„Crossrail for bikes“ wird in London gebaut

Heute hat die für den Verkehr in Großbritanniens Hauptstadt London zuständige Dachorganisation Transport for London (TFL) beschlossen, das Projekt „Crossrail for bikes“ zu realisieren. Es besteht aus zwei gesonderten Zweirichtungsradwegen vorwiegend auf Haupstraßen, die das Stadtgebiet von London in Ost-West-Richtung sowie in Nord-Süd-Richtung durchqueren. Allein der Radweg von Osten nach Westen ist mehr als 28 Kilometer lang, der zweite Radweg in Nord-Süd-Richtung wird kürzer sein.

Baubeginn der neuen Fahrradverbindung wird bereits im nächsten Monat sein, im Wesentlichen soll der crossrail for bikes bis zum Jahr 2016 fertig gestellt sein. Die Kosten des Projekts werden auf 160 Millionen britische Pfund geschätzt.

Vor der heutigen Abstimmung im Vorstand des Transport for London hatte es eine neun Wochen lange öffentliche Diskussion gegeben, an der sich mehr als 20.000 Personen und Organisation beteiligten und von denen 84 Prozent den Bau der Radwege unterstützen.

London24: London gets two new cycle superhighways as TfL approves ‘Crossrail for bikes’

10 thoughts on “„Crossrail for bikes“ wird in London gebaut

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  1. Ich bin ja bei Londoner Radförderprojekten zunächst immer skeptisch. Aber mag ja wirklich sein, dass sich da drüben was ändert. Sagen wir mal so: Früher hätte ich auf solche Nachrichten mit Schulterzucken reagiert, jetzt blinzel ich doch mal interessiert rüber, was da so kommen mag. Es ist ja schon immer mal bemerkenswert, wenn eine Menge Geld in die Hand genommen wird. Da _kann_ dann auch mal was draus werden. Abwarten und Tee trinken …

  2. hm, ein zweirichtungsradweg – das ding soll ja auf großen straßen geführt werden. selbst wenn es den im bild gezeigten trennungsstreifen überall gäbe, bleiben die kreuzungen. in barcelona gibts sowas (wenn auch schmaler) oft in der mitter großer boulevards. fühlt sich an den kreuzungen ziemlich gefährlich an, außerdem sind dort die räder dann komplett nachrängig – statistiken dazu habe ich natürlich nicht.

    hier auch kritische töne zu solchen führungen, ganz witzig der letzte kommentar aus UK, so nachdem motto, naja, ist ja mal ein anfang.

    http://www.copenhagenize.com/2014/06/explaining-bi-directional-cycle-track.html

  3. Ich hab sowas ähnliches in Southend-on-Sea gesehen, eine Kleinstadt im Osten Englands. Der Zweirichtungsradweg war wie eine Fahrbahn in den Gehweg eingelassen – also richtig mit Kanten. Das birgt zwar Sturzgefahren, aber die Fußgänger bleiben doch fern und schauen beim Überqueren. Wie das genau im Kreuzungsbereich gemacht wurde, habe ich nicht näher verfolgt – ist sicher handhabbar, wenn man wirklich will. Wenn man da aber die Abbieger reinleitet, hat man wohl schon verloren – das ist ja auch in London ein großes Unfallproblem.

  4. Für London die wahrscheinlich einzige angenehme Lösung für Radfahrer. Die Straßen in dieser Stadt sind einfach zu eng, um gemeinsames Fahren nebenher sinnvoll zu realisieren. Im Grunde wären durch die geringen Fahrtgeschwindigkeiten und Staus eher die KFZ ein Hindernis für Radfahrer als andersherum.

    Mich beschleicht ein wenig das Gefühl, dass wir in Deutschland den Trend neuer Fahrradinfrastruktur komplett verpennen. Und dann stell Dir vor, Deutschland baut die besten Autos – und keiner will sie…

  5. „Mich beschleicht ein wenig das Gefühl, dass wir in Deutschland den Trend neuer Fahrradinfrastruktur komplett verpennen.“

    That’s it.

    Aber verpennen ist gut – bekämpfen.

    Dabei hat sich in Deutschland ganz erstaunlicherweise immer noch eine Fahrradkultur erhalten, die in ihrer Verwurzelung mehr an Niederlande und Dänemark erinnert, als z.B. an GB.
    Londons Standortvorteil als eine kommende Fahrradstadt, was die liveability enorm erhöhen wird, ist der Niedergang der britischen Autoindustrie.
    Deshalb können die Radverkehr promoten und Infra bauen.

  6. An London wundert mich, wie groß der Einfluss einer einzelnen Person auf die Stadt ist. Zu Zeiten von Ken Livingstone ist Fahrradpolitik nicht wirklich ein Thema. Dann wird Johnson 2008 Bürgermeister, der von Beginn an ein hohes Tempo vorlegt. Zwei Jahre nach seiner Amtseinführung geht Barclays Cycle Hire gleich mit 5000 Leihfahrrädern und 315 Stationen an den Start. 2013 kündigt er Investitionen von fast einer Milliarde Pfund in den Radverkehr an. Jetzt das Ost-West-Projekt mit Kosten von mehr als 200 Millionen Euro. Ich habe den Eindruck, dass seit Johnson in London auch utopische Ideen ernsthaft diskutiert werden wie die Radwege im ersten Stock in durchsichtigen Röhren oder der Radweg auf schwimmenden Pontons auf der Themse. In London sieht man die Chancen des Radverkehrs und ergreift beherzt die Möglichkeiten.

    Ich erinnere mich noch recht gut, dass ich dem roten Ken 2008 die Daumen gedrückt habe gegen den exzentrischen Strubbelkopf von den Konservativen. Wie man sich täuschen kann. Jetzt denke ich, dass es ein Segen für London war, dass Johnson damals gewonnen hat.

  7. @kalle, naja in Hamburg hat z.B. ein neuer Bürgermeister Scholz sofort die Planung für ein straßenbahnähnliches Stadtbahnprojekt stoppen können. Somit hat er in gewisser Weise auch einen großen gestalterischen Einfluss ausgeübt, wenn auch in anderer Richtung.

    Wenn auch nicht von Einzelpersonen gepusht (vielleicht fehlt dazu auch schlichtweg der Politikertyp), gibt es ja auch in Berlin durchaus große Projekte, die mit erheblichen finanziellen Mitteln vorangebracht werden. Man denke nur an die Stadtautobahn, die U55, oder – gerade in der Diskussion – die S21 zum Hauptbahnhof. Es ist also möglich, zu gestalten und dafür Geld in die Hand zu nehmen.

    Aus irgendeinem Grund wird das Radfahrerthema hierzulande aber politisch einfach nicht wahrgenommen. Und so fördert man dann ein Mietradsystem mit einem Milliönchen im Jahr, macht hier und da noch ne Kleinigkeit und kommt am Ende auf nicht mal 10 Millionen Euro im Jahr für den Radverkehr (schlagt mich, wenn ich danebenliege, aber es ist jedenfalls nicht viel, was ausgegeben wird). Dabei könnte man durchaus Erleichterungen schaffen, es gibt positive Projekte die Geld gekostet haben und was taugen – beispielsweise der asphaltierte Weg neben der Autobahn nach Schönefeld. Mit etwas mehr Geld könnte man den zum Tempelhofer Feld ziehen, man müsste dafür aber Brücken bauen. Man könnte Wege an Bahnstrecken, der Spree, dem Landwehrkanal anbieten, mit gutem Willen ohne das kritische Element Autokreuzung. Aber irgendwie ist man hier noch nicht so weit, es ist m.E. auch kein Politiker in Sicht, der das Thema Radfahren wirklich mal ernsthaft aufgreift.

  8. „An London wundert mich, wie groß der Einfluss einer einzelnen Person auf die Stadt ist.“ (Kalle)

    GB lebt sicherlich auch von der Exzentik seiner Politiker. Ich war damals auch für den Roten Ken.

    Es lässt sich aber auch ein Roter Faden erkennen. Livingstone hat als erster in einer großen westlichen Hauptstadt die City-Maut eingeführt.

    Trotzdem war er unmodern. Er hat auf zu sehr auf die Öffis gesetzt. Der alte linkssozialistische Gedanke des Zwangs zur Kollektivität – auch in der Mobilität. Nur ist das eben für viele keine Alternative zur Individualmobilität, wie sie das Auto ermöglicht.
    Und das hat Bike-Boris gut erkannt – die Alternative ist das Rad, denn es ermöglicht genau wie das Auto individuelle Mobilität, allerdings zu erschwinglichen und, vor allem, stadtverträglichen Kosten.

    Livingstone hat erkannt, dass der Autoverkehr die Stadt erwürgt – Johnson schreibt seine Politik fort, nur eben moderner.

  9. @ berlinradler.Also, wenn die für Radfahrer tatsächlich 160 Millionen Pfund ausgeben wollen, dann werde ich auf der Stelle ganz blass,vor Neid. Das wären,um im Bild zu bleiben, roundabout 216 Millionen €. Berlin hat gut ein Drittel der Einwohner Londons. Eine in Bezug auf die Einwohnerzahl vergleichbare Investition müsste sich hier also auf rund 80 Millionen € belaufen. Tatsächlich sind im Doppelhaushalt 2014/2015 nur lächerliche jährliche 6 Millionen € für Neubau und (!!) Unterhaltung vorgesehen. Die millionenschwere Förderung eines Mietradsystems hat keinerlei Enfluss auf
    die Fahrradinfrastruktur. Denn es kann mir egal sein, ob ich mit meinem
    eigenen Rad oder einem gemieteten Rad im nächsten Schlagloch versinke.
    Die Fahrradinfrastruktur ist stadtweit mies, nur Bruch und Schrott, wohin das Auge auch immer blickt. Und das nicht zuletzt, weil sich
    seit Jahrzehnten keine Sau darum gekümmert hat. Für das Stichwort „Spree“ bin ich richtig dankbar. Denn das ist eines der großen Trauerspiele, die sich unter Berliner Fahrradreifen abspielen. Die Brandenburger haben es geschafft von der Spreequelle an rund 370 Kilometer ordentlichen Radfernweg auf die Beine zu stellen. Indessen
    wird dem geneigten Radreisenden nach Querung der Berliner Stadtgrenze
    schnell klar, dass er keine Chance hat, das Ende der Spree auf einem
    konzeptionell angelegten Radfernweg zu erreichen. Spätestens hinter dem
    Schlosspark Charlottenburg ist die Nutzung eines Mountainbikes zu empfehlen, bis dann der Spreeradweg im wahrsten Sinne des Wortes im Klärwerk Ruhleben versickert. Aber das ist ja alles nicht so schlimm, denn jetzt machen wir erstmal für viele, viele Millionen Olympia.
    Berliner Politik hat nichts begriffen und will wohl auch nichts begreifen.

  10. @Komfortradler

    Für das Stichwort Spreeweg bin ich auch wiederum sehr dankbar, auch wenn ich dadurch weiter ins OT abgleite.

    Denn auf Charlottenburger Seite tut sich tatsächlich was, die Mittel für den Radweg an der Spree ab Schlosspark sind bereits bewilligt und erste Arbeiten habe ich schon sichten können. Das ganze ist natürlich wieder auf mehrere Jahre verteilt und wird vermutlich etwas zäher ablaufen. Aber immerhin!

    Nun zum Problem: alle Planungen enden natürlich abrupt an der Grenze zu Spandau und in hier ist Fahrrad nunmal noch ein Fremdwort im Bezirksamt. Und wie von Dir beschrieben, wird man kurz vor dem Klärwerk auf die „große“ Freiheit ausgeworfen, in allen Belangen das Gegenteil des Hamburger Namensvetters der Straße.

    Hier geht zwar auch vieles, aber eher wenn man mit einem 40-Tonner unterwegs ist und sich an die durchschnittliche Geschwindigkeit von 70 Sachen hält. So kann man eine städtebauliche Chance – Fuß- und Radweg rund um die Spreemündung und Anziehungspunkt – auch verpassen. Im Planwerk Westraum von 1999 war das noch vorgesehen, heute ist keine Rede mehr davon. Wir sind wieder in der Kleinteiligkeit der Berliner Stadtplanung angekommen.

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