Erneut wurde heute eine Radfahrerin Opfer eines rechtsabbiegenden Lastkraftwagens. Die Polizei teilt mit, dass gegen 12:15 Uhr eine 28-jährige Radfahrerin auf der Radspur der Greifswalder Straße in Pankow fuhr. Ein 25-jähriger LKW-Fahrer, der mit seinem Auflieger von der Greifswalder Straße in die Grellstraße abbiegen wollte, übersah die Radfahrerin. Die Radfahrerin kam unter den LKW und wurde lebensgefährlich verletzt. Kurze Zeit später starb sie in einem nahegelegenen Krankenhaus an ihren Verletzungen.
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 3308 vom 14.12.2009 – 18:05 Uhr.
Von den neun Radfahrerinnen und Radfahrern, die bisher in Berlin im Jahr 2009 ums Leben gekommen sind, waren allein drei Fälle, bei denen die Unfallursache lautet: rechtssabbiegender LKW.
Das mit dem ausreichenden Abstand zu etwaig auffliegenden Türen ist leider in der Realität garnicht so einfach, denn in der Regel ist nach links nicht einfach beliebig Platz. Entweder es ist konkret gar kein Platz, oder gefühlt keiner, weil andere Verkehrsteilnehmer mehr oder weniger physisch zu verstehen geben dass man da nichts zu suchen hat. Ich muss auch ein wenig angesäuert feststellen, wenn hier und da immer so schöne Empfehlungen kommen mal die Fahrbahnbreite auszunutzen, etwa auf der Busspur – ich weiß nicht in welcher Stadt ihr Rad fahrt, in Berlin versuche ich es immer wieder und scheine damit nur Pkw Fahrer zu provozieren. Ich fahre nicht eben langsam.
Fahrt ihr dann mit 40 km/h per Rennrad auf der Fahrbahn? Selbst mit 30 oder 35 km/h kann man doch als Radfahrer nicht richtig im Verkehr „mitschwimmen“, wenn man auf der Straße fährt. Das ist doch Streß ohne Ende, sobald Fahrzeuge hinter einem überholen wollen und die Gegenfahrbahn oder Nachbarfahrbahn besetzt ist.
Und diese Drängelei von hinten ist doch gigantisch. Das gilt übrigens sogar in „Spielstraßen“, die mit kleineren Bordsteinschwellen vom übrigen Straßensystem abgetrennt sind. Selbst da ertragen es die wenigsten Autofahrer, wenn man vor ihnen als Radfahrer herfährt. Es kommt auch bei enger Spur spätestens nach 20 Sekunden zu den ersten Überholversuchen durch PKW’s, ebenso auch auf diesen durch wechselseitige Betonkübel errichteten Zick-Zack-Parcouren.
Auf anderen Fahrbahnen wie Unter den Linden muß man sich den Platz ständig mit Bussen oder lautlos von hinten heranrauschenden Taxis teilen, auch nicht ungefährlich. Dann gibt es in Westend nach Richtung Spandau diese seitlichen Straßen links und rechts, die auch als Europa-Radweg gebaut wurden. Hochgefährlich, weil PKW’s hier kaum überholen können, es aber immer wieder versuchen. Bei Messen im ICC oder bei Hertha-Spielen außerdem oft mit 100 Bussen zugestellt, wobei man nie weiß, ob wer auf die Fahrbahn tritt. Einen wirklichen Radweg gibt es dort de facto nicht, ich weiche da manchmal auf den kilometerweit leeren Fußweg aus, um Ruhe zu haben.
Sobald man sich den Raum wirklich mit Autos teilen muß, bedeutet das immer auch: mit Taxis, mit LKW’s, mit SUV-Fahrern die gerade freihändig am Handy hängen usw. Es reicht, daß einer von 10.000 Autofahrern dann einen Fehler macht, sei es auch weil er zugekifft ist oder einen Schwächeanfall bekommt, schon wird man abgeschossen. Daß Radfahrer von hinten nie erwischt werden, ist ein Gerücht, ein Auto braucht ja nur ins Schleudern kommen. Und diese „Notradwege“ wie auf der Storkower sind wirklich das Geld nicht wert. Auf der Grellstraße wird es dann noch unangenehmer (zu wenig Platz, um sich vor auffliegenden Autotüren zu schützen).
Man könnte noch sehr viel dazu schreiben, und ich wundere mich, daß ich trotzdem noch so viel radle, aber ich halte es in diesen Blechkapseln aus nicht richtig aus. Zukünftig werde ich die rote Warnweste öfter benutzen, auch wenn man damit wie ein Müllkutscher aussieht.
@Ewald, du sprichst mir aus der Seele. In den meisten Situationen fahren die meisten Autofahrer relativ vernünftig, in manchen Situationen gibt es nur wenige vernünftige (gilt so auch für Radfahrer). In engen Straßen machen die meisten Autofahrer unbewusst Stress – entweder durch nahes Überholen oder, wenn man das durch mittiges Fahren unterbindet, durch Drängelei. Und ich muss gestehen – als Dipl.-Weichei fühle ich mich auf sehr stark befahrenen Hauptstraßen auch nicht unbedingt wohl. Gerade in Situationen, in denen ich Huper erwarte, fahre ich doch recht unentspannt.
@Ewald und Berlinradler: Habt Ihr Augen hinten am Kopf oder wodurch bemerkt Ihr „Drängeln“ hinter Euch? Wie spürt man das? Wie fühlt sich das an?
Und was ich mich da auch frage: Wenn ich nun tagtäglich an hunderten, im Ampelstau feststeckenden Blechdosen vorbeirollern muss, die mir im Weg rumstehen, weil man mit 0km/h einfach verdammt schlecht im normalen Fahrradverkehr mitschwimmen kann: Fühlen sich diese Autler dann auch immer ganz unwohl und bedrängt in Ihrer Haut und überlegen, künftig auf Umwege auszuweichen, deren Benutzung zwar gefährlicher für alle Beteiligten ist ist, die aber wenigstens frei vom Gefühl befahren werden können, Radfahrern zur Last zu fallen und bedrängt zu werden? Ich glaube kaum 😉
Meiner Ansicht nach ist der Schlüssel tatsächlich schlicht weit genug links in der Spur zu fahren. Augen habe ich hinten keine, so dass ich drängeln gar nicht mitbekommen kann und Hupen kommt nun soooo häufig auch nicht vor. Und wenn doch, dann kann man das doch wirklich so auffassen, wie die Sache mit den bellenden Hunden, die nicht beißen: Niemand hupt einen Radfahrer an, um ihn dann im direkten Anschluß auf die Motorhaube zu nehmen. Aber wer hupt hat den Radfahrer ganz sicher gesehen und das ist doch die beste Garantie dafür, dass es wahrscheinlich nicht zu einer Kolission kommen wird.
„Kollision“ meinte ich natürlich
@chris, dann ist doch für Dich alles ok im Straßenverkehr. Ich empfinde dies anders.
Kurz zu dem Unfall auf der Greifswalder Str.:
Hallo,
bei der Recherche wegen dem Unfall am Montag bin ich auf diesen Blog gestoßen und möchte hier kurz mein Statment abgeben. Falls ich dabei einige Sachen wiederholen sollte – bitte ich um nachsehen, da ich nicht alle Kommentare gelesen habe…
Ich war am Montag gegen 12.45 Uhr an der Kreuzung (LKW, Fahrrad und Polizei waren noch vor Ort) und konnte mir somit mein eigenes Bild zum möglichen Unfallhergang machen…
Wie schon von einigen beschrieben, hat der LKW mit Aufleger von der Storkower Str. kommend direkt beim Abbiegen in die Greifswalder Str. vorm Kaisers-Store die Radfahrerin erfasst und tödlich verletzt. Selbst am Unfallort wurde schon von einigen Passanten berichtet, dass die Radfahrerin den Unfall nicht überlebt hat, da beim Eintreffen des Krankenwagens die Radfahrerin unter dem LKW (zwischen Führerhaus und Aufleger) ziemlich leblos auf dem Boden lag – wie schrecklich!!!
Ob die Radfahrerin direkt aus dem Laden oder von der Storkower Str. (Radweg bzw. Gehweg) kam, kann ich nicht sagen. Eins steht aber fest, sie wollte die Greifswalder Str. an der Kreuzung auf den Fußgängerüberweg überqueren. Dies bedeutet, es hätte durchaus auch ein Fußgänger treffen können…
Ich habe mir den LKW und die Unfallstelle genau angeschaut und konnte zwei intressante Beobachtungen machen. Erstens, der LKW hatte ein auswärtiges Nummernschild und war somit vermutlich nicht ortskundig. Zweitens hatte der LKW nur ein normalen Spiegel am rechten Fahrerhaus, aber keinen Spiegel für den „toten Winkel“, d.h. er konnte vermutlich die Radfahrerin beim Rechtsabbiegen von der linken Fahrerseite so gut wie gar nicht sehen…
Darüberhinaus möchte ich anmerken, das die Ampelschaltung an dieser Kreuzung bzw. die Abstimmung mit vorläufigen Ampeln äußerst besch… eingestellt sind und immer wieder zu extremen Geschwindigkeits-überschreitungen und/oder unkontrollierten Abbiegemanövern bzw. Straßenüberquerungen seitens der Auto-/LKW-Fahrer führt. Daher ist es kein Wunder das ständig diverse Unfälle dort zu beklagen sind…
Eine bessere Ampelschaltung und auf allen Seiten ein Ampelblitzer könnten daher durchaus sehr hilfreich sein, um die Situation zu entschärfen.Weiterhin würde ich mir wünschen, dass man die gesamte Kreuzung baulich neu gestaltet, um die Sicherheit zu erhöhen. Für jeden Fahradfahrer ist selbst mit den neu markierten Fahrradwegen diese Kreuzung eine echte Katastrophe…
Nachdenklich, verbunden mit Beileidsbekundungen…
Vielklang
berlinradler, wie Du finde ich Vieles absolut nicht ok im Straßenverkehr.
Insbesondere nicht den Raumanspruch, der dem Kfz-Verkehr – auch dem ruhenden – wie selbstverständlich im städtischen Raum zugestanden wird.
Und noch viel weniger dass Recht mit 50km/h und 1000kg im halben oder manchmal auch kompletten Blindflug um die Ecken- oder an parkenden Autos- oder an ungeschützen Verkehrsteilnehmern vorbeizupreschen – sich rein auf Wahrscheinlichkeiten verlassend.
Aber eins ist doch klar: Jeder Einzelne Radfahrer, der da nachgibt, sich Schleichwege sucht, zurücksteckt, bestärkt den Kfz-Verkehr in seinem größenwahnsinnigen, tödlichen Anspruch auf geschätzte 80% der unbebauten innerstädtischen Fläche:
Wenn ich auf der Fahrbahn der Schönhauser ein- oder zweimal die Woche angehupt- und einmal im Monat angeschrien werde. Dann liegt das auch daran, dass die Autofahrer dort wahrscheinlich auch nur einmal die Woche einem Radfahrer auf der Fahrbahn begegnen. Würde dort einfach mal jeder Dritte auf der Fahrbahn fahren, würde auch kein Mensch mehr hupen: Es wäre normal einfach weil es gemacht würde.
Natürlich ist dass ein Teufelskreis. Denn Nerven braucht es mitunter schon auf solchen Straßen zu fahren, solange es nur wenige tun…also tun es nur Wenige…also braucht es Nerven dort zu fahren…also…
Aber gefährlicher, als den Radweg zu benutzen ist es ganz sicher nicht. Schon garnicht für die Fußgänger, die zwangsweise gefährdet werden, wenn Radfahrer vor dem Kfz-Verkehr kapitulieren und sich auf bürgersteiggeführte Radwege verkrümeln. Und auch nicht für die Radfahrer selbst. Da sprechen alle Studien und Statistiken der letzten Jahrzehnte eine eindeutige Sprache.
Natürlich will und kann ich niemandem verbieten Angst zu haben und sich wo auch immer sicherer zu fühlen als auf dem eigentlichen Weg zum Fahrtziel. Aber der Sache – mehr Raum, Attraktivität und Sicherheit für Rad- und Fußverkehr – ist es alles andere als dienlich, wenn sich Radfahrer – hier im Blog nehme ich an vorwiegend eher nicht Senioren oder Schulkinder – durch Drohgebärden verdrängen lässt.
@vielklang: Danke für Details, und auch: Beileid für Hinterbliebene.
@chris: kann ich 100% unterschreiben.
Habe inzwischen auch eine Zeugin des Unfalls getroffen, die wie Du mittags dort entlang kam und die Radfahrerin mit einer Decke zugedeckt unterm Führerstand liegen sah. Die Radfahrerin sei dort noch ansprechbar gewesen.
Der LKW-Fahrer sei sehr jung gewesen und vollkommen verzweifelt dort gestanden (das deckt sich mit den Pressemeldungen, wo sein Alter mit 25 angegeben wurde).
Zum Hergang meinte sie, die Radfahrerin sei wohl vom Radweg aus abgedrängt worden. Da einige Zeugen unter Schock standen, sei das aber nicht eindeutig belegbar gewesen. Die Polizei habe dies bei der Spurensicherung aber auch so markiert.
@ Vielklang: Was Du zu dem fehlenden Spiegel für den toten Winkel am LKW schreibst, ist wirklich aufschlußreich: Hier machen sich auch die Speditionen schuldig, und die Gesetzgeber hätten bessere Spiegel bei LKW’s längst gesetzlich regeln müssen. Eine der wichtigsten Forderungen überhaupt, die man kurzfristig umsetzen könnte.
@ Chris: ich habe mir halt im Laufe der Jahre angewöhnt, mich immer wieder auch nach hinten durch kurzen Seitenblick zu orientieren. Vor 15 Jahren war Osnabrück die Stadt mit den meisten Radfahrer-Toten Deutschlands, und ich habe damals dort gearbeitet und mich zwei Jahre lang als Radfahrer dort täglich durchgeschlagen. Das prägt.
Ich habe mir auch einen sehr partnerschaftlichen Radler-Stil angewöhnt, z.B. ich suche bei Rechtsabbiege-Situation einen kurzen Blick zum Fahrer, oder ich wende mich kurz um, ob ein Bus hinter mir zur Haltestelle einschwenken will, beschleunige dann etwas,
oder kommuniziere auf diesem „Europaradweg“ in Westend mit einem PKW hinter mir durch Seitenblick, damit er weiß, ich habe ihn gesehen und er kann überholen,
oder ich lasse einen schnelleren Radfahrer überholen.
@chris, zunächst einmal akzeptiere ich alle legalen Fahrkonzepte von Radfahrern. Derer gibt es ja so einige – auch je nachdem, wie das Fahrrad genutzt wird. Ich sehe durchaus auch die Verdrängung der Radfahrer auf Nebenstraßen als problematisch an – nicht, weil es auf vielbefahrenen Hauptstraßen so schön ist, sondern weil diese oft die einzigen Straßen sind, auf denen man kilometerweit geradeaus fahren kann, ohne Orientierungshilfen zu benötigen.
Ob ich nun aber Autofahrer zu einem Umdenken bewege, indem ich auf der Schönhauser Allee auf der Fahrbahn fahre, das bezweifle ich – das Gegenteil wird sogar der Fall sein. Dieser böse Rowdy hält den Autoverkehr auf und gefährdet sich selbst – das ist die Meinung der vermeintlich „Geschädigten“! Meine persönliche Neigung ist nicht das Streitgespräch – wenn das mit einem aufgebrachten Autofahrer überhaupt möglich ist. Ich will entweder mit dem Rad von A nach B kommen oder ich fahre, um mich zu entspannen und gesund zu halten. Mein Interesse, dabei Meinungsäußerungen frustrierter Mitbürger zu erfahren, hält sich sehr in Grenzen.
Ich will weder von jemanden mit dem Messer bedroht werden, um mein Geld herauszugeben, noch von jemandem mit dem Auto bedroht werden, um vermeintliche Radwege zu benutzen. Das ist für mich die gleiche Stufe, in meinen Augen gehört Kriminalität im Straßenverkehr vielmehr zum Lebensalltag als in irgendeinem anderen Bereich.
Man muss akzeptieren, dass der Großteil der Bevölkerung lernresistent ist. Man muss akzeptieren, dass sich in bestimmten Verkehrssituationen so gut wie keiner an die Regeln hält. Diese Verkehrssituationen – Radwege sind ja das Paradebeispiel – muss man erkennen und verändern.
Die Menschen und ihr Verkehrsverhalten kann man nicht – oder nur sehr langsam – ändern. Einen großen Einfluss darauf hat die Gestaltung der Verkehrswege.
Auch wenn ich Deine Argumente verstehe – Hauptstraßen sind nicht meine Lieblingsstrecken, also nutze ich lieber Alternativen. Auch für die Schönhauser Allee gibt es welche: http://osm.org/go/0MbF3A58?layers=00B0FTF
@berlinradler… mit Deinem letzten Kommentar hast Du die Radfahr-Problematik richtig schlußgefolgert. Sehe ich auch so.
Noch etwas:
Die Straßenverkehrsordnung gilt für ALLE Verkehrsteilnehmer!
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist eigentlich eine Unfallverhütungsvorschrift!
Hielte sich jeder an ihre Regeln, gäbe es kaum Verkehrsunfälle.
Über 95% aller Verkehrsunfälle werden auf Grund von Verhaltensfehlern verursacht. In nur 5% wirken auch andere Umstände, wie Fahrbahnschäden, Sichtbehinderungen, technische Mängel usw. mit.
Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht aller Verkehrsteilnehmer ist das stärkste Mittel zur Verhinderung von Verkehrsunfällen!
Fahrt defensiv! Rechnet mit Fehlern anderer Verkehrsteilnehmer!
Beharrt nicht auf Eurem „Recht“!
In diesem Sinne gute und unfallfreie Fahrt!
Würde ja gerne wissen, wie der Unfall sich genau zugetragen hat. Es könnte nämlich durchaus ein erheblicher Unterschied sein, ob die Radfahrerin die Kreuzung über die Radfahrerfurt oder über die Fußgängerfurt überqueren wollte –> „Toter Winkel“ bei im Vergleich zur Radfahrerfurt viel weiter abgesetzten Fußgängerfurt viel erheblicher.
@berlinradler: Man muss im Straßenverkehr wohl einige Dinge akzeptieren, aber anders, als Du denkst.
Der Mensch ist beschränkt, in vielerlei Hinsicht. Insbesondere in seiner Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit, besonders, wenn er diese auf vielerlei Punkte quasi zugleich richten muss.
Und zwar sowohl als Rad- wie auch als Autofahrer.
Deswegen ist es geradezu geboten, sich als Radfahrer in dem Bereich zu bewegen, in dem sich die Aufmerksamkeit des Autofahrers ohnehin konzentriert, nämlich vor und nicht neben ihm!
Bis auf wenige Ausnahmen wird das von den Leuten, zwar meist murrend, aber doch akzeptiert. Und wenn man ihnen die Hintergründe deutlich macht, dann ist die Lernresistenz plötzlich gar nicht mehr so groß.
Klar, das beste Fahrradförderungskonzept speziell für die etwas langsameren Radfahrer wäre eine konsequente Sanierung der Nebenstraßen und entsprechende gute Wegweisung. Aber dafür gibt es im Gegensatz zum Neubau nunmal keine Fördermittel von Bund oder Land. Und die Kommunen sind wie bekannt, chronisch knapp mit Finanzen ausgestattet…
@flueggus, du musst mich nicht überzeugen. Klar ist man auf der Fahrbahn sicherer. Und wo kein Radweg ist, wird man i.allg. dort selbst dann akzeptiert, wenn dichter Verkehr herrscht. Wenn aber irgendwo ein tropfen roter Farbe auf den Gehweg geklekst ist, wird es auf der Fahrbahn sofort enorm ungemütlich.
@berlinradler: Ich habe irgendwann vom Radweg generell auf die Fahrbahn gewechselt und fahre häufig Hauptstraßen. Der Vergleich ergibt für mich deutlich entspannteres und sichereres Fahren auf der Fahrbahn. Trotz mancher Schikanen. Aber die selbsternannten Verkehrserzieher sind gegenüber den unaufmerksamen Rechtsabbiegern, Fußgängern, Von-rechts-Einfahrenden deutlich in der Unterzahl…
Muß man eigentlich von Seiten der Polizei mit Strafen rechnen, wenn man auf der Fahrbahn fährt? An der Schönhauser Allee sah ich dieses Jahr eine sehr hitzige Debatte zwischen einem Polizeibeamten und einem Radler am Fahrbahnrand, bei der es genau um dieses Fahren auf der Straße ging.
Mir war nicht ganz klar, ob der Radfahrer dort nur ermahnt worden ist oder eine Strafe bezahlen mußte, sie haben sich heftig gestritten.
Abgesehen davon brauche ich als Radler schon rein metermäßig mehr Abstand zu Autos, für mich käme dieses Straßenbefahren auf solchen Hautpstraßen überhaupt nicht in Frage.
Auf der Schönhauser Allee steht doch auch alle 50 m ein Lieferwagen auf der rechten Fahrspur, so daß man als Radler auf der linken Spur mit der Autokolonne kämpfen müßte – also für mich wäre das unvorstellbar. Ich vermute, die Klientel der Radfahrer, die das machen, setzt sich aus sportlichen jungen Männern zwischen 20 und 30 zusammen und ist insofern auch absolut nicht repräsentativ für den Radfahrer-Durchschnitt.
@ewald… hitzige Debatten mit Polizisten kann man vermeiden.
Das beste ist, Du kennst die StVO, zumindest was das Radfahren betrifft, besser als er.
@ewald/Bernd Z: das mit den Diskussionen mit Polizisten ist IMO eine spezielle Sache.
Zuviel Wissen und vor allem drauf bestehen kann nun auch wieder problematisch sein, es sei denn, man will sich im Zweifelsfalle wirklich die Dienstnummer des Kollegen geben lassen für evtl. Dienstaufsichtsbeschwerde.
Ich habe darauf noch nie Lust gehabt. Wenn, dann liefen die Sachen besser mit Ruhe, zuhören (fällt mir auch nicht immer leicht), kurze nette sachliche Replik, dem Versprechen drüber nachzudenken u.s.f..
Natürlich habt ihr VOLLKOMMEN RECHT dass es idiotisch ist wenn ein Polizist die StVO nicht gut kennt. Frage ist nur ob das lautstark geklärt werden muss.
Ich arbeite immer wieder mal berufsbedingt mit Polizisten zusammen, weiß um deren nervig-stressigen Alltag, vor allem darum dass man keinen guten Tag hat wenn man bereits -zig mal am Tage angerotzt und angeschrien wurde.
Rein solidarisch habe ich auch schon mal ein „Rote-Ampel-Gespräch“ wahrheitsgemäss damit eröffnet, dass es mir Leid tue und es dumm war, ich aber auf dem Weg zur Feiertags-Nachtschichtarbeit gerade auch ein wenig daneben sei, unausgeschlafen eben. Das war denen sofort klar, haben ja selber Wechselschichten – mit der Rotampel hat das natürlich nichts zu tun. Verbal-pädagogisch hinter die Löffel hat denen dann gereicht, keine Anzeige, kein Strafe, nicht mal das 5€ Minimum für Mumpitz. Fand ich dann doch wieder sehr nett.
Gut, o.k., so verbessert man die Welt nicht – schon klar. Wollte nur sagen: Polizisten sind halt auch nur Menschen und ich möchte DIESEN Job in DIESER Stadt nicht machen müssen.
Sorry wenn ich zu letztem Punkt noch mal aushole, aber ich will auch nicht mißverstanden werden.
Es ist doch so: der Berliner Radfahrer denkt immer: BlödeAutosBlödeAmpelnBlödeVerkehrspolitikBlödeKöterMit5mLeine u.s.f., wenn dann was ist (Verkehrskontrolle angehalten werden, Stress mit PKW) wird das sofort versucht zu verrechnen oder abzugleichen. Auch WIR Radfahrer sind eben nur Menschen, manchmal muss Dampf raus.
Der Polizist fährt Streife und sieht: BlödeJugendgangsBlödeGehwegRadlerBlödeTaschendiebeBlödeJugoGangsBlödeRotlichtFahrer u.s.f.. Dabei ist den allermeisten Polizisten sehr klar dass in dieser Stadt ein totales Missverhältnis zwischen Alltagsnerv-Kleinkriminalität und den echt dicken Dingern besteht, dass die Politik sich wenig Gedanken macht um Umsetzbarkeit von Recht, dass vieles der Polizeiarbeit nicht gesehen wird oder im Sande verläuft.
Und – zack! da isser dann, der FixieIchFahrBeiRotMirDochEgalDieAnderenSindDieUmweltSünderUndGuckenKannIchGanzGutUndDieKönnenFrohSeinWennIchSchonVonDerKreuzungWegBinWennDieAnfahren-Radler, oder was auch immer.
Der ist dann erst mal dran, sinnvoll oder nicht.
Die Situation eskaliert zwangsläufig wenn der dann aber mit der o.g. Radler-Einstellung (die ich selbst auch oft habe) auf den Polizisten losgeht / reagiert / antwortet. Es geht sehr schnell um Emotionen, nicht mehr um die Sache. Wenn der Bürger in Uniform sich aufspielt wirkt das zusätzlich provozierend, auch ist der Grundton NICHT IMMER Radler-freundlich. SCHON KLAR.
Ich habe beim Durchdenken der genannten Situation mich immer wieder für De-Eskalation entschieden und das nicht für Duckmausertum gehalten. Das absurde an der Situation des Polizisten ist nämlich: Soll er nun einen echten oder geglaubten Verkehrsverstoss in der Situation auf der Strasse anfangen zu verrechnen mit o.g. zum Teil globalpolitischen und nicht falsifizierbaren Argumenten? Wo käme der dann hin mit seinem Auftrag „auf den Verkehr aufzupassen“? Diese Absurdität besteht, ich weiß, aber sie wird nicht sinnvoll auf der Straße geklärt.
Nur eine Empfehlung.
Und natürlich soll nicht behauptet werden dass es überwiegend die Radler sind die sich im Ton vergreifen. würde glauben Hälfte / Hälfte, weiß ich aber nicht.
Ergänzung: Und das Fahren bei Rot riskiert man auf der Fahrbahn auch nicht so fix, man verhält sich allgemein viel vernünftiger als auf dem Wegelchen…
„Muß man eigentlich von Seiten der Polizei mit Strafen rechnen, wenn man auf der Fahrbahn fährt? An der Schönhauser Allee sah ich dieses Jahr eine sehr hitzige Debatte zwischen einem Polizeibeamten und einem Radler am Fahrbahnrand, bei der es genau um dieses Fahren auf der Straße ging.“
Auf welcher Höhe und in welcher Richtung war das? Denn „mit einer Strafe rechnen“ muss man natürlich nur dort wo ein benutzungspflichtiger Radweg existiert. Und die Schönhauser hat – grob gesagt – oberhalb der Einmündung Choriner Straße benutzungspflichtige Radwege und unterhalb nicht benutzungspflichtige. Über den Abschnitt stadteinwärts zwischen Kastanienallee und Choriner könnte man diesbezüglich streiten.
Eine angemessen sachliche Diskussion. Gut, dass „wir“ das noch können. Ich habe aber den Eindruck, dass (unbestreitbar wichtige) rechtliche und bauliche Veränderungen zu hoch bewertet werden. Aus meiner Sicht ist das Radfahren in den letzten Jahren entspannter und sicherer geworden. Für mich persönlich. Ich nehme aber häufig Radfahrer wahr, die sich auf nicht benutzungspflichtigen Radwegen oder sogar auf Bürgersteigen „verstecken“, Radfahrer, die Kreuzungen überqueren, als würde es Gefahren wie Tote Winkel und unaufmerksame Kraftfahrer nicht geben. Die beste bauliche Veränderung bewirkt nichts, wenn der Radfahrer sie nicht nutzt oder auch bei Nutzung eines „guten“ und fahrradgerechten Weges seitlich neben LKWs herfährt, ohne Blickkontakt zu halten. Auch die Ausnutzung des Sicherheitsabstandes von Radlern nach Rechts sehe ich selten (selbst mir fällt es häufig nicht leicht, „sichtbar“ und weiter links zu fahren).
Diejenigen, die hier diskutieren, sind sensibilisiert und wissen sicher, wann sie anhalten müssen, auch wenn sie Vorfahrt haben. Viele, die hier nicht mitlesen, leider nicht.
Aber wie erreicht man diese Menschen?
Verkehrspolitisch halte ich es für falsch, das Radfahren als gefährlich darzustellen und Verzicht und defensives Fahren von Radfahrern zu verlangen. Aus Gründen der persönlichen Sicherheit jedoch nicht. Radfahren ist – wenn man bestimmte Vorsichtsmaßnahmen nicht einhält – leider doch gefährlich.
Wollte kurz meinen Senf dazugeben und eine Frage stellen:
Bin seit einem Jahrzehnt ein absoluter Vielfahrer (10.-15.ooo km/Jahr), ich fahre sportlich schnell (bin 43), nur dort auf dem Radweg wo es vorgeschrieben ist, halte mich auch sonst zu fast 100 % an die StVo. (wobei man sich oft wie ein ziemlicher Spießer vorkommt).
Auch ich habe diesen thread mit großer Aufmerksamkeit / Interesse gelesen, da sich die geschilderten Erfahrungen sehr stark mit meinen decken.
Ich möchte insb. Chris Recht geben: Wenn man auf sein Recht verzichtet auf der Straße zu fahren wird sich nichts ändern. Auch wenn es einem manchmal wie der berühmte Kampf mit den Windmühlen vorkommt. Ich hab die vergangenen drei Jahre in Potsdam gearbeitet und bin jeden Tag knapp 20 km von Steglitz aus dorthin geradelt. Also entlang Unter den Eichen, Potsdamer Chaussee, über Wannsee und Glienicker Brücke. Das Ganze fast komplett auf der Straße, mit fast täglichen Auseinandersetzungen mit Kraftfahrern und aber auch komplett ohne Unfall.
Dabei habe ich mir oft gedacht: Wie praktisch wäre es, eine kleine Karte (Format z.B. einer Spielkarte) dabei zu haben, mit den wichtigsten Verkehrsregeln drauf, die man dem Kraftfahrer an der nächsten Ampel, wo man ihn wieder eingeholt hat, überreichen kann. Denn die verbalen Auseinandersetzungen oder auch normalen Gespräche sind doch irgendwie immer gleichen Inhalts (und manchmal hat man ja grad nich so viel Luft oder die Zeit ist zu kurz).
Also, darauf könnte z.B. beschrieben/illustriert sein, wann ein Fahrradfahrer den Radweg nehmen muss, dass er auf der Straße fahrend mind. 80 cm Abstand zur Bordsteinkante bzw. der Flucht der parkenden Autos halten muss, dass ihm eine (imaginäre) Fahrspur von 1 m Breite eingeräumt wird und dass ein Kraftfahrer ihn eigentlich mit 1,50 m – Abstand überholen muss. Oder auch, dass ein Radler bei Roter Ampel rechts an den wartenden Autos vorbei an die Haltelinie vorfahren darf.
Klingt jetzt vielleicht kompliziert, ist ja auch nur ein Denkanstoß.
Der auch in die Richtung anderer Radler geht, die sich partout nicht an die Regeln halten wollen. Denn sie prägen das schlechte Image der Radfahrer, unter dem Radler wie wir hier zu leiden haben. Schließlich kann man nicht Respekt von Autofahrern verlangen, wenn man sich selber nicht an auferlegte Pflichten hält. Und: Es gibt nicht DIE Autofahrer und DIE Radler, es sind immer Menschen mit ihren Stärken und Schwächen. Mit mehr Aufklärungsarbeit würde das Radeln bei uns bestimmt noch besser und stressfreier sein.
@bikeblogger: zustimmung
@sportfuzzy: Superidee, wäre mal was für den ADFC und den nächsten / die nächste Fahrradbeauftragte. Müsste ja schon ein offizielles Logo Stadt Berlin drauf. Na, für Polizei-Verlag wäre es auch was, aber die machen das bestimmt nicht. Fürchte dennoch dass viele Autofahrer das zerknüllen. Aber es kommt ja auf die wenigen an,steter Tropfen / critical mass und so. Übrigens: Respekt für Deine Strecken, ich kenne die ziemlich gut und meide sie. Fahre Kreuzberg oder Schöneberg nach Wannsee beispielsweise fast immer via Bergmann-, Monumenten-, Belziger-, am Stadtpark Wilmersorf lang, Südwestkorso, Schorlemer Allee, u.s.w., Argentinische – also ein wenig geschlängelt längs der „Dörfer“. Steglitz bis Postdam auf der von Dir genannten Hauptachse never ever. „Krass“. Insbesondere nach selber schwerem Unfall auf der Hauptstrasse Schöneberg dieses Jahr. Unverschuldet. Wäre so auf Nebenstraße nicht passiert (aus Einfahrt rasendes Auto, ich hatte keinen Platz zum Ausweichen).
Zu der Karteikarte mit Fahrrad-STVO-Grundlagen für Autofahrer – man könnte auch manche Information auf einem T-Shirt unterbringen. Z.B. auf dem Rücken ne Grafik zum Überholabstand. Mir persönlich wärs aber zu peinlich 😉 Ansonsten – sowas ist ja schnell gedruckt.
Hier kommt ja gut zum Ausdruck, dass es verschiedene Fahrstile gibt, die jeweils gut begründet werden. Gerade über das „Zurückstecken“ und „Raum überlassen“ habe ich gestern nochmal nachgedacht. Ich stimme natürlich zu, dass dem motorisierten Verkehr in der Stadt viel zu viel Platz gewidmet ist. Mich stören dabei weniger die Hauptstraßen, die kann ich ebenso akzeptieren wie Bahnlinien. Mich stört, dass jede popelige Nebenstraße für Autos erreichbar sein muss.
Ich kann der Meinung, dass man auf Hauptstraßen fahren sollte, um sich Platz zurückzuerobern, nach wie vor nicht zustimmen. Hauptstraßen bleiben vorerst hauptsächlich von Autos genutzt, ob da nun Radfahrer mit drauf fahren oder nicht. Man setzt sich damit nicht für eine Rückgabe des Raumes, sondern allenfalls für ein friedlicheres Miteinander ein. Für einen normaleren Umgang zwischen Teilnehmern im Straßenverkehr bin ich natürlich sofort zu haben.
Meine Vision ist im Endeffekt eine weitgehend autofreie Stadt. Das ist mittelfristig realistischerweise nicht zu erreichen. Ein Kompromiss wäre in meinen Augen – angenehme Routen für Radfahrer (angenehm=asphaltiert, aber autofrei von Köpenick bis Spandau, von Reinickendorf bis Britz) unter Beibehaltung angenehmer Routen für Autofahrer.
Zum Radfahren will ich nicht nur die von Ewald genannten jungen Männer bewegen, sondern ganze Familien, Senioren, Kinder. Hardcore-Mischverkehr ist für sie ebensowenig sinnvoll wie Radwege an Hauptverkehrsstraßen. Die Leute fahren deshalb nicht im Alltag Rad, weil sie keine guten Wege kennen und Angst vor dem Straßenverkehr haben.
Nicht das negative Herangehen an Autofahrer, sondern das positive Herangehen an Radfahrer kann einen Wandel bringen. Lieschen Müller steigt dann aufs Rad um, wenn ihre Wilmersdorfer Straße eine echte Fahrradstraße ist, und das durchgängig in jeden Bezirk. Derzeit ist Lieschen Müllers Straße noch eine vielbefahrene Autostraße, die sie durchgängig in jeden Bezirk führend nutzen kann. Klar, dass die meisten Leute Auto fahren.
@berlinradler: volle Zustimmung.
Das lustige ist ja, dass Parkplatznot, Kosten, Stress im Verkehr, Stau, etc. eigentlich auch schon regulierend wirken müssten. Ich denke vielleicht besteht hier eine kognitive Dissonanz bei vielen Autofahrern, die das Phänomen sehen und den Wandel erleben, aber das im Kopf nicht klar kriegen.
Mit anderen Worten: Es wird jetzt schon jetzt wider besseres Wissen Auto gefahren, die Art der Nutzung ist teilweise idiotisch, was den Fahrern auch teilweise und langsam bewusst wird.
Statt aber Konsequenzen zu ziehen wird weitergemacht. Bisschen die Mentalität jetzt noch mal Autofahren – wird in ein paar Jahren so nicht mehr gehen – „noch mal auskosten“. Oder „wird schon wieder besser“. Oder der bestehende Ärger über Einschränkungen wird nicht richtig zugeordnet, und Schuld ist dann der Radfahrer (die Politik, die SPD, die CDU, die Klimadebatte, Al Gore, Al Kaida, die Wirtschaftskrise).
Was wir Radfahrer hier teilweise mit den Autofahrern vorhaben gleicht einem Psychotherapieversuch mit einem uneinsichtigen Patienten, der zwar Leidensdruck hat, diesen aber falsch interpretiert. Schwierige Situation.
Der vom Problem unbehelligte Therapeut würde natürlich meinen dass alles dann eben noch ein bisschen schlimmer kommen müsse bevor man miteinander arbeiten kann.
Leider sind wir Radfahrer aber nicht so unbeteiligt wie ein Therapeut (der wir ja auch garnicht sein wollen, sondern Betroffene. Das ist dann eher die Situation einer Alkoholiker-Ehefrau, die den Ollen mal zur Beratung und Therapie bewegen will. Wir erleben die Säuferlarmoyanz, Aggressivität und Rückfallshäufigkeit des Trinkers im Autofahrer. Sucht, Sturheit, Selbstschädigendes Verhalten, Gefährdung anderer.
Wer als Radler Nebenstraßen fährt entspricht der Ehefrau die auszieht weil es ihr reicht. Frage ist nur, um im Bild zu bleiben, wie das mit der Verweigerung von Zuneigung, Essenskochen, also den negativen Sanktionen dann aussehen könnte. Sonst änder sich ja auch nix.
Sanktionen sind sowieso blöde, es wäre wirklich besser Lieschen Müller das Radeln schmackhaft zu machen.
Kennt sich jemand aus mit der Therapie kognitiv-dissonanter Übeltäter?
Es ist wohl nicht jeder geeignet für diese „Therapieversuche“. Ich fühle mich dazu hundert Prozent ungeeignet. 😉
Ich mag nicht einmal die „Fahrradstraßen“, die in manchen Städten auf Nebenstraßen eingerichtet wurde.
Mir sind die meistens zu schmal, zu zugeparkt. Für Autos bietet sich wenig Platz zum Überholen der Radler.
Der Sicherheitsabstand zu den Autos ist mir da einfach permanent zu klein, bei Nässe wird man vollgespritzt,
insgesamt ist es mir auch zu laut.
Vergleichsweise fahre ich deshalb auf Bürgersteig-Radwegen sehr viel lieber.
Dabei bin ich dann eher etwas langsamer unterwegs, lasse an den Ampeln oft alle anderen Radfahrer vorziehen.
Meistens holt man doch wieder alle an der nächsten Kreuzung ein.
Austoben tue ich mich innerstädtisch eigentlich nie per Rad, die wirklich großen Probleme ergeben sich dann mehr
bei meinen Extremradtouren über Land. Das ist dann wirklich schlimm, wenn man z.B. aus dem Nuthe-Urstromtal
kommt und zurück nach Berlin auf der B1 landet, die bis heute keinen Radweg hat. Eine grauenhafte Bundestraße,
für die es kilometerweit nicht einmal irgendeinen Wald- oder Feldweg als Ersatz gibt. Das führt generell wieder
auf das Thema, was für einen Stellenwert Radfahrer in Deutschland haben.
Zu dem Thema Straßenbenutzung des Radfahrers würde mich noch interessieren, woran man eigentlich die
Benutzungspflichtigkeit des Radweges erkennt. Ich habe darauf noch nie geachtet. Die Stelle an der Schönhauser
Allee mit der hitzigen Diskussion zwischen Radler und Polizisten war übrigens ungefähr in Höhe des Multiplex-Kinos,
oder eine Kreuzung weiter stadteinwärts.
„Zu dem Thema Straßenbenutzung des Radfahrers würde mich noch interessieren, woran man eigentlich die Benutzungspflichtigkeit des Radweges erkennt.“
Das erklärt die Berliner Polizei sogar höchstselbst auf ihrer Internetseite. Und ich finde, gar nicht mal so schlecht: http://www.berlin.de/polizei/verkehr/liste/archiv/28671/index.html
@chris… danke für Deinen Hinweis auf die Seite der Polizei.
@ewald… danke für Deine ehrliche Frage „woran erkennt man die Benutzungspflicht eines Radweges“
Nach meiner täglichen Beobachtung gibt es hier in Berlin viele, viele „Ewalds“!
Sie sitzen nicht nur im Fahrradsattel, nein auch im warmen Auto.
In Gesprächen mit Radfahrern stelle ich immer wieder fest:
welche Radwege benutzungspflichtig sind, wissen die meisten nicht. Sie „fühlen“ sich dann auch darauf viel sicherer, als auf
der Fahrbahn.
Und die Autofahrer denken, da ist ein Radweg, also hat der Radfahrer von meiner Fahrbahn zu verschwinden.
Und schon ist der Konflikt da.
Oder auch nicht. Denn 90% der Radfahrer fahren ja freiwillig (vermeintlich sicherer) auf dem Radweg.
Und diese 90% müssen über Rechte, Pflichten und die besonderen GEFAHREN auf dem Radweg aufgekärt werden.
Damit die schlimmsten, evtl. vermeidbaren, tödlichen Unfälle wie in den letzten Tagen, nicht mehr in 2010 passieren!!!
@Bernd Z: kann ich nur brühwarm bestätigen. Gestern Weihnachtsessen mit Freunden, ich der einzige per Rad da (hin/rück 20km waren auch für mich eingefleischten Radfahrer bei Glätte und -12°C bisschen hart, gebe ich zu). Thema kam kurz aufs Radfahren, KEINER der 8 anderen wusste von der genannten Regelung, großes Erstaunen. Alles natürlich auch Gelegenheitsradler. Junge Leute, politisch, links.
Danke für den link, wobei ich mich dagegen verwahre, ein Gelegenheitsradfahrer zu sein. 😉
Wenn ich wirklich schnell fahren will, mache ich das immer bei Überlandfahrten.
Dann auch am liebsten in etwas hügeligem Land, wo man sich wirklich auspowern kann,
oder Sa./So. in einem Stück, dann wieder eine Woche körperlich regenerieren.
Mir wird durch diesen Thread jetzt deutlich, daß es diese „Straßenradfahr“-Bewegung gibt,
was ich vorher überhaupt nicht wußte. Ich halte das aber nicht für mehrheitsfähig, sondern
es spricht wohl mehr eine Klientel von 20-30-jährigen sportlichen jungen Männern an, dazu
Rad-Kurierfahrer, evtl. noch ein paar ganz verwegene Ältere, wobei ich das real fast nie
gesehen habe.
Der Denkfehler ist immer die fehlende Knautschzone, deshalb sollte man m.E. Fahrräder
und Autos weit trennen, anstatt sie zusammenzuführen. Alles andere ist mir zu optimistisch
in Bezug auf Kollisionsfähigkeit des menschlichen Körpers, zumal mir auch etliche Straßen-
Radunfälle bekannt sind.
Ich glaube, ich unterscheide mich von der „Straßenradfahr“-Fraktion vor allem dadurch,
daß ich immer und überall mit Fehlverhalten der Autos rechne, z.B. durch Unkonzentriertheit,
ins Schleudern geraten bei überhöhter Geschwindigkeit, Bekifftsein von Autofahrern (in Berlin
nicht eben unhäufig), mögliche Schwächeanfälle, Handy-Rumtelefonieren, toter Winkel auch
auf der Straße, usw.
Wenn Autos auf Schienen fahren würden, fände ich die Straßenradfahr-Devise ok, da eine
Spurtreue aber nicht gegeben ist, denke ich, man sollte Radler und Autos NICHT auf eine
gemeinsame Straße packen. Wenn es wirklich gute Radwege gäbe, wäre das auch nicht
nötig.
erstens mach ich keinen „Denkfehler“, wenn ich auf der Fahrbahn fahre, natürlich hab ich keine Knautschzone. Sinnvoll wäre hier übrigens eine Art Sturztraining oder so, wobei das natürlich auch nicht immer helfen wird
zweitens rechne ich auch immer und überall mit dem Fehlverhalten von Autofahrern, Fußgängern UND anderen RADfahrern.
Unterstell mir (oder auch der Fahrbahnfraktion) nicht, dass ich/wir nur aus Unwissenheit oder „falscher“ Risikobewertung auf der Fahrbahn fahren würden.
Wirklich gute Radwege gibt es imho nicht, auch nicht in Kopenhagen.
Also man muss schon sagen, dass wohl der Hauptunfallgegner das Auto ist. Insofern ist – in meinen Augen – die Rangfolge der Sicherheit folgende (von „sicher“ bis „unsicher“, subjektiv und ohne Anspruch auf Richtigkeit):
– eigene Straße OHNE Autoverkehr
– Nebenstraße mit mäßigem Autoverkehr
– Fahrbahn auf der Hauptstraße mit viel Autoverkehr
– Radweg auf der Hauptstraße mit viel Autoverkehr
Johannes, ich glaube es ist nicht nötig, gleich so allergisch auf Ewalds aktuelle Sicht der Dinge zu reagieren. Immerhin ist er hier gerade zum ersten Mal mit unserer konträren Ansicht konfrontiert worden – wusste bis dato nicht mal, dass Radwegbenutzungspflicht in Berlin nur noch ca. an einem Fünftel des Radwegnetztes existiert. Und:
Zunächst mal ist doch strikt zwischen z.B der Situation an einer stark befahrenen Bundesstraße über Land einerseits und einer innerstädtischen Straße – wie z.B auch der Schönhauser und ähnlichen Hauptstraßen – zu trennen: Wenn neben einer Bundesstraße beidseitig breite, gepflegte Radwege existieren, die über 5 oder 10km einmündungsfrei verlaufen und deren Beginn und Ende ohne irgendwelche Verrenkungen – wie z.B verlangsamen der Fahrt oder Umwege – befahrbar ist, dann dürftest auch Du nichts gegen einen solchen Weg einzuwenden haben und ihn vermutlich gerne benutzen (zumindest tagsüber). Denn dort existiert all das nicht, was z.B den Radweg an der Schönhauser gefährlicher macht, als die Fahrbahn: Einmündungen, Kreuzungen, Ausfahrten, Fußgänger, Autotüren, Sichthindernisse, tote Winkel etc…
@ewald: Innerorts ist es allerdings tatsächlich so, dass es massenweise Statistiken und Untersuchungen gibt, die die höhere Gefährlichkeit von Radwegen gegenüber der Fahrbahn belegen. Und zwar nicht nur in Bezug auf Kollisionen zwischen Radfahrern und/oder Radfahrern und Fußgängern, sondern auch zwischen Autos und Radfahrern.
Das kommt daher, dass ein Radweg innerorts eben keine Trennung zwischen Fahrbahn- und Radwegverkehr bewirkt, da eine solche Trennung innerorts einfach prinzipbedingt so lange unmöglich ist, wie nicht an Kreuzungen, Einmündungen, Ausfahrten etc. die beiden Verkehrsströme nicht auch durch Tunnels, Brücken, Unterführungen o.ä getrennt bleiben würden. Und das soetwas nicht durchgängig machbar ist, ist sicher einleuchtend. Nun sind die Ströme also auf der graden – abgesehen von Einfahrten – halbwegs getrennt, dafür prallen sie an jeder Einmündung umso ungünstiger aufeinander. Und die evtl auf der Geraden gewonnene Sicherheit bzgl. des Kollisionsrisikos Auto/Rad wird durch Kreuzungen, Einmündungen, Ausfahrten nunmal statistisch zum negativen überkompensiert. Resultat: Mehr Kollisionen Rad/Auto , verletzte und getötete Radfahrer, dort, wo innerstädtisch Radwege existieren.
Von der erhöhten Gefahr für Fußgänger ganz zu schweigen.
Natürlich lassen sich durch eigenes Verhalten auch die Gefahren eines Radweges innerorts nahezu eliminieren: Man muss dazu lediglich:
– nie schneller als ca. 9km/h auf auf diesen Wegen fahren
– an jeder Ausfahrt und an jedem Hauseingang auf Schrittgeschwindigkeit verlangsamen
– an jeder Kreuzung oder Einmündung anhalten (auch bei grün) und sich in Ruhe umschauen, dann die Einmündung am besten schiebend überqueren.
Nur: dann kann man auch gleich zu Fuß gehen 😉
Übrigens: Es ist mir noch keine einzige Untersuchung untergekommen, die im Resultat Radwegen innerorts einen Sicherheitsgewinn attestieren würde. Selbst von der Bundesregierung in Auftrag gegebene kommen nicht zu solchen Aussagen. Wenn Du doch eine solche findest, gebe ich Dir einen aus 😉
@berlinradler: schon richtig, aber Inhalt dieses langen threads aus traurigem Anlass ist ja, dass Optionen 1 und 2 für viele nichtexistent bis unrealistisch sind und der Streit geht eben um die Rangfolge 3 und 4. Ich kenne nur einen einzigen von mir genutzten Weg der Kategorie 1, das ist die Strecke entlang der S2 zwischen S Südkreuz und Priesterweg. Hier muss man nur auf Hundehalter, Skater und Jogger achten, genug Platz ist allemal. Das mit der Option 2 verbundene Gewurtschtel bei längeren Strecke, sowie der häufig schlechtere Strassenbelag und viele Kreuzungen ohne Wegerecht (Ampeln) bremsen eine ziemlich aus. Ich fahre weiter viel Strasse und finde aber die Erörterungen von …
@ewald: absolut ernst zu nehmen.
Euch allen und euren Lieben schöne Weihnachten, habt’s gut! J.
@chris
du hast natürlich recht, was deine unterscheidung von innerorts und außerorts angeht.
auf dem land gibt es eine andere situation, die leider auch all zu oft unbefriedigend gelöst wird.
aber ansonsten: *unterschreib*
*Frau* *über 30* *Straßenfahrerin* Und ich fahre auch echt langsam, so 15km/h im Schnitt. Fühle mich idR aber sicherer auf der Straße als auf einem holprigen „Radweg“.
Hier noch ein kleiner Weihnachtsbeitrag, da ich erst morgen so richtig mit Feiern anfangen kann:
also ich glaube, der Hauptunterschied ist folgender: mir fehlt die Fähigkeit, mich sorglos von hinten
von Autos oder LKW’s überholen zu lassen. Wenn ich diese Fähigkeit hätte, käme die radelnde
Straßenfahrt für mich schon eher in Frage. Aber diese wie soll ich es nennen: Zuversicht, Nonchalance
oder Chuzpe geht mir zu hundert Prozent ab. Da fällt mir nur ein, was mir ein irritierter Wanderer einmal
zurief, als ich im Ith einen steilen Weg zum Kamm hochstrampelte: „Bon courage!“
Immerhin habe ich die geballte Erfahrung aus über 30 Jahren Radfahren fast täglich und bin auch gerne mal
sportlich unterwegs (schon infolge des Antritts pro Jahr oft mehrere Tretlager kaputtgefahren). Aber das mit
dem Straßenradeln hat doch diverse Nachteile, die hier auch zu wenig diskutiert werden:
1) für Kinder, Jugendliche und Senioren ist es nicht uneingeschränkt zu empfehlen.
2) Das Problem, an Ausfahrten übersehen zu werden, hat man auch auf Straßen.
3) Dann fahren nach Erhebungen immer noch mehr als die Hälfte der Radler ohne funktionierendes Licht
– wäre im Dunkeln auf der Straße hochgefährlich, und Appelle helfen hier auch nur bedingt weiter.
4) Das Problem mit den Rechtsabbiegern stellt sich vielleicht nicht so scharf, dafür kann es aber zu
unvorhergesehenen Vorfällen mit Linksabbiegern kommen (ist mir auch selber einmal passiert,
man überholt dann tausend mal einen auf der Fahrbahn rechts haltenden PKW/Lieferwagen,
das geht auch tausend mal gut, auch ohne daß er die Tür aufreißt, aber beim 1001.ten Mal biegt er
ohne zu blinken aus dem Stand mit Vollgas nach links zu einer Einfahrt ab, und man kracht seitlich
in die Front. Gut, daß ich damals noch so sportlich beieinander war, daß mir bei dem Flug über das Auto
nichts außer Abschürfungen passiert ist).
Die Autofahrerin meinte dann ganz erschüttert, sie wäre nur auf der Suche nach einem Parkplatz gewesen.
Der tote Winkel besteht teilweise auch links. Man bräuchte hier also noch eine Art anderer Gefahrenschulung
als beim Radweg-Problem mit den Rechtsabbiegern.
5) Blockierte rechte Fahrspuren sind auch generell ein Problem: in Berlin steht doch stellenweise dauernd
ein Lieferwagen rechts (auf der Schönhauser Allee alle 50 m), so daß man dann auch noch gekonnt auf die
linke Spur zum Überholen einfädeln müßte (für Kids oder Senioren völlig unzumutbar).
6) Nervig ist das Ganze auch bei Regen (man wird unvermeidlich bei Pfützen von den Autos vollgespritzt),
7) durch den Lärm (da man näher am Verkehr dran ist),
8) Das stärkste Argument aus meiner Sicht ist aber immer noch, daß man im Jahre 2009 allmählich Autos
und Radfahrer raummäßig weiter voneinander wegholen und so den Verkehr entzerren müßte!
Und es nicht umgekehrt machen sollte.
Ein Raumabstand von 1 oder 2 m zum Auto wird niemals nachhaltig sein.
9) frage ich mich auch, warum die „Straßenfahr-Bewegung“ bisher so unbekannt geblieben ist,
wenn sie doch angeblich eine so gute Lösung darstellen soll. Bei 47 Millionen fahrenden Autos in Deutschland
fehlt doch auf der Straße einfach der Platz. Berlin ist hier sogar noch begünstigt, in vielen kleineren Städten
taugt das Modell als Zukunftsvision meines Erachtens noch weniger.
10) Auch die enge Situation bei dem tödlichen Unfall, um den es oben ging, sollte zu denken geben
(aus zwei Spuren mach drei ist ein Etikettenschwindel).
So, daß dürfte mein längster Weihnachtsbeitrag ever sein. 😉
trotz meiner Antistimmung gegen das Straßenradeln Frohes Fest! Ewald
„Bei 47 Millionen fahrenden Autos in Deutschland
fehlt doch auf der Straße einfach der Platz. „…
…für derart unnötig viele Autos. Vor Allem in den Städten.
Ansonsten: Zu Deinen Überlegungen Radweg- vs. Fahrbahnsicherheit hat sich die Wissenschaft weltweit in den letzten Jahrzehnten auch schon eine Mege Gedanken und (Zähl-)arbeit gemacht. Und sie kommt ausnahmslos zu Deinen Schlüssen diametral entgegenstehenden Ergebnissen: http://www.cyclecraft.co.uk/digest/research.html
frohe Weihnachten,
Chris
@ Chris:
damit das Schisma nicht zu groß wird (Radfahrer-Kirchenspaltung), noch mal betont, daß ich trotz Führerschein autofrei lebe.
Und die Diskussion vielleicht weiter differenzieren. Ich habe z.B. Studien zum Überholabstand gelesen, also wie dicht PKW’s auf Straßen an Fahrrädern vorbeifahren. Da fangen die Probleme schon an, am meisten Abstand halten sie im Durchschnitt zu Frauen ohne Fahrradhelm. Am dichtesten fahren sie bei sportlich aussehenden, männlichen Radfahrern vorbei, die einen Fahrradhelm tragen (wiederum Durchschnittwerte, Ergebnisse aber hochsignifikant).
So ließe sich sicher noch sehr viel pro und contra zusammentragen.
Mittlerweile käme wohl über ein Jahr an „Reinzeit“ zusammen, in dem ich von Autos als Radler überholt worden bin. Es müssen viele Millionen Autos in diesen ca. 30 Jahren gewesen sein. Und ich war immer froh, wenn ich dabei wenigstens auf einem separaten Radweg etwas weiter von der Fahrbahn entfernt war. Frustrierend war es trotzdem, in der Tiefe meines Herzens habe ich diese Autoplaneten-Entwicklung oft verwünscht.
Ewald
Es gibt wohl zwei Arten der Separation:
– Radwege: Wird von den meisten als Separation wahrgenommen, ist aber keine. Im Gefahrenbereich Kreuzung werden die verschiedenen Verkehrsarten wieder zusammengeführt. Kreuzungen sind klassische Unfallpunkte, die gesonderte Führung von Radfahrern verstärkt das Problem.
– Fahrradstraßen: „Echte“ Fahrradstraßen ohne Mischverkehr separieren den Fahrrad- vom Kraftverkehr. Kreuzungen sind hier weniger problematisch: RvL-Kreuzungen sind keine Unfallschwerpunkte. An „großen“ Kreuzungen hat man „nur“ Querverkehr, dieser ist i.d.R. ungefährlich, meist wird er mit Ampeln geregelt.
Diese beiden Arten der Entmischung würde ich grundlegend unterscheiden. Die letztgenannte Möglichkeit ist in meinen Augen das Optimum – das könnte doch ein weitgehend gemeinsamer Nenner aller Fraktionen sein.
@ Berlinradler: die Diskussion finde ich ja sehr interessant, nehme daraus viele neue Gedanken oder Anstöße mit. Ich bin nur skeptisch, wie man gegen 47 Millionen Autos auf Straßen als Radler anfahren soll. Ich merke, daß ich dazu keine Lust mehr nach 30 Jahren fast täglichem Radfahren habe. Es bleibt abzuwarten, ob viele die hier schreiben mit Mitte 40 überhaupt noch so viel Rad fahren wie ich. Ich mache nur die immer selbe Erfahrung, daß auf Straßen Autotüren auffliegen, daß Lieferwagen auf der rechten Spur im Wege stehen, daß man acht geben muß, daß kein rechts stehendes Auto auf einmal nach links abbiegt (ist bei Motorrädern auch eine der Hautpunfallursachen), daß Taxis oder Busse ständig auf Fahrspuren drängen, die rechts für Fahrräder freigegeben sind.
Wo sollen denn diese Fahrradstraßen herkommen? Solange es diese 47 Millionen Autos gibt, sehe ich das nicht. Und da sind noch keine LKW’s, Lieferwagen, Busse usw. mitgerechnet. Mir sind separat geführte Radwege mit vorgezogener Führung an der Kreuzung tausend mal lieber als das direkte Konkurrieren mit Autos, die einen ja doch nicht viel besser als Ungeziefer behandeln, wie schon Adorno sagte.
@Ewald, es fahren ja bereits 1/3 so viele Leute in Berlin mit dem Fahrrad wie mit dem Auto. Gemessen an ihrem Verkehrsanteil sind die Anstrengungen, die für sie unternommen werden, sehr gering. Ihre Lobby ist noch sehr schwach. Das liegt auch daran, dass die Gestaltung von Städten seit Generationen so gemacht wird wie heute, das führt dazu, dass sie oft nicht hinterfragt wird.
Das mit den echten Fahrradstraßen ist selbstverständlich in absehbarer Zeit nicht zu realisieren. Nicht (nur), weil der politische Wille fehlt, sondern aus ganz praktischen Gründen: Privatfahrzeuge benötigen 24 Stunden an jedem Tag einen Platz. Somit verkommen fürs automobile Vorankommen eigentlich unnötige Nebenstraßen zu (meist) kostenlosen Dauerparkplätzen. Nur dadurch werden viele Nebenstraßen sehr eng, das Miteinander mit den Autos funktioniert so einigermaßen.
Radfahrer und Fußgänger müssen viel mehr auf sich aufmerksam machen. Klar wird man bei den Behörden mit seinen Anfragen fast immer abgebügelt, wenn überhaupt geantwortet wird. Das liegt aber auch daran, dass man bezirksweit oft der einzige Radfahrer oder Fußgänger ist, der sich über eine beknackte Verkehrsführung beschwert. Was wäre, wenn pro nicht nutzbarer Kreuzung und benachteiligender Ampel 2-3 Beschwerden pro Woche eingingen?
Wir sind Bürger der Stadt, wir zahlen hier Steuern und wir müssen nicht auf einen Großteil der Infrastruktur verzichten oder auf 2.-Klasse-Wegen fahren, nur weil wir das falsche Verkehrsmittel benutzen. Das muss man denjenigen, die aus den paar Euro Kfz-Steuer eine Vorzugsbehandlung im Straßenverkehr ableiten, immer wieder klarmachen. Steter Tropfen höhlt den Stein!
Berlinradler schrieb:
@Ewald, es fahren ja bereits 1/3 so viele Leute in Berlin mit dem Fahrrad wie mit dem Auto. Gemessen an ihrem Verkehrsanteil sind die Anstrengungen, die für sie unternommen werden, sehr gering. Ihre Lobby ist noch sehr schwach. Das liegt auch daran, dass die Gestaltung von Städten seit Generationen so gemacht wird wie heute, das führt dazu, dass sie oft nicht hinterfragt wird.
-> ja, hundert Prozent auch meine Meinung. Es muß auch noch andere, unbewußte Gründe dafür geben. Etwas, was unbewußt mit dem Status zu tun hat. Jede große Karosse wird doch irgendwie gehuldigt, als ob vor hunderten von Jahren der König kommt. Das steckt so tief in den Menschen drin. Sonst gäbe es auch nicht diese unzähligen großen Geländewagen. Wie viele Millionen Menschen genießen es, in so einer Riesenkarre zu sitzen und die Umwelt zu dominieren. Ob die Karre sperrig ist oder unpraktisch, steht dabei gar nicht zur Debatte. Welche „unbewußte“ Lobby hat dagegen ein Radfahrer oder Fußgänger? Gar keine, unbewußtes Statusgefühl wird so nicht erzeugt. Wenn es wirklich ein unbewußtes Statussymbol erzeugen würde, wenn jemand Rad fährt, hätten wir total andere Verhältnisse. Und überall, wo Autos und Radfahrer zusammen auftreten, wird immer der Blechkasten dominieren, und so lange da jemand drin sitzt, wird der Jagdinstinkt des Fahrers drinnen auch noch aktiviert, was sich in den tausend Überholmanövern ausdrückt, waghalsig und ungeduldig, voller Aggression gegen „Hindernisse“, nur schwer ertragend, auch nur 20 sek. „schleichen“ zum müssen. Das betrifft ja nicht nur ein paar Autofahrer, sondern letztlich, wenn man genau beobachtet, die große Mehrheit aller Autofahrer. Der Raubtier-Charakter des Menschen und das Jagen-Wollen bricht sich hier eine Bahn, darüber wird zwar offiziell selten gesprochen, aber ich halte es für wahr.
[…] alles ist Deutschland – Popular Music and National Identity in the Berlin RepublicProducts of …Tödlicher Abbiegeunfall in Pankow » Rad-SpannereiDie Polizei teilt mit, dass gegen 12:15 Uhr eine 28-jährige Radfahrerin auf der Radspur der […]
verspätet auch von mir mein Beileid zu dem tragischen unfall.
ich fahre im mom fast gar kein fahrrad mehr.
leidernach wie vor sehr gefährlich radzufahren in Berlin!
Ostseestr und Greifsw. am besten garnicht mehr radfahren
mM nach lebensgefährlich.
Meri
Das ist doch Humbug. Radfahren ist nicht gefährlich, und auch nicht in Berlin.
Nein, was gefährlich ist, was lebensgefährlich ist, das sind diese Scheiss-Radwege.
Und was auch noch gefährlich ist, ist devot-duckmäuserisches Radfahren – ganz nah am rechten Fahrbahnrand, am besten auch noch in jede Parklücke hineinschlenkern, um ja den bösen bösen Autofahren entgehen zu können.
Humbug!
Ich bin im übrigen über 40, und ich habe überhaupt keine Probleme damit, dort mit dem Fahrrad zu fahren, wo es hingehört: Auf der Straße. Mit ausreichend Abstand zu parkenden Autos – die können ihre Türen aufreißen, wie sie wollen, mich kümmert’s nicht.
Allerdings fahre ich auch keine Schlangenlinien, drängele mich nicht zwischen stehenden Autos hindurch, und kann vor allem an einer Ampel auch losfahren, sprich: Beschleunigen. Das, weil ich in der Lage bin, meine Gangschaltung einzusetzen.
Und so bin ich auch mit über zwei Zentnern Lebendgewicht auf den ersten zehn Metern schneller als ein durchschnittliches Auto.
@egon: Warum soll es gefährlich sein, zwischen stehenden Autos entlangzurollern und inwiefern ist hohe Beschleunigung („schneller als ein durchschnittliches Auto“) beim Ampelstart sicherheitsrelevant?
Das zwischen stehenden Autos entlangrollern ist kritisch, wenn diese anfangen, nicht mehr zu stehen. Da befindet man sich als Radfahrer ohne jeden Sicherheitsabstand zu beiden Seiten plötzlich zwischen anfahrenden Autos. Deren Fahrer durchaus nicht jeden der neben ihnen entlangrollernden Radfahrer wahrnehmen, bauseits vorgesehener und ignoranzbedingter toter Winke helfen dabei.
Die Beschleunigungskiste hilft unter anderem beim Vermeiden von kritischen Situationen mit gleichzeitig losfahrenden Rechtsabbiegern.
Auch ist das ein Hinweis darauf, daß ich schneller fahre als 15 km/h.
Der Gebrauch der Gangschaltung beim Beschleunigen bedeutet übrigens auch, daß keine ausgeprägte seitliche Pendelbewegung stattfindet.
Oft zu beobachten sind schaltfaule oder -unfähige Radfahrer, die im Wiegetritt oder Versuchen darüber langsam sehr breit pendelnd losrollern. Was problematisch ist, versperren sie so allen anderen Radfahrern den Weg bzw. bringen sie dazu, im großen Bogen um die Pendler herumzufahren. Was wiederum zu Konflikten mit Autofahrern führt, wenn plötzlich die gesamte Straßenbreite mit pendelnden und mehr oder weniger langsam losfahrenden Radfahrern gefüllt ist.