Feinstaubalarm in Stuttgart

Stuttgart hat als erste deutsche Großstadt Feinstaubalarm ausgelöst. Seite heute Nacht um null Uhr bittet die Stadt ihre Bürger bis mindestens einschließlich Donnerstag, ihre Autos stehen zu lassen. Bereits seit gestern um 18:00 Uhr galt: „Bitte lassen Sie Ihren Komfort-Kamin aus!“ Stattdessen empfiehlt die Stadt Stuttgart, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, Fahrgemeinschaften zu bilden, Fahrrad zu fahren oder zu Fuß zu gehen.

Zu hohe Feinstaubwerte werden in vielen Städten in Deutschland gemessen, Stuttgart gilt aber als Rekordhalter, weil die Lage der Stadt in einem Talkessel dazu führt, dass bei einer bestimmten Wetterlage der Luftaustausch mit dem Umland unterbleibt. Die Europäische Union hat einen Grenzwert für Feinstaub von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft festgelegt, der nicht häufiger als 35 Mal im Jahr überschritten werden darf. Im vergangenen Jahr 2015 lag die Feinstaub-Belastung in Stuttgart an 61 Tagen über dem Grenzwert.

Im Laufe dieser Woche wird sich zeigen, ob ein freiwilliger Autoverzicht zu einer Reduzierung des Feinstaubs in Stuttgart führt. Auf Zeit Online konnte man allerdings schon ab 10:30 Uhr lesen: „Stuttgarter ignorieren den Feinstaub-Alarm“. Sollte der freiwillige Appell bei Feinstaub-Alarm nicht die erhoffte Wirkung erzielen, könnten ab 2018 verbindliche ordnungsrechtliche Maßnahmen für die Autofahrer folgen. Geprüft werden zwei Alternativen:

  • die Einfahrt nach Stuttgart nur noch für mit mindestens zwei Personen besetzte Fahrzeuge oder emissionsarme Fahrzeuge (Blaue Plakette).
  • die Einfahrt nur mit entsprechendem Kennzeichen (gerade/ungerade Kfz-Kennzeichen).

Auch Berlin hat mit zu hohen Feinstaubwerten zu kämpfen. In den ersten 16 Tagen dieses Jahres wurde bereits an neun Messstellen in Berlin an fünf Tagen der zulässige Messwert überschritten. Das heißt praktisch, dass die Berliner Bevölkerung an jedem dritten Tag in diesem Jahr krank machende Luft einatmen musste. Eigentlich wäre Senator Geisel sofort verpflichtet, im Interesse der Gesundheit der Berliner wirksame Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung einzuleiten.

Stadt Stuttgart: Feinstaubalarm in Stuttgart
Aktuelle Luftdaten des Umwelt-Bundesamtes
Zeit Online: Stuttgarter ignorieren den Feinstaub-Alarm

7 thoughts on “Feinstaubalarm in Stuttgart

Comments-Feed
  1. Was muss man sich da über Geisel wundern? Glaubt irgend jemand, sein Adlatus Gaebler klagt wirklich wegen der „grundsätzlichen Bedeutung“ gegen das Tempo-30 Urteil? So aus theoretischem Rechtsinteresse? Die Gesundheit der Gesamtberliner Bevölkerung ist diesen Leuten doch schnurz, was zählt ist immer noch freie Autofahrt für freie Bürger.

  2. Michael S schreibt:
    Montag, 18.01.2016 um 22:17

    …was zählt ist immer noch freie Autofahrt für freie Bürger.

    …und wenn es um Alternativen geht kommen die Heulsusen aus der Berliner Fahrradszene um allen zu erklären wie man den Ball so flach wie möglich halten kann.

  3. Feinstaubalarm, das erinnert mich als Ruhrgebietskind an die damaligen Smogalarme, die ich als ‚Pseudokrupp‘ betroffenes Kind noch erlebt habe.

    Schon lustig, aber auch passend, dass das jetzt ausgerechnet im ‚Grün‘ regierten Stuttgart innerhalb des ‚Grün‘ regierten BW passiert.

    Wenn man dann noch berücksichtigt, dass Grenzwerte ohnehin fraglich sind, da schon kleinste Mengen schädlich sind, und wenn die WHO sagt, dass allenfalls die Hälfte des EU-Grenzwertes für HALBWEGS gesunde Luft sorgen würde, dann wird deutlich mit welch vollständiger Ignoranz das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit dem automobilen Götzen geopfert wird.
    „Wirksame Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung“ hieße Automobilverbot.
    Die Autoabgas-Schadensliste wird ja langsam und beständig länger. Zwar wird auf den Drittmittel abhängigen Unis kaum noch in dieser Richtung geforscht, aber einiges findet sich beim Münchner Helmholtz-Institut:
    https://www.helmholtz-muenchen.de/suche/index.html
    einfach mal ‚ Feinstaub ‚ in die Suchmaske eingeben.

    Was sagte der Stuttgarter OB (Die Grünen) schon 2004?
    http://www.fritz-kuhn.de/de/daten/36202.von_der_verkehrswende_zur_nachhaltigen_m.pdf
    Zunächst eine durchaus richtige Analyse grundlegender Widersprüche der „Grünen“ Besserverdiener:
    „Unsere eigenen Mitglieder und WählerInnen reisen besonders gerne und viel: Der Urlaub in den USA, der Bekanntenbesuch in Kairo, die Konferenzteilnahme in London, ein paar freie Tage im Wellnesshotel an der Ostsee, mit den Kindern auf dem Land wohnen – all das erzeugt Verkehr.“
    Dann geht es um die realpolitische anschlussfähige Perspektive des alternativen ökologischen Verkehrs. Sehr lesenswert als abschreckendes Beispiel.
    Unterm Strich: Biodiesel, Biodiesel, Biodiesel.
    Und natürlich effiziente Hybrid-Autos.

    Klar, jetzt ist die Verars***** mit dem Biodiesel langsam aufgeflogen, und es wird mit dem subventionierten E-Braunkohle-Auto die nächste ‚anschlussfähige‘ schwarz-grüne Sau durchs Dorf getrieben. Klar ist auch dass der MIV und LKW Verkehr weiterhin ungebremst ansteigt, aber was solls: Realität ist für die „Realpolitik“ nicht wirklich förderlich. Nahmobilität 2.0 lautet das neue schwarz-grüne Motto!

    Das passende Accessoire für den grünen OB in Stuttgart?
    Vielleicht rafft sich ja irgendwer auf und überreicht diesem Vorreiter des Biodiesels öffentlichkeitswirksam die „goldene Feinstaubmaske am grünen Bande“?
    Übergabe am Besten direkt an der S-21 Baustelle.

  4. @siggi, wen und was meinst Du damit konkret?

    Erinnere ich mich eigentlich richtig, dass es in den 90ern in Berlin auch Smogalarm mit Fahrverboten gab?

  5. Schon lustig, aber auch passend, dass das jetzt ausgerechnet im ‘Grün’ regierten Stuttgart innerhalb des ‘Grün’ regierten BW passiert.

    Das passt in der Tat sehr gut. Vermutlich hat es den Stuttgartern schon lange gestunken und anders als in Berlin hat sich das auf die letzte OB-Wahl ausgewirkt.

  6. Die Süddeutsche bringt es sehr gut auf den Punkt:

    „Nach den ersten Eindrücken zu urteilen handelt der Autofahrer erwartungsgemäß rational. Er begrüßt es ausdrücklich, wenn die anderen ihren Wagen stehen lassen und damit die Schadstoffwerte senken – steigt aber selbst ins Auto und freut sich auf weniger Staus auf dem Weg zur Arbeit. Weil aber kaum jemand der Dumme sein will, der sich für die anderen opfert, fahren fast genauso viele Autos wie zuvor.“

  7. ungerade und gerade Nummernschilder erhalten Fahrverbot? Macht doch nichts: dann kauf ich mir ein 2. Auto, falls ich nicht eh schon 2 hab. Abwrackprämie 2.0.

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