Wenn man in Bayern am Abend mit dem SUV einmal um den Block zur nächsten Tanke fährt und noch kurz drei Bier tankt, wird man gern und zuvorkommend bedient. Fußgänger und Radfahrer bleiben außen vor, sie dürfen weder Bier noch Wasser kaufen. So sieht es das bayrische Ladenschlussgesetz vor und Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) hat gerade in einem Vollzugshinweis eine strikte Anwendung des Gesetzes eingefordert.
Nach einer Welle von Kritik rudert das Sozialministerium nun zurück, schließlich stehen in Bayern im nächsten Jahr Wahlen an. Man wolle die Vollzugshinweise lockern, kündigte Haderthauer an. „Es wird kein Unterschied mehr zwischen Reisenden und Nicht-Reisenden gemacht“, erklärte sie. Das Gesetz lasse hier einen entsprechenden Auslegungsspielraum zu – und diesen wolle man nutzen.
Süddeutsche Zeitung: Koalition kippt Tankstellen-Kompromiss
Dank an Lasse für den Hinweis
Das Thema kam ja letztens schon mal hoch.
Dennoch eine Verständnisfrage zu alledem: wir haben doch auf Bundesebene seit etlichen Jahren liberalisierte Ladenöffnungszeiten, nach denen Mo-Sa Geschäfte rund um die Uhr geöffnet haben dürfen. Ist das in Bayern generell nicht umgesetzt worden? Bzw. anders gefragt: gibt es in Bayern überhaupt Supermärkte, die abends über 20 Uhr hinaus (früheres Öffnungslimit) geöffnet haben (dürfen)?
AFAIK sind die Öffnungszeiten dort so:
Mo-Fr 9:30-12:30 13:30-17:00
Sa: 10:00-13:30
Langer Donnerstag: 10:00-12:30 14:00-17:30
Bayern ist das einzige Bundesland, das seine Gesetzgebung was Öffnungszeiten usw. nicht liberalisiert hat, nicht mal wirklich überarbeitet. Soweit ich mich erinnere (letztens erst bei der Sendung „quer“ gehört – dort ging es darum was am Wochenende wo verkauft werden darf und was nicht) gelten dort immer noch Regelungen aus den 50iger Jahren.
Allerdings sollte man als Berliner nicht gar so streng sein, was bei euch mit den „Spätis“ läuft, ist doch genau so verblödet.
Essen und Trinken nur noch wenn man mit dem Auto kommt.
Ist doch schon mal ein Anfang.
Da mich das Schicksal ja vor einem Jahr nach Bayern (genauer Bayreuth) verschlug, kann ich euch versichern, dass sowohl die angeblichen Öffnungszeiten, als auch dieser Mumpitz mit den Tankstellen hier nirgends umgesetzt wird.
Selbst das Tankstellenpersonal im Video musste ja grinsen – Eben weil dieses Gesetz keine Sau interessiert.
@The Bastian
Das ist quark,
weder machen alle Geschäfte und Unternehmen Mittagspause noch ist Samstag überall ab 13 Uhr Schluss.
Wenn es lustig sein sollte dann ein herzhaftes haha wenn nicht, Informier dich besser, Kaufland und Konsorten haben auch in Bayern bis 20 Uhr offen.
So ein Quatsch. Die Umsetzung allein ist alles andere als schwierig. 😉
Willkommen im jahr 2012 😀
Wahrscheinlich waren die bayerischen Abgeordneten so mit Bier abgefüllt, dass man sie für das Durchwinken dieses Gesetzes gar nicht verantwortlich machen kann. Aber jetzt haben einige in einem nüchternen Moment doch noch Zweifel bekommen.
Interessant, dass „Reisende“ 1:1 in „Autofahrer“ und „Nicht-Reisende“ in „Fußgänger und Radfahrer“ übersetzt wurde. Da hat siggi schon Recht, ist schonmal ein Anfang. Wenn man sich an Absurditäten gewöhnt, hinterfragt man sie irgendwann nicht mehr.
Maximale Ladenöffnungszeiten in Bayern: Mo – Sa 7.00 – 20.00 Uhr. Danach ist Schicht im Schacht, außer bei Tankstellen und Kiosken. Zu deren Öffnungszeiten kann ich aber nix sagen, kaufe dort so gut wie nie ein.
Was ich aber an der Diskussion sehr merkwürdig finde: Autofahrer sind scheinbar per se „Reisende“ und dürfen sich als „Reisende“ mit Alkohol eindecken??? Wieso sollte ein sich auf Reisen befindender Autofahrer Alkohol trinken??? Ich dachte an die Promillegrenze…
Und wenn mit dem Auto Reisende Alkohol kaufen dürfen, warum dann nicht Reisende, die per Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind???
Selten so eine hanebüchene Argumentation gehört.
Ein ganz besonderes „Schmankerl“ an diesem bayrischen Absurditätenprogramm aus Bayern, dass ich vor ein paar Wochen einem SPIEGEL-Artikel entnahm, war, dass Radfahrern zwar der Einkauf versagt werden sollte (da sie sogenannte „nicht privilegierte nicht Reisende“ seien), nicht jedoch Pedelec-Fahrern: Die sollten „da sie ja einen Antrieb haben“ (sinngemäßes Zitat irgendeines befragten Behördenmitarbeiters) analog zu Autofahrern als „privilegierte Reisende“ behandelt werden und einkaufen dürfen 😀
War? IST!
(ich hatte den Artikel nicht wirklich gelesen und hatte die Überschrift des verlinkten Artikels „Koalition kippt Tankstellen-Kompromiss“ dahingehend falsch gedeutet, dass der ganze kranke, völlig merkbefreite Quatsch nun auf dem Müllhaufen der Geschichte läge und sich alle Beteiligten erstmal eine Runde schämen würden (was nur gerecht wäre, angesichts der unendlichen Mengen Fremdscham, die solches Theater aus Absurdistan naturgemäß bei Dritten auslöst. Kann man für Fremdschämen eigentlich Schadensersatz/Scherzensgeld einfordern?) – denn ich hatte dem ganzen Haufen auch durchaus zugetraut, die ganze ursprüngliche Regelung als „Kompromiss“ zu betiteln und verkaufen zu wollen)
Mann, mann, mann. Sind die alle doof.
Grotesk ist halt, wenn man überlegt was der Gedanke hinter dem Gesetz war. Man wollte verhindern, dass Jugendliche sich die Birne wegknallen. Da fiel ein: Autofahren darf man erst ab 18 also nur an Autofahrer…Irgendwer muss dann auf die Idee gekommen sein es auf die Motorisierung zu beschränken und auf alle Waren auszuweiten, denn wenn schon was verbieten dann richtig und alles…
Wieso man nicht einfach nur den Alkoholverkauf ab 18 macht konnte mir keiner erklären, dass zeigt das Prohibition und ähnliche Gedanken stets bizarre Blüten treiben.
Wijso muss überhaupt Alcohol an Tankstellen verkauft werden? Sind Bayern alle Alcohooliker?
Ich bin mir sicher: Hinter so einem Gesetz kann es keinen Gedanken gegeben haben. Denn Gedanke kommt ja von Denken und das hat hier ganz offenbar nicht ein einziger Beteiligter getan bzw. war nicht fähig dazu.
…mir wird Angst und Bange bei der Vorstellung, dass solche Leute eventuell auch in anderen, wichtigeren Bereichen die Macht haben, aus ihrem Brainfuck Verordnungen oder gar Gesetze abzuleiten.
Aber vielleicht wurden sie ja in weiser Voraussicht von irgendwem Schlauen nur auf genau solche Posten gesetzt, in denen sie wenigstens nur so begrenzten Schaden anrichten können wie im konkreten Fall hier…
@kohl: Nein, das Problem ist nicht die Altersgrenze, sondern der Sonntagsschutz//das Ladenschlussgesetz.
Außerhalb der Ladenöffnungszeit darf eben nur Reisebedarf verkauft werden. Reisebedarf gibt es aber natürlich logischerweise nur für Reisende. Da man Reisende aber nicht genau erkennt, geht man davon aus, dass Reisen (über längere Strecken) nur motorisiert vorgenommen werden.
Inwieweit man Chancen hat, mit riesigem Traveller-Rucksack auch zu Fuß als Reisende*r anerkannt zu werden – vielleicht werden wirs noch erfahren.
Guck dir einfach den Quer Beitrag zum Thema an, da erklärt eine Dame aus einem Bayrischen Staatsministerium (iirc) was die Intention hinter der ganzen Sache war, es war eben doch der versuch der Prohibition, in was man es hinterher verpackt hat, nunja.
Prohibition war nur der Vorwand.
Verhindern wollte man, dass sich Pöbel, der sich nicht mal ein Auto leisten kann, Nachts zu Fuss oder mit dem Fahrrad herumtreibt.
Die Kaufen gerade mal ne flasch Wasser und machen sich dann zu Fuss, oder mit dem Rad, wieder auf die Reise – Weg mit diesen Konsumverweigerern.
Reisen und fit sein auch ohne Fahrrad und mit dem BR (der Abspann mit der Heimfahrt ist leider geschnitten 🙁 http://de.screen.yahoo.com/sauf-dich-fit-104145831.html
ja da hab ich auch recht gelacht auf meiner radlreise innsbruck – berlin, dass ich als radreisender per gesetz nicht als reisender durchgehe. die nette dame von der tanke hat mir illegalerweise dann doch ein bier verkauft.
Tja Leute, zieht Euch mal warm an. Die Augsburger Zeitung wurde durchsucht, um den Urheber eines missliebigen Kommentars zu diesem Thema ausfindig zu machen. Wir werden wohl ebenso alle im Knast landen. 🙂
http://www.tagesspiegel.de/medien/streit-um-nutzerkommentar-durchsuchung-der-augsburger-allgemeinen-stoesst-auf-kritik/7723330.html