Aktion(ismu)splan 2013 des Berliner Senats und der Polizei

Ich hab nicht schlecht gestaunt, als ich heute folgende Einleitung des Artikels lesen durfte.

„Der Senat will im Jahr 2013 mit einem neuen Verkehrssicherheitsprogramm die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten verringern – denn das erste Sicherheitsprogramm ist gescheitert. „

Erstmal Chapeau für das Eingestehen des Versagens bisheriger Politik, das ist ja irgendwie aus der Mode gekommen.

Dann gleich nochmal ein kräftiges Halleluja, der Herr hat Hirn geschenkt! Die Problematik des Mischverkehrs berliner façon und der konstant zugeparkten Radspuren müssen irgendwie zum Senat durchgedrungen sein.
Ich danke an dieser Stelle allen Aktiven und den Verbänden, die für Gehör für unsere Anliegen gesorgt haben.

Doch es wird noch viel besser:

„Noch im ersten Halbjahr will der Senat das neue, bis 2020 gültige Programm verabschieden. Folgende Ziele werden dort formuliert: Die Verkehrserziehung in den Schulen soll deutlich erhöht werden. … Die Polizei soll die Überwachung der Infrastruktur der Radler und Fußgänger intensivieren. Dies wird erleichtert durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, die im April in Kraft treten wird. Künftig soll die Polizei auf zugeparkten Radspuren einschreiten, weil dies künftig automatisch als Gefährdung gewertet wird.“

Sollte dies tatsächlich bedeuten, dass die Polizei sich nicht mehr mit dem oft gehörten „Dafürsinwanichzuständich“ rausreden kann, wenn man sie auf zweite Reihe- und Radspurparker aufmerksam macht? Zumal so ein Brief von der Staatsanwaltschaft sicher für etwas mehr Reue sorgen dürfte, als die „üblichen“ Zahlungsbescheide bei Ordnungswiedrigkeiten.

Vielleicht bekommt man die Mitmenschen doch noch irgendwie zur Rücksichtnahme erzogen.Doch hier möchte ich mit dem Jubeln etwas warten, die Polzei wird nicht durch gute Vorsätze allein die Mittel haben, öfter den Verkehr zu kontrollieren.

Und die Bescherung geht direkt weiter!

Bei der Polizei gibt es den Plan, eine eigene Fahrradstaffel aufzustellen. Diese Beamten sollen ausschließlich mit dem Rad unterwegs sein. Als Vorbild wird Hamburg genannt. Ganz allgemein wird im neuen Sicherheitspaket formuliert, dass die Verkehrsmoral stark verbesserungsbedürftig ist, mit Kampagnen soll um mehr Rücksicht geworben werden.“

Ich habe keine Erfahrungen mit der Hamburger Fahrradstaffel, und ich wage zu bezweifeln, das die Polizei das Vorhaben vor 2014 in die Tat umsetzt.
Polizei auf dem Rad, das kann doch eigentlich nur gut sein.

Korrekte Schulung aller Kollegen vorausgesetzt, vielleicht wird so in Zukunft weniger auf die vermeintliche Benutzungspflicht und ach so große Sicherheit nicht benutzungpflichtiger Radwege hingewiesen. Ein wenig Sensibilisierung der Polizei für die Ängste und Sorgen der Radfahrer in unserer Stadt ist sicherlich hilfreicher und auch bei den Radfahrern beliebter als Licht&Reflektorkontrolle mit Sofortkasse.

Die Gefahr, dass die Polizeiaktion, die Ursprünglich für die vermehrte Sicherheit der Radfahrer gedacht war, im Endeffekt nur zur Kontrolle eben dieser genutzt wird, besteht natürlich, doch ich will hier zuversichtlich sein. Warten wir ab und meckern dann, wenn es die Radstaffel irgendwann mal gibt.

Mir bleibt allein die große Sorge, dass die guten Vorsätze des Senats und der Polizei so enden,wie die meisten guten Vorsätze, die zu Jahresbeginn gefasst werden.

Bis zum Sommer ist alles wieder beim Alten…

Artkel beim Tagesspiegel lesen : Verkehrsunfälle:Neues Sicherheitskonzept soll Fußgänger und Radler schützen

14 thoughts on “Aktion(ismu)splan 2013 des Berliner Senats und der Polizei

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  1. Vor Monaten wurde auch schon mal angekündigt, dass die Polzei nun endlich mal gegen Falschparker auf Radspuren vorgehen sollte:

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/fahrrad/mehr-kontrollen-in-der-hauptstadt-polizei-will-besseren-schutz-fuer-radfahrer/6314772.html
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/verkehrsunfaelle-neues-sicherheitskonzept-soll-fussgaenger-und-radler-schuetzen/7579534.html

    Angeblich sollen die Polizisten nur bei einem wichtigen Einsatz auf eine Verfolgung verzichten. Es wäre natürlich schön, wenn die Polizei das endlich mal in der Praxis umsetzt.

  2. man kann sich ja auch nicht ewig der realität verschliessen.
    letztendlich wird der senat auch die wirtschaftlichen vorteile dabei sehen. berlin will ja fahrradstadt sein und nicht autostadt. lockt auch mehr touristen an. und tourismus ist in berlin der wichtigste wirtschaftsfaktor.

    @Jakob: angeblich wurden 300 000 knöllchen für’s parken auf radverkehrsanlagen in 2012 verteilt. stand auch im tsp. mein subejektiver eindruck war aber auch eher, dass sich nichts geändert hat

  3. @hamburgzine

    Wie du im blog selber schreibst ist die Situation doch klar geregelt. Die Fußgängerampel gilt beim Fahren auf dem nicht benutzungspflichtigen Weg.
    Insofern finde ich den Titel „unterwegs bei fragwürdiger Rotlichtkontrolle“ übertrieben.

    Bei einem Unfall hilft dir ein Satz wie „Jeder Radfahrer weiß aber, dass er noch über die Kreuzung kommt, wenn das Fußgängersignal schon Rot zeigt,.. “ auch nicht weiter…..

  4. Nichts da, natürlich ist das fragwürdig, Bußgelder zu verhängen, wenn das gleiche Verhalten zur gleichen Zeit nur zwei Meter weiter links völlig in Ordnung ist. Das kann gut sein, dass Amtsrichter die Bußgeldbescheide kassieren & das Verfahren folgenlos einstellen, wenn Betroffene sich denn dazu aufraffen, Einspruch einzulegen.

  5. Übrigens möchte ich vor dem Taxipiraten und Nordneuköllner-verseuchten Kommentarteil unter dem Artikel explizit warnen, da ist mal wieder derart viel Menschenverachtung zu Tage gelegt, das mir der Kaffee hoch kommt…

  6. „Die Verkehrserziehung in den Schulen soll deutlich erhöht werden.“

    Erziehung erhöhen?? Wie gehtn das? Ich mein, wenn man jetzt von verbessern sprechen würde, oder intensivieren … aber erhöhen? *grumpf*

    Und Polizei soll für Radspurparker zuständig sein. Aha. Und wer ist dann dafür zuständig auf Radwegen und -spuren parkende Einsatzfahrzeuge, die gerade im nicht Sonderrechte beanspruchenden „Einsatz“ sind, zu .. ja wie sagt man dazu .. belangen?

    Neuer Plan, weil alter gescheitert. Ja ist schön, wenn sowas immerhin auch ausgesprochen wird. Noch schöner wäre es, wenn auch offen ausgesprochen würde, woran der alte Plan gescheitert ist, damit man die zukünftigen Aktionen an den alten Fehlern messen kann.

    Ach und nochwas zu Verkehrserziehung: Vielleicht sollte man damit nicht nur in die Schulen gehen, sondern zuallererst in die Reviere und Hundertschaften. Als ich einem DGL gegenüber mal das Stichwort „Dienstunterricht“ ansprach, meinte der „wenn ich dir erzählen würde, was dort so abgeht … du würdest weinen“. Er hat es mir nicht erzählt und ich habe nicht nachgehakt.

  7. Ich fahre lieber fünf mal am Tag um ein falsch geparktes Auto herum, als einmal pro Woche in eine Polizeikontrolle hinein. Viele Polizisten denken und handeln naturgemäß in Schwarz-Weiß-Kategorien. Besonders problematisch, weil zahlreiche, wenn nicht die Mehrzahl der Ampelregelungen, für Radfahrer reichlich schikanös sind. Der Hauptgrund für Rotfahren. @Hamburgize hat da völlig recht. Die Verkehrslenkung zu verbessern und gerechter zu gestalten ist nach meiner Meinung wichtiger als irgenwelche öffentlichkeitswirksamen Fahrradstaffeln und vermehrte Kontrollen.

    Dass eine kontrollsüchtige Polizei nichts bringt, kenne ich aus einem praktischen Städtevergleich. Ich habe lange Jahre in Stuttgart gewohnt. Und wurde dort recht oft anlasslos kontrolliert. Als unauffälliger Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer. Schikane und sinnloser Aktionismus. Das Gegenteil erlebe ich seit 12 Jahren in Frankfurt am Main. Bisher keine einzige Kontrolle und kein
    einziges Bußgeld. Einmal hatte ich bei einer Fahrt mit dem Lieferwagen vergessen, den Sicherheitsgurt anzulegen. Ein aufmerksamer Polizist hat das gesehen und mich durch freundliches Handzeichen aufgefordert, den Gurt anzulegen. Dasselbe zuvor in Stuttgart: Bußgeld, inquisitorische Kontrolle von Papieren und Fahrzeug, die natürlich nichts ergeben hat. Aber behandelt wie ein Schwerkrimineller.

    Gefühlter Städtevergleich: in Frankfurt am Main fährt es sich deutlich angenehmer und nicht weniger sicher als in Stuttgart. Mehr Polizei, nein Danke.

  8. Ich wundere mich, dass es bisher keine Polizei-Fahrradstaffel in Berlin gibt. Ist das tatsächlich so? Sogar in München gibts welche. M.E. zwar nur im Sommer und in der Innenstadt.
    Polizei auf dem Rad kann nur gut sein, auch wenn sie sich auf nichtige Radfahrerverstöße stürzen. Auf dem Rad nehmen sie den Straßenverkehr ganz anders wahr. Sie sehen aufeinmal was für absurde Radwege es gibt, wie schlimm die Radführungen an Kreuzungen, und was so alles auf dem Radweg rumsteht. Natürlich ist die Polizei erstmal dafür da, Gesetze und Regeln zu überwachen. Aber wenn sie täglich über lebensgefährliche Radwege fahren werden sie sich sehr viel besser in Radfahrer hineinversetzen können.

    Rund um ein Polizeiwagen benehmen sich alle vorschriftsmäßig. Aber eine radelnde Polizeistreife wird beim KFZ-rechtsabbiegen auch übersehen. Das wird sich kein Polizist gefallen lassen. Bei einem Radverkehrsanteil von 15% müsste auch 15% der Verkehrspolizei auf dem Rad unterwegs sein.

  9. Hier bei uns im Dorf ist vor Jahren auch mal eine Fahrradpolizist rumgefahren. Zufällig habe ich ihn einmal gesehen. Und das war’s dann auch … wahrscheinlich Reifen seit Jahren platt oder Schaltung zugeharzt. Fährt jedenfalls augenscheinlich nicht mehr.

    Dafür sagt die Polizei auch nichts, wenn ich neben dem benutzungspflichtigen Radweg auf der Fahrbahn fahre.

  10. Warum pragmatisch, wenns auch aus dem Bauch heraus geht? Und so löst die Polizei zumindest mal wieder verbal viele Probleme, die am Unfallgeschehen kaum einen Anteil haben. Bei so harter Arbeit kann man sich mal wieder um die Hauptunfallursachen drücken.

  11. @Christoph: „Ich wundere mich, dass es bisher keine Polizei-Fahrradstaffel in Berlin gibt. Ist das tatsächlich so?“ – Es gab zumindest mal so etwas, in der ersten Hälfte der nuller Jahre – mindestens fünf, eher mehr, Fahrradpolizisten auf grünen MTBs. Welchen „organisatorischen Status“ die hatten – ob das tatsächlich eine Staffel war, oder mehr so ein temporäres Experiment, kann ich nicht sagen, aber ich habe es selber erlebt, vorwiegend in der Gegend des Ernst-Reuter-Platzes, wo dann gelegentlich jemand mit einem MTB und „Polizei“ auf dem Rücken riskant überholte und der roten Ampel zwischen den Fußgängern hindurchknallte, um einen ordnungswidrig agierenden Radfahrer zu „stellen“ … Natürlich dürfen die Jungs das, und haben es radfahrerisch sicherlich auch drauf, aber ich finde es generell immer etwas schwierig, wenn die Polizei sich unbekümmert und teilweise rücksichtslos verhält (am Ernst-Reuter-Platz konnte man seinerzeit auch häufig interessante Erfahrungen mit Motorradpolizisten machen, die die VIP-Kolonnen zum Flughafen Tegel abgesichert (und dabei oft Fußgänger gefährdet bzw. erschreckt) haben) – sie sollen dem Recht Nachdruck verschaffen, aber nicht unbedingt mit den Mitteln der „Gegenseite“, finde ich … Angesichts den Verhaltensweisen der automobilisierten Kollegen denke ich auch oft: „… na ja – sind halt BMW-Fahrer“ (obwohl man zugeben muss, dass Polizisten im Gegensatz zum typischen BMW-Fahrer offenbar wenigstens wissen, dass man beim bzw. schon vor dem Abbiegen den Blinker setzen sollte …).

  12. Würde mich sehr viel mehr freuen, wenn auch der zu geringe Überholabstand geandet werden würde.. Habe mich ja inzwischen an den Alltag gewöhnt, mit 30cm Abstand überholt zu werden (bei 30 km/h Relativgeschwindigkeit sind das gefühlte 3cm).

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