Der ADFC-Fahrradklima-Test ist die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit und wird in diesem Jahr zum siebten Mal durchgeführt. Zuletzt waren Deutschlands Radfahrer vor zwei Jahren aufgefordert worden, das Fahrradklima in ihrer Stadt zu bewerten. Mehr als hunderttausend Menschen nahmen am Test teil und vergaben teils gute, teils schlechte Noten. Die 3.814 Berliner Radfahrer bewerteten ihre Stadt mit einer Gesamtnote von 4,1 negativ, in der Rangfolge der Städte größer als 200.000 kam Berlin auf Platz 30 von 39 Städten.
Nun also wieder die Frage, ob Berlin ein Herz für Radler hat. Meine Selbstbefragung, was sich in den letzten zwei Jahren in Berlin verändert hat, ergab folgende Punkte:
Neue Fahrradstraßen? Keine.
Neue Fahrradwege? Radweg Berlin-Leipzig zwischen Gleisdreieck und Südkreuz.
Neue Abstellanlagen?`Geht schleppend voran, aber immerhin voran.
Neue Straßenmalerei? Vielleicht 10 Kilometer?
Beseitigte Unfallschwerpunkte? Moritzplatz?
Oberflächenqualität der Radwege? Unverändert schlecht.
Fahrradklima zwischen Verkehrsteilnehmern? Schlechter geworden
Neue Fahrradwegweisungen? Gefühlt relativ viele.
Insgesamt würde ich Berlin wieder die gleiche Note wie vor zwei Jahren geben. Bisher haben 879 Berliner Teilnehmer ihre Stimme abgegeben. Deshalb ran an die Tasten, dauert nur zehn Minuten und tut nicht weh! Die Abstimmung ist noch bis zum 30. November offen.
Naja, da gibt es etwas neues, das „Fahrradstrasse“ genannt wird. UNd zwar die Lauenburger- und Sedanstrasse in Steglitz.
Eine richtige FAhrradstrasse ist das allerdings nicht. Da stehen nur so Schilder. UNd weils an jeder Kreuzung unterbrochen wird (wohl damit man die Vorfahrt nicht ändern musste), sind wahrscheinlich sogar 9 🙂
Ich finde ja, dass der Fernradweg Berlin-Leipzig nicht wirklich zählt. Ich fahre fast täglich das Stück zwischen Südkreuz und Priesterweg und ärgere mich darüber, dass die Verbindungsstücke fehlen. So gibt es nur Kopfsteinpflaster am Priesterweg, das Verbindungsstück zwischen dem Baluschek-Park und dem Priesterweg ist eng und gefährlich durch ein Metallgitter (bei Nässe rutscht man weg), und am Bahnhof Südkreuz hat sowieso niemand sich so wirklich Gedanken gemacht, wie da sinnvollerweise Radfahrer fahren sollten. Frei nach dem Motto „Radfahrer fahren eh, wie sie wollen“. Natürlich fahren sie, wie sie wollen, weil es keine sinnvolle Radverkehrsführung gibt. Und es fehlt die Verbindung zum Radweg Richtung Gleisdreieck an der S-Bahn entlang.
Außerdem kann man sowohl den Baluschek-Park als auch den Gleisdreieckpark zum zügigen Fahrradfahren an Wochenenden und sonnigen Nachmittagen vergessen, weil da dann viele Fußgänger, Skater, Hunde usw. unterwegs sind und die Fußgänger Vorrang haben. Strenggenommen sind die Wege im Park Fußwege mit „Fahrrad frei“ und daher keine echten Radwege.
Aber natürlich kann man sich das auf die Fahnen schreiben. Schließlich dürfen Radfahrer dort fahren, auch wenn das mit dem Fahren sehr relativ ist (zu meinen üblichen Pendlerzeiten funktioniert es übrigens super).
Warum darf in Deutschland der Radverkehr partout keine Vorfahrt haben? Auch gegenüber anderen Fahrzeugen. Ich denke natürlich nicht an Hauptstraßen oder dergleichen. Aber wenn so eine Hauptroute wie Berlin-Kopenhagen oder eben Berlin-Leipzig mal eine unbedeutende Nebenstraße kreuzt, die am Besten auch noch für den Radfahrer unübersichtlich ist, wo ist das Problem?
@bickbrockl, Fahrradstraßen beinhalten keine besonderen Vorfahrtregeln an Kreuzungen, es gilt also sowieso RvL.
Warum steht auf der Umfrageseite eigentlich „Gefördert vom Bundesministerium [..] aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages“?
Hört sich an wie: „wir wollten das nicht, aber man hat uns gezwungen“
@berlinradler: dann gibts ja noch weniger Grund die Fahrradstrasse an allen Kreuzungen zu unterbrechen.
Ich meine aber gelesen zu haben (keine Ahnung mehr wo) dass eine Fahrradstrasse in der Vorfahrt bevorzugt werden soll/kann (sogar mit abgesenkten Bordsteinen).
Man sollte daran denken, dass auch die Note 4 von den Verantwortlichen als positiv empfunden wird, da der Gesamtdurchschnitt schlecht ist. Wenn man einen Punkt mit der (Schul-) Note 3 oder 4 bewerten würde, sollte man daher vorsichtshalber die Note 5 oder 6 wählen, damit die eigene Bewertung mit der gefühlten Bewertung in Politik und ADFC übereinstimmt.
@brickbrock, ich weiss nicht genau, warum man vor Kreuzungen immer ein „Fahrradstraße Ende“ montiert. Bei Lollies oder vielen anderen Schildern macht man das nicht.
Bezüglich Fahrradstraßen liest man oft die missverständliche Formulierung, dass sie den Radfahrern Vorrang einräumen. Das kann man aber ganz einfach in der STVO nachlesen. Dort steht zum Zeichen 244.1 sinngemäß, dass die normalen Vorfahrtregeln gelten.
Man könnte ja die Kreuzungen einfach mit Zeichen 301 beschildern.
Aber dann bitte so wie in Kreisverkehren außerorts. Da müssen Radfahrer oft die Vorfahrt beachten, aus dem Kreis ausfahrende haben aber kein Vorfahrtschild 🙂
@hvhasel: m.E. gibt es kaum Vorfahrt für den Radverkehr weil die Verkehrsplaner davon ausgehen, dass Kfz Fehler machen (Vorfahrt missachten) und es dann übel ausgehen wird. Bei Radfahrern geht man von passivem Verhalten aus.
In München gibt es einen reinen Radweg (vielbefahren) der nicht straßenbegleitend ist, der mehrer Str. kreuzt (wenig Kfz-Verkehr). Radweg hat immer Vorfahrt achten mit Drängelgitter. Mir ist keine Radweg mit Vorfahrt bekannt.
Danke für den Hinweis auf den ADFC-Fragebogen. Manche Fragen kann ich nicht beantworten, z.B.:
„Wie wichtig ist es Ihnen, dass Sie beim Radfahren getrennt vom Autoverkehr unterwegs sind?“
Die Antworten gehen von „unwichtig“ bis „sehr wichtig“, aber mir ist es „sehr wichtig“ gerade nicht getrennt vom Autoverkehr zu radeln. Shared Space!
@Martin
„nicht getrennt vom Autoverkehr“ ???
Denk doch an die KINDER !!!
Ich fürchte das kannst Du dir bald abschminken. Der ADFC (Bundesebene) ist ja initiativ verantwortlich für die faktische Wiedereinführung der allgemeinen Benutzungspflicht bei der aktuellen StVO-Novellierung (zunächst generell ausserorts, beim nächsten Anlauf dann wohl generell überall).
Ich teile zwar Deine Auffassung und habe ähnliche Probleme beim Ausfüllen gehabt, aber die Zukunft gehört wohl den Fahrrad-befreiten Autofahrbahnen.
Autobahnisierung nicht nur auf Autobahnen, sondern jetzt dank tatkräftiger Lobby-Arbeit des ADFC auch auf Bundes-, Landes- und Kreisstrassen.
O.k. zum Ausgleich gibt es dann mehr benutzungpflichtige Radstreifen innerorts.Klagemöglichkeiten gegen gefährliche schlechte Radwege sind weitgehend vorloren gegangen, so dass jetzt der letzte Drecks-Mini-Wurzelweg benutzt werden muss.
Erstaunlich ist, dass der ADFC sich dafür eingesetzt hat, dass jetzt die Flüssigkeit des Autoverkehrs Vorrang hat vor dem Nachweis von Gefährdungsabwehr für den Radverkehr.
Ich mochte es erst nicht glauben und dachte, dass da mal wieder IHK, ADAC, BMW und Co. ihre Finger im Spiel hatte, aber nein: es war die ehemalige Fahrradlobby.
Das Motto findet sich aber auch beim Volksentscheid wieder:
Text von H.Strössenreuther bei HR2 Interview:
“ Letztendlich ist der Volksentscheid vor allem was für Autofahrer, denn es gibt ganz ganz viele die gern Radfahren würden sich aber nicht trauen weil es so ruppig da draussen im Verkehr ist.
Wenn wir die jetzt also ausm Auto rauslocken könnten – aufs Fahrrad – dann würden viele Autofahrer, die heute im Stau stehen und aufs Auto angewiesen sind hätten dann wieder n bissl mehr freie Fahrt, das ist eigentlich die Kernidee. “
Ja stimmt leider. Freie Fahrt für den deutschen Kraftfahrer: DAS IST DIE KERNIDEE.
Dankeschön.
Das passt auch gut zum „Klimatest“.
Während in NL wenigstens die objektive Zustände mit „Fietsbalans-2“ evaluiert werden beshränkt sich das Gemeinschaftsprofekt von Dobrinths Autoministerium und dem ADFC auf subjektive Stimmungs-evaluierung.
Real vollzieht sich doch gerade eine Renaissance von beschleunigter Reisezeit für den Autoverkehr (Umwandlung des allgemeinen Strassennetzes in ein reines Autoverkehrsnetz) bei gleichzeitiger Verlangsamung des Radverekehrs auf untaugliche Wegelchen (Radwegenetz für NAH-verkehr 2.0) mit bald generalisiertem Fahrbahnverbot.
Werd morgen meine Austrittserklärung losschicken.
Schade.
@Alfons: Kannst Du mal wieder runterkommen?
Und in der Tat, ich habe von den Mischverkehrspredigern noch nie verständlich erklärt bekommen, was ich mit meinen zwei Töchterchen (bald 3 und 5) machen soll, wenn ich richtig mit ihnen Rad fahren will. Fürs Gehweghoppeln wird die „Große“ eigentlich jetzt schon zu schnell – aber Mischverkehr auf Fahrbahn mit Betonlastern – no way, José. Denk doch wirklich auch mal bitte an die Kinder und an die Großeltern auch.
Die Motivation dahinter ist mir schleierhaft und scheint mir zwischen Egoismus („ICH halt schnell fahren und kann das auch (noch)“ bis zu leicht zynischen Plänen zur Klimarettung durch menschliche Verkehrsberuhigung zu gehen. Was auch alles Blödsinn ist, denn das gute Infrastruktur schnell ist, kann man bei David Hembrow nachschauen oder in NL gleich mal selbst ausprobieren.
Und ja, durch Grünstreifen getrennte Radwege außenorts finde ich toll. Machen einfach Spaß und sind schnell, jedenfalls dort wo ich fahre (kurz vor Dänemark).
und shared space ist überhaupt kein Allheilmittel, sondern ein Konzept für niedrige (!) Geschwindigkeit und niedrige Verkehrsbelastung mit wenig LKWs. So was muss man baulich erstmal herstellen (wollen). Sonst bleibts ein Schlagwort für „alles bleibt wie es ist“.
@fab
Runterkommen? Im Gegenteil.
Warum sollte die Umwandlung des gegenwärtig noch ALLGEMEINEN Verkehrsnetzes in ein reines Autoverkehrsnetz mit Fahrradbenutzungsverbot und notdürftig drangepappten Mini-Radwegelchen einfach so hingenommen werden?
Für viele engagierte Menschen, die sich vor Ort seit Jahren für erbesserungen einsetzen ist das ein Tritt in die Weichteile.
Ich kann sowas
http://www.radfahren-in-koeln.de/2016/09/28/es-wird-zeit-aus-dem-adfc-auszutreten/
sehr gut verstehen und finde die Entwicklung hin zur autogerechten Radverkehrsförderung fatal.
Kein Wunder, dass der „ADFC Fahrradklimatest“ vom Dobrinth Auto-Ministerium finanziert wird.
Wes Brot ich ess …
Kannst Du nicht mal sachlich diskutieren, welche Gründe, Vor- und Nachteile eine StVO-Änderung wohl haben könnte?
wenn ich das richtig verstehe, werden derzeit miese Schutzstreifen (keine Mindestbreite, kein Halteverbot, kein Verbot des Befahrens) auch deshalb angelegt, weil die Voraussetzungen für Radstreifen nach § 45 StVO (erhöhte Gefahrenlage) nicht nachgewiesen werden, der Nachweis scheint aufwändig zu sein. Die Anlage von Radstreifen außenorts soll daher durch die Novelle erleichtert werden. Der ADFC meint, so verstehe ich das, dass bessere RVA außenorts entstehen könnten, wenn man die Anlage benutzungspflichtiger Radwege und -streifen leichter ermöglicht. Er kündigt an, gegen die Ausweisung von minderwertigen Wegen als benutzungspflichtig vorzugehen.
Das kann man kritisch diskutieren. Den benutzungspflichtigen Radstreifen darf man nicht verlassen um zu überholen. Da die Dinger eigentlich immer und überall zu schmal sind, ist das großer Mist. Dass ein Verband für die eigenen Mitglieder erstmal (Benutzungs)pflichten einfordert, statt Mindestanforderungen für benutzbare Infrastruktur verstehe ich auch nicht und wird vom ADFC nicht gut erkärt. Trotzdem kein Grund, wie im Link gleich Gift und Galle zu spucken und spalterisch nach „wir“ und „ihr“zu unterscheiden. Man kann durchaus für best practice NLinfrastruktur sein aber minderwertige, unsichere Radwechen ablehnen. So wie das Volksentscheid Rad und ADFC Berlin ja auch tun.
sorry, „außenorts“ war natürlich Quatsch, „innerorts“ war gemeint
Der Kommentar unter http://www.radfahren-in-koeln.de/2016/09/28/es-wird-zeit-aus-dem-adfc-auszutreten/ spiegelt genau meine Gefühlslage wider.
Wäre ich Mitglied im ADFC, ich würde noch heute austreten. Es scheint, als ob die Uhr um 20 Jahre zurückgedreht würde und der ADFC sich mal wieder als Feind aller Radfahrer verhält, die das Rad tatsächlich als Verkehrsmittel nutzen. Die bösartig klingende Bezeichnung „Radfahrerclub radelnder Rentner„, warnbewestet und behelmt, am Wochenende auf Gehwegen unterwegs und „Radwege“ um jeden Preis fordernd“ beschreibt den Club wohl recht realistisch.
So viel Schaden für den Radverkehr hat noch nichtmal der ADAC angerichtet. Die Streichung des §45,9 macht ein vorgehen gegen Radwegezwang im Einzelfall praktisch unmöglich.
Auf der Habenseite steht nichts. Die Behauptung, dass Radwege oder Streifen nicht angelegt würden, weil der Nachweis der besonderen Gefahrenlage zu aufwändig wäre ist hanebüchener Schwachsinn. Das hat noch nirgends irgendwelche Behörden interessiert, wenn sie Radwege anlegen und Blauschilder aufstellen. Das machen die fast immer rein willkürlich.
Bin ehrlich gesagt entsetzt, dass der ADFC hier eine autogerechte Radverkehrspolitik durchzieht mit starkem Fokus auf autogerecht.
Auch im ADFC gibt es ganz unterschiedliche Ansichten zu den Themen. Es gab und gibt auch eher vehicular-cycling-orientierte Fraktionen (bis vor kurzem auch in Berlin – Hamburg, Altona auch).
Ich würde hier keine Absicht unterstellen, sondern eher ungeschicktes, naives und schwaches Agieren bei der Lobbyarbeit. Ich teile aber die Befürchtungen, dass das Ganze nach hinten losgeht. Man hätte, bevor man so etwas unterstützt, erstmal zwingende, einklagbare Mindestkriterien für benutzungspflichtige Anlagen festschreiben sollen.
Es gibt unter Radfahrern immer mal wieder diese leicht masochistischen Tendenzen, ihre eigene Gängelung und Kontrolle zu fordern, in der Hoffnung, dafür etwas zu bekommen. Das sollte man lassen.
sorry, das Thema ist komplizierter:
http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2016/0301-0400/332-1-16.pdf;jsessionid=DBB7C01E9091505B145D5B27ABB2C3CA.2_cid391?__blob=publicationFile&v=1
Die Empfehlung des Verksehrsausschusses des BRates sah als eine Alternative vor, § 45 Abs. 9 ganz abzuschaffen!
Begründung:
„§ 45 Absatz 9 StVO hat durch die Benennung einer Vielzahl von Ausnahmen
zu Auslegungsproblemen geführt. In der Praxis wird von der Anordnung weiterer Verkehrsbeschränkungen kaum noch Gebrauch gemacht. Die Streichung des § 45 Absatz 9 StVO würde eine Abwägung „auf Augenhöhe“ zwischen den Belangen des (motorisierten) fließenden Verkehrs und anderen Verkehrsformen ermöglichen“
(!!)
Der ADFC-Hamburg twittert, der ADFC habe auf die Alternative gedrungen, die in der Empfehlung ebenfalls enthalten und begründet ist.
Das Ganze hat keiner so richtig mitbekommen, oder? Keine Ahnung, warum ADFC nicht laut protestiert hat.
@FAB
Genau lesen?
Die Empfehlung, die Du meinst kam vom Umweltausschuss (Das U neben Ziffer 3). Wurde, wie auch andere Empfehlungen des Umweltausschusses abgelehnt.
Angenommen wurde Ziffer 4 des Verkehrsausschuss-BR (VK).
Bin mal gespannt, wie sich das „FAHRRADKLIMA“ nach der Neuregelung ausserorts verschärft: bei den üblichen Scherben, Tannenzapfen, Aufbrüchen und dergleichen Ausserorts ist bei benutzungspflichtigem Linksverkehr auf den Radwegelchen für mich meiner Meinung nach regelmässig der Tatbestand der Unzumutbarkeit gegeben, und oft der der widerrechtlichen Benutzungspflicht-Anordnung (altes Recht).
Vor allem, wenn das Radwegelchen nass ist ist bei Autogegenverkehr die Radweg-Oberfläche nicht mehr erkennbar. Entgegenkommende Igel, Katzen, Hunde, dunkle Fussgänger auch nicht.
Also Tempo bei Auto-Gegenverkehr immer stark drosseln und ggf. anhalten.
Das Ausweichen auf die meist erheblich sicherere und vor allem VIEL schnellere Fahrbahn wird künftig wohl erheblich erschwert, weil sich immer stärker die Uberzeugung durchsetzt, dass Radfahrende auf Fahrbahnen (künftig Synonym zu Autofahrbahnen) nichts zu suchen haben.
Nix mehr mit „Aurofahrer haben auch auf Landstrassen immer mit Rad fahrenden „Hindernissen“ zu rechnen.
Die Fahrbahnquerschnitte werden auf Bundes- Landes- und Kreisstrassen noch stärker als bisher schon für reinen Autoverkehr gebaut werden (spart auch etwas Geld), und die Reisezeitdifferenz zwischen Rad und Auto wird weiter auseinandergehen, so dass der Erreichbarkeitsradius für den Autoverkehr tendenziell erhöht wird und der für den Radverkehr erniedrigt.
Klagemöglichkeiten wegen aus Radwegen resultierender höherer Gefahrenlage werden entfallen, so dass der allerletzte Dreck trotzdem zu legalem Fahrbahnverbot führen wird.
Den ADFC-Akteuren ist das SEHR WOH BEWUSST, daher auch der entsprechende bizarre Beschwichtigungspassus in der PM.
Die Auto-Vorhaltenotwendigkeit für Ausserorts-Fahrende wird (Fahren im Dunkeln auf einseitigen Radwegen) bestehen bleiben, bzw. verstärkt werden.
Klar, für die Tourismusradler ist das ebenso irrelevant, wie für die Hipster, die sich über autoarm gentrifizierte grüne Innenstadtquartiere (Gehl und Co.) freuen, und die entsprechenden Mietsteigerungen bezahlen können.
Nichts gegen autofreie Quartiere – im Gegenteil – aber der neue Trend zur ‚green-economy‘ Hochpreis Innenstadt nebst verstärktem Autverkehr durch neue Suburbanisierungswelle stinkt mir gewaltig. Verkehrssektor ist im 20.Jhd. steckengeblieben, bzw. geht durch so seinen Scheiss wieder zurück zur altbekannten Ideologie der ‚Freien Autofahrbahn‘.
Nur die allerdümmsten Kälber …
In HH gibt/gab es ja auch Streit,wo da aber der ADFC nicht gegen die Autolobby eingeknickt ist:
Zitat:
„Vor allem aber ist der CDU eines wichtig: Mehr und bessere Radwege sind gut – sie dürfen aber nicht die Autofahrer behindern. “
http://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/CDU-will-keine-Radfahrer-auf-grossen-Strassen,radfahrer300.html
Mittlerweile ist der Bundes-ADFC voll auf die CDU Position eingeschwenkt.
CDU-Wahlkampf in Fahrradstadt Oldenburg:
Große Lettern:
“ Keine Radfahrer auf der Fahrbahn ! “
Das war eingebettet in Forderung nach mehr „Radverkehrsförderung“ mit Mittelerhöhung für separierte Fahrradwege.
Und zu Berlin: Hör dir mal H.Strößenreuther bei einem Interview auf HR2 an.
Argumentation (wörtlich):
“ Wenn wir die jetzt also aus dem Auto rauslocken könnten, aufs Fahrrad, dann würden viele Autofahrer, die heute im Stau stehen und aufs Auto angewiesen sind die hätten dann wieder ein bissl mehr freie Fahrt, das ist eigentlich die Kernidee.“
Das tragische daran: nicht einfach Profi-PR, um die Autofahrer „mit ins Boot zu holen“, sondern tatsächlich so zutreffend.
Der gegenwärtige Schub der benutzungspflichtigen Rad-Separierung ist im Kern vor allem ein Auto-beschleunigungs- und Radverkehr-Verlangsamungsprogramm, sobald es über den reinen Kurzstreckenverkehr (Nahmobilität 2.0) hinausgeht und in die ‚Domäne‘ des deutschen Automobils eindringt.
Immer wieder die gleiche Leier. Weil die Fahrbahn zu gefährlich für Kinder ist, sollen diese auf bestens versteckten Gehwegen und Radwegen fahren. Ist zwar nicht sicherer, aber man hat an die Kinder gedacht.
Meine Tochter ist jetzt 7 und ich erlaube mir, eine Wahlfreiheit zu nutzen, die mir nicht zusteht. Manchmal begleite ich sie auf dem Gehweg (bis Dezember verboten), manchmal fährt sie mit auf dem „Radweg“ (verboten) und manchmal fahre ich mit ihr auf der Fahrbahn (verboten), um Fußgänger nicht zu belästigen. Manchmal fahre ich auch so, wie es von Gott gewollt ist, also auf der Fahrbahn neben ihr, wenn sie auf dem Bürgersteig fährt. Schon interessant, dass jede Wahlfreiheit und Ermessensentscheidung verboten wird, damit die im Auto transportierten Kinder immer Vorrang haben 🙂
“ Schon interessant, dass jede Wahlfreiheit und Ermessensentscheidung verboten wird, damit die im Auto transportierten Kinder immer Vorrang haben 🙂 “
So ist es, aber die neue sogenannte ‚Radverkehrsförderung‘ mal aus der Perspektive der Auswirkungen auf den Autoverkehr und den Gesamtverkehr zu sehen ist wohl weitgehend aus der Mode gekommen.
Das Selbstbewusstsein der neuen Radbewegung gefällt nicht jedem.
Besonders, dass nicht mehr das Auto im Mittelpunkt der Radverkehrspolitik steht, sondern die Radler selbst, das macht offenbar viele fuchsig.
Auch das es jetzt sogar im Bundesrat schon zu Angriffen auf die StVO kommt (man wollte den Kommunen mehr Spielraum geben und damit mehr innerdeutsche Konkurrenz um unterschiedliche Verkehrskonzepte ermöglichen), und damit auf die Allzuständigkeit der Kfz-Lobbyisten des BMVI für die Verkehrsgesetzbung, scheinen Einige nur schwer auszuhalten.
Dabei ist die Allzuständigkeit der Kfz-Lobby per BMVI und StVO kaum noch durchzusetzen. Verkehrsbeschränkungen werden von Gerichten zunehmend den Kommunen überantwortet oder sogar von ihnen verlangt – §45 Abs 9 hin oder her.
Schon 2012 wies das VerwGer Ansbach den Versuch der Regierung Mittelfranken zurück, die Stadt Nürnberg zu zwingen, mittels des berüchtigten, sehr scharf formulierten („zwingend“) §45 Abs 9 die 30km/h Regelungen wieder zurückzunehmen.
Aus der Urteilsbegründung
„Hinsichtlich der Anforderungen an die im pflichtgemäßen Ermessen der Verkehrsbehörde stehende Entscheidung bestimmt § 45 Abs. 9 StVO ergänzend, dass Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen sind, wo dies auf Grund besonderer Umstände zwingend geboten ist (Satz 1). Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (Satz 2).
Dabei wird eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht gefordert. Die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt vielmehr lediglich eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus (vgl. BVerwG vom 23.9.2010, 3 C 37.09).“
Nacheilend dürfen (statt wie in der Bundesratsvorlage „müssen“) Kommunen demnächst mit dem Segen des BMVI /StVO T30 vor Schulen anordnen. Diese Bestimmung wurde Anfang letzten Jahres angekündigt und sollte so schnell wie möglich, spätestens zum Herbst 2015 (Dobrindt) umgesetzt werden – geschehen ist noch nichts.
Aber es brennt schon an weiterer Stelle. Das VerwGer Hamburg verdonnerte die Stadt, die NOx und Feinstaubbelastung an der Max-Brauer Allee wirksam zu mindern.
Dem trug der Ansatz der Landesumweltminister Rechnung, in die StVO auch Bestimmungen zur Luftreinhaltung und Lärmschutz aufzunehmen.
Vor dem Dilemma stehend, entweder die StVO so umzuschreiben, dass nicht mehr nur die Bedürfnisse des motorisierten Verkehrs alles dominieren
oder aber zu riskieren, dass die Gerichte die Bestimmungen der StVO zunehmend relativieren und zwar zum Schutz von Menschen und Umwelt und für mehr kommunale Selbstbestimmung (VerwGer Ansbach:“Die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt vielmehr lediglich…“ „lediglich“ statt „zwingend“) hat sich der Bundesrat für die harte Linie zugunsten der Kfz-Lobby entschieden: Umweltschutz und kommunale Selbstbestimmung? Raus!!
Ob das klug war oder ob dies „lediglich“ 😉 zu einem weiteren faktischen Bedeutungsverlust der StVO bzw des §45 Abs 9 führt, das wird die Zukunft zeigen.
In Radverkehrsdiskussionen treffen wir immer wieder auf eine ganz besondere Spezies:
Der gemeine Carhead (Auto Caput Vulgaris)
Der anthropologisch interessierte Verkehrsforscher erkennt diese eigentümliche Spezies daran, dass Auto Caput Vulgaris den Verkehr grundsätzlich durch die Windschutzscheibe, also aus Kfz-Sicht, und nie aus Radverkehrssicht diskutiert.
Und aufgepasst: Es bedarf viel Übung und einiger freifeldlicher Bestimmungspraxis, um Auto Caput Vulgaris vom im Diskussionsverhalten sehr ähnlichen Vehiculans Cyclans Communalis zu unterscheiden. Dies wird nicht immer zweifelsfrei möglich sein, zumal es durchaus zu geschlechtlichen Fortpflanzung und damit zur Vermischung dieser beiden für den Verkehrsforscher sehr interessanten Arten kommen kann.
Im Ernst:
Radverkehr scheint Einigen nur in seiner Auswirkung auf den Kfz-Verkehr bedeutsam: Wenn ‚Carheads‘ an Verkehr denken, dann: Auto! Was ist mit Auto?
Diese Denkweise, so verbreitet sie ist, sollten wir uns abgewöhnen. In der Verkehrsdiskussion sollte in erster Linie bedeutsam sein:
Wie wirkt die Maßnahme auf den Radverkehr? Wie auf den Fußverkehr? Wie auf den ÖPNV? Werden diese Verkehre durch die Maßnahme priorisiert? Bekommen sie mehr Raum? Werden sie attraktiver? Wie werden sie noch sicherer?
Und dann, an vierter Stelle, meinethalben auch: Wie wirkt die Maßnahme auf den Kfz-Verkehr. Kann ich die Maßnahme sogar vielleicht auch für den Kfz-Verkehr als vorteilhaft darstellen? Denn das erhöht die politische Durchsetzbarkeit der Maßnahme – und trägt zur Entspannung des Verhältnisses bei. Von der Entspannung wiederum profitieren wegen der weit größeren Aggressivität des MIV in erster Linie die vorgenannten 3 Verkehre .
Ich halte es für einen wichtigen Schritt vorwärts in der deutschen Verkehrsdiskussion, wenn der ADFC endlich dass niederländische Prinzip der Separation zu verstehen beginnt.
In Deutschland ist das niederländische Prinzip der Separation ganz weitgehend völlig unverstanden.
Siehe z.B. Groningen,
http://www.zukunft-mobilitaet.net/34091/urbane-mobilitaet/groningen-niederlande-radverkehr-dokumentation/
besser noch die Klassifizierung, der jede Straße unterworfen ist.
In den Niederlanden wird, ganz grundsätzlich, der MIV vom übrigen Verkehr separiert.
Das ist der Kern der niederländischen Verkehrspolitik und der „Separierung“.
Dies geschieht, indem man die Straßen klassifiziert: Nach Verbindungs-, Erschließungs- und Anwohnerstraßen (woonerfs).
Aufgrund der gefilterten Durchlässigkeit (Sackgassen, Durchfahrtssperren, abschnittsweise gegenläufige Einbahnstraßen)
kann eine Erschließungsstrasse nicht für den Verbindungs(Durchfahrts-) verkehr genutzt werden. Aufgrund von Abbiegeverboten und baulichen Einmündungssperren kann eine Verbindungsstrasse nicht als Erschließungsstrasse in Wohngebiete hinein genutzt werden.
Dies führt zu einer starken Separierung des MIV sowohl weg von den Wohngebieten als auch zu einer Differenzierung innerhalb des MIV.
Die Folge: Einerseits ist es umständlicher, mit dem Kfz von A nach B zu kommen. Andererseits ergibt sich durch die Entmischung ein flüssigerer MIV und weniger Stau.
Diesem Vorteil des MIV (flüssiger und stressfreier) steht jedoch ein ungleich größerer Vorteil des Radverkehrs gegenüber:
Die meisten Wohn- und innerstädtischen Quartiere sind vom Durchgangs- und Erschließungs-MIV entlastet. Schon niedrigschwellige bauliche Maßnahmen (z.B. Ausführung der Fahrbahndecke mit rotgefärbtem Asphalt) in Wohnquartieren reichen aus, um den Vorrang des Radverkehrs zu kennzeichnen. Das verbannen des Durchfahrts- und Erschließungsverkehrs führt in vielen Wohnquartieren zu einer Überzahl des Radverkehrs und damit zu einer automatischen Implementierung von einer radverkehrlichen Mehrheitskultur, in die sich Autofahrer selbstverständlich integrieren müssen (der kulturelle Aspekt des Prinzips Safety in Numbers).
Die Integration der Kfz-Führer wird durch entsprechende Verkehrs(straf)gesetze beschleunigt und abgesichert (juristischer Aspekt des Safetry in Numbers)
Dieses Prinzip, nämlich Vorteile für den Einen (hier: MIV flüssiger und stressfreier) bei gleichzeitig viel größeren Vorteilen für den Anderen (hier: Radverkehr von 8-80) ist in der Spieltheorie als „Asymmetrische Mobilisierung“ bekannt.
Demgenüber haben wir es in Deutschland radverkehrsmässig mit dem Einsatz einer um 180° gewendeten Strategie zu tun:
Mit der „asymmetrischen Demobilisierung“.
Diese Stategie geht davon aus, dass ein Schaden, der mich selbst trifft, genau dann kein Schaden sondern ein Vorteil sein kann, wenn er gleichzeitig dem Gegner mehr Schaden zufügt als mir selbst.
Die asymmetrische Demobiliserung als politisches Konzept funktioniert z.B. so:
Merkels CDU vermeidet im Wahlkampf (2006) bewusst Auseinandersetzungen und setzt auf eine entsprechend geringe Wahlbeteiligung, bei der von der SPD noch mehr Wähler zu Hause bleiben als von der eigenen Partei. Obwohl man dann in absoluten Zahlen von weniger Leuten gewählt wird als vorher, hat man prozentual dazugewonnen, da die Langeweile dem Gegener noch mehr zugesetzt hat und von ihm mehr Wähler zu Hause geblieben sind als bei einem selbst.
https://de.wikipedia.org/wiki/Asymmetrische_Demobilisierung
(Nachteil: Diese Demobilisierungsstrategie öffnet die politischen Ränder für neue Parteien …)
Aber nun zur verkehrspolitischen Seite der ‚Asymmetrischen Demobilisierung‘, deren Nachteile nun endlich anscheinend auch vom ADFC erkannt werden.
Ja, Radverkehr auf der Fahrbahn (wie von der StVO vorgeschrieben und durch §45 Abs 9 abgesichert) behindert den Kfz-Verkehr. Er macht ihn weniger flüssig und stressiger.
Gleichzeitig jedoch schließt er viele vom Radverkehr aus bzw schreckt Mischverkehr viele ab. Die Modal Split-Vergleiche mit Ländern und Städten, in den der MIV separiert wird, sprechen eine sehr deutliche Sprache.
Das Mischverkehr/Streifenprinzip folgt damit dem Prinzip der asymmetrischen Demobilisierung. Der Schaden, der dem radverkehr zugefügt wird, ist ungleich größer als der, der dem MIV zugefügt wird.
Man muss davon ausgehen, dass diese Strategie von der Kfz-Lobby durch Wissmann (politisch-strategisch versierter oberster deutscher Autolobbyist) mit Bedacht in die StVO aufgenommen wurde.
Höchste Zeit, dass der ADFC hier nicht mehr mitspielt.
Allerdings wird die unrühmliche Rolle, die der ADFC beim Radentscheid Berlin gespielt hat, das ihre dazu beigetragen haben.
Will der ADFC auch in Zukunft noch als Vertreter der Radfahrer wahrgenommen werden, dann ist es allerhöchste Zeit endlich für eine weitgehende Separierung des MIV auch in Deutschlands Städtern einzutreten.
Aus umweltpolitischer Sicht ist anzumerken:
Die durch die Separierung des MIV erfolgte Mobilisierung des Radverkehrs führt zu einer aktiv bejahenden Haltung der Bevölkerung zur Verbannung von fossiler Energie.
Offensichtlich führt die Erfahrung, dass fossilenergiefreie Mobilität nicht nur möglich ist, sondern viel besser ist, weil sie gesünder, schneller, günstiger und mit mehr Spaß verbunden ist, dazu, dass die Bevölkerung Druck auf weitergehenden Ausstieg aus der Fossilenergie auch in der Industriepolitik macht.
Ganz nach dem Motto: „Was wir können, das verlangen wir auch von euch.“
Kopenhagen: CO2 neutral bis 2025
Niedertlande: Bann von Verbrennungsmotoren ab 2025. Letzte Woche: Parlament stimmt für Austieg aus Kohlekraftwerken. Auch die drei neu angeschafften sollen stillgelegt werden: „Die Stilllegung auch neuer Kohlekraftwerke ist die bestverzinsliche Investition in die Zukunft, die wir machen können.“
Radfahrern mobilisiert.
@berlinradler: Schon traurig, dass man Jura studieren muss, um die StVO für Radfahrer zu verstehen. Einfacher in der StVo wäre sicher mehr.
Bzgl dem Fahrradklimatest:
Kennt jemand eine verlässliche Statistik, inwieweit Radwege dazu beitragen, dass es weniger Unfälle gibt? Oder zu mindestens weniger tödliche? Bauchgefühl sagt ja. Auch wenn ich unlängst erleben musste wie Schulkinder vom Radweg auf die Straße ausweichen mussten, um einem falsch parkenden DHL Lieferwagen auszuweichen.
@Lubomira Thellman
Das Bauchgefühl täuscht. Weder senken Radwege die Unfallzahl allgemein noch die Zahl schwerer Unfälle. Das Gegenteil ist der Fall.
http://bernd.sluka.de/Radfahren/Radwege.html
https://radfahrn.wordpress.com/2015/08/24/radwege-sind-sicher-der-schein-truegt/
http://grossmutter.wixsite.com/unfaelle-de-ab-2013
@ Peter Vierig
Nicht zu vergessen:
http://www.grimmstories.com/de/grimm_maerchen/rotkaeppchen
Ach nee, stimmt ja, das ging ja trotz „Warnweste“ auch in die Hose.
@Lubomira Thellmann
3 Arten der Sicherheit von David Hembrow ist ziemlich ausführlich und mit Zahlen gespickt:
Original auf englisch:
http://www.aviewfromthecyclepath.com/2008/09/three-types-of-safety.html
Übersetzt auf deutsch:
https://anderebmv.wordpress.com/2016/08/10/die-drei-arten-der-sicherheit/
Viele Zahlen und Grafiken sowie einen umfassenderen Sicherheitsbegriff (Radfahren, Sicherheit und Gesundheit) bietet Thomas Krag auf copenhagenize:
http://www.copenhagenize.com/2011/04/cycling-safety-health-by-thomas-krag.html
Auf copenhagenize gibt’s auch noch den Post von Tommy: „The Case of Bicycle Infrastructure“ mit zig Studien, die die Vorteile von MIV-Trennung nachweisen, die Aufzählung bricht leider so 2012 ab. Seitdem sind hunderte ähnliche Studien dazugekommen.
Alle denselben Tenor: Protected Infra leads to much more and much safer cycling.
http://www.copenhagenize.com/2011/08/case-for-bicycle-infrastructure.html
@Lubomira Thellman: Ich kenne keine verlässlich Statistik, inwieweit Radwege dazu beitragen, dass es weniger Unfälle gibt. Ich kenne nur eine wissenschaftliche Studie, die belegt, dass es mehr Unfälle auf Radwegen gibt, als an Strassen ohne Radweg. Die ist allerdings jetzt schon ein paar Jahre alt und selbst der damalige Auftraggeber der Studie will das Ergebnis nicht wahrhaben.
Bei den tödlichen Unfällen mit Radfahrern ist der klassische Rechtsabbiegerunfall mit weitem Abstand der häufigste. In Berlin in den letzten Jahren starb grob die Hälfte der Radfahrer auf diese Weise. Diese Unfälle passieren nicht nur auf, sondern wegen Radwegen.
Es sieht also so aus, als ob die Unfallgefahr auf Radwegen um ein vielfaches höher ist, als an Strassen ohne Radweg.
@Lubomira Thellmann, die STVO ist sehr einfach zu verstehen, im Unterschied zu vielen anderen Gesetzen. Dafür muss man überhaupt nicht studieren, allerdings sollte der eine oder andere die STVO hin und wieder lesen. Zumindest diejenigen, die auf der Straße gerne belehrend herumschreien 🙂
Meine Kritik galt eher einzelnen Regeln – das Begleiten der Kinder ist nicht hinreichend sinnvoll geregelt und nimmt durch pauschale Vorgaben Optionen, die im Einzelfall sinnvoll sein können. Z.B. voller Bürgersteig + leere Fahrbahn, da sehe ich keinen Grund, nicht auch mal Fahrbahn zu fahren. In vielen Nebenstraßen ist das gar nicht dramatisch.
@alfons: danke für die Hinweise – man könnte die Dokumente übrigens durchaus etwas bürgerfreundlicher gestalten und im Klartext formulieren, was von welchem BRats-Ausschuss kommt – ich hatte folgenden Tweet des ADFC Hamburg zitiert:
https://twitter.com/ADFC_Hamburg/status/781252042782367744
und außerdem habe ich nach wie vor keinen überblick, wer jetzt eigentlich bei der BRatsNovelle StVO 2016 was genau will. Wenn Kommunen künftig bessere Radstreifen anlegen wollen und das leichter tun können: Gut. Aber warum muss man dafür leichter Benutzungspflichten verhängen können?
Eigentlich geht es bei den Änderungen zu § 45 Abs. 9 StVO ja auch gar nicht nur um Radwege, sondern um Beschränkungen des Verkehrs überhaupt, oder? Und diese Norm war halt bisher Grundlage für das Wegklagen von Benutzungspflichten. Ich würde mir wirklich vom ADVC und/oder VCD mal eine umfassende Berichterstattung wünschen, wer da was wollte und was am Ende rauskam. So bleibts einfach rätselhaft.
@berlinradler: So mache ich das ja auch beim Kinderbegleiten und sehe es auch so, dass der Gesetzgeber verantwortungsvollen Eltern ruhig ein bisschen vertrauen sollte, zumal die Regeln ja nicht automatisch zu mehr Sicherheit führen . Ich würde mir aber insgesamt lieber ein NL-mäßiges Angebot wünschen und glaube fest dran (-; (für meine Enkelkinder oder so)
@fab, die Zusammenfassungen zu dieser Änderung sind wirklich entweder sehr meinungsstark oder sehr juristisch. Damit bin ich auch etwas überfordert. In de.rec.fahrrad wurde das auch stark diskutiert und dort las es sich für mich so, als könne man Benutzungspflichen außerorts bald kaum mehr loswerden. Wenn ich da an manche Radwege in Brandenburg denke …
Vielleicht bin ich einfach zu „verbittert“ (eher desillusioniert) – ich glaube überhaupt nicht an den „guten Radweg“ und habe große Angst vor den Experimenten, die in seine Richtung führen sollen. Der Volksentscheid macht mir da Sorgen, denn statt der medienwirksamen 2-Meter-Fahrradspuren sehe ich auf der Volksentscheid-Seite Bilder, die mich wirklich gruseln. Denn die Frage, was eigentlich in engeren Straßen oder im Kreuzungsbereich genau geschehen soll, wird nicht wirklich beantwortet.
@fab
Für den Überblick:
Dokument 332/1/16 bezieht sich nicht auf die aktuell gültige StVO, sondern auf 332/16, welches ein Novellierungsvorschlag des BMVI vom Juni ist. Der BR hat dann nicht durchgewunken, sondern Änderungsvorschläge gemacht. Es kam was vom Umweltausschuss (U des BR) und vom Verkehrsausschuss des Bundesrates (vk) diese Änderungsvorscläge zu 332/16 sind enthalten in 332/1/16.
Eine verständliche Erkäuterung der textlichen Neufassung findet sich ausführlich und sachlich halbwegs korrekt im Forum der „Rennradszene“:
http://forum.tour-magazin.de/showthread.php?358632-Wiedereinf%FChrung-der-allgemeinen-Radwegebenutzungspflicht&p=5358444#post5358444
Im Zuge der Änderungen auf BR-Ebene scheinen nun auch Einflüsse von Aussen gekommen zu sein Die klassischen Lobbys (kfz-industrie, Arbeitgeber, IHK, etc,) machen das üblicherweise heimlich über „networking“, was von ‚transparency‘ und anderen NGO regelmässig (zu Recht) beklagt wird.
Bekannt ist die (m.E. sehr positive) Einflussnahme von Fuss e.V., welche ihr Vorgehen transparent gemacht haben, wie es sich für eine NGO gehört.
http://www.fuss-ev.de/76-presse/pressemitteilungen/594-stvo-novelle-kinder-sollen-richtig-rad-fahren-lernen.html
Die Bundes-ADFC-Führung dagegen hat heimlich in Hinterzimmern geküngelt, ohne auch nur ansatzweise den Hauch von Transparenz herzustellen. Weder gegenüber der Öffentlichkeit, noch gegenüber der eigenen Basis.
Die haben aber auch bereits – komplett gegesätzlich zu allen Umweltverbänden – den autozentrierten Bundesverkehrswegeplan des CSU-Dobrinth-Ministeriums als Erfolg fürs Radfahren bejubelt.
Erst nach erfolgreichem Abschluss der StVO-Novellierung-Intervention kam dann eine Pressemitteilung, bei der dann der Öffentlichkeit und den Mitgliedern bekannt gemacht wurde, dass der ADFC aktiv beim ersten Schritt der Wiedereinführung der allgemeinen Radwegebenutzungspflicht mitgeküngelt hat. Natürlich nicht imKlarttext, sondern eingesülzt in Lobpreisungen von Vorteilen, die ohnehin auf Kappe der ursprünglichen Novellierung (BMVI), sowie der Umweltministerien gehen.
Zu Deiner Frage,
„Aber warum muss man dafür leichter Benutzungspflichten verhängen können? “
Ja warum wohl?
http://itstartedwithafight.de/2016/10/04/warum-die-strasse-den-autos-gehoert/
Füssgehende scheinen das erheblich besser zu verstehen als die mittlerweile konsequent autofreundlich aufgestellte ADFC-Führung.
Interessant und hörenswert auch:
http://www.freie-radios.net/79288
Der ganze PR-Rummel um die faktische Wiedereinführung von Radwegebenutzungspflicht / Fahrbahnverbot hat durchaus eine übergeordnete Dimension von strategischer PR-Kampagne, die sich an allen Ecken und Enden finden lässt. Schließlich muss ja unserer Abgasskandal-gerüttelten Autoindustrie wieder auf die Beine geholfen werden.
Ein kleines Beispiel von Dutzenden:
Springer-Presse-Schreiberin (BikeBild) A. Reidl auf Zeit-online:
http://www.zeit.de/mobilitaet/2016-09/s-pedelec-radfahren-strasse-langstrecke-pendler?
Zitat:
“ „Mit dem S-Pedelec bin ich auf der Straße immer wieder ein Verkehrshindernis“, stellt Meier fest. “
Genau darum gehts.
Hindernisfreien Autoverkehr mit Radwegezwang verflüssigen und beschleunigen, sowie Radverkehr auf Kurzstrecken und Tourismus-radeln eindampfen und dabei in Umweltverbund-Konkurrenz zu ÖPNV und Fußverkehr bringen.
‚Fußgehende‘ scheinen das fiese Spiel mit dem Kannibalismus im Umweltverbund mittlerweole besser zu verstehen als die nunmehr konsequent autofreundlich und de-facto antiökologisch wirkende ADFC-Führung.
@Lubomira Tellmann
Auf deutschen Verkehrsseiten nach Argumenten für Radwege zu fragen, das ist wie auf us-amerikanischen Energieseiten nach „verlässlichen Statistiken“ bzgl des Klimawandels zu fragen. Über 90% der Antworten müssen aggressiven Verschwörern/Industrieauftragsschreibern zugerechnet werden – obwohl es langsam auch bei uns besser wird.
Für ein objektiveres Bild: „Cyclepath safety“ oder „protected bikelanes safety“ googeln.
@Berlinradler
Eltern dürfen mit ihren Kindern weitgehend machen was sie wollen.
Trotzdem haben öffentliche Schilderungen wie von dir auch immer Beispielcharacter („wenn der das auch macht“).
Du bist nicht der erste Fahrbahnfan, der propagiert, sich mit 8jährigen Kindern („auch mal“) auf der Fahrbahn zu tummeln.
Was auffällt: Immer sind es Väter. Immer sind die Kinder 8 Jahre alt.
Ich spreche das deswegen an, weil ich solche „Beispiele“ für sehr gefährlich – und für verantwortungslos halte. Man tut den Kindern damit keinen Gefallen – um es einmal sehr milde auszudrücken. Man tut anderen Vätern (Frauen kommen anscheinend gar nicht erst auf solche Gedanken) auch keinen Gefallen.
Man sollte darauf verzichten, 8jährige, aber auch andere Kinder vorzuschicken.
Was 0-18 jährige Kinder und Jugendliche können – und was sie altersgemäß nicht können, das kann man der Studie
„Kinder als Radfahrer in der Altersstufe der Sekundarstufe I.“
Dr. Funk, Uni Erlangen/Nürnberg, 2009
entnehmen.
http://www.ifes.uni-erlangen.de/pub/pdf/m_2_2009.pdf
Eine gute Übersicht zeigen Bild 1. auf Seite 6 und Bild 2 auf Seite 9.
Was viele, vor allem Männer bzw Väter, unterschätzen:
Was ein Kind lernen kann, das hängt von seiner (altersmässigen) Entwicklung ab. Man kann einem Kind nicht etwas „beipulen“, wenn es nicht den (altersabhängigen) Entwicklungsstand für das jeweilige Erziehungs- bzw Lernziel erreicht hat.
Gefahrenbewusstsein: „Bewusstsein für Gefahren wird entwickelt“ (5,5 bis 10,5 Jahre)
„Ältere Kinder (ab etwa 11 Jahren) können Gefahren im Straßenverkehr objektiv einschätzen und beschreiben“
(Quelle s.o.)
Wer Kindern ihr mühsam und oft unter Schmerzen erlerntes Gefahrenbewusstsein abtrainieren will – der radelt mit 8jährigen auf der Fahrbahn.
Aufmerksamkeit:
„Ab ca 13,5 – 14 Jahre: Aufmerksamkeits- bzw. Konzentrationsfähigkeit „voll ausgebildet“
„… dass bis zum Alter von 14 Jahren das Radfahren im realen Straßenverkehr für Kinder und Jugendliche riskant bleibt“ “
(Quelle s.o.)
Passt die Studie der Uni Erlangen im Auftrag des DGUV nicht prima zu deiner Theorie (radverkehrhamburg.wordpress.com/2016/07/23)?
[..]
„Der Zweck ist: Radverkehr muss unter allen Umständen, von allen Medien und allen “Experten” als “gefährlich” kommuniziert werden.“?
[..]
Ist also vielleicht die Studie aus Erlangen nur ein weiterer Versuch der Autolobby, Radfahrer auch noch bis zum Alter von 14 auf den Gehweg zu verbannen?
diese „Studie“ der Uni Erlangen ist ja nun erschreckend schwach. Allgemeinplätze zu Entwicklungsstufen, Allgemeinplätze zum Schutz durch Helm, der „als erwiesen gelten dürfe“ (eine einzige Studie wird zitiert), Allgemeinplätze zur „Verkehrstüchtigkeit“ von Rädern, allgemeine Aufzählung von irgendwelchen Verkehrserziehungsmaßnahmen…alles ohne konkrete Betrachtung von Unfallursachen und Gegenmaßnahmen.
Wer hat denn bitte sicher Radfahren im Verkehrsparcours der vierten Klasse gelernt? wirksam verkehrssicher fahren können doch nur andere Radfahrer beibringen, durch ständiges Zusammen-Üben. Die Handlungsempfehlung, Radfahrtraining in der Schule früher zu beginnen ist ok, aber doch mehr als dünn.
@berlinradler
Was ist denn so falsch an den Bildern des Volksentscheides hier https://volksentscheid-fahrrad.de/2016/03/23/radwege-an-hauptstrassen-751/ ? Es werden halt nur kleine, unbeampelte Einmündungen gezeigt, aber mit aufgepflastertem, roten Radweg, engem Radius, Poller gegen Falschparker, eine Autolänge Platz, damit Einbiegende dort halten und Vorfahrt gewären. Ist doch NL-Standard für Einmündungen?
Für große Kreuzungen wird „Sicherheit“ gefordert, auf Twitter beschrieben als getrennte Grünphasen oder simultaneous green (alle Fußgänger und Radfahrer), mindestens aber Protected Intersections.
Aus meiner Sicht ist das sicherer als durchgezogene, gemalte Radstreifen mit schlechter Sichtbeziehung und auch besser als „ohne alles“, da Mischverkehr mit Hintereinanderherfahren in der Berliner Praxis praktisch nicht stattfindet. Autos überholen IMMER, außer vielleicht diejenigen, die 35 km/h-Sprints hinlegen können. Ich teile Deine Skepsis hinsichtlich der baldigen Umsetzung, ist ja Berlin, das Konzept finde ich aber fundiert. Wenn auch noch nicht vollständig bebildert (leider zerfasert das Ganze etwas in den Social Media).
Warum es der Praxis in NL nicht gleich ganz nachmachen und Zweirichtungsradwege an geeigneten Hauptstraßen umsetzen?
Ja, ja, ich weiß – sind die deutschen Autofahrer nicht gewohnt daran. Aber 1. gehört bei jedem Konzept Eingewöhnung wie vielleicht auch erhöhte Aufmerksamkeit dazu und 2. muss die Umsetzung dann eben auch so konsequent wie beim Original sein. Das bedeutet dann eben auch entsprechende bauliche Trennungen zur restlichen Fahrbahn, eigene Ampelphasen und spezielle Kreuzungsführungen.
Fab:
„was ich mit meinen zwei Töchterchen (bald 3 und 5) machen soll, wenn ich richtig mit ihnen Rad fahren will. “
Follow me.
Und was Shared Space angeht, das ist sehr wohl nicht allein für Straßen mit wenig Verkehr. Schonmal von Bramsche gehört? Stadt nördlich von Osnabrück. Durch die führt eine Bundesstraße und jene eben durch den Shared Spaces Raum. Oh, na sowas. Und? Tja, weniger Unfälle als früher. Nein! Doch! Ohhhh!
Alles beginnt im Kopf, vor allem auch das Umdenken. Es dauert aber, bis das zu jedem durchdringt.
Ich wusste gar nicht, dass man online dran teilnehmen kann
Vielen Dank für den Hinweis! Bin ja mal gespannt auf die Ergebnisse!
LG Nico
„Follow me.“Ja ok, anleinen also. kann man machen, ist aber schon eine Krücke. Außerdem habe ich zwei Töchter. Wenn dann eher gleich Onderwater Tandem – aber das ist alles nicht dasselbe wie Selberradeln und außerdem eher nur was für uns Freaks.
Shared Space auf einer (befahrenen?) Bundesstraße möchte ich doch gern mal sehen. Ist das etwa das hier?
http://www.noz.de/lokales/bohmte/artikel/525183/shared-space-verkehr-rollt-wieder-durch-bohmte#gallery&0&1&52518
Die YT-Videos von NL- und UK-Shared Spaces fand ich nur dort überzeugend, wo es sehr niedrige Verkehrsbelastung gab, ohne Schwerlastverkehr(!) und bei gelungener baulicher Umsetzung des Shared Space.
Ich möchte bitte auch nicht so „umgedacht“ werden, dass ich mit Kindern irgendwo auf dem platten Land zwischen LKW und Landmaschinen rumfahren will. Die ländlichen Fahrgewohnheiten sind mir durchaus bekannt: Da empfiehlt sich eine gesunde räumliche Distanz, in allen Lebenslagen.
@fab: Die Probleme kenne ich sehr gut – meine Töchter sind im selben Alter (2 und 5). Aber schnelle Alltagsradler auf die selben unzureichend engen Flächen zu pferchen ist nicht die Lösung. Das erhöht die Sicherheit nicht im Geringsten, ganz im Gegenteil.
In dem Alter gehören die Kinder de jure und de facto auf den Gehweg. Problematisch ist nur, wo man als Elternteil fährt. Und vielbefahrene Strassen meide ich grundsätzlich wo es geht (meist lässt sich das machen).
Das Problem bei Radfahrern ist, dass es im Prinzip zwei verschiedenen Gruppen gibt: diejenigen, die das Fahrrad als Verkehrsmittel nutzen und halt schon den Anspruch haben, 10-15 km in etwa einer halben Stunde zurückzulegen und diejenigen, welche es eher als Gehhilfe für Ultrakurzstrecken begreifen.
Die Autofahrerlobby und die Politik bedient ausschliesslich die Ultrakurzstreckenradler. Für alles andere soll man halt das Auto nehmen. Das finde ich persönlich nicht erstrebenswert, ist aber die unausweichliche Konsequenz, wenn man Gehhilfenradler und Mittelstreckenradler auf dieselben (idR viel zu kleinen) Flächen zusammenquetscht.
Die bisher de jure (aber nicht de facto) existierende Zweiteilung in Fahrbahnen für Radler, die in endlicher Zeit signifikante Strecken zurücklegen wollen und Radwege für Leute, die kaum schneller als Schrittgeschwindigkeit unterwegs sind finde ich als Kompromiss gar nicht so schlecht. Eine bessere Lösung, die beiden Gruppen gerecht wird, habe ich bisher noch nicht gesehen.
@Abwrackprämie
„… Fahrrad als Verkehrsmittel nutzen und halt schon den Anspruch haben, 10-15 km in etwa einer halben Stunde zurückzulegen und diejenigen, welche es eher als Gehhilfe für Ultrakurzstrecken begreifen.“
Ich persönlich finde ja nichts schlimmer als diese Fahrbahn-MAMILs, die mit 30-40km/h vor mir den Verkehrserzieher spielen müssen.
Und ich darf mit meiner Hollandscheese hinter dem Carbonscheiß herzuckeln.
Inzwischen sag ich mir: Leben und leben lassen.
Will ich die Gazelle mal treten, dann fahr ich inzwischen auf’s Land und lass mir bei gemütlichen 60 die frische Luft um die Nase wehen.
@strizzi
Genau diese Spezies (Verkehrserzieher) ist doch (mit) das Problem, dass in D der Zacken zum Massenphänomen Radfahren fehlt.
Aber wie fährt man mit einer Gazelle „gemütliche 60“, selbst in der S-Pedelec-Variante ist das ja kaum realisierbar?
Ich behaupte sogar, es wäre schön, wenn die Ultrakurzstrecken bei der Politik schwerpunktmäßig berücksichtigt würden, solange es Pendlerverkehr ist. Faktisch aber schwirrt bei der überwiegenden Mehrheit (nicht ausschließlich Politik) nur der Freizeitgedanke im Hinterkopf. Der Rest ist dann sozusagen Beifang.
Das konnte man bei der kleinen Diskussion zum Ausbau des Spreeradweges bis nach Spandau gerade erst wieder wunderbar beobachten. Dieser Weg wäre ideal als innerstädtische Pendlerstrecke abseits der üblichen Mehrspuren-Fastautobahnen. Dann ist der Spandauer FahrRat (inkl. Bezirksstadtrat) auf die Idee gekommen, das als solche Pendlerstrecke zu promoten. Und was ist die Reaktion in den Kommentarspalten: „So viele Freizeitradler gibt es dort doch gar nicht“ und „wer pendelt schon aus der Niederlausitz nach Berlin?“ Tja,was soll ich sagen?
Vielleicht ist diese duale Infrastruktur (Fahrbahn und alte Radwege) auf den ersten Blick eine gute Sache der Wahlmöglichkeit. Aber für mehr Radverkehr wird es nicht sorgen – und dieser ist nötig, dass man sich auf der Fahrbahn sicher fühlt. Berlin ist doch der beste Feldversuch: Fahr in Mitte auf der Fahrbahn und dann in Spandau oder Marzahn – Du denkst Du bist in einer anderen Welt!
@hvhasel: troll-strizzi fährt keine 60 mit der Gazelle. Der will nur meinen Beitrag ins lächerliche ziehen, vermutlich weil ich seine Agenda („Fahrbahnen exklusiv den Autofahrern“) entlarvt habe.
Ich finde es auch sinnvoll, wenn man Ultrakurzstreckenradlern eine vernünftige Infrastruktur bietet – solange man das Fahrrad als Verkehrsmittel nicht faktisch wieder verunmöglicht. Denn dieser Einsatzzweck ist in Berlin mittlerweile recht verbreitet.
Und Dein Hinweis auf Mitte als Bezirk mit hohem Radverkehrsanteil ist doch der beste Beweis, dass Hochbordradwege kein Katalysator für hohen Radverkehrsanteil sind. Die gibts nämlich in Mitte so gut wie gar nicht, jedenfalls viel weniger als in Spandau oder Marzahn.
@abwrackprämie
Vollkommen d’accord. Ein bisschen ist es zwar wie beim Henne-Ei-Problem, aber wahrscheinlich noch ursächlicher für das Mehr an Radfahrern dort sind bestimmt die „vollständigen“ Straßenbedingungen. Sprich, weniger MIV-Fahrspuren und ein geringeres Durchschnittstempo sind des Fahrradfahrers Freund.
Dieser Anteil in Mitte wiederum ließe sich dann aber vermutlich wirklich nur noch durch mehr ausgewiesene Fläche steigern. Denn während in den Außenbezirken z.B. der Anteil an Senioren auf dem Rad ziemlich hoch ist, ist er in Mitte verschwindend gering (ist leider subjektiv, ich kenne keine Zahlen dazu).
Kurzum, was ich sagen will: Den ganzen Straßenquerschnitt und sogar das übergeordnete Wegenetz zu betrachten, halte ich für unausweichlich. Vernünftige Radwege zu fordern, finde ich dabei durchaus sinnvoll, aber es ist nur ein Aspekt unter vielen.
Mein persönliches Fahrradklima:
Trotz einiger Veränderungen in der Berliner Landschaft (Moritzplatz) ist meine persönliche Bilanz so schlecht wie vor zwei Jahren ausgefallen, denn auf den Strecken, die ich regelmäßig befahre, hat sich nicht viel geändert, mit einer Ausnahme: Die Wege sind voller geworden.
Was mich hier in der Diskussion ganz entschieden stört, sind die Feindbilder, die sich hier abzeichnen und die doch mit meiner Wirklichkeit wenig zu tun haben. Selbstverständlich nerven die Schönwetterfahrer, die sich um ihre Umwelt und um Regeln überhaupt nicht kümmern, kolossal. Doch sind mir diese Leute auf dem Rad immer noch lieber, als würde ich ihnen begegnen, wenn sie im Auto säßen. Und das ist der springende Punkt: Ich fühle mich immer nur Teilgruppen, die hier das Wort ergreifen, zugehörig. Ich bin kein MAMIL, trage keinen Helm, fahre meist VC, um schnell mein Ziel zu erreichen. Kann aber genauso gut irgendwelche Hochborde benutzen und langsam dahinhoppeln. Es ist mir sogar möglich auf einem Weg sowohl ein schneller VC-Fahrer und ein Genussfahrer zu sein. Die Heterogenität manifestiert sich hier sogar in einer Person und nicht nur in einer Gruppe von Verkehrsteilnehmern.
@Thalmayr
„Ich bin kein MAMIL..“
Ich lege Wert dadrauf, dass ich einen inklusiven Radverklehr vertrete, in dem selbstverständlich Platz ist für „MAMILS“, für Kordhosenträger, für „Kurz“- und „Langstrecken“ Radler ist, für jung und alt, für Mann und Frau.
Mir fällt es schon schwer, zwischen „Kurz-“ und „Lang“strecke zu differenzieren.
War die Fahrt heut morgen mit der 10jährigen Enkelin zur Schule (4-5-km) lang oder kurz? Ist mein Weg zum Job (8km) lang? Ist die geplante Tour nach Föhr (gut 100km) mit meiner Frau, unserer Tochter, ihrem Mann und ihren 2 Kindern (3 und 1,5) kurz oder lang?
Das Brötchenholen am Wochenende ist der zehnj. Enkelin manchmal „zu weit“ (ca 800 m).
War die Alpenüberquerung mit meiner Frau im August nach Venedig (1200 km) kurz oder lang? Die Tour um die Nordsee (England, Schottland, Orkney-Inseln, Shetlandinseln, Bergen (Norwegen), Dänemark, Hamburg (gut 3000 ohne Fähren) war länger. Die Kasachstan/Kirgistan Tour durch das Tien-Shan Gebirge und in die Ausläufer des Pamir hinein (bis 3600 m Höhe) war noch länger.
Irgendwie wohl alles relativ. Hauptsache Rad, sach ich immer.
Mein Post oben mit den „MAMILs“ war selbstverständlich eine ironische, inhaltlich nicht ernstgemeinte Reaktion auf Spaltungsversuche wie:
„… Fahrrad als Verkehrsmittel nutzen und halt schon den Anspruch haben, 10-15 km in etwa einer halben Stunde zurückzulegen und diejenigen, welche es eher als Gehhilfe für Ultrakurzstrecken begreifen.“
Und, ja, ich weiß eigentlich, dass Ironie im Internet nicht funktioniert.
But, sometimes, ICR.
@fab, Du fragst mich, was falsch an den Bildern des Volksentscheides ist.
Wir haben das oft genug diskutiert. Du glaubst an einen senatsseitigen Verbesserungswillen bezüglich der Radwege, ich glaube daran nicht. Wenn ein Volksentscheid nun herkömmliche Radwege fordert, wird man die genau so bauen wie bisher.
Man hat bisher viele Ansätze zur Steigerung der Sicherheit von Radwegen ausprobiert und scheitert immer wieder kläglich.
100 Kilometer bei strenger Bevorzugung von Radwegen, dem damit einhergehenden erhöhten Rollwiderstand und den ständigen Stress- und Zittersituationen – alle Achtung! Das entspricht etwa 150-200 normalen Fahrradkilometern.