Heute stellten die Initiatoren des Berliner Volksentscheids Fahrrad den Entwurf zum „Gesetz zur Förderung des Radverkehrs in Berlin“ vor. In den nächsten zehn Tagen soll dieser Entwurf von Experten aus dem Bundesgebiet, Insidern aus der Verwaltung und fahrradineressierten Menschen diskutiert und womöglich verbessert werden. Kommentare können auf der Website des Volksentscheids Fahrrad und auf der Facebookseite zum Gesetz gepostet werden. Die Möglichkeit zum Kommentieren wird am 3. März 2016 abgeschaltet, damit ein Juristenteam die Vorschläge und Anmerkungen in den Gesetzestext einarbeiten kann. Voraussichtlich im Mai 2016 wird die Sammlung der ersten 20.000 Unterschriften zur Unterstützung des Fahrradgesetzes starten.
Volksentscheid Fahrrad: Gesetzentwurf Fahrradgesetz
Facebook: Gesetzes-Hackathon: 1. Lesung
Nachdem der Herr Geisel den Gesetzentwurf als zu radikal abgetan hat und
den Interessenausgleich zwischen den Verkehrsarten darin vermisst, wissen wir ja schon, woher der Gegenwind auf alle Fälle zu erwarten ist. Herr Geisel sollte mal darüber nachdenken, dass der Interessenausgleich zwischen MIV einerseits und Fußgänger-, Fahrrad und ÖPNV andererseits hierzulande seit Jahrzehnten nur einseitig und radikal zu Gunsten des MIV funktioniert hat. Da gibt es für die anderen Verkehrsarten vieles nachzuholen. Mit seinem Radikalitätsvorwurf kommt er absolut zur Unzeit. Ich habe heute mal wieder am Goerdeler Damm gestanden, bzw. an dem, was die BAB 100 davon übrig gelassen hat: 1,50 Meter, eingeklemmt zwischen zwei Zäunen, für Radfahren und Fußgänger in zwei Richtungen und daneben 8 Spuren feinste Autobahn. Genau so stellt sich Herr Geisel
den gerechten Ausgleich zwischen den Verkehrsarten vor. Ich kann nur hoffen, dass sich von den vielen Menschen in unserer Stadt, die nicht
benzin- oder dieselsüchtig sind, genügend finden um den Volksentscheid
durchzubringen.
Ich habe den Gesetzesentwurf kurz durchgelesen und einige deutliche Kritikpunkte:
* Bei „Sichere Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen“ steht nur „ausreichender Breite, dass sich Radfahrende gegenseitig sicher überholen können“. Es fehlen aber weitere Angaben dazu, was „ausreichend“ ist und es ist meiner Meinung nach keine gute Idee, dies den Behörden zur Interpretation zu überlassen.
* Ebenfalls fehlt eine klare Angabe (z.B. 1m) zu einem Mindestabstand zwischen Radspur und Parkplätzen. Die geforderten neuen Radspuren werden also weiterhin in der Dooringzone angelegt werden. Als schnelle Lösung für Radspuren ohne ausreichenden Sicherheitsabstand sollten die Behörden verpflichtet werden, bis zu einer ensprechenden Ummarkierung erst einmal ein absolutes Halteverbot einzurichten.
* Die pauschale Forderung, Busspur und Radverkehr zu trennen, kann ich so nicht unterstützen. In vielen Fällen fehlt dazu einfach der Platz und im schlimmsten Fall müsste dann die Busspur zu Gunsten einer Radspur entfernt werden, was den ÖPNV massiv ausbremsen würde. Eine Radspur rechts neben der Busspur würde am Ende doch dauernd durch Falschparker oder haltende Busse (oder Fahrgäste wenn der Bus links von der Radspur hält) blockiert. Da ist eine gemeinsam genutzte Busspur meiner Meinung nach eindeutig die bessere Wahl. Statt dessen sollte man eher vorschreiben, dass die zeitliche Begrenzung der Busspur weg muss und andere Fahrzeuge (z.B. Reisebusse, Taxen, Lieferverkehr) nur dann zugelassen werden dürfen, wenn die Busspur breit genug zum sicheren Überholen (mit konkreter Breitenangabe) ist. Zusätzliche besteht bei der Formulierung die Gefahr, dass die Behörden versuchen, Radfahrende wieder auf Hochbordradwege zu zwingen, die bisher nicht benutzungspflichtig sind. In Berlin gibt es ja etliche Straßen mit nicht benutzungspflichtigem Radweg und freigegebener Busspur.
* In Absatz 4 wird ganz klar ein Vorrang für den Bau neuer Radverkehrsanlagen vor einer Verbesserung bestehender Radwege gesetzt. Eigentlich müsste es umgekehrt sein, da Hochbordradwege um ein Vielfaches gefährlicher als normaler Mischverkehr sind und damit dort ein wesentlich größerer Handlungsbedarf besteht.
* Bei Radschnellwegen fehlt eine klare Ansage zu Benutzbarkeit mit Anhängern/Lastenfahrrädern. In der Praxis wird das oft durch Poller unnötig erschwert.
* Beim Fahrradparken könnte man (analog zu Stellplatzverordnungen für KFZ-Parkplätze) konkrete Vorschriften zur Anzahl und Qualität von Fahrradabstellplätzen bei Neubauten einführen.
* Der Entwurf enthält kein einziges Wort zur Umsetzung der Fahrradnovelle und der längst überfälligen Aufhebung der Benutzungspflicht für uralte Radwege. Da könnte man die Behörden zu einer schnellen Überprüfung zwingen. Man könnte auch vorschreiben, dass sämtliche fahrradspezifischen Verkehrsbeschränkungen (insbesondere benutzungspflichtige Radwege und Fahrradverbot) in ganz Berlin von einer zentralen Stelle geprüft/genehmigt und mit Begründung öffenlich (auf einer Internetseite) aufgelistet werden müssen.
Insgesamt bin ich mir nicht so sicher, ob ich für den Volksentscheid in der aktuellen Form stimmen würde. Einerseits ist der Gesetzesentwurf (und insbesondere das, was die Behörden daraus machen würden) in vielen Punkten nicht besonders gut und teilweise auch eine Verschlechterung im Vergleich zum bestehenden Zustand. Andererseits wäre eine Mehrheit gegen den Volksentscheid ein starkes negatives Signal und würde sinnvolle Maßnahmen unnötig ausbremsen.
Lieber Jacob, ich finde deine Vorschläge und Einwände überzeugend und hoffe deshalb, dass du sie auch an die Initiatoren des Volkentscheides schickst! Ich stimme dir z. B. voll darin zu, dass wir die aktuelle Nutzung der Busspuren verteidigen müssen. Es ist wirklich wichtig, dass die Forderungen sinnvoll und durchdacht sind, sonst wäre die Chance eines erneuten, besseren Volksentscheids für lange Zeit verpulvert.
@Komfortradler
Nachdem ich in mehreren Forenbeiträgen Berliner Tageszeitungen gelesen habe, dass mein „Hassobjekt“, die Nonnendammallee/der Siemensdamm wie folgt bewertet wurde, ist mein Glaube in die Vernunft auf einem Tiefpunkt: „So schlimm ist es gar nicht für Radfahrer, solange man dort nicht auf dem Rad rast“, „wozu dort was verändern?“ und „Unfallgefahr kann ich keine sehen“ waren noch die besseren.
Ich kann zwar nicht beurteilen, ob sich dort im Forum am Ende nicht doch vor allem verkappte Autofahrer tummeln. Aber wenn nicht mal eine solide Grundlage nach Forderungen auf Mindeststandards absehbar ist, wie soll sich dann überhaupt etwas verbessern?
Und so wird es dann bei allen Haupttraversalen in dieser Stadt am Ende lauten: Weiter so wie gehabt!
@Jakob
Mit den Busspuren bin ich skeptisch. Du hast zwar vollkommen recht, die bessere Lösung wäre es oftmals. Aber wenn wir uns einen noch stärkeren Radverkehrsanteil denken, wird es wirklich schwer. Gerade wegen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten aller Beteiligten. Dass aber auch Taxen automatisch auf Busspuren fahren dürfen, halte ich für vollkommen überzogen. Das wird in anderen Ländern richtigerweise anders gehandhabt.
Den geplanten Volksentscheid finde ich in seiner grundsätzlichen Idee aber vollkommen richtig: Hauptrouten für den Radverkehr zu schaffen, die nicht mit den MIV-Hauptstraßen deckungsgleich, sondern parallel verlaufen (Fahrradstraßen, Schnellwege). M.E. haben die für Fahrradneulinge auch den höchsten Anziehungswert. Momentan fehlen einfach an zu vielen Stellen Strecken, die abseits des motorisierten Verkehrs ausgebaut werden.
@hvhasel, ich selbst verfolge die Nebenstraßenphilosophie in den meisten Fällen auch selbst. Aber dazu gibt es sehr unterschiedliche Meinungen. Die Hauptstraßen haben natürlich den Vorteil, dass sie meist die geradlinigsten Verbindungen herstellen – das macht sie ja dann zu den vielbefahrenen Achsen. Meines Erachtens gibt es bei diesen aber keinen Weg, sie für Radfahrer attraktiv und gleichzeitig sicher zu machen. Daher denke ich, die Hauptstraßen sollten i.d.R. ohne Radverkehrsanlagen bleiben. Radspuren lehne ich zwar nicht dogmatisch ab – aber man darf dann die Probleme im Kreuzungsbereich (Abbieger!) und beim Überholabstand und Dooring nicht außer Acht lassen.
Fahrradstraßen sind eine tolle Sache in der Theorie. Nur Radfahrer, alles andere verboten. Und die Praxis: Diese Straßen werden als Parkplatz benötigt, d.h. sie werden nie autofrei sein und Kinder, die dort fahren, müssten schon einigermaßen sicher unterwegs sein. Davon abgesehen müsste die STVO geändert werden, damit kleine Kinder in Fahrradstraßen auf der Fahrbahn fahren dürfen. Von Fahrradstraßen alleine halte ich nicht viel, allerdings gibt es ein kleines Zaubermittel, nämlich Barrieren, die nur für Radfahrer durchlässig sind. Dann können Autos immer noch parken, aber der Fließverkehr wird rausgehalten. Höchstwertige Wege (asphaltiert, autofrei, möglichst kreuzungsarm) bekommt man damit zwar nicht hin, könnte aber beispielsweise diesen Scherz in der Linienstraße etwas verbessern. Es ist ja nur ein Kompromiss, und da helfen angeschraubte Schilder allein herzlich wenig.
Die Nebenstrecken gibt es schon heute sehr oft, man muss sie nur finden. Manchmal hat man dann die eine oder andere Kurve mehr, spart dafür wiederum Ampeln ein. DEN Weg, den alle Radfahrer gut finden, wird man ohnehin nicht hinbekommen.
So ein Volksentscheid kann also kein Paradies für alle Radfahrer schaffen – man muss aber aufpassen, dass man nicht, wie gewohnt, Radverkehrsanlagen weiterhin als Gefahrenquellen ausführt. Würde ich diese Gefahr im Gesetzentwurf sehen, würde ich dagegen stimmen.
Gut, wenn Konkretisierungen und Verbesserung Einlagen in die Vorlagen finden – der Volksentscheid fordert ja alle, die mit ihrer Erfahrung etwas beitragen können zur Mitarbeit auf.
Natürlich wird nicht alles konsensfähig sein.
Zum Punkt
„Eigentlich müsste es umgekehrt sein, da Hochbordradwege um ein Vielfaches gefährlicher als normaler Mischverkehr sind und damit dort ein wesentlich größerer Handlungsbedarf besteht.“
Welches ist denn hier der Handlungsbedarf?
1. Aufhebung der Benutzungspflicht – ist nach meinem Eindruck schon sehr weit fortgeschritten jedenfalls in der Berliner Innenstadt. Alleine aber nicht ausreichend.
2. Sanierung von Radwegen, d.h. Neuaufbau mindestens nach ERA Regelstandard, besser nach „Dutch Best Practice“. Voraussetzung: Niederländisches Planungsteam und 50 Mio. /Jahr statt 5.
3. Sperrung Altradweg. Führt allein zu Bürgersteigradeln und Verdrängung der langsameren Fahrer (aus welchen Gründen auch immer!), Alternativlösung auf der Hauptroute muss her.
4. Sperrung Altradweg und Radstreifen: Noch wahrscheinlichste Konsequenz. M.E. richtig. Auch zu Lasten von Fahr- und Parkspuren. Voraussetzung für eine sichere Führung: Getrennte Apelschaltung, Pufferzone gegen Dooring, physische Barrieren gegen zu parken. Ich meine, dafür lohnt es sich zu kämpfen.
5. Alles bleibt wie es ist: Nicht-benutzungspflichtiger, gefährlicher Restradweg, Gehupe und Gedrängel auf der Fahrbahn. In Berlin zu 95% wahrscheinlich für die nächsten 10 Jahre. Jedenfalls ohne Volksentscheid.
Auch bei den von @berlinradler angesprochenen Fahrrad- und Nebenstraßen kann man natürlich eine Menge tun. Die ausgeschilderten Radrouten sind schon mal ein guter allererster Schritt, um sich ohne Navikram zurecht zu finden – mehr Schilder bräuchte es und einen konsequenten Ausbau, wo nötig: ZB wenn man eine Hauptverkehrsader kreuzen muss braucht man halt mal eine zusätzliche Ampel für Radfahrer. Oder mal einen kleinen zusätzlichen Weg um an Sackgassen oder sonstwie geschlossenen Straßen weiter zu kommen, wo für Autos mit gutem Grund Schluss ist. Teilasphaltierung auf Kopfsteinpflaster wie in der Johannisstraße kann auch unheimlich viel bringen.
(hier noch OHNE – heute ist das eine tolle alternative zur urbanstr. – leider fehlt aber ein stück!: https://www.google.de/maps/@52.4965328,13.3980705,3a,75y,267.57h,78.77t/data=!3m6!1e1!3m4!1sVMVY4ixqoGi-0tiFP6ZKUg!2e0!7i13312!8i6656)
Für alles das: Volksentscheid Fahrrad!
Einlagen = Eingang
@fab, guter Punkt, die ausgeschilderten Radrouten.
Da könnte man noch einiges machen, z.B.
– Generell nicht durch verkehrsberuhigte Bereiche führen (z.B. Reuterkiez).
– Beleuchten (z.B. Plänterwald).
– Winterdienst (z.B. Hegemeisterweg in der Wuhlheide, bei Schnee und Eis unbefahrbar).
Denn mal ehrlich – im Dunkeln mit den Wildschweinen, die es auch in Stadtwäldern hin und wieder gibt, rumkloppen, das will ich nicht. Und im Winter fahre nicht nur ich, sondern auch viele andere. Viele fahren nur deshalb nicht, weil die Routen nicht geräumt werden.
Tut sich da eigentlich noch was, werden noch Wege für die Routen verbessert oder neue geschaffen? Eine zeitlang hat man da richtig was gemacht, wenn ich z.B. an die Asphaltierung der Zobtener Straße denke.
Jetzt hab ich auch mal in den Gesetzentwurf geschaut.
So ganz sicher bin ich mir in meiner Meinung nicht. Vieles bleibt unkonkret oder wird gar den Behörden überlassen (z.B. die Definition einer ausreichenden Abstands zu parkenden Fahrzeugen) – ausgerechnet. Behörden müssen gezwungen werden, Mindeststandards immer einzuhalten, das tun sie nicht! Die Polizei als Verkehrsaufklärer für Radfahrer – das ist für mich auch befremdlich. Verkehrsregelvermittlung alleine reicht nicht aus. Erfahrene Radfahrer können auch Strategien jenseits der STVO erklären, die das Leben leichter und sicherer machen.
Die Fahrradschnellwege scheinen mir sympathisch, die ampel- und kreuzungsfreiheit impliziert hier und da Brückenbauwerke, mit etwas Augenmaß kann man da durchaus was schaffen.
Andererseits lese ich in vielen Vorschlägen davon, dass man Gefahrenpunkte insbesondere in Schulnähe beheben sollte, das liest sich so wie diese geplanten Dobrindt-Wischiwaschi-STVO-Änderungen. Seit wann geschehen Unfälle vorrangig in Schulnähe, und was ist mit Kindern, die nicht schulnah wohnen? Blitzen, Tempo 30 oder überhaupt Gefahrenbeseitigung nur in Schulnähe verkennt die flächendeckende Unfallgefahr.
Wirklich gefährlich ist m.E. nur der Radstreifen an Hauptstraßen-Dogmatismus, da es eben nicht so einfach ist und man mit diesen Streifen ganz schnell schwerste Unfälle anzieht. Gerade der Paragraph sollte sehr fein ausgearbeitet sein.
Parken vs. Verkehr, ein vollkommen übersehenes Spannungsfeld. Für Radfahrer ist es oft deshalb so eng, weil man parkenden Fahrzeugen gerne eine ganze Fahrspur zubilligt.
Dafür kriegen die Falschparker ordentlich was ab – na sonst wärs nicht Stößenreuther 🙂 Aber ob seine Seite der Impressumpflicht genügt?
Tja ich weiss nicht so Recht, das muss ich wohl nochmal früher am Tag überdenken, aber ein Wow-Effekt ergibt sich mir eigentlich nicht.
@Komfortradler:
Gibt es irgendwo vorher/nachher Bilder des Goerdeler Damm?
Würde mich interessieren.
@CGast
Das dürfte schwierig sein. Der Goerdelerdamm wurde ja erst Ende der 50er Jahre angelegt und rund zehn Jahre später wurde aus einer mehrspurigen Straße eine BAB.
Das was Komfortradler meint ist der letzte Rest vom „echten“ Goerdelerdamm. Heute ist es quasi nur noch eine Autobahn-Anschlussstelle. Gegenüber den Google-Streetview-Aufnahmen von vor acht Jahren hat sich bis heute eigentlich so gut wie nichts geändert: https://goo.gl/maps/nc7owJP2aUx
Die Zwischenzeit sah ungefähr so aus: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/binary/UR5BZBGEGVK45YXYFWA4T4UDE7IAJGU4/full/1.jpg
Das Bild ist von Norden aus aufgenommen worden, also ist die Straße nach links raus der Goerdelerdamm.
Was ist wenn dieser Volksentscheid in die Hose geht? (Was nicht so abwegig ist) Wird dann die nächsten 20 Jahre nichts mehr getan für den Radverkehr? Immerhin hat das Volk ja gesprochen, was es will.
Das „Gesetz zur Förderung des Radverkehrs in Berlin“ nutzt ja direkt erstmal nur den Radfahrern, und die machen nun mal keine 50%+ aus.
Es wäre ganz übel wenn das schief geht. Deswegen müsst ihr Berliner alles aktivieren was wahlberechtigt ist.
@ hvhasel
Schön, dass Du das Luftbild gefunden und damit die Frage von CGast beantwortet hast. Daraus wird mehr als deutlich, dass der „alte Goerdeler Damm“ zumindest von der Breite her durchaus fahrradtauglich war. Indessen habe ich in meinem o. Beitrag sehr wohl den Zweirichtungs-Rad- und Fußweg gemeint, der an der BAB 100 übrig geblieben ist. Den bezeichne ich auch als Goerdeler Damm, zumal die über die BAB führende Brücke an der Beusselstraße bis heute Goerdelerdammbrücke heißt. Ich fand halt, dass sich an diesem Weg sehr gut erkennen lässt, was man sich unter der Geiselschen Gerechtigkeit zwischen den Verkehrsarten vorstellen
darf. Zu diesem kombinierten Rad-und Fußweg ist noch anzumerken, dass
der ohnehin rechtswidrig schmale Weg in der Vegetationszeit
nachhaltig zuwuchert und dem Radler in östlicher Richtung die Scheinwerfer der auf der BAB fahrenden KFZ frontal entgegenblenden.
Bei Dunkelheit und Regenwetter wird die Radfahrt somit zum Blindflug.
Denn Abblendlicht ist ja bekanntlich rechtsweisend konstruiert. Das vermag auch der autobahnseitig aufgestellte Maschendrahtzaun nicht zu verhindern. Der sorgt nur dafür, dass Radler, die mit Lenkerhörnchen unterwegs sind, diesen lausigen Zaun touchieren, darin hängen bleiben
und ganz fürchterlich auf die Schnauze fallen. Wenn hier etwas im Geiselschen Sinne radikal ist, dann doch wohl nicht der sehr maßvolle Text des Gesetzentwurfes sondern solcherlei tagtäglich an jeden normalen Radler
gestellten Zumutungen.
@Christoph
Hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Volksentscheides hab ich auch so meine Bedenken.
Deshalb an alle Blog-Teilnehmer: Sammelt Unterschriften, Unterschriften,
Unterschriften, egal von wem und warum, gerne auch von Porsche-Fahrern und Mitarbeitern der Senatsentwaltung für Stadtverwicklung, Hauptsache Berliner und wahlberechtigt!!!!
@Komfortradler
Ja klar, das stimmt, der Weg ist echt bescheiden, gerade wenn das eine Hauptradroute sein soll. Eigentlich dürften sich dort keine zwei Fahrräder begegnen und Fußgänger auch nicht. Aber mir ebenso unverständlich ist der neue Weg auf der Südseite der Autobahn, direkt am Westhafenkanal. Von der Breite und Führung optimal gebaut, wäre er eine super Alternative zu dem von Dir beschriebenen Weg. Allerdings ist der Bodenbelag echt mäßig fahrradfreundlich ausgewählt worden, wenn ich es richtig erinnere. Ich bin da bisher nur längs gelaufen.
Und man hätte mit ganz, ganz wenig Mitteln eine Auffahrt zum Tegeler Weg schaffen können, um den Jakob-Kaiser-Platz zu umfahren. So bleibt einem nur die Treppe oder ein Sandweg. Zudem weiß keiner ohne Ortskenntnisse, wie er zu diesem Weg vom Jakob-Kaiser-Platz aus kommend gelangen kann. Ein Schild Höhe Reichweindamm könnte Wunder bewirken. Oder aber ein Hinweis am Goerdelersteg.
Kurz, es sind so viele kleine Maßnahmen, die Radfahrern schon echt viel helfen könnten. Aber daran denkt in der Senatsverwaltung keiner. Wahrscheinlich mangels Praktikern dort und wenig Interesse an deren Tun bisher. Aber genau dafür ist der Volksentscheid in meinen Augen so nützlich. Bereits jetzt ist das Thema in Berlin mehr im Gespräch als in Jahrzehnten herkömmlichen ADFC-Lobbyings zuvor.
@hvhasel
Dass sich der Streifen zwischen Autobahn und Kanal sehr gut für einen breiteren Radweg eignen würde. ist mir auch schon aufgefallen.Indessen
ist der vorhandene Weg kaum zu erreichen, zum Radfahren schlecht geeignet und vom Besitzer auch keinesfalls als Radweg gedacht.Soweit mir bekannt, gehört dieser Geländestreifen der Bundeswasserstrassen-verwaltung und mit denen wird schlecht verhandeln sein. Und die Sache mit dem ADFC kommt mir auch recht spanisch vor. Ich habe irgendwie das Gefühl, der ADFC hat eine Beißhemmung gegenüber der Landespolitik und ich wünsche mir, der ADFC Berlin würde auf den Zug zum Volksbegehren aufspringen. Schließlich wäre die Fahrradsternfahrt eine hervorragende Plattform um die auf dem Weg zum Volksentscheid benötigten Unterschriften zu sammeln.
Ich halte mich inhaltlich raus, weil „ich bin Kein Berliner“.
Man sollte schon sehr intensiv er-„fahren“ sein in Berlin, und die politischen Implikationen und Spielräume kennen.
Aber einige Punkte sind m.E. schon ziemlich kontraproduktiv. Vielleicht bessert sich ja noch was, und z.B. die Reisezeiten und Reisezeitbudgets finden sich im Gesetzentwurf wieder (könnte als obligatorischer Verwaltungsauftrag formuliert werden, dass Reisezeitoptimierung des Radverkehrs in die Verwaltungsabläufe und die Verkehrsplanung integriert wird, wie bei der Verkehrsentwicklungsplanung in Kopenhagen, auch quantifiziert, nur verbindlicher).
Jedenfalls drücke ich einerseits die Daumen, andererseits glaube ich mit Bauchgefühl, dass das ein ganz klassischer ‚Rohrkrepierer‘ wird.
Warum wird eingentlich von einer privaten (gewinnorientierten?) Ein-Personen Agentur so was angestossen und durchgezogen?
Sind sich alle bewußt, was das für ein Risiko darstellt, wenn das scheitert?
Kann es sein, dass das Ganze eigentlich hautpsächlich der Agentur nutzen soll, (Aufmerksamkeitsökonomie!) und nicht der Entwicklung des Radverkehrs?
Kann natürlich sein, dass das ‚Colville-Andersen‘ Konzept aufgeht, und eine private Agentur fürderhin zuständig sein wird für die Radverkehrsentwicklung.
Ich tue mich aber sehr schwer damit das gut zu finden.
Alle Bereiche (selbst schon das politische Engagement) scheinen jetzt privatwirtschaftlich ‚marktkonform‘ transformiert zu werden?
Angesichts des (von aussen gesehen) sehr hohen Anteils der Agentur: wurde den Kooperationspartnern gegenüber das Geschäftsmodell offengeegt?
Mag sein, dass das unfair ist, mag sein, dass das von meiner Seite aus eine Verkennung des Zeitgeistes ist, mag auch sein, dass die Kooperationspartner (der ADFC Berlin scheint ja lange skeptisch gezögert zu haben) eine viel grössere Rolle spielen, als die Agentur, aber privatwirtschaftliches ‚campaining‘ hat für mich immer ein gewisses ‚Geschmäckle‘.
Klar ist die Kampagne für Anregungen der konkreten Ausgestaltung von Aussen offen (spart auch Ressourcen, wenn andere sich ehrenamtlich ins Zeug legen?) , aber bezüglich Anregungen das doch besser sein zu lassen?
Gab es da eigentlich Raum und Diskussion vorab?
Lässt sich das noch Abblasen?
Cassandra, oder nur der typisch deutsche Bedenkenträger?
@Christoph, man kann ja nicht in die Zukunft schauen, aber derzeit habe ich nicht das Gefühl, dass der Senat sonderlich aktiv wäre. Um die Situation zu verschlechtern, müsste er sich eher mehr bewegen als zur Zeit.
Der von Dir beschriebenen Gefahr, dass der Senat nach einer Ablehnung des Volksentscheides den Modal Split in seinen Verkehrsüberlegungen noch weniger beachtet, steht die große Gefahr gegenüber, dass er es flächendeckend halbherzig macht. Eine schlecht gemachte Radverkehrsanlage mag vielen nicht auffallen – für diejenigen, die häufiger Radfahren, kann sie einer Straßensperrung gleichkommen.
Diese Gefahr sehe ich, wenn man den Behörden zu viele Spielräume überlässt. Nach dem Motto: Da habt Ihr Eure kilometerlangen Radspuren – mit einem Meter Breite stören sie niemanden …
Ich könnte mir vorstellen, bei einem solchen Entscheid, wenn dessen Inhalte mich nicht überzeugen, selbst mit „Nein“ zu stimmen.
@berlinradler: zu den Fahrradstraße mit Barrieren dazwischen kann ich ein Beispiel aus der Praxis liefern, dass Deine Theorie (die auch meine immer war) bestätigt:
Auf meinem aktuellen Arbeitsweg in München liegt der Strassenzug Leipartstraße/Karwendelstraße/Meindlstraße. Die ist genau so ausgeführt: alle ca. 400m ist die Strasse für KFZ nicht passierbar. Ähnlich wie bei der Linienstraße in B ist eine stark befahrene Strasse parallel (eigentlich sinds zwei und die sind staugeplagter als die Torstraße). Das funktioniert perfekt. Da ist kaum KFZ-Verkehr, sondern wirklich nur Parkverkehr und man kann mit dem Rad dort sehr entspannt und zügig fahren.
Dabei ist es egal ob man sich in einem Abschnitt des Strassenzugs bewegt, der als „Fahrradstraße“ gewidmet ist oder in einem wo das nicht der Fall ist.
Wenn ich das mit der Linienstraße vergleichen (die bin ich mehrere Jahre lang täglich langgefahren) ist das ein himmelweiter Unterschied. Die wird von vielen KFZs als Durchgangsstraße genutzt und speziell Taxifahrer verhalten sich auch sehr aufdringlich, ist nicht angenehm zu fahren.
Ich bin auch seit Jahren der Meinung, die beste Möglichkeit wäre es, für Fahrradfahrer parallele Wege als Hauptrouten auszuwählen und dort den Radverkehr zu beschleunigen.
@abwrackprämie – bei der Linienstraße kommt ja noch die Kreuzung zur Rosenthaler Straße hinzu, da fährt man kaum mit einem guten Gefühl rüber. Wenn die Intention der Fahrradstraßen ist, auch unerfahrene oder ängstliche Radfahrer anzuziehen, ist das tatsächlich in der Linienstraße vollkommen gescheitert.
Ein halbherzig gemachter Volksentscheid, der den Behörden zu viele Spielräume beim Verzicht auf sichere Lösungen lässt, könnte genau solche „Fahrradstraßen“ en masse entstehen lassen, das meine ich mit meiner Kritik.
Beispiele „gesperrter“ Straßen gibt es auch in Berlin – die Alberichstraße in Biesdorf, erste Fahrradstraße Berlins, hat an einer Stelle so eine Barriere, allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass es ernsthaft Durchgangsverkehr dort gab, bevor sie installiert wurde. Die Straße schaffte es dennoch in das Meldeportal Radsicherheit, weil die „mobilen“ Eltern zu Schulbeginn und -schluss wohl alles lahmlegen. Auch wieder so ein Thema 😉
Ich wäre nicht so pessimistisch bzgl. des Volksentscheids. Ich finde das sogar sehr positiv, ganz einfach weil es die Aufmerksamkeit auf die Probleme hinlenkt und mal formuliert, was Radfahrer eigentlich wirklich wollen.
Die Antwort der Berliner Politik in Richtung „einseitige Bevorzugung einzelner Verkehrsarten“ finde ich klasse, weil das ein richtig fettes Eigentor ist, die die Initiative prächtig ausschlachten kann, wenn die Macher schlau genug sind. Da kann man schöne Beispiele bringen wie die „einseitige Bevorzugung“ derzeit aussieht und wie man das gerechter verteilen kann (Modal Split ist ja bekannt).
Es wird natürlich nicht sofort super Konzepte und deren Umsetzung regnen, aber steter Tropfen höhlt den Stein. Sich mit „Maximalforderungen“ (finde ich eigentlich gar nicht) erstmal Gehör zu verschaffen ist meiner Meinung nach genau die richtige Vorgehensweise.
Was soll da schiefgehen?
Auf der Habenseite steht auf alle Fälle eine gründliche Diskussion über Verkehr in ganz Berlin.
Die Parteien müssen sich mitten im Berliner Wahlkampf positionieren – mit der Furcht vor einem erfolgreichen Volksentscheid im Nacken und mit der Furcht, dass sich der jeweilige Konkurrent mehr Rad-Forderungen zu eigen macht als man selbst.
Statt der mit Geldkoffern und mit fetten Posten winkenden Kfz-Lobby wird mal der radfahrende bzw der radfahren wollende Teil der Bevölkerung mitten im Wahlkampf stimmensammelnd präsent sein und den vereinten Kfz-Parteien von grün bis schwarz quasi mit dem Fahrradschlauch in der Hand die eine oder andere Passage ins Programm soufflieren.
Schaun wir mal, wie viele das werden.
Meiner Meinung nach ist alles drin, 20-30, aber auch 70 -80%. Kommt auf die Kampagne an. Ich bin gern und öfter in Berlin, unsere Familie hat ne Jobpendlerwohnung in Berlin. Ich habe schon eine Woche Urlaub zum Sammeln vom diesjährigen Radurlaub abgeknapst. Berlin ist auch schön.
Aber gewonnen? Gewonnen hat der Radverkehr durch den Radentscheid jetzt schon. Und das nicht nur in Berlin.
@ Alfons K. Ja, diese Bedenken habe ich auch und vielleicht schleppen auch einige der Unterstützer das mit sich herum. VDC, BUND, ADFC sind mehr oder weniger überzeugt dabei, aber in den Medien ist halt immer nur einer. Dafür kann die Initiative aber letztlich auch nichts. Wenn sich die Verbände nicht mehr nach vorne drängeln und die Medien unbedingt immer eine Rampensau brauchen, ist das halt so. Der andere Weg, immer verhalten betteln, hat in Berlin eben auch nicht sooo gut funktioniert und wenn es der Politik lieber wäre, mit kooperativen Partnern zu arbeiten, muss sie sich eben auch auf die zubewegen. Sonst hat sie am Ende eben einen, der die Medienklaviatur besser bedient als sie und ihnen zeigt, wo’s langgehen soll. Ist halt nicht gesagt, dass diese Richtung die zum Bürgerwohl (hier: Radfahrerwohl) ist. Hat die Politik ja aber bisher auch nicht gestört.
VCD natürlich…
Die Koalition bekräftigt noch einmal ihre ablehnende Haltung zum Volksentscheid:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/verkehr-in-berlin-koalition-kritisiert-fahrrad-volksentscheid-und-lobt-eigene-erfolge/13044408.html
Ein paar Auszüge: Ole Kreins (SPD) bezeichnet die bisherige Verkehrsstrategie des Senats als erfolgreich. Er verweist darauf, dass auch beim Ausbau der Fahrradstellplätze Parkplätze für Autos wegfallen würden.
Oder Oliver Friederici: „Jede Form der Fortbewegung hat ihre Berechtigung“. Man dürfe einzelne Mobilitätsformen nicht gegeneinander ausspielen.
Verkehssenator Geisel fragt: „was passiert eigentlich mit älteren Menschen, die etwa mit dem Rollator unterwegs sind?“ und meint – ich interpretiere hier etwas böswillig – dass Autoparkplätze wichtiger sind als Fahrradstellplätze.
Es ist eine weitere Perversität unserer Autogesellschaft, dass immer die größten Verlierer der Autogesellschaft vorgeschoben werden um sie zu rechtfertigen. Hier ältere Leute mit einem Handicap. „Lieber“ Herr Geisel, gerade Menschen, die langsamer sind, auf einen Rollator angewiesen, etc. hätten ein deutlich leichteres Leben, wenn sie nicht dauernd mit den Karroristen und ihren Belchbüchsen um den knappen Lebensraum in der Stadt kämpfen müssten.
Gerne werden auch Kinder vorgeschoben, wenn der Belchwahnsinn gerechtfertigt wird. Als ob irgendein Kind gerne im Auto sitzt.
Zukünftige Generationen werden nur ungläubig den Kopf schütteln.
Da war ja nun nichts neues zu lesen. Komisch, dass es um die Initiative so still ist. Reden die nicht mit der Presse oder wird blos nix abgedruckt?
Ich hoffe, dass sich Heinrich Strößenreuther von der Senatsverwaltung und den angeblichen Verkehrsexperten der Berliner Politik
nicht ins Bockshorn jagen lässt. Einer Politik und Verwaltung der Wohl und Wehe der Radlergemeinde ansonsten scheißegal ist und die angesichts ihrer
den Fahrradverkehr betreffenden unzähligen und jahrzehntealten Versäumnisse allen Grund hätte, erstmal durch Stillschweigen zu glänzen.
Je lauter die Geisels und Gaeblers schreien, desto nötiger ist es, dem mal
einen Kontrapunkt entgegenzusetzen.
Dieses Auspielen der Seniorenkarte nervt mich enorm, vor allem glauben das die meisten Älteren in Berlin, die ich kenne, auch noch selber. Aber wenn man nachfragt, ist es genau genommen gerade die heutige Infrastruktur, die den Senioren Angst macht.
Noch nie gab es doch für diese Zielgruppe so vielfältige Möglichkeiten der Mobilität per Fahrrad wie heute. Nicht nur E-Bikes, sondern bspw. auch Lastenräder a la Kopenhagen lassen rüstige Rentner noch gut aussehen, wenn sie kein Senioren-Dreirad fahren wollen. Jetzt muss sich die Generation 60+ nur noch sicher fühlen. Dann braucht man auch gar keinen Rollator mehr.
Stattdessen lässt man lieber demente Ältere ohne Nachprüfung ans Steuer und die Karre sprichwörtlich gegen die Wand fahren. Alles bundespolitisch so gewollt! Warum die Berliner Landespolitiker nicht willens sind oder die Chance nicht sehen, ein Gegenbeispiel zumindest ansatzweise zu setzen, ist mir ein Rätsel.
@ hvhasel
Mit seinem Blick auf die Rollatoren hat der Herr Geisel ein schönes
Eigentor geschossen. Denn Rollatorgeher und noch mehr Rollifahrer
werden doch in unserer Stadt noch schlimmer misshandelt, als wir Radfahrer.
In jedweder Form Gehbehinderte hätten doch auch allen Anlass, einen
Volksentscheid zu ihren Gunsten anzustreben. Das ganze ist auch kein Rätsel sondern schlicht und ergreifend Klientelpolitik. Und wenn sich der Herr Kreins daran abarbeitet, dass , welch himmelschreiende Ungerechigkeit, beim Bau von Fahrradabstellplätzen Parkplätze verlorengehen, wissen wir doch welche Klientel mit dem Geschrei
gegen den Volksentscheid bedient werden soll.
@Komfortradler
Ja, sehe ich auch so.
Allerdings, generell betrachtet, Auto-Klientelpolitik für wen eigentlich? Die CDU-Klientel in Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf? Ich wette, in Berlin käme in einer Umfrage keine Mehrheit pro MIV zustande.
Senioren-Klientelpolitik bedeutet in Berlin momentan ja zu einem guten Teil auch Unterstützung des ÖPNV, was ja grundsätzlich nicht verkehrt ist. Und Senator Geisel scheint dort einen Schwerpunkt setzen zu wollen. Ob etwas bei rum kommt ist natürlich eine andere Frage.
Aber wo der ÖPNV Nachteile durch bessere Bedingungen für den Radverkehr erfährt – außer weniger Fahrgästen – kann ich wirklich nicht erkennen. Anstatt man die Ideen des Volksentscheides mal in diese multimodale Richtung weiterdenkt.
politik für die peer group.
wer es sich leisten kann in der altersgruppe Ü60 (physisch oder gefühlt) fährt auto. wer es sich nicht leisten kann, würde gerne. alles andere ist für die, die es nicht geschafft haben. und weil man das seit 60 biologischen jahren nach möglichkeit so macht, geht alles andere auch gar nicht mehr.
die alternde gesellschaft sorgt dafür, dass diese position noch absehbar in der (macht)mehrheit bleibt. renten und pensionen rauf, große autos her, autobahn bauen, tunnel erweitern, parkplätze vergrößern, größere autos kaufen, renten und pensionen erhöhen …
fab schreibt:
Nicht nur die alternde Gesellschaft. Auch die Gruppe von Fahrrad Lobbyisten die sich nicht vortsellen können, dass man auf einer ganz normalen Strasse auch Radfahren kann, tragen dazu bei, dass Radfahren als Sonderfall gesehen wird.
Ich muss gestehen, dass ich in Berlin immer mehr feststelle, dass Fahrradfahrer immer mehr gefährdet sind. Doch viele bringen sich selbst in Gefahr, weil sie die neuen Fahrradwege nicht nutzen und die Straßenverkehrsordnung strickt nicht einhalten.
@Julia
Wie sollen Radfahrer sich denn selbst gefährden, indem sie „die neuen Fahrradwege nicht nutzen“? Gefährdet werden sie in diesem Fall höchstens von anderen. Solange es keine Benutzungspflicht gibt, ist die Sache nunmal auch formal erlaubt!
@siggi:
Dann starte doch eine Fan-initiative aus Köln (?) für unseren Regierenden Bürgermeister und seinen Staatssekretär: Sie machen schlicht seit vielen Jahren NICHTS. Zwei Männer ganz nach Deinem Geschmack.
Ab und zu ein blaues Schild abbauen, das wars. Die Restradwege zerfallen von eine alleine und sind ja größtenteils schon unbenutzbar – läuft doch. Die irrtümlich neu gemalten Streifen nutzen sich zum Glück auch recht schnell ab, kannst ja noch ein bisschen wieder runterkratzen.
Wir leben hier eigentlich im Siggiparadies mit Bällebad und spielen den ganzen Tag SUV-erschrecken und LKW-fangen, ein Riesenspaß.
@fab,
wie ist das denn zu verstehen?
Ist seit der verstärkten Freigabe der Fahrbahnen der Radverkehrsanteil in Berlin eingebrochen?
Oder sind die gefahrenen Streckenlängen geschrumpft?
Ich hatte das bislang so in Erinnerung, dass der Radverkehr (ob trotz oder wegen verstärkter Fahrbahnfreigaben, oder völlig unabhängig davon sei mal dahingestellt) in Berlin weiter angestiegen ist.
Ist das nicht ehr aktuell, und in Wirklichkeit hat das Abschrauben von Blauschildern den Radverkehr zurückgedrängt?
wie so vieles in berlin: nicht wegen, sondern trotz politik fahren wir rad, wächst die wirtschaft, kommen mehr einwohner, passiert subkultur, ist es eine tolle stadt. das alles einfach unabhängig von benutzungspflichten und/oder deren aufhebung und anderer weitgehend praktisch irrelevanter* maßnahmen.
(*die aufhebung von nutzungspflichten interessiert ein paar leute mit vergleichbaren interessen wie siggi. aber weder das gros der radfahrer noch der autofahrer nimmt das überhaupt war. tägliche beobachtung aus fahrverhalten und gesprächen. von mir aus kann man gern mal zählungen dazu machen, wieviele radfahrer bei aufgehobenen nutzungspflichten die fahrbahnen benutzen. wäre vielleicht interessant.)
Ich halte die Aufhebung der Benutzungspflicht nicht für irrelevant. Zumindest in Berlin nutzen doch einige Radfahrer die Möglichkeit, schlechte Radwege rechts liegen zu lassen. Inzwischen wird man dabei signifikant seltener von Autofahrern bedrängt/angehupt als noch vor 5-10 Jahren (womit diese Möglichkeit auch für „normale“ Radfahrer zu einer realistischen Option wird). Insbesondere seit der Berichterstattung zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vor ca. 3 Jahren (unter anderem in der Tagesschau) wissen doch relativ viele Verkehrsteilnehmer, dass man nicht jeden Radweg benutzen muss. Jetzt fehlt aber immer noch eine flächendeckende Umsetzung. Vor vielen Ampeln stehen immer noch Radwegschilder (weil die Behörden nicht die Räumzeiten anpassen wollen), auch wenn der Radweg viel zu schmal ist und eigentlich längst entschildert sein müsste.
@fab, @Jakob
Ich halte die Aufhebung der Benutzungspflicht nicht nur für nicht irrelevant, sondern für eien ganz entscheidenden Faktor, ob der Trend zu mehr Binnenkonkurrenz zwischen den Umweltverbundträgern geht, oder sich endlich mal der Autoverkehr in Deutschland reduziert.
Das Profi-campaigning treibt bzarre Blüten:
Mittels Volksentscheid zurück zur reinen Autostadt, oder wie ???
LOGIK ?
https://twitter.com/radentscheid/status/707192660327530496
“ Volksentscheid Rad
@radentscheid
#Berlin: #Radverkehr wächst (158% seit 1983); Pkw-vekehr schrumpft (-21% seit 1998). Neue Verkehrspolitik bitte! pic.twitter.com/sE1JIgHo1t “
WOW!
Wieso genau braucht es unbedingt eine neue Verkehrspolitik, wenn doch der Radverkehr wächst, und der Autoverkehr schrumpft ???
Soll da jetzt der Trend umgekehrt werden?
Passt immerhin zur neuen ‚NL kann alles besser‘ Dogmatik.
In den gepriesenen Niederlanden steigt der Autoverkehr allerdings weiter kontinuierlich an. Spricht das jetzt für die NL-Separation, und gegen den Berliner Trend endlich mal StVO-konform Fahrbahnen freizugeben?
Ich will damit nicht sagen: Fahrbahnfreigabe und alles ist Bestens, bin aber sehr wohl der Meinung, dass es ein Kardinalfehler wäre jetzt durch die Hintertür des Völksentscheides die Benutzungspflicht zum neuen de-facto Standard zu machen und die Reisezeiten für den MIV zu optimieren, während der Radverkehr auf separierten Wegen verlangsamt wird.
Das nun gefährdete Konzept der dualen infrastruktur (StVO-Novelle 97) scheint mir da ERHEBLICH zukunftsfähiger, als der ‚Roll-Back‘.
Und die vielgepriesene Sicherheit in NL?
Ja im Auto ist man sicherer unterwegs.
Mit dem Rad hingegen ist
!!! bei Berücksichtigung des jeweiligen modal-split !!!
pro gefahrener Fahrradstrecke das Risiko getötet zu werden in NL sogar HÖHER als in D.
Mal wieder scheint mit der m.E. langsam fragwürdig werdenden „subjektive Sicherheit“ „mehr Radwege“ – Kampagne der Mythos von den „besseren“ separierten Radwegen vorangetrieben werden zu sollen.
Zunehmend gibt es einen Spin „Radweg über Alles“ und „Weg mit dem männlich-dominierten Fahrbahn-Fahren, das nur was für Lebensmüde ist“.
Die berüchtigten deutschen 30er kehren nciht nur mit Pegida, NPD und rechten Terrorhorden in den Innenpolitischen Alltag zurück, sondern es gibt jetzt auch beim Radverkehr eine Renaissance der 30er mit ihrer Doktrin der reinen Auto-Fahrbahnen?
Nein, nicht godwins-Law, sondern eine stegende Skepsis gegenüber der Renaissance der populistischen Forderung: ‚Radfahrer runter von unseren Strassen‘, wie sie von den BW-Grünen, den Taxi und Logistik-Lobbys (Fernfahrer Forum, sehr lesenswert) über die CSU bis hin ins Lager der neuen „runter von der Fahrbahn“ Radaktivisten erschallt.
Klar, separierte Radwege besser zu bauen als in D ist keine Kunst, und das ist auch eine sinnvolle Forderung, aber dass durch Radwege der Autoverkehr zurückgedrängt wird?
Wo?
Auch in Berlin wird das kaum gelingen, wenn ausgerechnet in einer Wachstumsregion mit steigenden radialen Umland-Zentrum-Verkehren die Fahrbahnen Radverkehrs-gesäubert werden.
Die Stunde der Wiedereinführung der Benutzungspflicht über die Hintertüre scheint näherzurücken?
Hoffentlich wird sich nicht die Kampagne:
„Radverkehr wächst; Pkw-vekehr schrumpft. Neue Verkehrspolitik bitte!“
als Menetekel eines neuen Zyklus autogerechter Infrastruktur erweisen.
klar, @jakob, ist der wegfall eines fahrbahnbenutzungsverbotes für diejenigen relevant und wichtig, die davon vor rechtswidrig eingeschränkt waren.
komplett irrelevant ist es nach meinen (natürlich anekdotischen) beobachtungen aber für den modal share. es fängt niemand an, rad zu fahren WEIL er jetzt auf der fahrbahn neben einem restradweg fahren darf. zumal das nach meiner beobachtung eben immer noch kaum jemand tut (einzelkämpfer bestätigen hier die regel).
wie viele schnelleren fahrer vermeide ich solche routen auch und nehme dann lieber nebenrouten – keine lust auf volkserziehung und druck der straße. dennoch sind die restradwege und v.a. fußwege daneben oft voll bis an die kapazitätsgrenze.
wenn die leute anfangen (wieder) radzufahren, dann doch eher WEIL es auf einmal schönere, komfortablere und/oder sicherere wege gäbe.
und @alfons, deine theorie, die reisezeit wäre so überragend wichtig ist für dich vielleicht relevant. es bringt aber nichts, wenn man schnell fahren KÖNNTE, die leute dann aber gar nicht radfahren, weil sie sich nicht trauen. mag ja auch sein, dass geübte radler schnell und weit fahren, wenn man sie lässt. habe ich auch nichts dagegen. nur sehe ich keine kausalität zum modal share. anfänger wollen nicht weit und schnell, sondern erstmal überhaupt und dann angenehm und sicher fahren:
http://bikeyface.com/2015/05/15/two-mile-touring/
was deinen zweiten post betrifft @alfons, folge ich dir nicht. der volksentscheid verlangt doch überhaupt keine wiedereinführung von benutzungspflichten. dagegen wenden sich auch gerade die autofahr-hardliner, er wird sicher nicht von CSU (in berlin?) ADAC, pegida und dem klu-klux-klan unterstützt, ich schwöre.
und deine hypothetische risikorechnung, bei dem du modal share einfach als gegeben hinnimmst – als ob die verkehrspolitik darauf keinen einfluss hätte – naja.
und was die reduzierung des autoverkehrs in der innenstadt betrifft: ein wichtiges ziel. aber mehrheiten wird es nur dann geben, wenn die alternative schon sichtbar und attraktiv sind. so klappt es doch auch im kopenhagener zentrum.
sonst gibt es nur mal bei einzelprojekten ein riesengeschrei und bleibt bei symbolpolitik (abschnittsweise tempo 30 das keiner je kontrolliert, „begegnungszonen“, „fahrradstraßen“, „verkehrsberuhigter bereich“ ohne bauliche durchsetzung…)
@fab: Warum sollte die Benutzungspflicht für den modal share nicht relevant sein? Wenn man durch miese Radwege ständig ausgebremst wird, dann wird man insbesondere für längere Strecken doch auf andere Verkehrsmittel ausweichen. Wenn es eine gut nutzbare Verbindung gibt, dann fahre ich auch Strecken von 10-25km gerne mal mit dem Fahrrad (selbst wenn es die Möglichkeit gibt, das Fahrrad mit der S-Bahn mitzunehmen).
Das schlimme ist ja, dass jemand, der einen „Radweg“ nicht benutzt, von @fab zu Recht als Einzelkämpfer bezeichnet wird. Denn genau so wird er wahrgenommen, so lange er eine totale Minderheit repräsentiert und ggf. neben ihm ganze Gruppen auf dem Radweg fahren. Auch mit bester Regelkenntnis kann da ein Autofahrer mal sauer werden, wenn alle brav den Radweg nutzen und nur einer unbedingt auf der Fahrbahn fahren muss.
@hvhasel schrieb vor einigen Tagen, dass es fraglich wäre, ob die Berliner wirklich mehrheitlich eine dediziert autofreundliche Politik unterstützen würden. Immerhin verzichten viele Haushalte auf ein eigenes Auto. Meine Erfahrung: Die derzeitige Ordnung, in der man als nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer auf einer unteren Stufe steht, wird auch von Nicht-Autofahrern akzeptiert. Meines Erachtens hat das u.a. seine Ursache in den Medien, die bei Verkehrsthemen meist sehr autobezogen sind und bei Unfällen nicht selten Täter und Opfer vollkommen verwechseln. Ich denke beispielsweise, dass Fußgänger, die die Straße rennend überqueren oder Radfahrer, die auf dem Gehweg fahren, oft einfach den echten Verkehr nicht belästigen oder stören wollen. Bezüglich der Unterstützung des Volksentscheides aus autofreien Haushalten bin ich recht spektisch.
Auf meine täglichen Wege haben Radwege übrigens durchaus eine Auswirkung, das ist aber nicht zwingend abhängig von der Benutzungspflicht, sondern von der oft katastrophalen Qualität und dem sozialen Druck auf der Fahrbahn. Manchmal auch einfach von der Ampelschaltung. Wenn irgendwo ein Radweg ist, nutze ich die Straße nach Möglichkeit gar nicht – es sei denn, der Radweg ist gut (selten) oder die Straße so wenig befahren, dass ich auf der Fahrbahn keine einfachen Gemüter erhitze. Das Resultat ist aber ein Vermeidungsdruck und Umwege – viele Radfahrer fahren heute Umwege, da manche Autofahrer auf den Hauptstrecken nicht unbedingt eine Wohlfühlatmosphäre schaffen.
Übrigens meide ich auch manche Wege als Fußgänger, wenn mir dort zu viele Radfahrer unterwegs sind 🙂
@fab
„komplett irrelevant ist es nach meinen (natürlich anekdotischen) beobachtungen aber für den modal share. es fängt niemand an, rad zu fahren WEIL er jetzt auf der fahrbahn neben einem restradweg fahren darf. zumal das nach meiner beobachtung eben immer noch kaum jemand tut (einzelkämpfer bestätigen hier die regel). “
Völlig richtig, und auch jenseits von anekdotischen Beobachtungen belegt:
„Auf den Untersuchungsabschnitten mit benutzungspflichtigen Radwegen beträgt der Anteil regelwidrig auf der Fahrbahn fahrender Radfahrer im Mittel 2 %. […] Auf den Straßen mit nicht benutzungspflichtigen Radwegen beträgt der Anteil der Fahrbahnnutzer etwa 4 %.“ (Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern, BASt-Bericht V 184, 2009, Seite 32)
Selbst wenn wir der (abwegigen) Annahme folgen, diese 2% seien nur wegen der Aufhebung der Benutzungspflicht aufs Rad gestiegen, bleibt die Benutzungspflicht für den Radverkehrsanteil irrelevant. Ich gehe selbst gegen ungeeignete Benutzungspflichten vor, aber das verstellt mir nicht den Blick darauf, dass nicht die Benutzungspflicht spielentscheidend ist, sondern eine Infrastruktur, die der Masse ein stressfreies Radeln unbehelligt vom Kfz-Verkehr ermöglicht.
@Pierre:
Diese 4% sind nicht unbedingt in Stein gemeißelt und in Berlin sind es auf vielen Straßen schon *deutlich* mehr, die nicht auf dem Radweg fahren (besonders wenn der Radweg schmal/holprig ist und auf der Fahrbahn gerade kein Stau ist). Noch effektiver als ein Entfernen der Radwegschilder ist es, wenn gefährliche alte Radwege gesperrt werden, was in Berlin doch ab und zu gemacht wird (für eine vollständige Entfernung des Radwegs ist kein Geld da, also werden erst mal nur Absperrungen aufgestellt).
Um unbehelligt vom Autoverkehr stressfrei zu fahren sind die üblichen straßenbegleitenden Radwege auf jeden Fall nicht geeignet. Es gibt einfach zu viele Kreuzungen/Grundstücksauffahrten, bei denen ein Radweg keinen Schutz bietet und man durch die schlechtere Sicht noch mehr gefährdet wird.
@pierre
entscheidend ist aber doch, um welche Art von „Radeln“ es sich dann handelt!
Wenn da nur Kurzstreckenverkehr entsteht, der in Konkurrenz zum ÖPNV tritt, und der lediglich die Kurzstrecken-Autofahrten telweise ersetzt, dann wird die frei werdende Fahrbahnkapazität doch nicht brach liegen, sondern von einem Autoverkehr genutzt, der dann im Schnitt weitere Strecken fährt.
Der Erreichbarkeitsradius steigt also für den MIV an, was die Autofraktionen in Wachstumsregionen ja auch konsequent fordern.
Resultat: mehr gefahrene Autokilometer.
Schau mal hier rein:
http://programmatik.fdp-berlin.de/FDP_Berlin/%C3%9Cber_den_Tellerrand_hinweg_schauen_%E2%80%93_mehr_Wachstum_und_Lebensqualit%C3%A4t_f%C3%BCr_die_Metropolregion_Berlin#Infrastruktur_ausbauen_und_weiterentwickeln
Da hat die FDP tatsächlich mal was verstanden (ja, auch das scheint es zu geben):
Eine Radverkehrsförderung mit Konzept a la Kopenhagen lässt sich durchaus in einen Topf mit dem Leitbild einer weiteren Steigerung der Leistungsfähigkeit der Strassen für MIV und Gütertransport stecken.
Separation des Radverkehrs auf für Autos unwichtige Strassen und Strassennebenanlagen VERBESSERT die Bedingungen für ein stärkeres Wachstum des MIV. Was ist daran schwer zu verstehen?
Stärkere Umlandverknüpfungen, A100 und Co. schaffen mehr Autoverkehr, der dann näher im ‚Kern‘ für Stau sorgt, wenn nicht ein Teil des Autokurzstreckenverkehrs aufs Rad verlgt wird.
Ein noch stärkeres MIV-Wachstum ist in Wachtumsregionen ohne Förderung eines separierten Radverkehr meist gar nicht realistisch machbar.
Die FDP jedenfalls hats verstanden. Die Münstersche CDU auch.
Man mag das ja trotzdem machen, sollte aber nicht die Mär in die Welt setzen, dass mit der Extraktion des Radverkehrs aus dem Verkehrsnetz und mit dem Aufbau eines von diesem getrennten angeblich sicheren „Radwegenetzes“ das Problem des überbordenden Autoverkehrs angegangen werden könnte.
Wär ja schön, ist aber nicht so.
Selbst in den Niederlanden nicht.
Entgegen aller zur Zeit lancierten Behauptungen: die holländische Radverkehrspolitik hat NICHT zu einer Verminderung des Autoverkehrs geführt.
Der Autoverkehr steigt auch dort an.
In den Regionen / Städten der NL, wo der MIV ein weinig zurückgeht, sind Repressionen gegen den MIV ausschlaggebend, nicht das Radverkehrsnetz.
Erst bei push and pull kann ein separiertes Radverkehrsnetz EIN Bestandteil sein, der zu einem ökologisch verträglicheren Verkehr führt.
Wenn ich mal auf Twitter nachschau, dann lese ich da so gruseliges wie
Clevere Städte @wegeheld 3. März
3,1 Mrd. Euro für ÖPNV, weniger als 15 Mio. Euro für Radverkehr. Hm. @radentscheid
Was ist denn das für eine bekloppte Ausrichtung????
Genau das was ich befürchtet habe: der Umweltverbund wird gegeneinander ausgespielt, und die in privatwirtschaftliche Agenturen ausgelagerte ‚Fahrradlobby‘ agiert gegen die angeblich zu hohe Finanzierung des ÖPNV. Das Gegenteil ist aber doch richtig!
Der ÖPNV in Berlin braucht mehr Mittel und müsste längst (Wachstumsregion) massiv ausgeweitet werden. Auch die Radfahrenden werden mal alt und klapprig, oder seh- und fahr-behindert, und sind dann DRINGEND auf einen funktionierenden preiswerten ÖPNV angewiesen, und auf komfortable kurze Fusswege zu den Haltestellen. (Ausgenommen die Entscheidungsprägende wirtschaftliche und politische ‚Elite‘, die sich ohnehin einen Chauffeur hält, oder locker beliebig häufige Taxifahrten leisten kann).
Ich habe nichts gegen Radschnellwege, im Gegenteil, auch nicht gegen mehr RVA – wo es sinnvoll ist – aber wenn ich von den Initiatoren Sätze lese, die Panik vor dem Mischverkehr schüren sollen,
„Peter Feldkamp @LadaNiva 9 Std.Vor 9 Stunden
Peter Feldkamp hat Zukunft Mobilität retweetet
Weswegen Mischverkehr eine schlechte Idee und Sichtbereich ein überflüssiges Argument ist. @umwerfer @BurkhardStork “
dann denke ich, dass ich nicht so ganz verkehrt liege, wenn ich von ‚Roll-back‘ schreibe.
Das scheint nicht mehr in die Richtung zu gehen, dass der Radverkehr schnell, sicher und komfortabel sowohl im Mischverkehr, als auch im Separationsverkehr geführt werden soll.
Stattdessen wird der Radverkehr vom Verkehrsnetz entkoppelt und unter dem Deckmantel einer ökologischen Verkehrswende werden infrastrukturelle Grundlagen gebaut, die ein starkes Anwachsen des MIV eher fördern, denn dass sie es behindern könnten.
Ich finde das sehr sehr schade, weil ja auch wirklich sehr gute und wichtige Forderungen beim Volksentscheid dabei sind.
Verfolgt doch mal was im Umfeld des Entscheides auf Twitter so lanciert wird (clevere Städte, Daniel Pöhler, u.a.), dann versteht ihr vielleicht eher, was ich meine.
Zu den 2%:
Das scheint mir etwas zu verkürzt, und das berücksichtigt auch nicht die aktuellen Tendenzen:
Die Reste des schnellen komfortablen Mischverkehrs werden peu a peu für den Radverkehr unattraktiver gemacht (Sperrung durch z.254, schmalere Fahrspruren, Planung ohne Seitenstreifen, Leitplanken direkt am Fahrbahnrand, … gleichzeitig: Anlage von langsamen Radwegen mit schlechten Oberfälchen, ‚Radwegweisung‘ führt systematisch auf umwegige langsame Nebenstrassen, etc,).
Immer öfter werden Fahrbahnprofile verwendet, bei denen Fahrräder, Mofas, der berühmte Fussgänger mit Handwagen, Pferde, … nicht mehr vorgesehen sind.
Reine Autofahrbahnen mit bestem Asphalt, Vorfahrt, etc..
Was früher nur für Autobahnen gelten sollte wird jetzt ausgedehnt auf Bundesstrassen, Landstrassen und mittlerweile auch Kreisstrassen!!!
Natürlich kriegt das – wie alles – ein grünes Mäntelchen und ist dann angeblich flächensparend, Geschwindigkeitsdämpfend, etc., aber unterm Strich werden Fahrbahnen immer konsequenter autozentriert geplant, dann wird systemimmanent nach Radwegen gerufen, welche dann – nebst zahlreicher Querungen – klarmachen:
„Radverkehr ist für die Kurzstrecken und für den Tourismus. Basta.“
Klappe zu.
Lassen sich die feuchten Träume der Autoindustrie noch besser bedienen?
Ja toll,
findet da endlich zusammen was zusammen gehört?
Twitter:
„Daniel Pöhler @umwerfer 5 Std.Vor 5 Stunden
Der @ADAC will stärkere Trennung von Autos und Rädern – wie der @radentscheid in Berlin! Neuer Unterstützer, (…)“
Zugegeben, der Trend: „Hauptsache mehr separierte Radwege“ ist innerhalb der automobilen Gesellschaft durchaus mehrheitsfähig.
Sage mir Deine Freunde, …
@berlinradler: Volle Zustimmung in allen Punkten.
@Alfons: Ich kenne den Herrn Pöhler nicht und habe mit dem Volksentscheid auch nichts zu tun aber aus dem Kontext ergibt sich doch klar, dass das etwas provozierend und tongue-in-cheek gefragt ist. Die Diskussion in der Sache finde ich ja gut aber polemisieren und Verschwörungen andeuten wo ersichtlich das Gegenteil gemeint ist hilft doch nicht.
Es ist – und war auch noch nie – ein Argument, dass die falschen Leute etwas gut finden. Was, wenn ein Nazi sagt, die Erde sei eine Kugel?
Zum Vergleich mit der ÖPNV-Finanzierung: Natürlich soll man den ÖPNV fördern. Richtig gemachte Fahrradförderung ist aber eben auch prima und im Vergleich komplett unterfinanziert. Fahrradinfrastruktur sollte, finde ich, auch so sein, dass ich im Rentenalter noch fahren mag und kann und dann nicht in den Bus muss, weil ich Angst habe, dass er mich vor sich her treibt (hallo Busspurfreigabe!). Man kann bitte auch gern noch die (versteckte) Subventionierung des MIV dagegen stellen. Aber halt nicht in einem einzigen Twitter-Post.
Und was die Planung von Straßenquerschnitten außenorts betrifft, das mag irgendwo so sein aber ist nicht das Berliner Thema. Und an der Ostsee bekenne ich, dass ich mich über Touri-Radwege außenorts sehr freue. Landstraße mit Limit 100 km/h macht mir nämlich keinen Spaß, erst recht nicht mit Kindern im Hänger und dem Wissen, dass Autofahrer sich und andere überproportional sehr häufig auf Landstraßen totfahren. Wer gegen Bäume fährt, fährt mir auch in den Hänger. Aber wie gesagt, das ist nicht das Thema.
Radinfrastruktur ist auch keineswegs auf Kurzstrecken und Langsamkeit festgelegt. Das ist ein weiterer „vehicular cycling“ Mythos: http://www.aviewfromthecyclepath.com/2008/09/speed.html
schrecklicher unfall im längs-misch-verkehr ohne radverkehrsanlagen:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/berlin-westend-radfahrerin-stirbt-nach-unfall-auf-heerstrasse/13307662.html
in den kommentaren heißt es dazu von @berlinradler, der unzureichende abstand beim überholen wäre keine sehr häufige unfallursache. dazu folgende frage: wenn die polizei die abstände nicht kontrolliert, da sie sowieso angeblich nicht „gerichtsfest“ feststellbar seien, woher weiß man dann eigentlich, dass sie keine häufige unfallursache sind?
könnte es sein, dass der objektive sicherheitsgewinn baulich getrennter radwege aufgrund von kontrolldefiziten zur zeit unterschätzt wird? gerade auch im bereich bewusster fahrlässigkeit („wird schon noch irgendwie gehn, radfahrer soll zusehen wie er klar kommt“)?