Senat schlägt 12 Trassenkorridore für mögliche Radschnellverbindungen in Berlin vor

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat eine erste Untersuchung zu möglichen Radschnellwegen in Berlin vorgelegt. Ein im letzten Dezember gegründeter Arbeitskreis „Radschnellwege in Berlin“ hatte 30 Korridore ermittelt, die sich grundsätzlich eignen für schnelle Radverbindungen. Darunter befinden sich die Vorschläge des ADFC, die der Radfahrerclub im Rahmen eines Wettbewerbs ermittelt hatte, aber auch ein Vorschlag des BUND sowie weitere Routen durch Berlin.

In einem zweiten Schritt wurden diese Korridore nach dem Schulnotenprinzip bewertet. Dabei wurden drei Zielfelder betrachtet: Infrastruktur, Potenziale und Wirtschaftlichkeit. Im Zielfeld Infrastruktur wurde zum Beispiel bewertet, ob ein Vorschlag mindestens fünf Kilometer lang ist, ob es eine geringe Anzahl von Knotenpunkten mit Wartepflicht gibt, sodass die Reisezeit gering ist und ob die vorgeschlagene Strecke hinsichtlich ihrer Topographie und Oberflächenbeschaffenheit verspricht, attraktiv für Radfahrer zu sein.

Hier sind die zwölf am besten bewerteten Fahrradkorridore durch Berlin:

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Strecken in der Reihenfolge ihrer Gesamtnote:
23. Betriebsweg A113 (Note 1,9)
27. Südstern – Rungiusstraße (Note 2,1)
4. Betriebsweg A 100 (Note 2,2)
10. Königsweg – Kronprinzessinnenweg (Note 2,2)
7. Straße des 17. Juni – Unter den Linden (Note 2,2)
24. Flughafen Tegel – Hohenzollernkanal (Note 2,3)
22. Spandauer Damm – Freiheit (Note 2,4)
5. Stettiner Bahn (Note 2,4)
1. Potsdamer Stammbahn (Note 2,5)
21. Nonnendammallee – Falkenseer Chaussee (Note 2,5)
11. Yorckstraße – Lichterfelde Süd (Note 2,5)
19. Berliner Straße – Schönhauser Allee (Note 2,6)
8. Saatwinkler Damm (Note 2,8)

Zusätzlich zu den zwölf notenbesten Korridoren kam der Radschnellweg an der Potsdamer Stammbahn hinzu, der unabhängig von der Bewertung auf Machbarkeit geprüft wird.

Wie geht es nun weiter? Die insgesamt vorgeschlagenen 13 Strecken werden nun detailliert auf Machbarkeit und voraussichtliche Reisezeiten untersucht. So ergab eine Untersuchung des potentiellen Radschnellwegs entlang der Stammbahn, dass die durchschnittliche Reisezeit mit dem Fahrrad von Lichterfelde-West zum Potsdamer Platz zur Zeit etwa 44 Minuten dauert. Durch den Radschnellweg verkürzt sich die Reisezeit Lichterfelde – Potsdamer Platz auf 25 Minuten. Zum Vergleich: mit dem ÖPNV dauert die gleiche Strecke 22 Minuten, ein KFZ-Fahrer sitzt für diese 9,3 Kilometer lange Strecke 27 Minuten hinter dem Steuer.

Und was kommt danach? Laut Koalitionsvertrag sollen in der aktuellen Legislaturperiode erste Radschnellverbindungen umgesetzt und weitere Machbarkeitsuntersuchungen durchgeführt werden.

Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Radschnellverbindungen im Berliner Stadtgebiet – Zwischenstand (pdf-Dokument)

4 thoughts on “Senat schlägt 12 Trassenkorridore für mögliche Radschnellverbindungen in Berlin vor

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  1. Als jemand der im Osten lebt, dort arbeitet und viele Freunde und Verwandte hat, bin ich schon etwas enttäuscht, dass der Ostteil der Stadt (mit 2 Ausnahmen in Pankow) quasi komplett ausgespart wurde 🙁

    1. Ja, das war auch mein Gedanke… keine echt Ost-Trasse. Zumal zw. Tierpark und Ostkreuz schon etliche gute Stücke existieren und man diese nur etwas besser verbinden müsste…

  2. Immerhin scheint es endlich Formen anzunehmen mit den Überlegungen hinsichtlich Radschnellwegen. Aber die Herausnahme von lediglich zwei möglichen Strecken in diesem Jahr finde ich etwas enttäuschend. Diese zwölf vorgeschlagenen Routen sollten allesamt in Angriff genommen werden, jede einzelne sieht in meinen Augen sinnvoll aus, manche brauchen lediglich minimalinvasive Eingriffe. So wie die Krone und die Ostkrone, außer vielleicht einer Brücke bei letzterer sehe ich den Änderungsbedarf nahe Null.

    Oder der Korridor „Saatwinkler Damm“, mit dem wohl der Radweg Berlin-Kopenhagen am Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal gemeint ist. Für wenig Geld und wenigen Baumaßnahmen wäre die bisher auch nicht grundsätzlich schlechte Strecke auf einem ganz anderen Level. Aber natürlich müssen auch langerwartete, vollkommen neue Projekte, wie der Radweg an der Stettiner Bahn mal begonnen werden. Ich bin gespannt, wie viel von den zwölf Strecken in dieser Legislaturperiode starten. Ich hoffe – zumindest im Planungsstatus – alle!

    Andererseits halte ich gerade die Stammbahnstrecke für äußerst ungeeignet als priorisierte Maßnahme. Hier stünde ja als allererstes die Frage nach der Entwidmung einer Bahnanlage im Raum, deren stärkere Nutzung nicht ganz ausgeschlossen scheint (http://www.berliner-zeitung.de/berlin/verkehr/chance-fuer-stammbahn-deutsche-bahn-will-zweite-trasse-berlin-potsdam-25666398). Deshalb sehe ich hier wirklich nur geringe Chancen für eine Umsetzung. Die Siemensbahn zeigt ja, wie ungern und langwierig Bahnstrecken entwidmet werden, selbst bei dem geringsten Potenzial zur Wiedereröffnung.

  3. Wirklich gut, dass ENDLICH mal die Verschiebung der Reisezeit als zentrales Planungselement begriffen und berücksichtigt wird!

    In der Fahrradhauptstadt Münster dagegen wurde dies leider während der zweijährigen Pseudo-Bürgerbeteiligung vehement von der Verwaltung abgebügelt, weswegen nun leider (wenn überhaupt) minderwertigste ‚Velorouten‘ gebaut werden, die lediglich als ‚wir tun was‘ Alibi parallel zum Ausbau der Autostrassen dienen, und wohl gerademal die Belange von Tourismus und Kurzstreckenverkehr erfüllen werden.

    Ich finde es jedenfalls besser, sofern das aus der Ferne zu beurteilen ist, wenn zunächst wenige aber dafür qualitativ möglichst hochwertige Strecken mit realistisch optimierten Reisezeiten entwickelt werden, als möglichst viele hastig zusammengestopplete Pseudowege zu errichten, die dann womöglich als ‚Blaupause‘ minderwertige und für Massenverkehr untaugliche Standards etablieren.

    Wege mit wirklich guten Reisezeiten sind zudem in aller Regel quasi automatisch sicher, mit guter Oberfläche versehen, kreuzungsarm und umwegearm falls die Reisezeit mit realistischen Parametern praxisgerecht berechnet wird.

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