Das Berliner Verwaltungsgericht hat gestern einem klagenden Weißenseer Bürger recht gegeben, der die Einführung einer Tempo-30-Zone rund um die Uhr in der Berliner Allee gefordert hatte. Auf dem 900 Meter langen Straßenabschnitt fahren täglich etwa 30.000 Fahrzeuge, bisher tagsüber bei einem Tempolimit von 50 km/h und nachts von 30 km/h. Feinstaub- und Lärmgrenzwerte werden regelmäßig überschritten. Der Richter ordnete an, dass ab jetzt Tempo 30 ganztags gilt.
Diese Anordnung wäre eigentlich eine Aufgabe der Senatsverwaltung für Stadtenwicklung gewesen und zwar seit Jahren, verstößt der gegenwärtige Zustand doch gegen geltendes EU-Recht. Und eigentlich beträfe so eine Anordnung nicht nur die Berliner Allee sondern mehr als 80 Straßenabschnitte in fast allen Bezirken Berlins. Statt aber das Urteil als Vorlage zu nehmen, den eigenen Berliner Luftreinhalteplan zügig umzusetzen, kündigte der Fahrradbeauftragte des Berliner Senats, Staatsekretär für Verkehr und Unwelt Christian Gaebler an, dass der Senat gegen das Urteil Berufung einlegen wird, „wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Urteils“.
Der BUND freut sich über das Urteil: „Wir erwarten, dass der Senat auch auf den übrigen Straßen, in denen die Feinstaub- und NO2-Grenzwerte überschritten werden, Tempo 30 ganztags anordnet, so wie es im Luftreinhalteplan steht. Falls nicht, stehen die nächsten Anwohner, die klagen möchten, schon bereit.“
BUND: Anwohner setzt Tempo 30 in der Berliner Allee vor Gericht durch
Tagesspiegel: Anwohner klagt Tempo 30 auf Berliner Allee ein
Berliner Zeitung: Berlin könnte zur Tempo-30-Hauptstadt werden
Daß Gaddafi, Saddam, Chavez, Assad, Ahmadinedschad und Putin so konsequent gekillt oder ersatzweise dämonisiert werden hat die gleiche Ursache wie die Ankündigung einer Berufung durch den Senat: Wer das System des Petrodollar auch nur in Frage stellt, und sei es mit einer Nichtigkeit wie diesen Dreißigerschildern, der sollte sich warm anziehen, da versteht das System nun mal keinen Spaß, denn der weltweite Export der inneramerikanischen Inflation mittels defacto-Dollarzwang im Rohstoffhandel ist nun mal die letzte große Stütze jener siechen Währung. (Wie Herr Connally es so schön zusammenfasste: It’s our currency, but it’s your problem.) So ist es. Ohne (dollargebundenen) Ölhandel ist für die westliche „Werte“gemeinschaft unverzüglich Game Over.
Darin liegt die “grundsätzliche Bedeutung des Urteils“, das hat der Systembüttel durchaus richtig erkannt.
Nun hat die Berliner Allee also stellenweise ein ganztagsdreißig. Radfahrer werden den Fossilmobilen davonfahren, nicht mehr nur an den Geßlerhüten (Ampeln) oder beim Parkplatzsuchen, sondern zumindest im Fall des Rennrades können sie in ner Dreißigerzone eben auch beim eigentlichen Fahren die Autos nun sauber versägen. Spätestens das ist jemandem, der ein Viertel bis ein Drittel seiner Arbeitszeit für die automobile Persönlichkeitsverlängerung nebst direkter Nebenkosten aufwendet, also dem üblich hirngewaschenen gleichgeschalteten Normalbürger, schlicht nicht vermittelbar. Das vormalige Rausch- und Machtmittel Auto ist plötzlich der Lächerlichkeit preisgegeben. Sollte sich diese Erkenntnis durchsetzen dann gute Nacht für einen Gutteil der öldurstigen Erzeugnisse deutschen Maschinenbaus. Letzterer wär dem Ami ja wurscht aber: ein kleines $-Sargnägelchen wäre eingeschlagen, und so gehts natürlich nicht, da ist es nur konsequent daß die Maulhuren von springerschen Wächterrat gleich Name, Alter und ne Photographie des Herrn, der sich seiner Rechte zu besinnen wagte, vorallem aber dieses übergeschnappten Richters in der BZ veröffentlichen. Möge ein autoberauschter Mob sich seiner annehmen! Denn sonst wirds wieder ja so lästig aufwändig, wenn man des Richters Amtsenthebung im Kirsten-Heisig-Style mittels plump fingiertem Pseudoselbstmord durchführen zu muß.
Naja,
es besteht halt ein ganz grundlegender Konflikt zwischen Menschenrechten (körperliche Unversehrtheit vor allem) und den Interessen der KfZ-Industrie bzw. deren Eignern.
Das System des Petrodollars muss da m.E. gar nicht bemüht werden, zumal etwa in China und perspektivisch in den anderen kapitalistischen BRICS-Staaten der Petro-Dollar kein Monopol mehr hat. Dennoch entwickelt sich dort eine autogerechte Gesellschaft.
Unterhalb der Ebene von Menschenrechten wird es m.E. schwierig dem Geschwafel von der Gleichwertigkeit der verschiedenen Verkehrsmittel argumentativ schlüssig zu begegnen.
‚Unser‘ Wirtschaftssystem ist halt so gestaltet, dass sich auch und gerade an ‚Schädlichem‘ das Kapital wunderbar mehren lässt.
Andere Kriterien passen nicht mehr zur marktkonformen ‚Demokratie‘.
Selbst die Kosten der Abgas-induzierten Lungenkrebs Behandlung und der Umsatz des Beerdigungsunternehmers gehen ja noch qua Steigerung des BIP in die Erfolgsgeschichte des Kapitalismus ein.
So gesehen ist es verständlich, dass die IHK’s Amok laufen, wenn angeblich ’nach dem Fehler der Autogerechten Stadt jetzt der Fehler der Fahrradgerechten Stadt‘ gemacht wird.
Es ist auch verständlich, dass CDUSPDFDPGrüneAfD und Co. sich im Zweifelsfall für die Interessen der Big-Player einsetzen und eine echte Verkehrswende ganz grundlegend ablehnen, während „Radverkehrsfreundliche Politik“ gleichzeitig zum Zielgruppen-spezifischen Heucheln in die Mikrophone und Smartphones getextet wird.
Stellvertretend für die ganzen Heuchler mal das hier:
http://www.fritz-kuhn.de/de/themen/verkehr/index.shtml?navid=13
Es lohnt sich wirklich den Mist mal zu lesen.
Wer JA sagt zur marktkonformen Ausbeutung von Natur und Mensch sollte auch konsequent das Heucheln lassen und zur Vorherrschaft des Automobils stehen.
Die Grünen machen den Anfang?
Zitat:
„Manche mag erstaunt haben, wie intensiv wir Grünen uns in den vergangenen Jahren mit der Automobilpolitik befasst haben. Wir sind der Auffassung: das Auto wird ein wichtiger Bestandteil der Mobilität bleiben. Weltweit stehen wir zudem erst am Beginn einer globalen Motorisierungswelle. Gerade im ländlichen Raum und zu individuellen Transportzwecken ist es häufig ohne Alternative. Die Zunahme des Pkw-Bestands hat jedoch besonders in den Städten die Lebensqualität massiv eingeschränkt. Nicht nur Lärm und Abgase stören, sondern vor allem schränkt die Dominanz des Autoverkehrs im öffentlichen Raum die Bewegungsfreiheit anderer Verkehrsteilnehmer massiv ein. Wir Grünen stehen für ein neues Verhältnis zum Auto.
Wir wollen ein Auto, das den Mobilitätsbedürfnissen der Zukunft angepasst ist. Das Auto der Zukunft muss verfügbar sein, statt sich allein zum exklusiven Luxusgut für jene zu entwickeln, die sich hohe Kraftstoffpreise leisten können. Das Auto der Zukunft muss klimafreundlich sein, statt zur weltweiten Klimakatastrophe beizutragen. Das Auto der Zukunft fährt abgasfrei und leise, statt weiter die Umwelt etwa mit Feinstaub zu belasten und mit Motorengeheul zu stören. Wir wollen ein Auto, das zum täglichen Krieg auf den Straßen nicht mehr taugt. Das Auto der Zukunft fährt grün.“
Wow!
sorry für das lange Zitat, aber ich bringe das mal, um dezent darauf hinzweisen, dass auch – oder selbst, oder vor allem – die Grünen für ein Car-Free-Movement längst nicht mehr auch nur ansatzweise (seit ca. 2004 ist die ‚Verkehrswenden offiziell beerdigt) zur Verfügung stehen.
Wie so oft gilt es Wahlvieh-Rhetorik von Substantiellem unterscheiden zu lernen.
Nach Biosprit kommt jetzt das Öko-Braunkohle Auto, etc, etc, etc,
Faltet man diesen Kontext mal auf, dann wird auch die T30 Geschichte zu einem differenziert zu betrachteten Phänomen:
Einerseits natürlich (Reisezeitverlängerung für dem MIV) zu begrüßen, andererseits aber ideal um Gentrifizierungsprozesse in den wachsenden Metropolen voranzutreiben.
Der Preis für ein derart halbherziges T30 in den Städten bei gleichzeitigem Fortbestand der autogerechten Gesellschaft sind weiter steigende Mieten und eine eskalierende sozial-räumliche Segregation.
Um mal beim seligen Adorno anzuknüpfen wäre zu fragen:
‚gibt es einen richtigen Verkehr im Falschen?‘
Davon ab freue ich mich aber auch über das Urteil.
gibt es eigentlich schon fahrradhelme aus alu?
Tja, der Gaebler hat halt verstanden was WIRKLICH, WIRKLICH, WIRKLICH wichtig ist: Ungebremster Autoverkehr und optimale Luftverschmutzung, denn beides zusammen generiert wichtige Impluse für Wirtschaft und Industrie (Automobil und Pharma).
Ob wir es jemals noch erleben werden, daß den angeblich so universalen Menschenrechten von der Politik mehr als nur unverbindlichster Empfehlungscharakter zuerkannt wird?
An der Stelle kostet das, wenn ich von 600 Metern ausgehe (habe ich im Stadtplan so gemessen), etwa 30 Sekunden. Also so viel wie eine neue Ampel irgendwo oder eine neue Ampelschaltung.
Bei der Aufregung um das Thema – wobei die Presse sogar relativ gesonnen ist – sieht man, dass es eher ums Prinzip als um die Sache geht. Tempo 30 ordnet man einfach nicht an.
Allerdings sind die Erfahrungen mit Tempo 30 bei der Reduktion von Feinstaub wohl auch eher ernüchternd, zumal dort in der Hauptzeit wohl viel Stop and Go herrscht. Das mehr als 30 Sekunden kostet 😉
@alfons krückmann
das was die grünen sagen, scheint sich nach realpolitik anzuhören. ich glaube auch dass es schwer ist das auto auf dem land (ich meine richtiges land, nicht ein ländlicher vorort mit sbahnanschluss in die 25km entfernte stadt) vollständig überflüssig zu machen. natürlich ist auf dem land alles nur fürs auto optimiert (gigantische parkplätze vor jedem supermarkt, zersiedelung, perfekter winterdienst auf landstrassen, keiner auf radwegen etc). alternative verkehrskonzepte auf dem land (radschnellwege mit beleuchtung u winterdienst, carsharing, öpnv, busdienste von privatleuten, gute radstellplätze, radverleih, abschaffung pendlerpauschale etc) brauchen seine zeit und ein umdenken in politik und menschen (gerade in der alternden landbevölkerung).
in der stadt ist eine zurückdrängung des autos viel realistischer und auch einfacher zu vermitteln.
meine persönliche meinung: auf dem land stört mich die dominanz des autos auch nicht so wie es das in der stadt tut.
Realpolitik kommt ohne Auto nicht aus, aber der Kuhn-Text ist großenteils unsinnig und eine Quadratur des Kreises. Zudem bleibt er in allen Punkten unkonkret, z.B. wie die bevorstehende Motorisierungswelle ernsthaft klimaneutral umgesetzt werden soll, wie die breitere Verfügbarkeit des Autos mit einer Erhöhung der innerstädtischen Lebensqualität einhergehen soll. Wie man ein Auto baut, das zum täglichen „Krieg auf den Straßen“ nicht mehr geeignet ist, weiss ich auch nicht so recht.
Eine Realpolitik, die Autoverkehr nicht total ablehnt, kann für einen Ausgleich zwischen den Verkehrsarten sorgen, muss stark dafür eintreten, dass bauliche Vorschriften auch einhalten werden und sollte die Attraktivität anderer Verkehrsträger möglichst stark ausprägen.
Überfälliges Urteil. Von Exekutive oder Legislative „eines Landes, das von der Auto-, also der Verlängerung der Ölindustrie stärker dominiert wird als jede andere Nation diesseits des persischen Golfs.“ (Süddt.- Zeitung) ist nichts zu erwarten.
Ein Hoch auf die Judikative! Mutiger Richter. Hätte ich einen Hut, ich würde ihn ziehen.
@Christoph
Was die Grünen verkehrspolitisch betreiben, hat nichts mit Realpolitik, aber sehr viel mit Duldungsstarre gegenüber der Kfz-Industrie zu tun.
„Warum können die Grünen keinen (Rad-) Verkehr? Spurensuche.“
https://radverkehrhamburg.wordpress.com/2015/12/29/warum-konnen-die-grunen-keinen-rad-verkehr-spurensuche/
Die Gerichtsentscheidung behebt die Probleme der Berliner Allee leider
nur teilweise. Die Klage ist ja wohl auch nur mit Blick auf die nachhaltig überschrittenen Schadstoffwerte begründet. Dass andere Abschnitte der
Berliner Allee an akutem Verkehrsinfarkt leiden beleibt dabei völlig außer
Betracht. In dem Bereich zwischen Pistoriusstraße und Antonplatz einer intensiv genutzten Einkaufsstraße, sind die Gehwegen viel zu schmal und für den Fuß- und Radverkehr fehlen sichere Querungsmöglichkeiten. Auf gut einen Kilometer gibt es für den Radler keine Möglichkeit auf die jeweils andere Straßenseite zu gelangen. Da kann man zwar noch schieben, kollidiert dabei jedoch mit Fußgängern auf viel zu schmalen und stark frequentierten Überwegen. Hier hätte der Herr Geisel gute Gelegenheit
seinem Prinzip Geltung zu verschaffen, keiner Verkehrsart zu Lasten
der anderen Raum geben zu wollen. Doch die Geisels und Gaeblers dieser
Welt wollen ja nicht begreifen, dass es dazu unumgänglich sein wird, der
Autolawine Einhalt zu gebieten. Stattdessen wollen sie gegen die einzig
mögliche und richtige Entscheidung des VG Berlin in die Berufung ziehen,
angeblich, um ein höherinstanzliches Grundsatzurteil zu erreichen. Grundsatzurteile können indessen nur zu einer anderen Entscheidung führen, wenn es bei der angefochtenen Entscheidung für das Gericht irgendwelche Beurteilungsspielräume gegeben hat. Das ist hier ganz offenkundig nicht der Fall, da die Rechtslage nur diese eine richtige Entscheidung erlaubt.
@fab
You made my day …
@Berlinradler:
„Realpolitik kommt ohne Auto nicht aus,…“
Das kenn ich noch in abgewandelter Form aus den 80ern und 90ern.
„Ohne Atomstrom gehen die Lichter aus“ hiess das damals.
Es ist wahrhaft erstaunlich, dass der Planet 4 Mrd. Jahre ohne Auto überlebt hat, und ohne Atomkraftwerke, dass die Menschheit ca. 200.000 Jahre ohne lärmende Automobile klarkam.
Und ist es wirklich so, dass die realpolitisch ’notwendige‘ Verbreitung des Automobils die Chancen auf den Fortbestand der Menschheit in irgendeiner Weise erhöht hat?
Oder wäre nicht vielmehr realpolitisch zu fragen, wie wir aus dieser technologischen Sackgasse endlich wieder rausfinden?
Realpolitisch wird sich der Autoverkehr in den nächsten 2 Jahrzehnten weit mehr als verdoppeln.
Realpolitisch steigt auch in D die Verkehrsleistung von MIV und LKW in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter an.
Produkte dieser realpolitisch-technoligischen Notwendigkeiten sind beispielhaft in der Asse zu besichtigen, oder in der Pathologie, falls die ca. 3-5 Millionen jährlichen realpolitischen Abgastoten mal untersucht werden würden.
http://globalmagazin.com/themen/wirtschaft/ueber-2-mio-tote-durch-autoabgase-pro-jahr-in-asien/
Ist es im Grunde nicht ganz genau andersherum?
Nicht die Realpolitik kommt ohne das Auto nicht aus,
sondern
Das Auto kommt ohne Realpolitik nicht aus?
!
@fab
Helme aus Alu?
gibts schon längst, ist aber ausschliesslich den Vertretern der Motorfraktion vorbehalten:
http://www.ebay.de/itm/Seltener-alter-Aluhelm-Helm-Groesse-ca-57-Motorradhelm-Oldtimer-silbern-/231525892937
http://dergoldenealuhut.de
@fab
Sorry, hab zu eilig abgeschickt, jetzt nochmal :))
Also, aus dem Bauch heraus klingt deine Bemerkung erstmal lustig. Wenn ich dann überlege, so wirklich kenn ich mich in der Materie leider nicht aus, deswegen kann mir bitte vielleicht jemand erklären wo Alfons und Currywurst falsch liegen bzw was da eigentlich gemeint ist.
LG
Lisa
Gestern bin ich zu Fuß über das Schöneberger Südgelände gestolpert. Der
dort entlangführende, normalerweise stark frequentierte Radweg war nicht vom Schnee beräumt und unbenutzbar. Gleichwohl habe ich einige Radler getroffen, die ihr Rad durch den Matsch geschoben haben.Das ist zwischen Bhf. Südkreuz und Bhf. Priesterweg bestimmt ein guter Kilometer. Der Weg wird im Internetauftritt der Senatsentwaltung für Stadtverwicklung vollmundig als Bestandteil des Hauptroutennetzes dargestellt. Bei meinen Nachforschungen zum Winterdienst auf Radwegen habe ich dann diesen Blogeintrag gefunden:
http://blogs.faz.net/berlinabc/2015/06/08/verdammter-priesterweg-681/
Ja, ich weiche hier vom Thema ab. Aber dieser Eintrag trifft ja den Nagel sowas von auf den Kopf.
In dem Blogeintrag steht ja abschließend die Frage, ob das alles noch zu toppen sei. Ja, es geht immer noch schlimmer. Da braucht es nur10 cm Schnee und den festen Willen unserer Politik mit ihren Verwaltungen in ihrem Versagen bloß nicht nachzulassen.
@Alfons, mal anders ausgedrückt, wird man das Auto mittelfristig nicht los sondern muss sehen, wie man damit auskommt. Derzeit kommt man damit aus, indem man seine Nachteile durch extreme Begünstigung ausgleicht – z.B. die Notwendigkeit, Privatfahrzeuge irgendwo abzustellen mit dem Geschenk sonst sehr teurer Nutzflächen.
Eine Politik, die die kurz- oder mittelfristige Abschaffung des Autos zum Ziel hat, wird derzeit keine Chance haben.
Daher brauchen wir in der realen Welt wenigstens eine Politik, die den Ausgleich findet und Sicherheitsthemen nicht beiseitewischt. Die haben wir nicht und es gibt auch keine politische Kraft, die dieses Thema derzeit zentral aufnimmt.
Ich hab gestern mal Spikereifen aufgezogen und bin, wie Komfortradler, u.a. einen Fernradweg, der auch eine vom Senat eingerichtete Radroute beherbergt, gefahren. Mit 10 km/h, denn Eis und Spurrillen gaben nicht viel her. Das wäre z.B. was, wo eine nicht nur autoorientierte Politik anders handeln würde, sie würde wenigstens gut befahrene Radrouten nutzbar halten. Dass Hauptstraßen geraumt werden, Wege, auf denen Autos nicht fahren, aber prinzipiell nicht, ist wieder so ein Beispiel dafür, dass der Herr Geisel eben nicht an alle denkt.
Was man mittelfristig loswerden dürfte sind wohl nicht die Autos, vielleicht aber deren Fahrer. Anscheinend kann man davon ausgehen daß die selbstfahrenden Kfz niemanden mehr bedrängen, bedrohen, übern Haufen fahren, daß sie Abstände einhalten und Geschwindigkeitsgrenzen auch. Sie lärmen und stinken spürbar weniger und man liest sie hätten bisher noch nie einen Unfall verschuldet. Da sie nicht durch Unbeholfenheit mittelmäßiger Fahrer ramponiert werden können dürfte die Hemmschwelle sie genossenschaftlich zu benutzen weitaus kleiner sein, das dürfte einen merklichen Teil der Parkflächen überflüssig machen. Da sie keinen Reaktionsweg haben könnte man sie virtuell koppeln, also mit (fast) null Abstand hintereinanderher fahren lassen, Luftwiderstand, Lärm Giftgasausstoß und Verkehrsflächenbedarf sänken nochmals drastisch. Vielleicht erleben wirs sogar daß solche Auto-Mobile mit Ampeln kommunizieren und einander grünmöglichste Wellen selbst errechnen.
Solche Autos lob ich mir. Hinsichtlich des derzeitigen Straßenverkehrsbürgerkriegs wär das jedenfalls weitaus mehr als die halbe Miete, scheint mir.
@dienstliche currywurst. du könntest recht haben. es kann aber auch anders kommen: um kfz autonom innerstädtisch fahren zu lassen, müssen fahrbahnen perfekt homogen, ohne störungen von aussen dimensioniert sein, einheitliche markierungen, fahrbahnbreiten, knotenpunkte. wild durch die gegend wuselnde fussgänger die nicht kalkulierbare sachen machen stören gewaltig. was ich allerdings auch glaube, dass es dazu führt dass im bereich von kreuzungen recht grosse bereiche von parkenden autos befreit werden, weil diese die „übersicht“ für sämtliche sensoren einschränken. und ein kommunizieren zwischen autos die eine übersicht überflüssig macht, könnte u.U. noch länger dauern bis es flächendeckend eingesetzt werden kann (da müssen die forscher von bmw, renault, nissan u co. zusammenarbeiten, das dauert noch). für autos wird man diese parkverbote durchsetzen, für radfahrer nicht.
zum thema genossenschftliche nutzung: ich glaube daran noch nicht so ganz, es gibt eine sättigung bei carsharing, die ist zwar noch lange nicht erreicht aber die carsharing quote wird m.e. nicht zu wahnsinnigen rückgängen führen. auch nicht autonom. aber das ist eh kaffeesatzleserei.
autonome fahrzeuge können auch zu einer verkehrszunahme führen: eine stunde parken in der innenstadt ist teurer als das auto leer eine stunde um den block fahren zu lassen, während man beim zahnarzt ist. wenn denn mal die gesetze entsprechend geregelt sind.
„Daher brauchen wir in der realen Welt wenigstens eine Politik, die den Ausgleich findet und Sicherheitsthemen nicht beiseitewischt. Die haben wir nicht und es gibt auch keine politische Kraft, die dieses Thema derzeit zentral aufnimmt.“ (Berlinradler)
Ich möchte ergänzen: Es ist noch schlimmer. Es gibt bisher nur politische Kräfte, Konzepte und Kampagnen, die diesem Ziel diametral entgegen arbeiten.
Die Bevölkerung wäre für eine Verkehrswende, die Stadtbevölkerung sogar für eine ziemlich radikale, längst bereit, das zeigen alle Umfragen.
Eigentlich ist das unglaublich. Dänemark und Niederlande befinden sich ja nicht auf einer anderen Galaxie. Noch nicht einmal auf einem anderen Kontinent.
Es sind Nachbarländer, zu denen es offene Grenzen gibt.
Bei Umfragen unter Radlern, wollt ihr Mischverkehr, Streifen oder Radwege a la Kopenhagen, stimmen immer alle für Kopenhagen.
Kopenhagener Radwege gibt es aber natürlich nur in Kopenhagen.
Ich fasse mir immer an den Kopf. Man muss doch in erster Linie auf die Strukturen schauen, die den Interessen-Ausgleich im Verkehr dort möglich machen. Einfach das Ergebnis herbeiwünschen – wie kindlich, wie naiv ist das denn?
Mir fallen zur Entwicklung NL und Dk auf der einen Seite und Deutschland auf der anderen hauptsächlich zwei mit einander zusammenhängende Gegensätze ein.
Gegensatz Nr 1
In NL und Dk mobilisieren die Rad- oder besser Verkehrscampaigner alle. Radfahrer, Autofahrer, Stadtbewohner, Jung und Alt, Mann und Frau.
Nicht nur die Schnellradler.
Gegensatz Nr 2
In NL und Dk gibt es eine Benutzungspflicht. Kein Zufall. Nicht nur weil Gegensatz 1 sonst nicht funktioniert.
Die Benutzugspflicht ist offenbar, siehe NL und DK, eine notwendige (jedoch noch nicht hinreichende) Bedingung. Hinzu kommen muss für eine Radinfrastruktur, die viele aufs Rad bringt und ihren Namen verdient, politischer Druck von Seiten der Bevölkerung.
Man muss nur ein kleines bisschen nachdenken, dann wird einem klar:
Eine Pflicht zu etwas setzt das Recht dazu voraus. Die Pflicht, einen Radweg zu benutzen setzt das Recht auf einen Radweg voraus.
Die Benutzungspflicht ist also notwendige (noch nicht hinreichende) Bedingung für gute geschützte Radinfrstruktur.
Wir sehen das überall. Auf kaputte Radinfra wird mit „Aufhebung der Ben.pflicht“ reagiert. Unter dem Beifall vieler Radfreunde.
http://www.abendblatt.de/region/pinneberg/article206893177/Verkehrsbehoerde-laesst-Radfahren-auf-Strasse-zu.html#modal (Lesesperre. Überschrift googeln)
Aus dem Artikel:
„Das Problem: Viele der Wege, auf die Radfahrer bislang gezwungen wurden, sind sanierungsbedürftig oder haben gar nicht die gesetzlich vorgeschriebene Breite. Genau das stellte nun auch die Verkehrsbehörde bei der Vorortbesichtigung fest….
Beispielsweise sei der Radweg entlang der Halstenbeker Chaussee zu schmal und weise Asphaltaufbrüche auf. Deshalb sollen Radfahrer durch eine Absenkung des Bordsteins auf Höhe der Kreuzung Waterhorn auf die Fahrbahn gelenkt werden. Unsichere Fahrer dürfen aber auf dem Radweg bleiben.“
Weil die Radwege zu schmal und kaputt sind, sollen die Radfahrer auf die Fahrbahn. Ausgerechnet „unsichere“ Radler werden auf die kaputten Wege verwiesen, gemeint sind Senioren, Kinder und alle, die sich nicht dem Kfz-Verkehr aussetzen wollen.
Die Verordnung, dass Radverkehr auf der Fahrbahn stattzufinden habe, hat die Radwege aus der für die Daseinsfürsorge (müssen Kommunen und Länder bereitstellen) notwendigen Grundversorgungsgüter (Wasser, Strom, Schulen, Straßen etc.) rausgekickt.
Kommunen und Städte dürfen oft keine Radinfra mehr bauen. Wegen Verschuldung müssen sie sich auf das rechtlich Erforderliche beschränken.
Die Aufhebung der Ben.pflicht bedeutet demnach eine Entrechtlichung der Radfahrer, denn ihnen wird gleichzeitig das Recht auf geschützte Radinfra genommen.
Das ist ein oder sogar der strukturelle Unterschied in den Radverkehrskampagnen zwischen Deutschland einerseits und NL und DK andererseits. Inklusiv dort, exklusiv hier.
Die gesetzliche Grundlage für die Aufhebung der Ben.pflicht Urteil BVerwGer Leipzig) wurde 1997 vom damaligen Bunderverkehrsminister Wissmann (CDU).
Heute ist W. Vorsitzender der mächtigsten Lobbyvereinigung Deutschlands, dem Verband der Automobilindustrie.
Die Aufhebung der Ben.pflicht hatte gewiss großen Anteil daran, dass er den Spitzenjob als Vorsitzender des Verbandes der deutschen Automobilindustrie gekriegt hat.
Immerhin hat er die Autoindustrie in Zeiten höchster Gefahr (die Beispiele Dk und NL leuchteten schon als Menetekel an der Wand) ganz cool ausgerechnet mit Hilfe des ADFC vor einem Desaster in ihrem Lead Market bewahrt.
Wer die Konkurrenz so listig und nachhaltig aus dem Feld schlägt, der ist zu Höherem berufen.
@berlinradler,
bei einigen Punkten scheinen wir eine etwa ähnliche Einschätzung zu haben. Auch ich denke nicht, dass der MIV kurz- oder mittelfristig abgeschafft werden kann.
Ehrlich gesagt will ich das auch nicht. Es würde mir völlig reichen, wenn KM-Leistung und Kraffahrzeugdichte auf 5-15% von heute schrumpfen würde.
(Hier scheinst Du eher vom Status quo Erhalt auszugehen?)
Ein Teil des LKW-Verkehrs wird bleiben müssen, Polizei, Feuerwehr etc., etc..
Ab frühestens 2030 (eher ab 2040) mag es auch Sinn machen die Antriebe sukzessive auf erneuerbaren Strom umzustellen.
Natürlich gilt es „Sicherheitsthemen“ zu berücksichtigen, aber der entscheidende Faktor ist nicht die subjektive Sicherheit, sondern die Reisezeit und ggf. der Komfort, und ggf. die objektive Sicherheit.
Das zeigen z.B. die Niederlande oder Dänemark.
Die Tradition von Wegeverbindungen für den Radverkehr, die mindestens die Qualität von Autofahrbahnen haben, oder aber besser als diese sind, lässt dann auch einen Umstieg vom MIV auf den Umweltverbund realistisch und attraktiv werden.
Umwegefreiheit, Minimierung der Zeitverluste an LSA, optimierte Rollreibung mit hochqualitativen Fahrbahnen, gute multimodale Verknüpfung mit schnellen Gratis-Radstationen, etc., … Ob das auf Mischverkehrsfahrbahnen oder auf separaten Wegen stattfindet ist völlig zweitrangig.
Das offizielle Radwegenetz in NL besteht übrigens auch zu mind. 40% aus Mischverkehr.
Das knüpft im Grunde an alte Forderungen der ersten Fahrradlobbys an, die getrennte Wege forderten, weil die damaligen Strassenbeläge, bzw. der Matsch auf den Strassen völlig ungeeignet waren für die Belange der Radfahrer.
Die ersten Seitenwege wurden deshalb angelegt, weil ihre Oberfläche weit besser war und ernsthaftes alltätliches Radfahren im Gegensatz zur Hauptfahrbahn überhaupt erst ermöglichte.
Erst seit den 30er Jahren wurden Radwege zur Förderung des Autos angelegt, was in Deutschland leider bis heute so geblieben ist.
Die ursprüngliche positive Tradition von Radwegen, die BESSER sind als die allgemeine Fahrbahn wurde in NL teilweise wieder aufgenommen, und führte dann auch dazu, dass längere A zu B Verbindungen (Autodistanzen) in den Erreichbarkeitsradius fielen. In D. ist genau das Gegenteil passiert und wird weiterhin das genaue Gegenteil gebaut.
Schrottwege machen das Radfahren langsam, unkomfortabel, gefährlich und durch Benutzungspflicht auch noch alternativlos.
Ein guter praktikabler Radweg kostet aber auch Geld: in NL werden im Schnitt knapp 1,5 Mio. (Spanne von 0,5 – 2 Mio.) pro KM für taugliche Radwege (4 Meter Breite Top-Oberfläche, ggf. Brücken/Unterführungen, etc.) veranschlagt.
Neben den 50.000 KM Bundesfernstrassen sind geschätzt ca. 100.000 weitere Strassenkilometer für den MIV-substituierenden Radverkehr relevant. Macht dann ein Investitionsvolumen von ca. 200 Mrd. Euro.
Fiskal-Pakt, Schuldenbremse und Haushaltssperren sind aber Grundlagen, die mittlerweile leider Verfassungsrang haben, und zur Änderung eine 2/3 Mehrheit brauchen.
Kurzum die Ideen von Benutzungspflichtfanatikern wie Kleinelch alias Vorstadtstrizzi alias Günther/… sind Nebelkerzen, die dazu dienen den gegenwärtigen unbefriedigenden Zustand zu zementieren und die Fahrbahnen freizuhalten für die Rettung der MIV-Reisezeiten bei weiter steigendem Automobilverkehr.
Gleichzeitig werden wichtige Strecken ausserhalb des Radverkehrs-Reisezeitbudgets gehalten, bzw. durch das benutzungspflichtige „Radverkehrsnetz“ ausserhalb des Budgets gebracht.
So führt dann ein derart verlangsamter Radverkehr i.d.R. lediglich zur Verlagerung innerhalb des Umweltverbundes und ersetzt nur sehr marginal den MIV, und vor allem: die Vorhaltenotwendigkeit für MIV bleibt im Wesentlichen bestehen.
Das gilt teilweise auch für T30-Zonen. Die meisten dieser Konstrukte beinhalten striktes ‚rechts vor links‘ , was für den Radverkehr in der Praxis oft bedeutet:
1. Die ‚Routen‘ des ‚Radverkehrsnetzes‘ werden vermehrt über Nebenstrassen in T30 Zonen ausgeschildert
2. An jeder Kreuzung oder rechten Einmündung müssen die „Radverkehrsnetz Benutzenden“ rechtskonform i.d.R. runterbremsen und wieder hochbeschleunigen, was dazu führt, dass
3. die Anstrengung steigt und die Reisegeschwindigkeit sinkt., was dann dazu führt, dass
4. der Erreichbarkeitsradius (A zu B) für den Radverkehr drastisch schrumpft.
Dazu kommt noch der oft schlechte Obeflächenbelag von Nebensträsschen.
In Kopenhagen hat man sich ähnliche Probleme durch die Separationskultur eingefangen (zusätzlich schlägt dort auch noch das Verbot des direkten Linksabbiegens zu Buche). Aber immerhin sind dort seit einigen Jahren Reisezeitgewinne von 1% pro Jahr für den Radverkehr im VEP als Ziel quantifiziert und vor allem: es erfolgen seit längerem sukzessive deutliche Restriktionen für den MIV, während wir in D weiterhin auf benutzungspflichtigen Rumpelwegen schwitzend den ‚Fussgänger auf Rädern‘ markieren müssen, der dann beim Grün-Geradeausfahren auch noch regelmässig vom LKW umgenietet wird.
Aber um mal wieder On-topic zu kommen:
wie sieht es mit der Urteilsbegründung aus, wenn Lärm und Abgasbelastung durch vermehrte e-autos unter die Grenzwerte zurückgehen?
Erneut T-50?
Und wie ist dann das ‚grüne‘ e-Auto zu bewerten?
fab, ich warte immer noch auf eine Antwort von dir!
Ja, nee, ist klar: geschlossene Ghettos und andere Zwangsanstalten sind ja schon immer dafür bekannt, dass es den Ghettoisierten darin ganz besonders gemütlich gemacht wird.
Und Radfahren in Amsterdam mmacht Spaß und Krieg ist Frieden.
@Reclaim
„geschlossene Ghettos und andere Zwangsanstalten“
Richtig ist daran, dass die Propaganda Radwege gern so darstellt.
Nur: In den Ländern mit Benutzungspflicht nutzen die Leute das Rad gern.
Die Wege werden viel und freiwillig genutzt. Man kommt mit dem Bauen kaum hinterher. Polizei oder Sondereinheiten sind nicht nötig. Obendrein: Die Radverkehrssicherheit sowie die allgemeine Verkehrssicherheit steigen rapide an.
Eher an an Ghetto erinnert die Situation ohne Recht auf Radwege, z.B. in Berlin.
Ein Großteil der Maßnahmen für den Radverkehr muss, geht es nach dem örtlichen ADFC, für „Sondereinheiten“ (ADFC Berlin) aufgewendet werden, die die Leute und ihre Kinder zwangsweise in die vorgesehene Infrastruktur (Mischverkehr und Streifen) treiben.
„Die geforderte Aufstockung der “Sondereinheiten” und der Ordnungskräfte (“Ordnung muss sein” heißt es in dem Papier) wird mit ca 4-6 Mill € (22-30000 € pro Stelle und Jahr) jährlich zu Buche schlagen. Zum Vergleich: Berlin plant mit 4 Mio. € Radverkehrsinfrastruktur- und ca. 2 Mio. € Radwegesanierungsmitteln.“
Aus: Berliner ADFC setzt neuen Trend in der Radverkehrspolitik. Return of the Pickelhaube.
https://radverkehrhamburg.wordpress.com/2015/11/03/berliner-adfc-setzt-neuen-trend-in-der-radverkehrspolitik-return-of-the-pickelhaube/
Deutlicher als Sondereinheiten gegen die Radler aufstellen zu wollen, deutlicher kann man Scheitern dieser Radverkehrspolitik nicht dokumentieren.
@Alfons, ich habe gar keine konkrete Zahl im Kopf. So lange ich nicht von einem primitiven Verkehrssystem behelligt werde, ist es mir fast egal, wie die Kilometerleistung und der Verkehrsanteil der Autos ist.
Allerdings ist das Verkehrsbedürfnis zwar keine Konstante, aber endlich. Und die Verkehrsteilnehmer sind nicht alle wechselunwillig, sondern viele nutzen das Auto deshalb, weil es die unkomplizierteste und angstfreiste Möglichkeit ist. Wo das Rad unkomplizierter ist, würden sehr viele mit Sicherheit umsteigen.
Das sehe ich hier in Berlin sehr häufig an meinem Verhalten: Wenn ich mal irgendwo hinmuss, wo ich mich nicht auskenne, setze ich mich vorher mit möglichen Routen auseinander, statt mich – wie es ein Autofahrer tut – einfach in den Verkehr zu stürzen und loszufahren. Klar könnte ich auch entlang der Hauptstraßen fahren, aber das macht keinen Spaß und ist teils unvorhersehbar (Radwege, Baustellen, Engstellen mit Nahüberholern).
Mit Sicherheitsthemen meine ich durchaus die objektive Sicherheit – schon oft habe ich mich gegen subjektiv wirkende Maßnahmen ausgesprochen. Andererseits muss die subjektive Sicherheit auch irgendwie gegeben sein und ich halte Menschen, die sich zwischen schnellfahrenden Autos oder nahüberholenden Lkw nicht wohlfühlen, auch nicht unbedingt für Spinner, nur weil die Gefahren objektiv vielleicht nicht allzu groß sind.
Hallo!
Das ist doch mal ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung! Bei uns in Wien gibt es auch schon unzählige 30er Zonen und es werden immer mehr.
Aber das wird noch ein langer Weg sein bis mein Traum einer autofreien Stadt vl erfüllt wird.
Grüße aus Österreich.
Vorstadt: Fordere und setze an Radinfrastruktur um, was Du —- und wenn Du meinst – eine Mehrheit will. Und hey: Wenn das Ergebnis super ist, benutze ich und meine Peergroup das Ergebnis auch gern. Nur wenn nicht: wenn das Ergebnis dann noch irgendwo z. B. nicht so https://aseasyasridingabike.files.wordpress.com/2015/09/screen-shot-2015-09-01-at-15-31-11.jpg?w=933&h=525 + linksabbiegerspur mit Wartezeit kürzer als fahrbahndirektlinksanbiegen aussieht, sondern so: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Cyclists_at_red_2.jpg
…dann würde dlch irgendwie 😉 lieber auf eine Benutzungspflicht verzichten.
In Kurzform glaube ich auch bekannt als: „gute radwege brauchen keine Benutzungspflicht“ (weil sie freiwillig benutzt werden, wenn Sie gut sind)
Zu glauben, Kopenhagenlike radwege seien nur in Kombination mit Benutzungspflicht einforderbar ist vorauseilender Gehorsam und Appeasementpolitik gegenüber Autolobby und Stammtisch .
Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein bitte. Vielen Dank 😉
@vorstadt-strizzi
Mal ne Frage an dich.
Warum kommen eigentlich Autobahnen und Kraftverkehrstrassen ohne Benutzungspflicht aus?
@Berlinradler
unter dem Gesichtspunkt von Umweltverseuchung, Folgekosten und Erderwärmung ist mir die MIV-KM-Leistung KEINESWEGS egal. Auch z.B. den Küstenbewohnern der ärmeren Länder gegenüber ist es ein Gebot der Fairness sich in den Industrieländern für ein möglichst schnelles Absterben des zerstörerischen MIV einzusetzen. Und es wäre wohl auch im ‚eigenen‘ Interesse:
Europa scheint ja schon bei ein paar Millionen Kriegsflüchtlingen erhebliche logistische und mentale Probleme zu kriegen, wie das dann bei 50 oder über 100 Millionen Klimaflüchtlingen aussieht?
Dass die Wirkungen des Autoverkehrs längst absehbar zu einer Verstärkung von Fluchtgründen führen … interessiert aber wohl keinen, oder ist zu weit weg, oder wir bauen eine Mauer um die ‚Festung Europa‘, oder ‚Was gehen uns die Menschen in Bangladesh an?‘ Sollen uns gefälligst billige Shrimps liefern, solange sie noch über Wasser leben können …, …
So denkt ja nicht nur der rechte Mob, sondern auch große Teile der ‚Mitte‘ der automobilen Gesellschaft.
Aber zugegeben, so was spielt definitiv keine Rolle bei der Verkehrsmittelwahl, sondern ist eine Frage übergeordneter politischer Weichenstellungen, wobei die derzeitigen Akteure leider nur im Zeitrahmen von Quartalen oder Wahlperioden zu denken pflegen.
Du schreibst, dass das Verkehrsbedürnis endlich sei.
Naja, es ist tatsächlich nicht so, dass das Verkehrsbedürfnis eine Konstante ist, das ist eher der Mobilitätsbedarf. Ob und in welcher Form und in welchem Ausmaß welche Verkehrsmittel zur Befriedigung der Mobilität notwendig sind entscheidet sich in vielen gesellschaftlichen Teilbereichen, vor allem in der Siedlungs- und Verkehrsplanung.
Des Pudels Kern ist dabei die relative Reisezeitkonstanz: je schneller die Verkehrsmittel werden, und je zugänglicher die schnellen Verkehrsmittel werden, desto weiter sind die zurückgelegten Wege, incl. steigender Zersiedelung, höherer Pendlerdistanzen und höherer Einkaufsdistanzen. Auch Behörden, Gesundheitseinrichtungen und Poststellen erfordern dann immer weitere Strecken, und liegen u.U. ‚plötzlich‘ ausserhalb des Dorfes oder ausserhalb der jeweiligen Vorstadt / des jeweiligen Stadtteils, weswegen man dringend ein möglichst schnelles Verkehrsmittel braucht, etc, etc. …
Wie wenig ‚endlich‘ eine steigende Verkehrsleistung ist demonstrieren sehr schön die sogenennten ’supercommuter‘ in den USA, welche regelmässig 1-3 mal pro Woche mit dem Flieger zur Arbeit jetten!
Das gilt zum Glück aber auch umgekehrt: je größer der ‚Raumwiderstand‘, desto kürzer werden die Distanzen, die innerhalb des Reisezeitbudgets zurückgelegt werden können, und je näher rücken im Nachgang Arbeitsplatz, Einkauf und die anderen alltäglichen Wegeziele.
Insofern ist mehr überwachtes T30 natürlich vor allem dann zu begrüßen, wenn es die Reisezeiten des ‚A zu B‘ MIV spürbar verlängert.
Wie gesagt, trotz einer gehörigen Skepsis gegenüber der ‚hippen‘ verkehrsberuhigten laktosefrei ‚urbanen‘ Gentrifizierung freuen mich Klage und Urteil, und es ist doch auch sehr positiv, dass immer mehr Menschen erkennen, dass das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit höher zu bewerten ist als das Stammtisch-Recht aufs Rasen mit dem Auto.
Ein nächster Schritt könnten strafbewehrte „Auto- und Motorrad-Bannmeilen“ von 100 Metern rund um Kitas, Krankenhäuser, Schulen, sowie Sportanlagen und Spielplätze sein! (Natürlich mit Ausnahmen für Polizei, Krankenwagen, Feuerwehr und Bewegungs-Behinderte)
Das braucht endlich die gleiche Selbstverständlichkeit wie heute das Nichtrauchen in Kitas, Hallenbädern und Operationssälen.
@Alfons, aber wir haben doch eine Klimakanzlerin. Dass im Verkehrssektor weder durch einen Technologiewandel noch durch Umstieganreize irgendetwas eingespart werden soll, war sicher nur ein kleiner Irrtum und wird sicher bald behoben. 🙂 Das Thema ist wichtig und mich interessiert auch die langfristige Rohstoffverfügbarkeit, von der schließlich unser Wohlstand abhängt. Dennoch ist CO2-Ausstoß und Ressourcenverbrauch von Kfz erstmal ein ganz anderes Thema als die Gestaltung des Miteinander in Städten, das vom Kfz derzeit nachhaltig gestört ist.
Dem kann man relativ extreme Konzepte gegenüberstellen, was sehr schwer durchzusetzen ist, oder einen Ausgleich finden.
Wenn es um die eigene Bequemlichkeit geht, sind alle auf einmal Klimaexperten, können keine Kiste Wasser mehr tragen und zerfließen sofort im Regen – so sehen sich heute viele Autofahrer und dieses Selbstbild zu ändern, ist m.E. fast unmöglich.
Ja, mit der Verhaltensbequemilchkeit hast Du m.E. völlig Recht.
Zum Teil ist es aber auch einfach die nackte Dummheit.
Da rackert sich die Menschheit Jahrtausende lang ab, um endlich preiswertes fliessendes sauberes Trinkwasser bis in alle die Häuser und Wohnungen zu befördern!
Und was machen die zum ‚Konsumenten‘ degradierten ‚Bürger damit‘?
Gehen ein paar Jahrtausende zurück und holen mit stinkenden Autos Wasser in Plastikflaschen aus dem weit entfernten teuren Discounter-Brunnen.
Wenn sich die Kinder dann vergnügt die hormonverseuchte Weichmacher-Plastik-Brühe in die durch chronischen Bewegungsmangel schlaff gewordenen adipösen Körper laufen lassen, dann weiss man: ohne Auto geht es nciht.
@Siggi
M.M.n. haben die Benutzungspflichten. Die müssen die Fahrbahn benutzen, der Seitenstreifen darf nicht befahren werden. Auch der Grünstreifen nicht, SUV hin oder her.
Trotz der vermeintlich einfachen Antwort hat mich deine Frage lange beschäftigt. Mir schien etwas daran grundfalsch und ich hab lange nicht zu fassen gekriegt, was das mir falsch Erscheinende ist.
Die Autozentriertheit hat mich gestört. Wenn Verkehr auch nur gedacht wird, gleich kommen alle auf das Auto.
Mir kommt das so ähnlich vor, wie der Effekt bei mangelnder Auge-Hand Koordination. Wird Verkehr diskutiert oder geplant, sofort steuert man unaufhaltsam und konfrontativ auf das Auto zu. Sofort übernimmt das Kleinhirn. (Damit meine ich nicht dich persönlich! Auch wenn ich mich manchmal schroff anhöre, ich möchte niemanden beleidigen. Ich meine jede Verkehrsdiskussion.)
Es ist auch nicht so, dass ich etwas gegen das Kleinhirn hätte. Im Gegenteil, ich liebe mein Kleinhirn. Es hat mich schon oft gerettet.
Wenn ich im Strassenverkehr unterwegs bin, ständig auf der Hut vor der hochgerüsteten Meute, die mich von allen Seiten und dazu oft unvermittelt anspringt und mir nach dem Leben trachtet, dann ist es mein Kleinhirn, das den Feind noch aus dem Augenwinkel identifiziert, riecht und hört, blitzartige Gegenmaßnahmen einleitet, ausführt, so den Feind ins Leere laufen (resp. fahren) lässt und mir bei diesen Zirkusnummern sogar noch das Gleichgewicht erhält.
Das in Millionen von Jahren der Evolution gewonnene Wissen um unmittelbare Überlebensstrategien, zu automatisierten Reflexen geronnen, das ist das Kleinhirn. Beim Radeln (jedenfalls in Hamburg) zweifellos das wichtigste Organ.
So lieb und teuer mir das Kleinhirn ist, in komplexeren, über den Tag andauernden Situationen, z.B. im Sozial- und Berufsleben, in der Kommunikation und gar bei politischen Strategien ist es von sehr begrenztem Wert.
Für das Lösen in diesen Bereichen auftretender Probleme sollte man sich mehr auf das Großhirn verlassen.
Das bedeutet, dass man sich von der Autofixiertheit (Kleinhirn) bewusst losreißen muss. Man muss dahin schauen, wo man hin will.
Man muss auf den anderen Verkehr schauen.
Das ist sehr schwer, denn gerade Radler sind täglich mit Kfz im Sinne des Wortes konfrontiert, sie müssen sie sehr genau im Auge behalten. Sie neigen deshalb auch politisch dazu, sich in das Gegenüber, das Kfz, zu verbeißen.
Das nenne ich kleinhirngesteuerte Politik.
Das geht nicht nur Radlern so. Viele Verkehrsplaner haben dasselbe Problem. Alles was sie machen (wenn es „Gute“ sind), ist gegen das Auto.
Die Radler sollen Poller sein gegen die Autos. Streifen sollen die Fahrbahn verengen, damit die Autos langsamer fahren usw. usf.
Großhirngesteuerte (Rad)verkehrspolitik würde sich weniger am Auto als an den Bedürfnissen der Radler, der Fußgänger und der ÖPNV-Nutzer orientieren. Daran, was die wollen. Um deren subjektive Bedürfnisse (das „subjektiv“ in Radverkehrskreisen geradezu ein Synonym für „falsch“ ist spricht Bände.) Nicht immer nur darauf gucken, was dem Kfz-Verkehr schadet oder auch nicht schadet. Banane.
In Radverkehrsdiskussionen hat man zuweilen das Gefühl von Minderwertigkeitskomplexen, a la „Wenn ich groß bin, will ich sein wie ein Auto.“
Mehr Selbstwertgefühl, sich weniger am Auto messen, raus aus dieser unheilvollen Fixierung und Verklammerung. Auf das schauen, was die Radler wollen, das fehlt dem Radverkehr.
Eine fahrbahnbegleitende Benutzungspflicht ist doch, wenn man sie mal in einen Ursache-Wirkungs-Kontext stellt, das Resultat eines folgenden Ablaufs:
URSACHE:
1. Im Mischverkehr werden Radfahrer durch andere gefährdet (objektiv oder subjektiv), diese Gefährdung hat entweder ein Fehlverhalten der Gefährder oder gefährliche Verkehrsregeln als Grundlage.
2. Im Mischverkehr stören die langsamen Radfahrer den schnellen Autoverkehr, weil dieser abbremsen und überholen muss. Sie bringen das Konzept eines Verbands gleich schneller Fahrzeuge durcheinander.
ANSATZ:
1. Da man die Gefährdung nicht einstellen kann, trennt man Gefährder und Gefährdete.
2. Ebenso trennt man Radfahrer und „echten Verkehr“, um letzteren weniger zu behindern. Ob Radfahrer dadurch behindert werden, fließt in die Erwägungen prinzipiell nicht ein.
RESULTAT:
1. Da Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt und vorgeschrieben ist, muss man Radfahren auf dem Radweg mindestens erlauben. Das bedeutet Wahlfreiheit und diejenigen, die den Radweg nicht nutzen, gefährden sich entweder selbst auf der Fahrbahn (so die Denkweise, entspricht nicht der Realität) oder behindern den „echten Verkehr“ dort weiterhin. Also ordnet man eine Benutzungspflicht an.
2. Radfahrer können verschiedene Gründe haben, einen Radweg nicht nutzen zu wollen, z.B. dessen Beschaffenheit, dessen besondere Gefahren durch mangelnden Abstand zu parkenden Fahrzeugen und Fußgängern und denen im Kreuzungsbereich. Da der Radweg aber den „echten Verkehr“ erleichtern und das Radfahren angeblich sicherer machen soll, muss man ebenfalls eine Benutzungspflicht anordnen.
Für den Vergleich mit Autobahnen oder Kraftfahrstraßen fehlen mir da einige Analogien. Autobahnen sind zwar eine sicherere Alternative zu Landstraßen, begleiten diese aber nicht zwingend. Zudem muss niemand eine Autobahn nehmen, wenn eine Landstraße diese begleitet – jeder hat absolute Wahlfreiheit. Kraftfahrstraßen schließen den anderen Verkehr insbesondere aus, um besonders flüssig und ungestört zu funktionieren. In Einzelfällen auch, weil anderer Verkehr besonders gefährdet wäre.
Keiner der beiden Straßentypen wird beispielsweise eingesetzt, um eine höher angesiedelte Verkehrsart zu begünstigen und die Belästigung derselben zu verringern.
Bei keinem der beiden Straßentypen spielen Sicherheitserwägungen eine ernsthafte Frage – ihre Anlage erfolgt, um den Verkehr zu erleichtern.
Eine Ben.Pflicht braucht man dann nicht, wenn das einklagbare Recht auf zumindest annähernd der Nutzung entsprechend dimensionierte und gut ausgebaute geschützte Radinfrastruktur unabhängig von der Ben.Pflicht existiert.
Dieses Recht existiert nur in seiner Gebundenheit an die Ben.Pflicht.
Dieses Recht wiederum ist ohnehin sehr schwer durchzusetzen. Auch mit Ben.Pflicht. Ohne Ben.Pflicht ist es der Kfz-Lobby ein Leichtes, so gut alle Autofahrer gegen das Recht auf diese Konkurrenzinfra auf ihre Seite zu ziehen. Da sehe ich zur Durchsetzung keine Chance.
Trotzdem, Aufhebung der Ben.Pflicht ist Realität.
Der Trend geht zu Zivilisation und Lebensqualität. Sicherheit umfasst für die meisten Menschen mehr als das nackte Überleben.
Ich denke, darin ist das Missverständnis begründet, das sich in der ominösen Unterscheidung „objektive“ und „subjektive“ Sicherheit ausdrückt.
„Objektive Sicherheit“ soll bedeuten, wie viele Menschen verletzt, schwer verletzt oder getötet wurden. Dies ist, abhängig von der Aussagekraft der zugrunde liegenden Daten, bestenfalls ein (1) Parameter unter vielen, um Sicherheit zu beschreiben. Es ist keinesfalls DER objektive Parameter.
Beispiel:
Verschiedene höhere Gerichte haben einen Sicherheitsabstand beim Überholen von Radfahrern festgelegt. Dieser objektiv festgelegte SICHERHEITsabstand beträgt 1,50 m bzw 2,00 m wenn ein Kind auf dem Rad mitgeführt wird.
In dem Post „Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) analysiert Mischverkehr/Schutzstreifen. Sicherheit und Respekt.“ habe ich mit mit der neueren Studie der BASt über Überholabstände im Mischverkehr auseinandergesetzt.
https://radverkehrhamburg.wordpress.com/2015/11/11/die-bundesanstalt-fuer-strassenwesen-bast-analysiert-mischverkehrschutzstreifen-sicherheit-und-respekt/
„14 der 25 Messpunkte (ca 65%) dokumentieren Überholabstände von nur 30 bis 75 cm. Von mehr als jedem 7. Kfz-Führer werden selbst diese minimalen Abstände noch unterschritten (“Abstand, der von 85 % aller Kfz mindestens eingehalten wird“). Das wird dann schon brutal. Da wird sich manchesmal bei dem einen oder anderen Radler Todesangst einstellen.“
Man überlebt dieses Verhalten zumeist körperlich unbeschadet und taucht also „objektiv“ nicht in der Unfallstatistik auf. Nur ist das keine Sicherheit.
Auch keine „objektive“.
Dieses nur vom Radler (dem Kfz-Führer fehlt zumeist jede böse Absicht) „subjektiv“ als Mobbing, Übergriffigkeit und als lebensgefährlich erlebte Bedrohung erlebte Verhalten ist dem Mischverkehr immanent. Es ist systematisch, im Sinne von unausweichlich dieser Führungsart zugeordnet.
Nebenbei: Die Unfallstatistiken zeigen bei Anlage von geschützter Radinfra
einen eindrucksvollen und nachhaltigen Rückgang der Opferzahlen von quer durch alle Arten der Verlkehrsteilnahme.
Siehe: Nachhaltige Sicherheit.
https://anderebmv.wordpress.com/
Ich glaube Du hast noch nichts von der Verkehrssicherungspflicht gehört.
Funktioniert sogar bei Fahrbahnen besser als bei Radwegen.
http://www.tz.de/auto/schlagloecher-strassenschaeden-schadenersatz-unfall-zr-80251.html
Dann gibt es noch die Verwaltungsvorschrift-StVO §45 oder die ERA 2010 u.s.w..
Unfälle mit Radfahrern im Längsverkehr kommen kaum vor.
Daher ist man auf der Fahrbahn objektiv sicherer, auch wenn der vorgeschriebene Überholabstand oft unterschritten wird.
Genau das glaube ich nicht.
Wenn ich Auto fahre versuche ich mir oft vorzustellen wie es wäre wenn ich den Radler vor mir jetzt mal mit 30cm Seitenabstand überhole.
Schon die Vorstellung fällt mir schwer. Dann noch so zu fahren – für mich unmöglich.
Daher unterstelle ich bei fast allen Nahüberholern Vorsatz.
Auch wenn Unfälle mit Nahüberholern statistisch vielleicht selten sind (ich hatte leider schon das zweifelhafte Vergnügen von einem Nahüberholer umgerissen zu werden), sind sie meiner Meinung nach einer der wichtigsten Faktoren gegen die Atraktivität des Radfahrens in der Stadt.
Der psychologische Druck ständig dicht überholt zu werden lässt den Hochbordradweg (oder häufig sogar den Gehweg) sicherer und entspannter erscheinen.
Gespräche mit (von mir als nicht per se als böswillig eingeschätzen) Autofahrern in meinem Bekanntenkreis zeigen immer wieder, dass der notwendige Abstand von mindestens! 1,50 m gar nicht bekannt ist. Es wird ja den Autofahrern auch vorgemacht, dass dichtes Überholen ok ist und wenn ich heute mit dem Auto hinter einem Radfahrer bleibe, weil nicht genug Platz (1,50-2 m) zum Überholen ist, dann gibt es einen gesellschaftlichen Druck (dichtes Auffahren bis hin zu Hupen) von anderen Autofahrern die einen zum Überholen nötigen wollen. Einfach weil alle das so machen und es über Jahre eingeübte Praxis ist.
Würden der Überholabstand besser bekannt sein (z.B. könnte er direkt in der StVO verankert werden (statt nur durch Gerichtsurteile) und damit auch mit klaren Regeln im Bußgeldkatalog auftauchen (statt der vagen Formulierung „Überholen mit zu wenig Seitenabstand“) würde sich vielleicht insgesamt ein anderes Bewußtsein gegenüber Radfahrern ergeben. Auch könnten Kampagnen und Artikel z.B. in der ADAC-Mitgliederzeitung dies deutlicher machen. Nicht zuletzt wäre es sicher hilfreich, wenn auch die Fahrradstaffel der Berliner Polizei dies hin und wieder kontrolieren (und von mir aus für eine Übergangszeit nur mit mündlichen Verwarnungen sanktionieren) würde.
Mir fehlt dieses Thema ehrlich gesagt auch beim Volksentscheid, aber dies ist sicher kein Berlin-spezifisches Problem.
Kurz gesagt: Würden alle sich an den Überholabstand halten, dann ist vielleicht gar kein Radweg mehr nötig.
Derzeit kann man einen Einblick in die Seele mancher Menschen gewinnen, wie das bisher nie möglich war. Man muss sich nur die Facebookdiskussionen zur aktuellen Flüchtlingspolitik ansehen. Zu der kann man stehen, wie man will – aber dass selbst Normalbürger, die immerhin mit ihren Familien und Arbeitgebern vernetzt sind, sich zu Hass-, Gewalt- und Mordtiraden hinreissen lassen, sagt sehr viel über einen Teil unserer Gesellschaft aus. Das sind keine Nazis, die in irgendeinem Loch hocken und keine Relevanz haben – es sind Menschen aus dem Alltag.
Wie human wird jemand, der sich eine gewaltorientierte Politik in Deutschland wünscht, mit seinem Auto unterwegs sein? Sicher ist vieles nur aus der Wut heraus geschrieben und nicht ganz ernst zu nehmen, nicht jeder Verbal-Gewalttäter wird zum echten Gewalttäter.
Radfahrer sind manchen extrem verhasst – gemischt mit der aktuellen Wut und der nicht vollständigen Ablehnung von Gewalt wundert mich überhaupt nicht, wenn manch einer mit voller Absicht nah überholt. Insbesondere bei den Zentimetertätern scheint mir ein Versehen unwahrscheinlich.
Und dann gibts eben noch diejenigen, die gar nicht geeignet sind, ein Fahrzeug zu führen, und ständig Fehler machen. Und gerade die machen die durch Radwege gewonnene vermeintliche Sicherheit zunichte – durch das allbekante radwegbezogene Fehlverhalten.
Immer wieder passend dazu.
https://www.youtube.com/watch?v=QUm6GfUzVZU
Nur weil du bewusst und verantwortlich am Verkehr teilnimmst und hier die Gefahren erkennst, heißt das nicht, dass Leute, denen das nicht so geht, andere mit _Vorsatz_ gefährden. Im Auto ist man sicher und das ganze ist so langweilig, dass man dabei einschlafen kann oder zur Ablenkung unbedingt die Bässe anschmeißen muss. Fährlässig, nachlässig, zum Führen eines KFZ ungeeignet… alles richtig. Leute die absichtlich nah überholen _um_ zu gefährden, sind die Ausnahme (es gibt sie).
Bist du eigentlich nur beim Radfahren perfekt oder auch in anderen Lebenslagen?
Ein paar Kumpels meinen, am Grad der Aggressionen auf den täglichen Touren herauslesen zu können, ob in der Berliner Morgenpost oder Bild mal wieder ein Rambo-Radler-Artikel stand.
Vielleicht fiel es mir wegen dieser Diskussion hier besonders auf, aber heute bin ich über einen UK Artikel gestolpert, der den Begriff des „punishment pass“ für Zeitgenossen enthielt, die absichtlich aus erzieherischen Gründen Radfahrer gefährlich knapp überholen.
@ BikeUser
Seit mehreren Monaten wird auf den Lichtsignaltafeln der VMZ regelmäßig
auf den gegenüber Radfahrern einzuhaltenden Mindestabstand von 1,50 Mtr.
hingewiesen! Hilft indessen nicht viel. Besonders LKW- und Busfahrer
scheinen der Meinung zu sein, dass das für sie nicht gilt. Von diesen wird
der Mindestabstand gegenüber Radlern auf der Fahrradspur bzw. Angebotsspur so gut wie überhaupt nicht eingehalten. Da dieses Fehlverhalten
Standart ist, müsste es sogar den Leuten von der Fahrradstaffel auffallen.
Doch die scheinen auch auf diesem Auge blind zu sein.
@Komfortradler, Fahrrad- oder Angebotsspuren sind aber auch so angelegt, dass – wenn jeder in seiner Spur bleibt, wie es im Straßenverkehr seit jeher normal ist, insbesondere Busse und Lkw auf Tuchfühlung gehen. Es ist ja auch grotesk eine Spur so anzulegen, dass der schnellere Verkehr in der anderen Spur diese eigentlich verlassen müsste, um vorbeizukommen. In irgendeinem Verkehrsforum wurde vor Jahren die These aufgestellt, dass beim Befahren zweier Spuren sowieso kein Überholen vorläge und der geringe Abstand damit legalisiert würde. Ob das zutrifft, weiss ich nicht.
@Michael, extrem aggressives Verhalten erlebe ich glücklicherweise so selten, dass ich keinen Zusammenhang zu Zeitungsartikeln herstellen kann. Die kleine Aggression hingegen kennt wohl jeder von uns – wenn man mal über jemanden sauer ist, der sich so verhalten hat, dass man an der nächsten Ampel stehen muss statt das Grün noch zu bekommen. Es ist eigentlich kindisch und man muss unbedingt dagegen arbeiten, dennoch spielen solche Kleinigkeiten schon rein. Bei der von mir angesprochenen Netz-Aggression hoffe ich irgendwie, dass da zur Zeit nur die Extremfälle rumtummeln und die Normalen aus Niveaugründen schweigen 🙂
@berlinradler
M.E. ist von KFZ-Lenkern ein Sicherheitsabstand zu Radfahrern von
min. 1,50 Mtr. in jedem Fall einzuhalten. In der Tat muss dann auch
der LKW- oder Busfahrer nötigenfalls auf die zweite Spur ausweichen,
um diesen Sicherheitsabstand realisieren zu können. Und ist nur eine Spur vorhanden, darf er halt nicht überholen bzw. vorbeifahren wenn andernfalls
der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann. Die Rechtslage dazu ist allerdings schwammig.Ein weiteres schwarzes Loch Radfahrer.
In diesem Link und dem PDF-Anhang findet sich eine ausführliche Stellungnahme des ADFC zu der Abstandsfrage:
http://www.adfc.de/verkehr–recht/sicher-unterwegs/seitenabstaende/seitliche-sicherheitsabstaende
Danach ist allerdings zwischen Schutzstreifen (die mit den gestrichelten Linien) einerseits und Radfahrstreifen (die mit der breiten durchgezogenen Linie) andererseits zu unterscheiden.
Der Schutzstreifen gehört rechtlich zu Fahrbahn. Damit handelt es sich beim Passieren eines Radlers um Überholen i.S.v. § 5 StVO, wobei
nach Abs. 4 Satz 2 insbesondere gegenüber Radfahrern ein ausreichender Sicherheitsabstand einzuhalten ist. Dieser ist von der Rechtsprechung
inzwischen mit mindestens 1,50 Mtr. definiert.
Der Radfahrstreifen gehört nicht zur Fahrbahn. Dazu führt der ADFC aus:“
4.3 StVO und Seitenabstand bei Radverkehrsanlagen
Radfahrer auf Radwegen und Radfahrstreifen werden
nach StVO nicht überholt, sondern es wird an ihnen
vorbeigefahren, formal und rechtlich ein anderer Sachverhalt,
auch wenn die räumlichen Entfernungen und
damit die physikalischen Einwirkungen gleich sind.
Überholt werden nur Verkehrsteilnehmer, die auf dem
gleichen Straßenteil in dieselbe Richtung unterwegs
sind. Dies ist insbesondere bei Radfahrstreifen, die sich
rein optisch im Bereich der Fahrbahn befinden, nur
schwer verständlich; sie sind jedoch rechtlich nicht Teil
der Fahrbahn (siehe VwV-StVO zu §2 Abs. 4).“
Weiter wird in der Betrachtung des ADFC unter Ziff. 3, wie ich finde, sehr schön dargestellt, dass und wie sich aus Prozessen der Fahrdynamik und der Einflüsse individueller Fähigkeiten und Empfindungen des Radlers die
Notwendigkeit eines Sicherheitsabstandes herleiten lässt.
Leider hat der ADFC eine rechtliche Würdigung der zum Radfahrstreifen diagnostizierten Gesetzeslücke unterlassen.
Meine Eingangs erläuterte Sicht der Dinge ergibt sich jedoch unmittelbar
aus § 1 Abs. 2 StVO. Zur Erinnerung:“Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Wenn indessen ein KFZ-Lenker an einem auf dem Radfahrstreifen fahrenden Radler ohne Sicherheitsabstand vorbeifährt, gefährdet er diesen
und behindert und belästigt ihn vermeidbar. Der Sicherheitsabstand von mind. 1,50 Mtr. ist also auch zum Nutzer des Radfahrstreifens zwingend einzuhalten.
Denn, wie der ADFC zutreffend ausführt, erfolgt diese Vorbeifahrt
unter denselben Bedingungen, wie ein Überholen beim Schutzstreifen.
„Fahrrad- oder Angebotsspuren sind aber auch so angelegt, dass – wenn jeder in seiner Spur bleibt, wie es im Straßenverkehr seit jeher normal ist, insbesondere Busse und Lkw auf Tuchfühlung gehen.“
leider ja! vor allem diejenigen zwischen parkspur – ohne ausreichende sicherheitszone – und überbreiten fahrstreifen. besonders nervig, wenn auch noch der schnee auf den „schutzstreifen“ geschoben wurde wie heute morgen.
leider fahren busse, lkw und allgemein breite fahrzeug aus gewohnheit stur ihre spur. und zwar sogar dort, wo jemand mit viel gutem willen die spurenunterteilung der ehemals zweispurigen fahrbahn abgeschliffen hat. die ex-spurstreifen sieht man aber noch – und das reicht. der „verkehr“ rollt zweispurig und hat eigentlich gar keine chance, noch korrekt zu überholen. die gesetzeslage, wenn sie denn klar ist, wird hier weder um- noch durchgesetzt. und warum? weil man die zweispurigkeit plus parkspur eigentlich nicht abschaffen wollte. sondern nur halb. und das ist eindeutig die gefährlichste lösung. da hätte man es lieber gelassen wie es war.
das ist also mist – aber radstreifen sind nicht immer mist. manchmal sind sie auch ganz OK, wenn sie auf hauptverkehrsstreifen angelegt werden und breit genug sind und wenn es keinen parkstreifen rechts davon gibt oder eine ausreichende (!) sperrfläche als pufferzone. besser wäre auch dort die kopenhagener führung mit physischer trennung UND eine entschärfte kreuzungsführung – so muss man an kreuzungen sehr aufpassen, das müsste man allerdings auch ohne streifen, weil man auf berliner hauptverkehrsstreifen bei 65 km/h nicht im kfz-verkehr mitschwimmen kann.
mal wieder: auf das „wie“ kommt es an.
„hauptverkehrsstreifen“ = „hauptverkehrsstraßen“
fab schreibt:
Mittwoch, 06.01.2016 um 12:18
gibt es eigentlich schon fahrradhelme aus alu?
———
Danke für den Schmunzler 😉
@Komfortradler, wie so oft kollideren bei Radstreifen Realität und Regeln. Natürlich hast Du Recht, dass §1 relativ lose formuliert, dass man andere nicht gefährden dürfe. Somit ergäbe sich für den realexistierenden Radstreifen die Sondersituation: Eine daneben angelegte Fahrspur darf theoretisch nicht einfach befahren werden, wenn ein Radfahrer auf der Radspur ist, weil die Sicheheitsabstände fehlen.
In der Wirklichkeit versucht man jedoch, insbesondere mit Angebotsstreifen, genau das zu erzeugen. Diese werden, wenn sich eine Fußgängerinsel in der Mitte befindet, schnell mal 100 cm „breit“, damit die Radfahrer auch in dieser Engstelle noch überholt werden können.
Ein theoretisches Recht nützt mir in der Praxis leider rein gar nicht – selbst wenn Angebotsstreifen de jure den Überholabstand nicht verringern, so tun sie es doch in der Praxis sehr häufig, und das ist gewollt.
@fab, Du hast natürlich Recht, dass das mal so und mal so ist. Aber auch das ist für mich kontraproduktiv. Ich kann mich, wenn irgendwo ein Radstreifen angelegt wird, schlichtweg nicht darauf verlassen, dass die Straße danach noch sicher passierbar ist.
Siggi schreibt seit Jahren immer wieder.
Naja, wir wollen ja nicht immer wieder die gleiche Diskussion führen 😉 Zwischen falsch gemachter Radverkehrspolitik (Ist-Zustand) und einer Politik, die Straßen fürs Auto baut, aber das Radfahren zulässt, sehe ich schon noch Möglichkeiten. Aber wie gesagt – damit drehen wir uns doch nur im Kreis.