreuzung Germaniastraße und Ringbahnstraße in die Ringbahnstraße eingebogen und mit Tempo 30 in Richtung seines Autohauses gefahren. In der Ringbahnstraße in Höhe der Hausnummer 31 habe er einen der beiden Radfahrer verletzt auf der Straße liegend gesehen. Er habe gestoppt und die Feuerwehr und die Polizei gerufen.

Die Version der beiden Radfahrer klingt ganz anders. Nach ihren Aussagen werden sie mehrfach vom Mercedes-Fahrer überholt und beschimpft. Dann habe der Angeklagte gerufen: „Ich rufe jetzt meine Söhne an und wir machen euch kalt!“ Es kommt nach Aussage der Radfahrer zu einer Verfolgungsjagd, in die Minuten später ein zweites Fahrzeug eingreift. Die Radfahrer beschließen, sich zu trennen und in unterschiedliche Richtung zu fahren, um die Verfolger abzuschütteln. Dem Radfahrer J. gelingt es, sich in einen Hauseingang zu retten. Radfahrer V., Geschädigter und Nebenkläger in dieser Strafsache, flüchtet mit seinem Omnium-Lastenrad in die Ringbahnstraße, macht dort einen Schulterblick und erkennt den schwarzen Mercedes etwa 25 Meter hinter sich. Er versucht, in eine Parklücke zu kommen, um auf dem Bürgersteig weiterzufahren. Bei einem letzten Schulterblick ist der schwarze Wagen nur noch wenige Meter hinter ihm. Dann schwindet seine Erinnerung. Im Krankenwagen auf dem Weg zur Intensivstation kommt er wieder zu Bewusstsein und kann sich an das Kennzeichen des schwarzen Mercedes erinnern. Im Krankenhaus wird bei V. ein offener Schäderbasisbruch und weitere Verletzungen diagnostiziert.

Im Krankenhaus bekommt V. Besuch von zwei Streifenpolizisten. Sie sagen, sie würden sich wieder melden. Das passiert aber nicht. Deshalb geht V., nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden ist, am 20. Oktober 2016 zur Polizei und macht dort eine Zeugenaussage. Am 29. Dezember 2016 geht V. auf Anraten seines Anwalts erneut zur Polizei und macht weitere Zeugenangaben.

Außer den beteiligten Radfahrern und dem Autofahrer werden insgesamt fünf Zeugen an drei Verhandlungstagen befragt. Zwei Vertriebene M. und A., die in einem Flüchtlingsheim in der Ringbahnstraße 32 wohnen, sind gerade auf dem Weg zur U-Bahn, als sie hundert Meter hinter sich ein Unfallgeräusch hören. Sie eilen zur Unfallstelle und als sie eine Minute später dort eintreffen, sehen sie den Radfahrer V. verletzt auf der Straße liegend sowie den Angeklagten S., der mit seinem Mobiltelefon Polizei und Feuerwehr anruft. Etwas später kommt ein weiteres Fahrzeug zur Unfallstelle. Nach Aussagen des Zeugen M. steigt ein Mann aus dem neu hinzugekommenen Fahrzeug aus und sagt zum Angeklagten S.: „Ich habe gesehen, dass du es gewesen bist“. Die Antwort von S. sei gewesen: „Ich war es nicht. Ich will nur helfen“.

Ein weiterer Zeuge K. hatte vor dem Unfall die Verfolgungsjagd in der Germaniastraße beobachtet. Er sieht, wie ein schwarzer Mercedes sich mit hoher Geschwindigkeit nähert und sich dann quer auf die Kreuzung Germaniastraße und Ringbahnstraße stellt. Weil ihm das komisch vorkommt, notiert er sich das Kennzeichen des schwarzen Mercedes. Stunden später geht er auf dem Weg zum Hertha-Spiel durch die Ringbahnstraße und sieht an der Unfallstelle Polizisten, die die Spuren des Unfalls dokumentieren. Er teilt den Beamten seine Beobachtungen und das Kennzeichen des Fahrzeugs mit.

Auch der Polizist, der zuerst an der Unfallstelle eintrifft, wird am dritten Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Ihm kam die Lage des Fahrrads, das sich linksseitig vor einem geparkten Fahrzeug befand, merkwürdig vor. Das sei für einen Alleinunfall untypisch. Außerdem sei das zerstörte Fahrrad von V. untypisch gewesen für einen Alleinunfall. Wörtlich sagte er: „Das sind Mutmaßungen. Ich bin kein Gutachter, aber es muss schon eine große Wucht von hinten gekommen sein“. Auch der Polizist, der die Ermittlungen im Zusammenhang des Unfallgeschehens durchführte, wurde befragt. Er untersuchte auch den schwarzen Mercedes, der „frisch gewaschen und geputzt“ im Vorführraum des Autohauses stand und keinerlei Spuren eines Unfalls aufwies. Und weil am Auto keine Spuren zu sehen waren, entschied der Polizist, auf eine Untersuchung der Unfallspuren am Lastenrad zu verzichten.

Schließlich wurde auch ein Sachverständiger Dr. W. vom Richter gefragt. W. ließ sich den schwarzen Mercedes am 26.10.2017 vorführen und untersuchte auch das zerstörte Lastenrad des Radfahrers am 23.10.2017. W´s Resumee: „Diese Art von Beschädigungen am Fahrrad ist mit einem Alleinunfall nicht zu schaffen. Es deutet alles darauf hin, dass da jemand von hinten draufgefahren ist“. Für den Gutachter ergab sich ein stimmiges Bild. Damit war die Beweisaufnahme abgeschlossen.

Das Plädoyer der Staatsanwältin war superkurz und nach drei Sätzen beendet. Da nicht auszuschließen sei, dass das zweite Fahrzeug für die Verletzungen von V. verantwortlich sei, sei der Angeklagte freizusprechen. Zack. Fertig. Auch die Forderung des Verteidigers des Angeklagten war knapp: es gibt keine Beweis, also Freispruch. Der Anwalt des Geschädigten und Nebenklägers V. forderte eine Haftstrafe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung. Der Richter sprach den Angeklagten frei. Außerdem bekommt S. eine Entschädigung, weil ihm nach dem Unfall einige Monate der Führerschein vorsorglich entzogen worden war. Zwar sei dem Zeugen ein großes Unrecht geschehen. Es könne jedoch nicht nachgewiesen werden, dass der Angeklagte S. dafür verantwortlich sei. „Was wir persönlich glauben, steht nicht zu Debatte. Es geht ausschließlich darum, was bewiesen werden kann“. Der Angeklagte S. wird die Nachricht vom Freispruch an seinem Urlaubsort erhalten. Er war zum dritten Verhandlungstag am vergangenen Donnerstag (19. Juli 2018) gar nicht mehr erschienen.

Wieso verbraucht man auf einer Critical Mass viel weniger Energie als auf einer Alleinfahrt?

Jedem, der an einer Critical Mass teilgenommen hat, wird aufgefallen sein, mit wie wenig Kraftaufwand man große Entfernungen in der Gruppe zurücklegen kann. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Zum einen ist der Fahrbahnbelag in der Regel viel besser als jeder Radweg, der über Gullideckel, Grundstückseinfahrten und wackelnde Bodenplatten führt. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass man in der CM an Kreuzungen häufig freie Fahrt hat und nicht an roten Ampeln stoppen und danach wieder beschleunigen muss.

Es gibt aber noch einen dritten Grund. Forscher der Universitären Eindhoven in den Niederlanden und Leuven in Belgien haben eine Gruppe von Terrakotta-Radfahrern in Form eines Pelotons in einen Windkanal gestellt und getestet. Das Ergebnis: Radfahrer, die sich im Zentrum des Pelotons befinden, haben einen Windwiderstand von 5 bis 10 Prozent, verglichen mit einem Radfahrer, der bei gleicher Geschwindigkeit allein unterwegs ist. Nun ist eine Critical Mass kein Peloton, in dem die Radfahrer eng an eng fahren. Dennoch reicht der Effekt des geringeren Windwiderstandes aus, um eine CM zu genießen, in der es wie von alleine voran geht.

Bikebiz: Peloton riding is planet’s most energy efficient locomotion, finds new research

App BikeSharingPlus zeigt alle Leihfahrradanbieter auf einer Karte

Die grüne Jugend Neukölln hat die App BikeSharingPlus veröffentlicht. Diese App hat nur eine einzige Funktion. Sie zeigt dir deinen Standort auf der Google-Maps-Karte und darüber hinaus werden die verfügbaren Leihfahrräder im Umkreis von etwa fünfhundert Metern angezeigt. Berücksichtigt werden die Mieträder von DB Flinkster (Call-A-Bike und Lidl Bike), Mobike, Nextbike, ofo, Limebike, Donkey Republic und Byke. Der Screenshot zeigt das aktuelle Leihradangebot im Gebiet nördlich der Torstraße.

Wenn man sich für ein bestimmtes Leihfahrrad entschieden hat, muss man immer noch auf die jeweilige App des Anbieters gehen und den Mietvorgang einleiten. Hilfreich ist die App dennoch, denn bislang musste man auf verschiedenste BikeSharing-Apps gehen, um abzufragen, ob gerade Räder im näheren Umkreis verfügbar sind. Aber mit BikeSharingPlus ist ein erster Schritt gemacht hin zu einer Plattform, auf der alle Leihräder in der Umgebung nicht nur angezeigt werden können sondern auch gemietet werden können.

Google Play: BikeSharingPlus
Apple Store: BikeSharingPlus
Grüne Jugend Neukölln: Find your next bike!

Rechenschaftsbericht der Berliner Verkehrssenatorin zum Ausbau der Fahrradinfrastruktur

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat im Dezember 2017 folgenden Beschluss gefasst: „Der Senat wird aufgefordert, jährlich, erstmals zum 30. Juni 2018, über den Stand der Umsetzung des Leitprojektes „Radewegeinfrastruktur“ zu berichten.“ Nun hat Regine Günther zum ersten Mal geliefert und einen Überblick über Radverkehrsprojekte veröffentlicht, die im laufenden Jahr durchgeführt wurden bzw. duchgeführt werden sollen.

Bereits im Vorwort wird konzediert, dass „gegenwärtig Zeitverschiebungen beim Umsetzungsbeginn der Infrastrukturprojekte für den Radverkehr bestehen.“ Aber immerhin wurde eine Vielzahl von Maßnahmen und Projekten in den Bezirken „festgelegt und angeschoben“. Aber leider noch nicht begonnen, möchte man hinzufügen und die Zeit wird langsam knapp, wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte des Jahres bereits veronnen ist.

Wie wenig die Verkehrsverwaltung in den ersten sechs Monaten des Jahres auf die Reihe bekommen hat, wird deutlich, wenn man sich die Projekte anschaut, die durch die Bezirke ausgeführt werden sollen und die der Verbesserung der Verkehrssicherheit dienen sollen und für die dringliche Sanierung von Radverkehrsanlagen gedacht sind. Genannt werden hier 19 Projekte in 11 unterschiedlichen Bezirken. Bei 4 der 19 Projekten scheint sicher zu sein, dass sie noch in diesem Jahr in Angriff genommen werden (Projektstand: Baubeginn in 2018). Bei allen anderen 15 Projekten ist keineswegs sicher, dass sie im laufenden Jahr umgesetzt werden (Projektstand: Umsetzung in 2018 angestrebt).

Nicht viel anders sieht es bei den investiven Mitteln aus, die dem Neubau von Radverkehrsanlagen dienen. Unter diesem Punkt werden 9 Projekte in 6 Bezirken genannt. Ein einziges Projekt trägt den Status „Umsetzung in 2018 größtenteils erfolgt“. Es handelt sich hier um das Projekt „Verbesserung der Bedingungen für den Radverkehr in der Mariannenstraße zwischen Skalitzer Straße und Kottbusser Brücke durch Einrichtung gegenläufiger Einbahnstraßen“. Gemeint ist vermutlich das Abschrauben alter und das Anbringen neuer Einbahnstraßenschilder. Weitere 5 Projekte besitzen den Status “ Baubeginn in 2018″ und bei drei Projekte steht der Projektstand auf „Umsetzung in 2018 angestrebt“.

Und dann gibt es da noch die Projekte, die durch die neu geründete infraVelo GmbH ausgeführt werden sollen. Darunter fallen die Grün- und Rotmarkierungen von Radverkehrsanlagen. Haupttendenz: „Aktuell läuft das Vergabeverfahren, sodass noch keine konkreten Termine genannt werden können“. Die infraVeloGmbH soll auch Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an Bahnhöfen bauen. 11 Bahnhöfe hat man schon mal ausgewählt, aber erst einmal sollen Aus- und Neubaupotentiale ermittelt werden. Sowas dauert bekanntlich.

Nach dem Lesen der 13 Seiten des Berichts der Radverkehrssenatorin drängt sich der Eindruck auf, dass die Radverkehrsoffensive in diesem Jahr noch nicht auf der Straße ankommt, dass man in der Verkehrsverwaltung aber guten Mutes ist, dass es 2019 endlich losgeht.

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Umsetzung des Leitprojektes „Radewegeinfrastruktur“

Smarte Fahrradklingel für Senioren

In den Niederlanden ist ein Pilotprojekt mit intelligenten Fahrradklingeln für ältere Menschen gestartet worden. Die Klingel zeigt an, wenn man sich einem gefährlichen Ort nähert. Die ‚SafeToBike‘-Lösung besteht aus einer Smartphone-App und einer intelligenten Fahrradklingel. Dank GPS kann die App die Route eines Radfahrers kontinuierlich mit einer zentralen Datenbank abgleichen, die alle Orte enthält, an denen viele Fahrradunfälle auftreten. Über eine Bluetooth-Verbindung erhält er eine Warnung über ein Licht- oder Tonsignal an der elektronischen Fahrradglocke am Lenkrad. Einige Dutzend ältere Radfahrer in der Gemeinde Hertogenbosch werden nun mit diesem Gerät ausgestattet, um zu testen, ob das System hilft, Radfahrer im fortgeschrittenen Alter vor Gefahrenstellen zu sensibilisieren. Die Radfahrer haben ebenfalls die Möglichkeit, in der App Orte zu markieren, die sie selbst für gefährlich halten.

Nun sind Senioren nicht gerade als die Gruppe bekannt, die besonders häufig Smartphones mit sich führen. Das könnte sich jedoch in den nächsten zehn Jahren ändern. Gravierender erscheint aber, dass nicht vor einer konkreten Gefahr gewarnt wird sondern lediglich vor Orten, die statistisch gesehen Unfallschwerpunkte sind.

Fietsberaad: Slimme fietsbel voor senioren

Sonnabend, 14. Juli: Art Spin Berlin

Nach drei tollen Art-Spin-Touren zwischen 2014 und 2016 sowie einer Pause im vergangenen Jahr kommt am kommenden Wochenende wieder das beliebte Art Spin Berlin auf die Straße. Art Spin Berlin, das ist eine gemeinschaftliche interaktive Kunst- und Fahrrad-Tour zu kreativen Orten, ortspezifischen Kunst-Performances und Installationen in verschiedenen Berliner Kiezen.

Am Sonnabend, dem 14. Juli 2018 wird Art Spin Berlin eine Auswahl von Projekten auf einer 11 km-Strecke durch Pankow, Niederschönhausen, Heinersdorf und Weißensee präsentieren. „Berlin ist voll von Kunst- und Fahrradliebhabern, daher macht es viel Sinn, diese zu einem Event zusammenzuführen, der beide Welten hervorhebt”, sagt die kanadische Künstlerin und Art Spin Berlin Gründerin Vanessa Brazeau und fügt hinzu: „Es ist unser Ziel, zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum mit urbanem Radverkehr zu kombinieren, um neue Perspektiven in weniger bekannten Teilen Berlins zu eröffnen“.

Art Spin Berlin ist für alle offen, unabhängig von der eigenen Fitness oder Kunstkenntnis. Die Teilnahme ist spendenbasiert. Der empfohlene Beitrag ist 8,50 €. Hier der Link zur Anmeldeseite.

Zeit: Sonnabend, 14. Juli, 2018
Beginn: 17 Uhr ▪ Tour-Start: 18:00 Uhr
Ort: unterhalb der Bösebrücke (Norwegerstr.), S-Bahn Bornholmer Straße, 10439

Art Spin Berlin

Zum Abschluss ein kurzer Videoschnipsel von der letzten Art Spin Berlin.

Update Lastenradförderung in Berlin: 4. Juli 2018, 8.00 Uhr

Heute hat die Senatsverwaltung für Verkehr in Berlin den Zeitplan für die Förderung von Lastenfahrrädern bekannt gegeben. In diesem Jahr unterstützt der Senat die Anschaffung von gewerblichen und privaten Lastenrädern mit einer Gesamtsumme von 200.000 Euro. Die Summe wird so aufgeteilt:

  • 130.000 Euro für Privatnutzer, davon entfallen 40.000 Euro auf Nutzergemeinschaften und die restlichen 90.000 Euro auf Einzelnutzende.
  • 70.000 für gewerbliche/freiberufliche Antragsteller

Ab dem 4. Juli 2018, 8.00 Uhr stehen der Antrag zur Förderung, ein Vordruck für den Finanzierungsplan, ein Merkblatt sowie die Förderrichtlinie zum Herunterladen zur Verfügung. Erst ab diesem Zeitpunkt werden Förderanträge per Mail unter lastenrad@senuvk.berlin.de oder per Post angenommen.

Alle sollen eine Chance bekommen, sich um die Förderung zu bewerben. Deswegen erläutern wir an dieser Stelle die konkreten Rahmenbedingungen, damit sich alle InteressentInnen darauf einstellen und beispielsweise Angebote einholen können.

Achtung: Die Anträge werden nach zeitlicher Reihenfolge der vollständig und korrekt vorliegenden Unterlagen bewilligt.

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Berlin steigt um – Senat fördert Lastenräder

Alte und neue Planung

Das untenstehende Foto wurde gestern von Twitternutzer @Radelflieger veröffentlicht. Es zeigt den Schutzstreifen auf der Spandauer Straße in den vergangenen Jahren und den neu aufgepinselten Streifen, mit dem sich Radfahrer in Zukunft begnügen müssen. Statt einer lichten Breite von zwei Metern ist der neue Schutzstreifen an seiner engsten Stelle nur noch 71 Zentimeter breit.

Die Straßenmalerei in der Spandauer Straße zeigt, wie die Verkehrsplanung des „alten“ SPD/CDU-Senats mit den Radfahrern umspringt. Wenn eine Straße genügend breit ist, bekommt der Radverkehr einen Schutzstreifen von höchstens zwei Metern Breite, aber keinen Zentimeter mehr. Wenn es eng wird für allerlei Richtungsfahrbahnen und Parkstreifen, dann müssen Radfahrer zurückstecken und mit einem lenkerbreiten Streifen vorlieb nehmen. Und dass es zur Not noch enger geht, beweisen die vielen neuen Baustellenmarkierungen in der Stadt.

Alle Straßenbauprojekte, die noch in diesem Jahr gebaut werden oder gebaut werden sollen, werden nach alter Planung errichtet. Einzige Ausnahme scheint der Umbau der Karl-Marx-Allee zwischen Alex und Strausberger Platz zu sein. Melanie Henneberger, Referentin des Verkehrsstaatssekretärs: „Die Umplanung des Projekts im letzten Jahr hat sich gelohnt!“ Besonders grotesk äußert sich die Aufteilung des Straßenraums am Beispiel Holzmarktstraße, die für vier Millionen Euro gerade umgebaut wird. Auf einem Straßenquerschnitt von großzügigen 44 Metern sollte der Radverkehr zwei mickrige Schutzstreifen a zwei Metern plus Sicherheitsstreifen von 50 Zentimetern erhalten.

Doch nun zieht die Verkehrsverwaltung bei der Holzmarktstraße die Notbremse. Gestern veröffentlichte die Senatsverwaltung für Verkehr diesen Tweet:

Auch auf Nachfrage wollte SenUVK keine Details nennen. Stattdessen heißt es: „Weitere Infos folgen.“ Da der Umbau der Holzmarktstraße bereits in vollem Gange ist, wird sich grundsätzlich nichts mehr ändern. Mein Tipp: die Richtungsfahrbahnen werden zehn Zentimeter schmaler, dafür werden die Radwege zwanzig Zentimeter breiter.

Zwei getötete Kinder im Berliner Straßenverkehr innerhalb von 24 Stunden: Mahnwachen und Demonstrationen

Innerhalb von 24 Stunden sind in Berlin zwei Rad fahrende Kinder im Straßenverkehr gestorben. Am 12. Juni geriet eine dreizehnjährige Radfahrerin in Rummelsburg unter eine Straßenbahn. Am 13. Juni wurde ein achtjähriger Junge in Spandau von einem Lkw überrollt. Er ist der fünfte Radfahrende, der in diesem Jahr im Berlins Verkehr gestorben ist. Der ADFC Berlin und Changing Cities rufen zu Mahnwachen am Donnerstag den 14.06. um 17:30 Uhr in Rummelsburg und am Freitag den 15.06. um 17:30 Uhr in Spandau auf. Der ADFC wird Geisterräder an den Unfallorten aufstellen. Danach ist jeweils eine Fahrraddemonstration zum Roten Rathaus geplant.

Mahnwache und Demo am 14.6. in Rummelsburg

Treffpunkt: 17:30 Uhr, Köpenicker Chaussee / Blockdammweg Anschließende Fahrraddemo mit der Forderung #VisionZero zum Roten Rathaus.

Mahnwache und Demo am 15.6. in Spandau

Treffpunkt: 17:30 Uhr, Brunsbüttler Damm / Nauener Straße Anschließende Fahrraddemo mit der Forderung #VisionZero zum Roten Rathaus.

ADFC Berlin: Zwei getötete Kinder im Straßenverkehr: Mahnwachen und Demonstrationen

Senat will den Mauerradweg aufpimpen

Der Berliner Mauerweg zeichnet den Verlauf der ehemaligen Mauer um Westberlin herum ab. Schon bald nach dem Fall der Mauer entstand der Wunsch, den früheren Postenweg, auf dem die DDR-Grenztruppen Kontrollfahrten unternahmen, zu erhalten und zu einem Wander- und Radweg umzuwandeln. Gut zehn Jahre nach dem Mauerfall wurde der Mauerweg auf Initiative des Berliner Senats um die Stadt ausgebaut und markiert. Seitdem wird der Weg vom Senat jedoch ausgesprochen stiefmütterlich behandelt. Das soll sich in Zukunft ändern.

Nach Informationen des Tagesspiegels arbeitet die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr & Klimaschutz an einem „Strategiepapier“ zum langfristigen Erhalt und zur Pflege des Radweges. Gemeinsam mit Brandenburg soll ein Maßnahmenpaket für die Sanierung entwickelt werden. Bereits in diesem Jahr sollen erste Abschnitte saniert werden, darunter eine Strecke in Nieder Neuendorf sowie zwei Abschnitte in Pankow und am Britzer Verbindungskanal in Treptow. Im kommenden Jahr sind in Neukölln insgesamt 5,5 Kilometer zwischen Wäldchen am Königsgraben und Osdorfer Straße vorgesehen. Insgesamt sollen 9,3 Millionen Euro in den nächsten Jahren in die Sanierung investiert werden. Außerdem erfordert die Pflege der Grünflächen am Mauerweg eine Summe von 860.000 Euro pro Jahr.

Neun Millionen Euro sind gewiss ein hübsches Sümmchen, mit dem sich die schlimmsten Abschnitte des Weges erträglicher gestalten lassen, aber das reicht bei weitem nicht, den gesamten Verlauf der ehemaligen Mauer barrierefrei zu gestalten und nichts weniger als das hat sich der Senat auf die Fahnen geschrieben.

Tagesspiegel: Millionen für den Mauerradweg