Eine Frau fuhr mit ihrem Fahrrad auf der Straße und hatte keinen Helm auf dem Kopf. Eine Autofahrerin, die ihr Fahrzeug am Straßenrand geparkt hatte, öffnete unmittelbar vor der Fahrradfahrerin die Autotür. Die Radfahrerin konnte nicht mehr ausweichen, stürzte und zog sich eine schwere Schädel-Hirn-Verletzung zu.
Über die Schuldfrage bei diesem Unfall hatte am 5. Juni 2013 der 7. Zivilsenat des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig zu entscheiden. Das Urteil mit dem Aktenzeichen 7 U 11/12 wurde heute bekannt.
Danach tragen Radfahrer bei einem Unfall eine Mitschuld, wenn ein Helm ihre Kopfverletzungen ver- oder gemindert hätte. Das gilt auch bei „verkehrswidrigem Verhalten des Unfallgegners“. In der Begründung zum Urteil heißt es, dass zwar für Radfahrer keine Helmpflicht besteht. Es sei aber unzweifelhaft, dass ein Helm vor Kopfverletzungen schütze, auch sei die Anschaffung wirtschaftlich zumutbar. „Daher kann nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird.“
FAZ: Mitschuld für Fahrradfahrer ohne Helm
Update:
Pressemitteilung OLG Schleswig-Holstein: Fahrradunfall ohne Helm – Mitverschulden an der Kopfverletzung?
so ein bullshit. wenn der autofahrer ein assistenzsystem hätte einbauen lassen können hat dieser nach einer solchen sichtweise ebenfalls eine mitschuld.
so. und wie geht der mist nun weiter und wer zieht der rechtsprechung den zahn, das „ein Helm vor Kopfverletzungen schütze“?!
Interessant. Haben Autofahrer ohne Bremsfallschirm jetzt auch automatisch Mitschuld bei Unfällen? Was ist mit Autos, die nicht klar sichtbar mit Signalfarben oder Reflexfolien gekennzeichnet sind? Dürfen Fußgänger noch ohne Helm raus? Wann kommt die Gurtpflicht auf dem Fahrrad?
Das Gericht kann offenbar etwas wissen, was kein anderer schafft – nämlich wie der Unfall unter anderen Bedingungen (mit Helm) verlaufen wäre.
Es scheint sich auch willkürlich eine Schutzmaßnahme für eine Verkehrsart herauszusuchen. Denn was ist mit Knie- und Ellbogenschonern, was mit langer Kleidung (gegen Abschürfungen)?
So wie ich das verstehe, ist das eine anfechtbare Einzelentscheidung, kein Präzedenzfall – oder? Bin leider kein Jurist.
Sprachlos.
Ich kotze.
Es gibt in Deutschland keine Präzedenzfälle.
Dieses Einzelurteil ist anfechtbar und ich hoffe es wird auch in die Nächste Instanz gehen, wie unsere unabhängigen Richter manchmal auf solche Entscheidungen kommen, dass wissen nur die *hier würde was stehen, dass auf mögliche finanzielle Verstrickeungen zwischen Judikative und Versicherungen schliessen lässt, darum implizieren wir dies mal nichtmal im geringsten*
“ Es sei aber unzweifelhaft, dass ein Helm vor Kopfverletzungen schütze,“
Und genau dafür gibt es keinen Beweis, der so fest wäre, dass er vor einem ordentlichem und sauber arbeitendem Gericht Bestand häte. Jetzt ausser in Bayern, da reicht der Zuruf „der is bekloppt, sperrt den weg!“
Hilfe, Hilfe, wo bleibt Rad-Recht, wenn man ihn mal braucht???
… äh, war das jetzt ernst gemeint? – mal sehen 😉
Das Urteil ist eine Frechheit und reine Willkür. Ich wundere mich nicht, wenn es demnächst auch bei den Rechtsabbiege-Unfällen eine Mitschuld gibt, weil der Radfahrer keine Warnweste getragen hat…
„weil der Radfahrer keine Warnweste getragen hat…“
Aber wehe der radfahrende Mensch hat eine Air Zound am Rad und pustet den Blindfischen hinterm Lenkrad was zurecht, das ist dann böse weil gemäß StVZO nicht erlaubt.
Hat eigentlich schon jemand das Urteil mitsamt kompletter Begründung gelesen? Ich nicht. Steht da was drin wegen zu geringem Passierabstand am parkenden Fahrzeug vorbei?
Besonders infam die Unterstellung „dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird.“
Hier wird jeder, der sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hat und für sich zum Schluss gekommen ist, bei einer an sich wenig gefährlichen Tätigkeit keine „Schutz“ausrüstung tragen zu müssen/wollen, als unverständiger Mensch diffamiert und beleidigt. Wie wehrt man sich gegen so etwas?
Ohne Worte.
Bitte bitte Urteil anfechten.
Hier ein ähnlicher Fall mit gegenteiliger Entscheidung des OLG-Saarbrücken:
http://www.kostenlose-urteile.de/OLG-Saarbruecken_4-U-8007_Fahrradunfall-Helmpflicht-nur-fuer-Rad-Sportler-Radler-kollidiert-mit-sich-oeffnender-Autotuer.news6495.htm
So wie es aussieht ist die andauernde mediale Gehirnwäsche nun auch bei einigen OLG-Richtern angekommen.
Typisch auch dass die FAZ aus einer zweifelhaften Entscheidung gleich suggeriert, dass es sich dabei jetzt um geltendes Recht handele.
Eine üble Tendenz, die Radfahrern noch mehr Sorgfaltspflichten als anderen Gruppen zumutet. Wenn Radfahrer nicht ohnehin vorsichtiger als andere Verkehrsteilnehmer unterwegs wären, hätten wir extrem mehr Unfälle. Allein letzte Woche wurde mir von Rot-Rasern und Rechtsabbiegern insgesamt 4-mal auf gefährliche Weise die Vorfahrt genommen.
Wow. Ich war eigentlich der Überzeugung, dass ein „verständiger“ Richter niemals so ein blödsinniges Urteil fällt.
Die Meldung hat es prompt auf heute.de geschafft, mit derselben allgemeingültigen Formulierung.
Jetzt bin ich eigentlich gespannt, was der ADFC dazu sagt, der im Moment noch die Meinung Helm OK/Helmpflicht Nein vertritt.
Ich denke auch, die Gehirnwäsche bes. unter der bahnbrechenden Epoche Ramsauer trägt Früchte.
Berlinradler, man kann nicht scharf zwischen Einzelfallentscheidungen und Präzedenzfällen trennen. Jedenfalls hat ein OLG-Urteil aber nur eine eingeschränkte Autorität, weil es eine Menge gleichrangiger Gerichte gibt. Das heißt, dass das Kammergericht (=OLG Berlin) sich nicht an die Ansicht des OLG Schleswig gebunden fühlen wird, sondern sich seine eigenen Gedanken machen wird. Wichtig wäre daher eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der in Deutschland solche Fragen in letzter Instanz entscheidet (vom BVerfG und EuGH mal abgesehen). Da das OLG Schleswig die Revision zugelassen hat, stehen die Chancen gut, dass es demnächst zu einer endgültigen Klärung kommt – hoffentlich in unserem Sinne.
Auch Autofahrer können bei einem Unfall am Kopf verletzt werden und es ist unzweifelhaft, dass ein Helm (zumindest ein Integralhelm) vor Kopfverletzungen schützt. Die Anschaffung eines Helms ist wohl auch für Autofahrer wirtschaftlich zumutbar. Nach dieser Argumentation könnte man genauso auch von Autofahrern das Tragen eines Helms fordern.
Ich sehe keinen Grund, warum man Radfahrer ohne Helm da anders als Autofahrer ohne Helm behandeln sollte. In beiden Fällen ist das Tragen eines Helms nicht vorgeschrieben. Ein Helm hat ja auch diverse Nachteile (Bequemlichkeit, Zusammendrücken der Haare, Aufbewahrung am Zielort, …) und jeder kann sich selbst entscheiden, ob er sich für oder gegen einen Helm entscheidet.
HANS für alle Autofahrer gegen Schädel-Hirn-Trauma. Da muss auch die Versicherungswirtschaft verständig mit dem Kopf nicken bis es knackt.
HANS: Head and Neck Support – Diese Halskragen aus dem Motorsport, die den Kopf/Helm bei abruptem Abbremsen zurückhält.
Ich verstehe die Aufregung nicht ganz. Ich trage seit jeher einen Helm beim Radfahren, zumal ich bereits die positive Wirkung des Helmes bei einem schweren Unfall (allerdings mit Rennrad) kennengelernt habe. Da war der Helm danach kaputt und mein Kopf unversehrt, abgesehen von einer Zahnwurzelfraktur und einer Platzwunde an der Oberlippe.
Sicherlich kann man sich über die Sinnhaftigkeit des Mitverschuldens des Unfalls streiten – wenn denn diese überhaupt in Rede stand. Nicht jedoch über die Sinnhaftigkeit des Tragens eines Helmes beim Radfahren. Aber vor aller Geichtsschelte sollte man wohl die genaue Urteilsbegründung abwarten. Dass Medien das Urteil in die eine oder andere Richtung ausschlachten oder auszuschlachten versuchen, kann man dem Richter ja wohl nicht ankreiden. Ich halte zwar nichts von einer Helmpflicht bin aber der Meinung, man sollte sich schon der Gefahr bewusst sein, wenn man ohne unterwegs ist. Das haben in der Vergangenheit auch Unfälle zwischen Radlern und Fußgängern gezeigt.
Hoffentlich bin jetzt nicht zur Hasszielscheibe für alle Fundamentalradler und Autofeinde geworden.
für diese einschätzung des Gerichts fehlt mir jegliches Verständniss. Die Boulevardpresse gibt den Opfern gerne mal die Schuld, aber bei Gericht sieht man das selten.
Mal ’ne ganz bescheidene Frage: Wie sah‘ eigentlich die Diskussion vor vielen Jahren zur Einführung der Helmpflicht beim Motorradfahren aus?
Nicht, dass ich jetzt eine Helmpflicht für Radfahrer haben möchte, aber es interessiert mich schon, wie damals argumentiert wurde.
Mir liegt das Urteil noch nicht im Volltext vor, auch bin ich momentan nicht gerade hochleistungsfähig. Ich möchte an keiner Stelle Aussagen zur tatsächlichen Auswirkung eines Helmes bei einem Unfall treffen (jedoch u.a. anmerken, dass die US-Behörden m.W. seit kurzem nicht mehr auf die extrem unwissenschaftliche 85%-Schutzwirkung-Studie Bezug nehmen). Dennoch kurz zu dieser leidigen Sache:
Aus dem Rennradbereich ist entsprechendes schon länger bekannt, bei völlig unklaren Abgrenzungskriterien ist die Sachlage dort insoweit anders, als sich dort das Helmtragen bei Veranstaltungen nahezu durchgesetzt hat. Insofern hat der durchschnittliche „verständige“ Mensch bei Veranstaltungen einen Helm auf. Inwieweit „sportliche Fahrweise“ eindeutige Auswirkungen auf die Unfallgefahr hat, möchte ich mal dahingestellt lassen, hier wird m.E. ohne weitere Begründung von besonderen Risiken ausgegangen.
Neben schon genannten Argumenten (menschlich wie juristisch halte ich zu starke Polemik für kontraproduktiv, verstehe aber den ursächlichen Gemütszustand) stellte ich auf den ersten Blick u.a. darauf ab, dass der „verständige Mensch“ heutzutage nach der Urteilsbegründung ein seltenes Exemplar sein müsste, wenn man sich die Helmtragequote anschaut. Es besteht zwar eine (stark propagierte) diffuse Angst gekoppelt an das unbestimmte Gefühl, ein Helm würde schützen, aber von einem gesellschaftlichen Konsens des Helmtragens sind wir weit entfernt.
Angesichts der extrem inhomogenen Gruppe der Radfahrer stellt sich zudem die Frage, ab wann denn das allgemeine Lebensrisiko soweit überschritten ist, dass ein Helm verlangt werden könnte. Bei bestimmten Radtypen/Geschwindigkeiten/Fahrern wäre das Verlangen eines Helmes im Gegensatz zu anderen Verkehrsteilnehmern/Tätigkeiten eben offensichtlich absurd. Wenn ein Radprofi mit Schrittgeschwindigkeit einen Beachcruiser fährt, sehe jedenfalls ich ein anderes Gefährdungspotenzial als wenn ein Oldtimerfahrer (ohne Airbag) oder ein Crossläufer ohne Helm unterwegs sind.
Wenn man also trotz fehlender Helmpflicht anhand evidenter Schutzwirkung (das ist mir i.Ü. neu) ein Mitverschulden (und damit Zahlungsminderung der Versicherung) daran festmachen wollte, dass ein verständiger Bürger (derzeit etwa jeder 9. oder 10.) einen Helm trüge, bewegt man sich m.E. auf wenig substanzieller Grundlage.
Bemüht man sich dagegen um Daten, Fakten und Zahlen, so findet man extrem widersprüchliche Zahlen zur Schutzwirkung, einige Anhaltspunkte für gleiche oder höhere Kopfverletzungrisiken bei anderen Verkehrsteilnehmern, absolut recht geringe Opferzahlen im Verhältnis zu anderen ähnlich alltäglichen, aber unreglemtierten Risiken und m.E. insgesamt wenig tragfähige Argumente.
Insgesamt scheint mir psychologische Komponente recht hoch. Auch wenn sich die meisten mir bekannten Radfahrer garnicht als bessere Menschen oder Anarchos begreifen, wird Ihnen dies vielfältig vorgeworfen. Verkehrsplanerisch, unfallstatistisch und ökologisch lässt sich Radfahrern nichts vorwerfen, was nicht als kräftigerer Bumerang zurück schlägt. Regelverletzungen unbestimmten Ausmaßes gibt es in der Tat, doch mit vergleichsweise wenig Fremdschäden. Gleichzeitig scheinen Radfahrer trotz allem oft glücklich und augenscheinlich oft schneller, günstiger sowieso. Vielleicht regt sich sogar einfach durch die Anwesenheit bei manchem das schlechte Gewissen ob der eigenen (vermeintlichen) Bequemlichkeit. Die Bedeutung dieser Komponenten scheint mir manchmal recht hoch angesichts mancher irrationaler Bemühungen, Radfahrern eins „reinzuwürgen“. Wenn alle rationalen Argumente dagegen sprechen, man aber dennoch mit „Basta“-Bauchgefühl „argumentiert“ muss dies m.E. einen psychologischen Hintergrund haben. Da wären allerdings andere Experten gefragt.
Eine Prognose für ein Rechtsmittel oder ähnliche Fälle möchte ich allerdings nicht wagen, zu unsicher ist mir die Frage, ob Kleinigkeiten wie „erwiesene Schutzwirkung“ oder Verhältnismäßigkeit im Vergleich mit anderen statistisch vergleichbaren Betätigungen dort ernsthaft Auseinandersetzung fänden. Solange „jeder weiß, dass Helme super schützen“ sind rein rechtlich mit etwas Biegen und Brechen solche Urteile möglich.
Falls unter den der Helm-Problematik Vertrauten ein Grundrechtsexperte ist, wäre ich über eine verfassungsrechtliche Einschätzung dankbar. Materiellrechtlich bin ich einigermaßen optimistisch.
Unfassbar! Tragen demnächst auch Fußgänger ohne Warnweste eine Mitschuld, wenn sie über den Haufen gefahren werden? Was kommt als nächstes? Überrollbügel für Kinderwagen?
Über solche Urteile kann man wirklich nur den (helmlosen) Kopf schütteln.
@Claus, das Problem ist eben, dass man alles richtig machen kann – nämlich genau nach STVO – und am Ende doch eine Unfallschuld bekommt.
Das sollte man klar von der Diskussion darüber trennen, ob ein Helm sinnvoll ist oder nicht.
@ Rad-Recht: Ich frage mich oft, warum deine brillianten Beiträge in Foren versteckt bleiben, statt täglich dort aufzuleuchten, wo es besonders dunkel ist – so a la Bild oder Schleswiger Tageblatt.
Ob es auch eine Mitschuld gibt, wenn man beim Unfall einen Helm trug und dadurch eine Kiefer- oder Halswirbelverletzung aufgetreten ist, welche ohne Helm vermeidbar gewesen wäre?
Warum wohl behängt der ADAC Kinder wie Weihnachtsbäume mit Schutzwesten?
Aber eine Pflicht einen Helm zu tragen herrscht in Deutschland immer noch nicht, oder etwa doch und ich habe was verpasst?
Gruß
Richard
@Holger Müller:
Wer so fragt, outet sich als Ketzer. *breitgrins*
Ausser hier natürlich.
Aber die Frage ist sehr berechtigt, unschönerweise ist es in diesem Land verpönt sie zu stellen, denn sie genügt nicht dem, was irgendwelche Lobbyisten als Mainstream ausgegeben, welcher angeblich dem glückseligmachendem Weg folgt.
@ holger
Helme können auch Kieferschäden verursachen ? ist mir bisher neu. was passiert da während des unfalls ? will sie hier nicht der lüge bezichtigen, mir fällt nur gerade (anders als mit dne halswirbeln) kein szenario ein, in dem ein helm explizit negative auwirkungen auf diesen teil meines körpers haben könnte.
@Richard, eine Helmpflicht besteht nicht und ist auch absehbar nicht zu befürchten. Der Verkehrsminister hatte zwar Anläufe gemacht, scheint nun aber keine entsprechenden Ambitionen zu haben.
„Steter Tropfen höhlt den Stein. “
hm… Ob Steine mal Helme aufsetzen sollten?
@berlinradler: „… eine Helmpflicht besteht nicht und ist auch absehbar nicht zu befürchten.“
Formal mag das ja stimmen, sollte sich aber obige Rechtsaussfassung durchsetzen, bedeutet das faktisch dann schon eine allgemeine Helmpflicht, da man ansonsten ohne Helm in Gefahr läuft, zumindest auf (variablen) Teilen des Schadens sitzen bleibt. Je mehr desto weniger man sich einen guten Anwalt leisten kann… Taumhafte aussichten!
Nicht nur deshalb ist zu hoffen, dass das so nicht Bestand hält und die nächste Instanz diese krasse Fehlentscheidung korrigiert.
Wer des Jura-Deutsch mächtig ist kann sich ja den Langtext hier antun:
http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/1hd4/page/bsshoprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE215492013&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint
Vorher aber Helm anziehen! Man will während des Lesens gerne seinen Kopf gegen die Wand schlagen.
@botchjob:
„““Helme können auch Kieferschäden verursachen ? ist mir bisher neu. was passiert da während des unfalls ?“““
As in International Journal of Impact Engineering, 25 (2008) 1087- 1101
auf Seite 1096.
Der Schädelumfang ist an der Stirn größer, so dass eine Rotationskraft einwirkt, welche das Kinn Richtung Aufprallfäche beschleunigen kann.
Dagegen helfen z.B. Intergralhelme – Halbschalen allerdings nicht.
Volume 35, Issue 9 nicht 25!
Finite-element analysis of bicycle helmet oblique impacts
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0734743X0700084X
Nun, ich kann dem Urteil nicht unbedingt Negatives entnehmen. Allerdings ist es in einer ziemlich ideologisch aufgeladenen Diskussion mutig.
hier ist unzweifelhaft intensiv das Sachthema untersucht worden. Dass das Gericht zu einem anderen Ergebnis kommt, als die, die Helme als unsexy oder weicheierig empfinden, ist kein Grund die Richter zu beschimpfen. Hier ist auch klar abgegrenzt, weshalb das Gericht zu dieser Entscheidung kommt und das ist für meine Begriffe durchaus nachvollziehbar. Im Übrigen steht ja der Gang zum BGH zwecks grundsätzlicher Klärung offen.
Ach so, noch ein Nachtrag: Klar kann man sich an alle Bestimmungen der StVO halten und dennoch im Unfallprozess eine Mitschuld bekommen. Das geht aber schon aus § 1 hervor, indem allen Verkehrsteilnehmern entsprechend ihrer Fähigkeiten ein umsichtiges Verhalten angedient wird. Auch ein Autofahrer, dem ein Betrunkener vor das Auto rennt, wird in aller Regel anteilig mit belastet. Das mag zwar für viele ungerecht erscheinen, entspricht aber genau dem Kontext des Paragrafen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht ja wohl eindeutig die Schuldfrage klargestellt und lediglich eingeschränkt, dass die Höhe des geltend gemachten Schadens anteilig durch ein Mitverschulden begünstigt war. Das heißt lediglich, dass sich jeder der als Radfahrer unterwegs ist, klar sein muss, dass er im Falle eines Sturzes mit Schädelverletzung ohne Helm ein gewisses Mitverschulden in Kauf nimmt. Alle Anmerkungen im Blog zu Fúßgängern würde ich mal als Joke quantifizieren.
@Claus, man sollte aber schon begründen können, warum man NUR Fahrradhelme NUR für Radfahrer als notwendige Schutzmaßnahme ansieht, Schutzkleidung für Fußgänger und Autofahrer (immerhin eine Risikogruppe!) hingegen als „Joke“. Das entspringt letztendlich einem „gesunden Bauchgefühl“, das man dennoch mal kritisch hinterfragen darf.
Neben dem Risiko einer Kopfverletzung gibt es viele Lebensrisiken, gegen die man sich schützen kann. Dazu gehört bereits der Verzicht auf gefährliches Verhalten (Rauchen, Trinken, die Chipstüte vorm Fernseher, Autofahren), aber auch Schutzbrillen, Kondome, Desinfektion etc. Fast alle von uns akzeptieren in einigen Lebensbereichen Risiken, wir alle müssen uns damit arrangieren, dass wir irgendwann erkranken oder verunglücken können.
Das herauspicken und lösen eines Risikos kann ich in solchen Situationen verstehen, in denen eine besondere Gefahrenlage besteht. Die Risiken des Radfahrens sind anhand vorhandener Daten (Anzahl der täglichen Fahrten, durchschnittliche Fahrstrecke) gut quantifizierbar und stehen beispielsweise sehr weit hinter Gesundheitsrisiken durch „falsches“ Verhalten.
@ Claus:
Wo hat denn die intensive Untersuchung des Sachthemas stattgefunden, die dann mit „ein verständiger Mensch [wird] zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen“ in einer nüchternen Gesamtevaluierung des Forschungsstandes zur Helmnutzung gipfelt?
Mal eine Analogie:
1. Es gibt in Berlin eine Änderung des Straßenreinigungsgesetzes, dass alle Grundstückseigner/-anlieger etc verpflichtet, bei Schneefall und Glätte zu räumen und zu streuen.
2. Wenn ein Fußgänger wegen nicht ausreichender Glättebeseitigung stürzt, kann er (oder seine KV) den Grundstückseigner/-anlieger verklagen.
In Analogie zum Schleswiger Fahrradhelmurteil demnach: Wenn ein Fußgänger im Winter auf einem nicht ausreichend gestreuten Gehweg stürzt und sich verletzt, trifft ihn eine Mitschuld, denn das Beschaffen, Anbringen und Nutzen von Schuh-Spikes ist zumutbar und wirtschaftlich nicht unangemessen…
@berlinradler
Ich stimme dir völlig zu, dass es viele Lebensbereiche mit Risiken gibt und sicherlich auch risikohaftes Verhalten. Darum ging es aber im vorliegenden Fall nicht. Gerechtigkeit und ungerechtigkeit spielen bei Gericht keine rolle, sondern lediglich die Abwägung, ob ein Anspruch nach der bestehenden Rechtslage besteht. Das hat das Gericht getan. Wenn ein Fußgänger angefahren wird, dann ist sicherlich nicht austzuschließen, dass im Schadensersatzprozess ein Anwalt verlangt, der Fußgänger hätte eine Rüstung tragen können, um das Schadensmaß abzumildern. wenn das allgemeine Rechtsmeinung ist, dann wird das Gericht möglicherweise auch ohne genauen rechtlichen Tatbestand urteilen. Der Richter ist nicht für die schlechten Gesetze zuständig, sondern lediglich für deren Anwendung auf Sachvherhalte.
@Michael S
Um diese Sachverhalte ging es auch im vorliegenden Fall. Dort wurde per Gutachten belegt (das ist jetzt ohne Wertung des Inhalts des Gutachtens durch mich), dass ein Helm die Verletzung deutllich hätte mindern können. Das ist eine recht deutliche Aussage. Die Formulierung „des verständigen Menschen“ wiederum ist offensichtlich zwischenzeitlich vorwiegende Rechtsmeinung, laut Urteil ja auch abgeleitet von ähnlichen Rechtsstreitigkeiten analoger Bereiche (Motorrad, Fahrrad, Wintersport). Auch die Mutmaßung des Richters, dass der Stand der Technik es z. B. mit E-Bike erlaubt weniger fitten Personengruppen beachtliche Geschwindigkeiten zu erzielen, ist nicht unsachlich. Die „nüchterne Gesamtevaluierung des Forschungsstandes“ ist ja wohl nicht ernst gemeint. Jedes Jahr weden unzählige „Untersuchungen“ von Hinz und Kunz als Forschung angepriesen, die eigentlich grober Unfug sind. Darf sich da jeder was raussuchen? Offensichtlich hat das Gericht ja einen Gutachter beauftragt, den konkreten Fall zu untersuchen, der zu der Erkenntnis gekommen ist, die unbestrittene Dämpfungswirkung eines Helmes auf den Schädel zu bestätigen. Und – so sehr das den einen oder anderen auch nervt – damit hat das Gericht aus meiner sicht alles zur Sachaufklärung erforderliche veranlasst.
Im Übrigen, ich bin auch als Autofahrer unterwegs und immer angeschnallt. Da gab es auch anfangs immer Skeptiker, die Unfälle gesucht haben, bei den der Autoinsasse aufgrund des Gurtes zu Tode kam, um gegen die Wirkung des Gurtes beim normalen Auffahrunfall mit Flug durch die Frontscheibe oder Aufschlagen auf dem Cockpit aufzurechnen. Mittlerweile gibt es an allen Säulen der Autos Airbags, ich vermute bald werden die ersten Urteile bei Schäden wegen fehlendem Airbag vorliegen (wenn er verfügbar gewesen wäre). Entsprechende Urteile bei nicht angelegtem Sicherheitsgurt sind bereits ergangen.
@Claus, bezüglich des Anschnallens. Niemand bestreitet, dass es Risiken im Straßenverkehr gibt. Für alle Verkehrsteilnehmergruppen besteht u.a. das Risiko einer Kopfverletzung.
Die Anschnallpflicht hatte ihre Berechtigung durch die hohe Anzahl an schweren Unfällen, seinerzeit allein in Westdeuschland über 20.000 Tote pro Jahr. Autofahren war sehr riskant, der Gurt hat die Unfallfolgen mildern können.
Eine Helmpflicht trifft in ein anderes Umfeld, denn Radfahren ist nicht so riskant wie Autofahren in den 70ern, bundesweit haben wir ca. 14.000 schwerverletzte Radfahrer jedes Jahr, wieviele davon „vermeidbare“ Kopfverletzungen davontrugen, ist mir nicht bekannt. Von den ca. 450 getöteten Radfahrern im Jahr wird ein großer Anteil überrollt und zerquetscht (Rechtsabbiegerproblematik). Alles in allem trotz hoher absoluter Zahlen keine überdurchschnittliche Gefahrensituation. Allein in Berlin werden pro Tag mehr als 1.000.000 Fahrten mit dem Rad durchgeführt, und meine Zahlen oben beziehen sich auf ganz Deutschland und auf ein ganzes Jahr.
@berlinradler
Definitiv möchte ich nochmal betonen, dass ich nichts von einer Helmpflicht halte, weil das sicher viele vom Radfahren abhalten würde. So argumentiert im Übrigen auch der ADFC. Ich bin mir auch bewusst, dass der Helm nicht hilft, wenn andere Körperteile betroffen sind. Ich hatte beim Radrennen in Hamburg vor Jahren einen schweren Unfall mit Rippenserienfraktur und angepiekter Lunge. Da war mein Kopf und der Helm ohne eine Schramme. Mir ist also sehr wohl bewusst, dass der Helm nicht das Verletzungsrisiko in toto beseitigt. Andererseits fahre ich weiter Rennen, nunmehr bewusst, dass da auch schwere Unfälle passieren können. Das heißt, jeder muss sich bewusst sein, dass er sich einem Risiko aussetzt, wenn er mit dem Rad unterwegs ist, weil andere Fehler machen. Das passiert schließlich jedem. Ich denke nur an den tödlichen Unfall unlängst auf dem Tempelhofer Feld. Also nochmal, ich bin kein Protagonist der Helmpflicht, habe mich aber persönlich für einen Helm entschieden. Wer keinen Helm trägt, trägt eben keinen, muss sich aber klar sein, dass er beim Sturz auf den Kopf eventuell mehr Schaden nimmt, als mit Helm. Das hat das Gericht in üblicher Gerichtssprech festgestellt.
Ich habe mich hier lediglich auf das konkrete Urteil bezogen und versucht die Richterschelte zu relativieren. Nur weil mir ein Urteil nicht gefällt, ich finde es in Summe auch nicht schön, dass die Unfallverursacherin im konkreten Fall nur zu 80% die Schadensersatzpflicht trägt, kann ich aber nicht die Gesamtabwägung abqualiifizieren. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich damit zum Ausdruck bringen.
Im Übrigen finde ich aber schon eine Sachdiskussion zum Thema Schadens- und rechtliche Beurteilung von Unfällen wichtig, weil ich meine, dass das Strafmaß allgemein für eine so erhebliche Körperverletzung (von den psychischen Belastungen mal ganz abgesehen) lächerlich ist. Aber das ist wieder Sache des Gesetzgebers.
@Claus, und ich hab nichts dagegen, wenn Leute Helme tragen 🙂 Mir geht es eher um eine realistische Risikoeinschätzung. Und wenn Richter Menschen, die keinen Helm tragen, indirekt als „nicht verständig“ bezeichnen … auf gut deutsch also als Dummköpfe … dann liegt dem eine verzerrte Risikowahrnehmung zugrunde.
Verständlicher wäre z.B. eine Mithaftung wegen Nichteinhaltens der Sicherheitsabstände zum parkenden Verkehr gewesen, wobei das wohl eine Abwägungsfrage ist, die u.a. auch die Verkehrsdichte und Straßensituation berücksichtigen muss.
@Rad-Recht: Ich bin kein Grundrechtsexperte, aber die Lektüre des Motorradhelm-Urteils des BVerfG stimmt mich nicht besonders zuversichtlich. Ich denke, die entscheidenden (und von Dir schon angesprochenen) Punkte liegen im Rahmen von § 254 BGB: Ist ein Fahrradhelm zur Schadensminderung geeignet? Besteht wirklich eine entsprechende Verkehrsauffassung? Ist die Annahme einer Obliegenheit verhältnismäßig? Wenn die Klägerin (mit Unterstützung durch den ADFC, wie im Radreiseforum berichtet wird) hier gut argumentiert, könnte am Ende ein erfreuliches Urteil stehen.
Und zum Tempelhofer Feld: Ein „Insider“ in den Tagesspiegel-Kommentaren machte einen Hinweis in Richtung Herzinfarkt des betroffenen Radfahrers.
und hier die Meinung des ADFC:
Mitverschulden ohne Fahrradhelm: ADFC kritisiert Urteil
Datum: 18. Juni 2013 // Kategorie: Verkehr und Recht
Der ADFC kritisiert ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts. Dieses hatte entschieden, dass Radfahrer ohne Helm beim Zusammenstoß mit einem Auto eine Mitschuld tragen, wenn der Helm bei einem Sturz Kopfverletzungen verhindert oder gemindert hätte. Dies gelte auch dann, wenn der Unfallgegner den Unfall allein verursacht hat (Urteil vom 5. Juni 2013; Az. 7 U 11/12 – http://schleswig-holstein.de/OLG/DE/Service/Presse/Pressemeldungen/201309fahrradhelm.html).
Es bestehe zwar keine Helmpflicht, so das Gericht, Fahrradfahrer seien jedoch im Straßenverkehr einem besonderen Verletzungsrisiko ausgesetzt und würden von Kraftfahrern oftmals nur als störende Hindernisse im frei fließenden Verkehr empfunden. Außerdem könne „nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird“, so das Gericht weiter.
Der ADFC kritisiert das Urteil als nicht sachgerecht. „Es ist das erste Mal, dass eines der 24 Oberlandesgerichte in Deutschland im Alltagradverkehr ein solches Mitverschulden eines Radfahrers ohne Helm annimmt“, so Roland Huhn, Rechtsexperte des ADFC. So hatte sich beispielsweise das OLG Düsseldorf mit Fahrradunfällen eines Kindes, eines Rennradfahrers und eines Alltagsradfahrers beschäftigt. Es kam nur für den Rennradfahrer zu einem Mitverschulden wegen des nicht getragenen Fahrradhelms. Für Kinder und Erwachsene im Alltag konnte es keine allgemeine Überzeugung feststellen, dass ein Fahrradhelm notwendig sei.
Das wird auch durch die Helmtragequoten deutlich, die jährlich von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) innerorts durch Zählungen ermittelt werden. Die Tragequote liegt dort bundesweit für alle Radfahrer bei 10 bis 11 Prozent. Die Begründung des OLG Schleswig, „dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird“, ist auf dieser Grundlage unhaltbar. „Sie würde bedeuten, dass 90 Prozent der Radfahrer im Straßenverkehr unverständige Menschen sind“, so Huhn.
Studien legen zudem nahe, dass die Einführung einer Helmpflicht die Sicherheit von Radfahrern nicht erhöht, sondern sogar negativ beeinflusst. So führte die Einführung der Helmpflicht in Australien (http://www.adfc.de/helme/seite-2-argumente-gegen-die-helmpflicht) zu einem starken Rückgang des Radverkehrs und in der Folge stieg das Unfallrisiko für den einzelnen Radfahrer. Eine neue Studie der University of Toronto (http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/helmpflicht-fuer-radfahrer-helm-frage-laesst-forscher-verzweifeln-a-905466.html) kommt aktuell zu dem Ergebnis, dass der Nutzen einer Helmpflicht nicht belegt werden kann. Die kanadischen Forscher konnten keinen Rückgang der Kopfverletzungen nach Einführung der Helmpflicht feststellen.
„Die positiven Gesundheitseffekte des Radfahrens, auch ohne Helm, gleichen die Gesundheitsgefährdung durch Verletzungen bei weitem aus“, so Huhn. Eine Helmpflicht aber schreckt viele vom Radfahren ab. Zudem kann das Tragen eines Helmes Unfälle nicht verhindern.
„Helme können schützen, aber ihr Effekt wird oft überschätzt“, sagt Roland Huhn. Es müsse dem einzelnen Radfahrer selbst überlassen bleiben, ob er einen Helm tragen möchte oder nicht. Auch in den für ihren hohen Radverkehrsanteil bekannten Niederlanden tragen nur wenige Menschen einen Helm. Die Zahl der Kopfverletzungen ist aber dennoch vergleichsweise gering. „Um die Sicherheit für Radfahrer zu erhöhen, kommt es eben vor allem darauf an, mehr Radfahrer aufs Rad zu bringen“, sagt Huhn. Nur so könne der Verkehr nachhaltig radfreundlicher und damit sicherer gemacht werden.
Im konkreten Fall war eine Radfahrerin neben einem parkenden Auto vorbeigefahren. Deren Halterin öffnete unmittelbar vor der Radfahrerin die Tür, so dass die Radfahrerin gegen die Tür fuhr und stürzte. Sie wollte vor Gericht feststellen lassen, dass für alle durch den Unfall verursachten Schäden die Halterin des Autos sowie ihre Versicherung zu zahlen habe. Das Gericht sprach dem Unfallopfer aber nun einen Mitverschuldensanteil von 20 Prozent zu.
Die verletzte Radfahrerin ist nach dem Urteil des OLG Schleswig-Holstein ADFC-Mitglied geworden und ist entschlossen, gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen. Der ADFC wird sie dabei nach Kräften unterstützen.
Weiterführende Links:
Informationen des ADFC zu Fahrradhelmen und Helmpflicht: http://www.adfc.de/helme/seite-1-die-position-des-adfc
Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts: http://schleswig-holstein.de/OLG/DE/Service/Presse/Pressemeldungen/201309fahrradhelm.html
@Claus: „Um diese Sachverhalte ging es auch im vorliegenden Fall. Dort wurde per Gutachten belegt (das ist jetzt ohne Wertung des Inhalts des Gutachtens durch mich), dass ein Helm die Verletzung deutllich hätte mindern können. Das ist eine recht deutliche Aussage.“
Das mag eine deutliche Aussage sein, vor allem ist es aber eine völlig irrelevante. Ob *in* *dem* *konkreten* *Fall* ein Helm eine Schutzwirkung hätte entfalten können, kann für die Frage, ob man der Radfahrerin durch das Nicht-Tragen eines Helms einen Vorwurf machen kann, überhaupt nicht von Bedeutung sein. Die Radfahrererin kann schließlich vorher nicht wissen, ob sie bei einer Fahrt in eine Situation kommen wird, in der ein Helm eine Schutzwirkung hat oder im Gegenteil eine Schadenswirkung hat. Wie jeder weiß, der sich mit dem Thema Fahrradhelm schon einmal ernsthaft auseinandergesetzt hat, gibt es schließlich auch Unfallszenarien, in denen das Tragen eines Helms unzweifelhaft zu schwereren Verletzungen führt als wenn man keinen Helm trägt (stärkere Torsionswirkung, Strangulationsgefahr, etc.). Relevant für die Frage der Obliegenheiten der Radfahrerin kann also nur die Frage sein, ob ein Helm *im* *Allgemeinen* eine nennenswerte Schutzwirkung hat. Und was das angeht, ist die Lage alles andere als eindeutig und ganz sicher nicht so, wie das Gericht es behauptet („nicht ernsthaft angezweifelt“). Vielmehr gibt es keine einzige allgemein akzeptierte Studie, die eine Schutzwirkung von Fahrradhelmen bei Fahrradfahrern (nicht bei Prüfkörpern in unrealistischen Labortests!) nachweisen würde.
Also ich habe eigentlich das Fahrrad als Verkehrsmittel gewählt weil ich dachte, dass ich dadurch mein eigenes Risiko minimiere und auch für meine Mitmenschen ein geringeres Risiko darstelle.
Bin schon etwas erschrocken, dass das jetzt alles anders sein soll.