Baden-Württemberg zog kürzlich Bilanz zur Unfallsituation 2013. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Verkehrstoten um 6 auf 465. Die Zahl der getöteten Radfahrer stieg hingegen um 8 auf 52. Von den getöteten Radfahrern trugen laut Innenministerium 30% einen Helm, während die allgemeine Helmtragequote mit nur 13% angegeben wird. Helmträger sind nach diesen Daten also scheinbar besonders gefährdet.
Gerne hätte ich genauere Ausführungen zu den Fahrradunfällen in Baden-Württemberg gemacht – besonders bei tödlichen Unfällen spielt ja das Überrollen durch Lkw, bei dem naturgemäß kein Helm helfen kann, eine große Rolle. Die Verkehrsunfallstatistik folgt allerdings so stringent dem „Weniger ist mehr“-Prinzip, dass man daraus kaum konkrete Zahlen ablesen kann.
Pressemeldung des Landes Baden-Württemberg zu der Verkehrsunfallentwicklung 2013
„Unfallstatistik“ Fahrradfahrer des Landes (2012)
Danke an Markus für den Hinweis.
Ist doch traurig, nicht? Da versucht man mit aller Macht, dem Helm seine nach individueller Rechnung ohnehin als schützend empfundene Wirkung auch tatsächlich mit bestellten Gefälligkeitsgutachten nachzuweisen, und die Wirklichkeit macht dann doch irgendwie einen Strich durch die selbige. Ich vermute mal, wenn man dieser Diskrepanz einmal mit einer wirklich ergebnisoffenen Untersuchung nachginge, wäre mehr für die Sicherheit der Radler getan, als mit 20 Jahren Verkehrsminister Hermann – ganz ohne Helm.
Aus der Statistik lässt sich erstmal gar nichts ableiten, weil einfach die Grundgesamtheit viel zu klein ist. Bei 52 unfalltoten Radfahrern, die selbstverständlich 52 zu viel sind, macht jeder Helmträger 2% aus. Tut mir leid, aber damit lässt sich weder Nutzen noch Schaden von Helmen bewerten.
Sehen wir es mal anders, immerhin zeigt sich nur, dass die Wahrscheinlichkeit als Radfahrer in die Kiste zu springen nicht sinkt, wenn man Helm trägt.
1. Absolut steigt die Anzahl der unfalltoten Radler*innen. Es wird aber mehr Rad gefahren. Bezogen auf die Kilometerleistung dürfte die Wahrscheinlichkeit tödlich zu verunglücken eher gesunken sein.
2. Helme werden vermutlich eher von Vielfahrer*innen getragen, auf dem kurzen Weg zum Bäcker eher nicht. Also liegen wahrscheinlich die mit Helm gefahrenen Kilometer deutlich über der „Helmtragequote“ von13%.
3. Mit relativer Sicherheit verhindert ein Helm keinen Unfall. Also ist das Augenmerk darauf zu legen, wie Unfälle an sich vermieden werden. Die Helmdiskussion sollte dabei eher Randthema sein – oder gar keins…. 52 tote Radlerkolleg*innen in 2013 allein in BaWü sind 52 zuviel.
@ Claus „Aus der Statistik lässt sich erstmal gar nichts ableiten, weil einfach die Grundgesamtheit viel zu klein ist.“
Das trifft auf so gut wie jede Untersuchung zum Thema Helm zu. Deshalb werden oft alle möglichen Untersuchungen zusammengepuzzelt und das wird mit der neu beauftragten auch nicht anders aussehen.
Interessant dazu sind die Zahlen zur Unfallstatistik von 2011 von Stuttgart aus der SWP vom 27.4.11. Danach gab es dort 50 schwer verletzte Radfahrer mit Helm und 30 ohne Helm. Bei einer Helmtragequote von 20% bedeutet das, dass Helmträger ein um den Faktor 6 höheres Risiko haben schwer verletzt zu werden. Bei den leicht verletzten Radlern sieht es genauso aus. Warum die Zahlen so krass gegen das Helmtragen sprechen, ist unklar, aber daraus eine Helmpflicht abzuleiten, wird schon schwierig.
Ein Erklärung kann sein, dass die Gruppe der Helmträger gleichzeitig die Gruppe derer ist, die besonders gefährlich Fahrrad fährt und man daher dort die Unfallvermeidungsstrategien vermitteln müsste.
Meine Befürchtung ist ehrlich gesagt, dass die vom Innenministerium genannten 70% frei erfunden sind. Ich konnte keine Datenquelle dafür finden, auch keine ähnlichen Angaben aus anderen Regionen. Ich bin aber nicht tief drin in der Helmdiskussion, vielleicht kennt ja jemand ähnliche Angaben?
Meines Erachtens können solche Daten nur von Polizisten vor Ort aufgenommen werden – mit hoher Wahrscheinlichkeit würden sie sich dann aber in der Unfallstatisik wiederfinden, immerhin findet insbesondere die Polizei den Helm als wichtig. Im Krankenhaus kann man die Daten wohl kaum mehr ermitteln, da ein eventuell vorhandener Helm wohl nicht aufgesetzt bleibt.
Wenn die Befürchtung der frei erfundenen Daten stimmt, wäre das sehr traurig.
Hab mal an das Innenministerium geschrieben:
„Guten Tag,
Ich beziehe mich auf den Artikel zur Unfallstatistik BaWü:
http://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/weniger-verkehrstote-und-verletzte/
Hier steht:
„Erschreckend finde ich, dass 70 Prozent der getöteten Fahrradfahrer keinen Helm trugen“ (also 30% der verkehrstoten Fahrradfahrer trugen Helm), an anderer Stelle heißt es: „Bei den Erwachsenen dagegen seien es gerade vier bis 13 Prozent (die einen Helm tragen)“
Das heißt zusammengesetzt, nach Unfalltoten gerechnet sind Fahrradfahrer mit Helm statistisch gesehen überproportional gefährdet.
Noch später heißt es: „Denn Helme können echte Lebensretter sein!“ – Nun, nach der angeführten Statistik ist das Gegenteil der Fall. Mordsgefährlich so ein Helm!
Zudem sagt die Statistik nichts über die Verletzungen aus, denn der Helm hilft logischerweise nur bei Kopfverletzungen (wenn überhaupt), nicht bei Weichteilverletzungen am Rumpf, die bekanntlich auch tödlich sein können.
Und haben Sie mal gesehen, was mit einem Fahrradhelm passiert wenn da ein LKW drüber fährt? Können Sie sich wahrscheinlich vorstellen. Nicht schön.
Wenn schon mit Statistiken argumentiert wird dann bitte nicht in einem Artikel die dargestellten Fakten so verdrehen sondern zumindest die zueinander passenden Fakten heraussuchen. Was einem nicht in die Argumentationskette passt kann man ja bequemerweise dann weglassen, das ist ja das schöne.
Selbst wenn wir einen relativ großen teil an fahrradfahrenden Kindern – mit deutlich höherer Helmquote – annehmen spricht aus der Statistik doch nichts für einen Helm.
Herzliche Grüße,
Felix Franke
P. S. Ich trage einen Helm beim Fahrradfahren, und ich fahre täglich Rad. Hab ihn auch schon mal „benutzt“ und war froh ihn zu haben. Ich bin also nicht grundsätzlich gegen Helm auf dem Fahrrad (na ja, ein bisschen…)“
Mal sehen was passiert
„Mal sehen was passiert“ – Na was wohl? Bei der nächsten Veröffentlichung werden die beiden Zahlen nicht mehr nebeneinandergestellt 😉
Diese Zahlen sagen doch überhaupt gar nichts aus. Wie wird denn die Helm-träger Quote ermittelt? Ich wage mal zu behaupteten, das es insbesondere sportliche Fahrer sind, die einen Helm tragen und diese machen wesentlich mehr km im Jahr als „normale“ Radfahrer.
Nun wäre es mal interessant zu wissen, ob Viel-Radler nicht alleine schon durch das Mehr an Strecke eine höhere Unfallwahrscheinlichkeit haben. Diese dürfte aber nicht einfach proportional sein, Vielfahrer sind geübter und haben mehr Erfahrung.
Nach Alter wird auch nicht unterschieden. Kinder tragen viel häufiger einen Helm als Erwachsene.
Der überproportionale Anteil der Unfalltoten mit Helm könnte auch so erklärt werden, dass die Helmtragequote innerhalb von Hauptrisikogruppen wesentlich höher ist als im Durchschnitt. Risikogruppen mit erhöhter Helmtragequote wären z.B. Radsportler, sportlich Ambitionierte, eilige oder hektische Alltagsfahrer, Alte und Kinder. Diese verunglücken dann nicht, weil sie einen Helm tragen, sondern weil sie riskant bzw. unsicher unterwegs sind.
Dazu kommt noch die Risikokompensation, wenn Fahrer die Schutzwirkung des Helms überschätzen.
Die 70% beziehen sich auf getötete Radfahrer aller Altersgruppen. Bei den Erwachsenen soll die Helmtragequote bei 4-13% liegen, bei den Kindern bis 10 Jahren 66%. Die Gruppe der 10-18jährigen bleibt ausgeklammert. Dann müsste diese Gruppe ggf. den Rest kompensieren.
30% der getöteten Radler waren Helmträger.
66% der Kinder bis 10 Jahren trugen Helme.
4-13% der Erwachsenen trugen Helme.
11-18jährige werden nicht erwähnt.
Welche Anteile an den getöteten Helmträgern hatten die drei Altersklassen?
@cyclist, im Text ist eine Unfallstatistik verlinkt. Die hat eine Aufschlüsselung nach Altersgruppen, die gilt jedoch für Unfälle allgemein, nicht nur für tödliche. Ich denke aber, sie macht von der Größenordnung her klar, dass es unwahrscheinlich ist, dass so viele Minderjährige unter den Toten waren. Selbst wenn das so wäre, ist die Frage gestattet, warum sie trotz Helm sterben konnten – denn ebendies wird ja in der Pressearbeit des Landes als unwahrscheinlich dargestellt.
Wenn man mal die ganze Aufregung um die „richtige“ (= den eigenen Interessen dienende) Interpretation der statistischen Zahlen außen vor lässt, ist doch der Hauptbeweggrund des Herrn Ministers, die Sicherheit des Radverkehrs zu erhöhen („Einordnung der Bedeutung des Fahrradhelmes bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit…“).
Jetzt könnte man Herrn Minister ja fragen, ob er wirklich daran glaubt, dass das Tragen eines bunten Plastksiebs die Qualität, Sinnhaftigkeit und Rechtmäßigkeit von Radverkehrsanlagen erhöht, oder ob dadurch die Anerkennung, und damit Akzeptanz, von Fahrrädern als vollwertige und gleichberechtigte Verkehrsmittel steigt. Oder ob dann weniger Schrottmöhren ohne wirksame Bremsen und Lichtanlagen unterwegs sind. Wenn dem tatsächlich so sein sollte, könnte das Tragen von Fahrradhelmen tatsächlich die Verkehrssicherheit erhöhen. Jetzt weiß ein sachkundiger Radler ja ganz genau, dass ein miserabler Radweg ein solcher bleibt, und ein Schrottrad davon nicht verkehrssicherer wird – egal, ob Helm auf oder Helm ab. Also ist dieses Ziel der Studie schon mal ein Fehlziel, da hier Verkehrssicherheit lediglich auf die Vermeidungshoffnung schwerer Verletzungen reduziert wird.
Als nächstes könnte man den Herrn Minister fragen, ob ihm lediglich die Sicherheit der Radfahrer am Herzen liegt, und ihm die Fußgänger oder KFZ-Insassen völlig gleichgültig sind. Alle Statistiken weisen nämlich für diese Verkehrsteilnehmergruppen deutlich höhere Mortalitätsraten aus als für Radfahrende. Ein Verkehrsminister, der Fußgänger- oder KFZ-Insassenhelmpflicht fordern würde, wäre aber genau in diesem Moment auch von den Wählermassen aus dem Amt geworfen. Also übersieht man in den Statistiken diese Verkehrsteilnehmer großzügig, und denkt nicht weiter darüber nach.
Daher sucht man sich die vermeintlich, und auch tatsächlich, unbeliebteste Gruppe der Verkehrsteilnehmer aus – Radfahrer -, weil man damit die Masse der Bevölkerung („Radfahren gehöhrt verboten“) sicher auf seiner Seite hat.
Letztlich ist dieses engstirnige Einschießen auf die Radfahrer für mich lediglich der Offenbarungseid einer mutlosen, und damit gescheiterten (Rad-)Verkehrspolitik.
Auch wenn es bitter ist, aber die Australische Studie erklärt, warum z.B. in BaWü 30 Prozent der verunfallten einen Helm getragen, obwohl die Helmtrageqoute nur bei 10 Prozent liegt. Leute, diejenigen, die sich von einer Helmtragepflicht vom Fahrradfahren abhalten lassen, haben praktisch keine Relevanz im täglichen Straßenverkehr. Insofern ist auch phantasievoll hineininterpretiert, das Helmpflicht sich ungesund auf die Bevölkerung auswirkt. Nur weil jemand für den Weg zum nächsten Bäcker dann doch das Fahrrad nimmt, weil er keinen Helm tragen muß, kann man nicht einen positiven Gesundheitseffekt ableiten, dafür müßte er dann schon intensiver das Rad nutzen.
Denn es ist allgemein bekannt, das mit steigender Kilometerzahl das Unfallrisiko steigt. Und unter den Alltags- und Hardcoreradfahrern ist einfach die Hemtrageqoute höher. Und die tragen nunmal den Löwenanteil der gefahrenen Kilometer.
Und wenn ich mal aus einem früheren Blogbeitrag zu der Australischen Studie zitieren darf:“Die Antwort war eindeutig. Besonders bei den Radfahrern, die nur ab und zu aufs Rad steigen, wirkt die Helmpflicht. 40.4% von ihnen würden ohne Pflicht zum Helm mehr Rad fahren.“….das ist eine schwammige Absichtserklärung, ob sie es tatsächlich machen würden, steht auf einem anderen Blatt….
@Moppedfahrer: denk mal kurz darüber nach, wie Helmtragequoten ermittelt werden. Nicht dadurch, dass jeder Einwohner einen Fragebogen ins Haus geschickt bekommt, sondern dadurch, dass bei Verkehrszählungen geschaut wird, wer ein Nudelsieb auf dem Kopf hat.
Damit ist der von dir postulierte Effekt schon aus den Zahlen draußen: wer keinen relevanten Anteil am Straßenverkehr hat, taucht auch bei den Verkehrszählungen nicht in relevanter Zahl auf.
@ Dingenskirchen, und damit untermauerst Du nur noch meinen Einwand, denn wenn diese Zahlen per Verkehrszählungen ermittelt worden sind (diese geschehen man ein paar wenigen Tagen) geben sie nur ein kleines Zeitfenster wieder. Aber denkbar wäre auch, das man tatsächlich per Umfragen diese Zahl ermittelt hat.
Meinem subjektivem Empfinden nach sind es besonders die Neueinsteiger, die sich zusammen mit dem Rad gleich einen Helm und Fahrradhandschuhe kaufen, weil sie denken, dass das dazugehört. Ich würde dieses subjektive Empfinden jetzt gerne gegen dein objektives Wissen eintauschen und dich um Zahlen dazu bitten.
Dass Rennradler bevorzugt Helme tragen und viele Kilomenter reißen, ist übrigens bekannt, sie haben aber „praktisch keine Relevanz im täglichen Straßenverkehr. “ Daher bitte Zahlen ohne diese Gruppe.
So oder so müsste die Helmtragequote enorm viel höher sein, um das 70:30-Verhältnis zu erklären. Wenn der Helm vor tödlichen Verletzungen schützt, müssten mehr als 30% der Radfahrer einen Helm tragen. Wenn der Schutz sehr nachhaltig ist, also z.B. 50% der Todesfälle verhindert werden können, müsste die Tragequote beispielsweise bei 60% gelegen haben.
Mit dem Artikel ging es mir auch gar nicht um die Schutzfunktion, sondern um die „lustige“ Art und Weise, wie Zahlen in die Welt gesetzt werden. Wie gesagt liegt die Vermutung, dass die 70:30 ohne jede Grundlage genannt wurden, durchaus nahe. Ich will das nicht unterstellen, aber wenn das Innenministerium Baden-Württembergs mit so unstimmigen Zahlen an die Öffentlichkeit geht, wäre es schon sinnvoll, diese wenigstens zu erklären.
@Moppedfahrer:
Ja, die Zahlen geben nur ein kleines Zeitfenster wieder.
Nein, damit untermauere ich deinen Einwand nicht.
Es sei denn, du erklärst halbwegs plausibel, warum die Gelegenheits-Radfahrer bei einer zufälligen Stichprobe deutlich überproportional und die „Alltags- und Hardcoreradfahrer“ bei derselben Stichprobe unterproportional vorkommen sollen. Haben wir es hier mit einer gigantischen Verschwörung zu tun? Lässt die Bundesanstalt für Straßenwesen die Verkehrszählungen immer genau dann durchführen, wenn die „Alltags- und Hardcoreradfahrer“ gerade im Urlaub sind, während sich sämtliche Gelegenheits-Radfahrer just in diesem Moment auf ihrem Highend-Drahtesel auf den Weg zur Eisdiele machen? Mit welchem Ziel sollten die Zahlen auf diese Weise manipuliert werden? Ist das ein Ausdruck zivilen Ungehorsams? Immerhin treten und traten die der Bundesanstalt für Straßenwesen übergeordneten Bundesverkehrtminister allesamt dafür ein, dass mehr Nudelsiebe aufgesetzt werden.
BTW: Was sagst du eigentlich zu der kanadischen Studie von vor ca. 2 Jahren? Dort hat man die Kopfverletzungen (die ja angeblich durch sogenannte Fahrradhelme signifikant gemildert werden) in Bezug zu allen von Radfahrern erlittenen Verletzungen (und Beinbrüche werden nach einhelliger Meinung – wenn man mal von der „Fahrradhelme verhindern bis zu 85 % der Kopfverletzungen und 67 % der Beinbrüche“-Bullshit-Studie von Thompson et al. sowie einigen Polizeiberichten aus Ostwestfalen absieht – durch Fahrradhelme nicht verhindert oder abgeschwächt) gesetzt. Und siehe da: eine höhere Helmtragequote hat keinen Einfluss auf den Anteil der von Radfahrern erlittenen Kopfverletzungen an der Gesamtzahl der von Radfahrern erlittenen Verletzungen. Merkwürdig, nicht wahr?
@ Dingenskirchen, generell gesagt halte ich jegliche Studie zu diesem Thema zweifelhaft.
Zunächst mal zur Badenwürtenberg Studie. Das Problem sehe ich hier, das absolute Zahlen (verunfallte Helmträger) gegen eine Hochrechnung gesetzt werden. Denn egal ob Zählung oder Umfrage, hier ist viel Spielraum für Fehlseinschätzungen. Meine provokante These stütze ich ganz klar auf meine persönliche Erfahrungen, als teilweise ironische Antwort auf diejenigen, für die dieses Mißverhältnis in der höheren Risikobereitschaft von Helmträgern begründet liegt. 30 Jahre Motorradfahren haben mir gezeigt, das Ganzjahresfahrer eine höhere Akzeptanz bei Schutzkleidung aufweisen als die Poser, die im Sommer durch die Gegend knallen und Transplantationsorgane beschaffen ;-).
Bei meinen täglichen Fahrten von Patient zu Patient, ich bin in der häuslichen Krankenpflege tätig, steigt der Anteil der Helmträger, je widriger die Witterungsumstände werden. Auch ist aufgrund der Topographie in meiner Heimatstadt, ist bei uns generell die Helmtragequote höher, da kein Terrain für schicke Fixies oder Singlespeeder ist, die eher ein modisches Accessoir denn ein Fortbewegungsmittel wären. Bei uns trennt sich die Spreu vom Weizen :-D.
Aber mal im Ernst, während im KFZ Sektor die Versicherungswirtschaft durch jährliche Abfragen der Kilometerstände, sehr zuverlässige Zahlen bezüglich Nutzung von Fahrzeugen ermitteln kann, gibt es im Fahrradbereich einfach nur Hochrechnungen. Und das mit steigender Exposition im Straßenverkehr, das Risiko eines Unfalls steigt, darüber sind wir uns einig. Solange also niemand belastbare Zahlen dazu liefern kann, wer wann wieviel fährt, ist jede Studie Pro oder Kontra Helm Augenwischerei.
Ich stimme zumindest in dem Punkt nicht zu, dass mit steigender Exposition im Straßenverkehr die Unfallwahrscheinlichkeit steigt, zumindest nicht linear.
Ein erfahrener Fahrer – egal welcher Fahrzeugtyp – macht weniger Fehler und kann Fehler anderer besser vorhersagen. Gerade wenig fahrende Radfahrer machen Fehler, die ihre Unfallwahrscheinlichkeiten um ein Vielfaches erhöhen.
Natürlich ist niemand vor Unfällen gefeit, ich wage aber einfach mal zu behaupten, dass 10 km eines Alltagsfahrers so gefährlich sind wie 1 km eines unerfahrenen Fahrers (Werte frei erfunden, sollen eine Größenordnung wiedergeben).
@faxe schreibt:
„Der überproportionale Anteil der Unfalltoten mit Helm könnte auch so erklärt werden, dass die Helmtragequote innerhalb von Hauptrisikogruppen wesentlich höher ist als im Durchschnitt. Risikogruppen mit erhöhter Helmtragequote wären z.B. Radsportler, sportlich Ambitionierte, eilige oder hektische Alltagsfahrer, Alte und Kinder. Diese verunglücken dann nicht, weil sie einen Helm tragen, sondern weil sie riskant bzw. unsicher unterwegs sind.“
„Eilige, hektische Alltagsfahrer, Alte“ tragen nach meiner Erfahrung nicht mehr Helm. Die Sportlerfraktion ist zu klein, um einen relevanten Einfluß zu haben. Kinder werden gezwungen – sie sind keinesfalls mehr gefährdet als Erwachsene. Mit Ausnahme der Sportlerfraktion hat die Helmtragequoe m herzlich wenig mit der jeweiligen Gefährdung zu tun.
@Moppedfahrer
Du darfst ruhig voraussetzen, dass Wissenschaftler, die sich konträr gegen die herrschende Meinung stellen, bestimmt nicht derartig leicht angreifbarer Fehler begehen, wie du sie unterstellst.
Das die Helmpflicht in verschiedenen Ländern das erwartete Ergebnis weit verfehlte, wird ja nicht bestritten – was die Agitatoren nicht hindert, weiter diesen Unsinn zu fordern.
passend dazu: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fahrradhelm-pflicht-in-deutschland-braechte-mehr-schaden-als-nutzen-a-961657.html
ein fahrradhelm hilft ein bischen. Statt einer großen Platzwunde habt man halt „nur“ ne leichte Gehirnerschütterung. nicht mehr und nicht weniger.
Von „Leben Retten“ zu sprechen halte ich maßlos übertrieben.
Helmträger (ausser zum Einkaufen um die Ecke), Vielfahrer und schon ein paar Unfälle mit und ohne „Helmbenutzung“.
Meine Vermutung ist, dass hinter der gesetzlichen Helmpflicht die Versicherungslobby steht. Sobald man als Radfahrer keinen Helm auf hat würde man grob fahrlässig handeln und jeglichen Versicherungschutz verlieren.
Super Idee, da sinken bestimmt die Beiträge.
Ich finde das sollte man dann analog mit Zigaretten, Alkohol, Übergewicht und den typischen Folgeerkrankungen machen. Also Dicke bekommen die Behandlung von Diabetis nicht mehr von der Krankenversicherung bezahlt, weil hätten sich ja gesünder ernähren können 😉
Hier gibt es meine Statistik für die ersten fünf Monate dieses Jahres (2014) zu den Radunfällen in Baden-Württemberg, gemacht aufgrund der Polizeimeldungen der Landespolizeidirektionen im Land.
http://dasfahrradblog.blogspot.de/2014/06/fahrradunfalle-gefahrliche-situationen.html
Quote:“@Moppedfahrer
Du darfst ruhig voraussetzen, dass Wissenschaftler, die sich konträr gegen die herrschende Meinung stellen, bestimmt nicht derartig leicht angreifbarer Fehler begehen, wie du sie unterstellst.
Das die Helmpflicht in verschiedenen Ländern das erwartete Ergebnis weit verfehlte, wird ja nicht bestritten – was die Agitatoren nicht hindert, weiter diesen Unsinn zu fordern.“
Es ist schon interessant, sobald Wissenschaftler einen positiven Effekt zum Helmtragen feststellen, werden deren Studien von Helmverweigereren gerne als fehlerhaft dargestellt……warum sollten dann die Wissenschaflter, die eine positiven Effekt feststellen, leicht angreifbare Fehler gemacht haben 😉
Quote:“Meine Vermutung ist, dass hinter der gesetzlichen Helmpflicht die Versicherungslobby steht. Sobald man als Radfahrer keinen Helm auf hat würde man grob fahrlässig handeln und jeglichen Versicherungschutz verlieren.“
Spielen wir doch mal Deine Verschwörungtheorie durch….was würde denn passieren, wenn durch die Versicherungsindustrie eine gesetzliche, aber wirkungslose, Helmpflicht gepusht würde? Wir hätten eine Tragequote von 99%, und nach Orakeln der Helmgegener, eine unveränderte, wenn nicht sogar höhere Anzahl an Verletzten, und bei den 1% Helmverweigerern eine geringe Möglichkeit für die Versicherungen, ggf Kosten für Schäden im Kopfbereich teilweise auf den Versicherten abzuwälzen…..magere Ausbeute, oder?
Ich würde annehmen, dass eine Helmpflicht nicht zu einer 99%-Tragequote führt, sondern zu einer geringeren – und zu weniger Radfahrten insgesamt, sofern ein hoher Verfolgungsdruck auf Nichthelmträger ausgeübt wird.
Es ist kompliziert zu bewerten, wie sich das am Ende auf das Unfallgeschehen auswirkt. Steigen die Leute auf Motorroller oder Auto um, dann wohl eher negativ – deren Unfallquoten pro Personenkilometer sind erheblich höher. Steigen sie auf den ÖPNV um, dann eher positiv.