Auf der Straße fährt es sich am sichersten

Die Lübecker Nachrichten berichteten gestern von einer Langzeitstudie des Bad Oldesloer Polizeihauptkommissars Karsten Witt, der die Radunfälle im Kreis Stormarn und in Lübeck analysiert hat. Danach gibt es in Stormarn 200 bis 250 Unfälle mit Radfahrern und in Lübeck etwa 1800 Unfälle im Jahr. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer. Das Ergebnis: „Von Unfällen sind überwiegend Radfahrer betroffen, die nicht auf der Straße gefahren sind, sondern auf Geh- oder Radweg.“

Die Statistik wird angeführt von Radfahrern, die auf dem linken Radweg fahren und von abbiegenden Autos übersehen werden. Auf Platz zwei der Unfallursachen liegen Ein- und Ausfahrten, wo Radfahrer auf Geh- und Radweg von Autos erfasst werden. Drittens bergen Fußgängerüberwege Gefahren, wenn Radfahrer diese auf dem Rad queren. Auf Platz vier: Radfahrer, die sich begegnen, gefolgt von Rechtsabbiegern an der Ampel und der geöffneten Autotür.

„Tödliche Unfälle passieren am häufigsten dann, wenn Radfahrer die Straße plötzlich überqueren“, so Witt weiter. Kindern sage ich im Präventionsunterricht, dass sie zum Queren der Straße absteigen sollen.“ Bis zehn Jahre sei das Fahren auf dem Gehweg erlaubt, was nach Witts Einschätzung eine zwiespältige Sache ist. „Es gibt eine Risikofaktor-Liste, nach der das Fahren auf der Fahrbahn mit dem Rad einen Risikofaktor von 3,4 hat, auf dem linken Radweg dagegen von 11,9.“ Das Fahren ohne Licht spiele für das Unfallgeschehen kaum eine Rolle, „das ist nur ein gefühltes Problem.“

Lübecker Nachrichten, Ausgabe Stormarn: Risiko Radweg: Auf der Straße fährt es sich am sichersten

18 thoughts on “Auf der Straße fährt es sich am sichersten

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  1. Dieser Satz sagt eigentlich alles: „Vorfahrtregelungen zwischen Rad und Auto sind ein Problem, viele Fahrer wissen nicht Bescheid.“

  2. So ehrlich muss man schon sein: Radwege sind gefaehrlich IN DER STADT! Am Land ist ein Radweg verdammt lebensrettend. Und in der Stadt dort, wo mit 70km/h auf zwei Spuren gefahren wird.

    Nur dass wir auf Nebenstrassen bei 30 km/h auf die Gehsteige GEZWUNGEN werden – das ist irre!

  3. Zitat: „Es gibt eine Risikofaktor-Liste, nach der das Fahren auf der Fahrbahn mit dem Rad einen Risikofaktor von 3,4 hat, auf dem linken Radweg dagegen von 11,9.“

    Diese „Liste“ stammt nicht von Herrn Witt, sondern aus einer älteren, schwedischen Untersuchung. Und der Faktor Geradeausfahren an einer Kreuzung auf der Fahrbahn wird dort nicht mit 3,4 – wie falsch im Zeitungsartikel behauptet -, sondern mit 1 angegeben, da das Fahrbahnfahren die Basis darstellt und alle anderen Varianten in Vergleich dazu gesetzt werden. Das um den Faktor 3,4 erhöhte Unfallrisiko gilt laut der Studie für rechtsseitige Radwegbenutzung. Die 11,9 für linksseitige Radwegnutzung sind korrekt angegeben.

    siehe die Grafik auf Seite 3 im pdf unter http://www.nationaler-radverkehrsplan.de/eu-bund-laender/eu/brr/brr-029-1992-de.pdf

  4. @Torro: lt. Unfallstatistik erhöhen Radwege ausserorts die Sicherheit auch nicht. Aber sie führen dort zumindest nicht zu höherer Gefährdung.

  5. Warum es solche Leute bei der Berliner Polizei nicht gibt, entzieht sich meinem Verständnis. Ein einziger engagierter Radfahrer an höherer Stelle in der Verkehrsdirektion könnte bereits ausgleichend wirken. Aber so müssen wir Jahr für Jahr mit parteiischen, fahrradfeindlichen Auswertungen a la „an der Hälfte der Unfälle sind Radfahrer selbst Schuld“ und „wenn Radfahrer von Rechtsabbiegern umgekachelt werden, liegt das meist daran, dass die Radfahrer zu schnell waren“ leben.

    Dabei würde eine ergebnisoffene, faire Auswertung der Unfallstatistiken zu völlig anderen Überwachungsszenarios führen. Neben roten Ampeln und der Anzahl an Reflektoren würde man dann vielleicht auch mal Radfahrer von Bürgersteigen holen, bei Rechtsabbiegern den Schulterblick überwachen und sich vielleicht auch um nahen Überholabstand widmen, wobei letzterer glücklicherweise mehr Ärgernis als Hauptunfallursache ist.

  6. @Nebsler, soweit mir bekannt ist, gibt es keine Untersuchungen zu außerstädtischen Radwegen. So zumindest der Tenor, wenn man in de.rec.fahrrad mitliest.

    Meine Erfahrungen mit solchen Wegen sind durchmischt. Ärgerlich sind viele Steigungen, schlechte Wegereinigung und fehlender Baumschnitt, gefährlich sind häufige Straßenseitenwechsel an Gemeindegrenzen. Die Alternative (Fahrbahn) ist aber oft auch nicht besser. Nahüberholen bei sehr hohen Geschwindigkeiten und Gegenverkehr sind Gang und Gäbe, vielbefahrene Landstraßen sind in meinen Augen für Radfahrer so gut wie unbenutzbar, weil hier die Autogeschwindigkeiten sehr hoch sind und oft nicht gedrosselt werden, nur weil da ein Radfahrer auf der Fahrbahn fährt.

  7. @Berlinradler:

    Das einzige was uns da helfen wird, ist wie bei fast allem in Deutschland, der demographische Wandel.

    Wenn die Autozentrierten Deppen weggestorben sind kann die Generation Leute die in den 80ern und 90ern Sozialisiert wurde endlich mal sinnvolle Verkehrspolitik machen.

    Generell würde ich mir bei solchen Falschaussagen wie die Unfallschuld wünschen das mehr Leute wenigstens rudimentäre Ahnung von Statistik haben, BWL und VWL und Bewerbungskurse müssen heutzutage fast alle in der Schule machen, Statistik wird wenn überhaupt nur kurz in Mathekursen angesprochen.
    Wobei ich mich bei den Aussagen der Pressestelle der Berliner Poliezi frage ob da auch jemand arbeitet der auch nur in der Nähe einer Hochschulreife war…

  8. @berlinradler Schön, dass es Leute wie Herr Witt gibt. Die Annahme, dass dadurch aber die Polizeidirektion Lübeck sich kritisch den Radwegen zuwendet und deren Notwendigkeit neuer Radwege genau prüft, kann ich leider nicht bestätigen.
    In meiner Gemeinde entsteht bald ein neuer Zweirichtungsradweg in einer Einbahnstraße und das scheinbar ohne Not. Höchstgeschwindigkeit 30 km/h, ausreichend Straßenraum, es gibt keine belastbaren Zahlen zur (m.M.n. geringen) Verkehrsdichte und keine Unfallschwerpunkte.
    Politisch war das so gewollt und wird jetzt auch so gebaut und die PD Lübeck hat es leider befürwortet.

  9. „““““
    # berlinradler schreibt:
    Dienstag, 16.11.2010 um 10:11

    vielbefahrene Landstraßen sind in meinen Augen für Radfahrer so gut wie unbenutzbar, weil hier die Autogeschwindigkeiten sehr hoch sind und oft nicht gedrosselt werden, nur weil da ein Radfahrer auf der Fahrbahn fährt.
    „““““

    Ich fahre oft mit dem Rad Kreuz und Quer durch Deutschland, auch mal eine Nacht hindurch. Auf Landstrassen lässt es sich fast immer sehr gut fahren. Das Autos dort 100 km/h fahren ist eigentlich kein Problem.
    Ich bin immer froh wenn ich Landstrassen ohne Radweg vorfinde, dort lässt es sich am stressfreisten Rad fahren.

  10. Sicher auch ne Gewöhnungssache, siggi.

  11. Die Benutzbarkeit von Landstraßen zum Radfahren ist abhängig von der Fähigkeit der darauf fahrenden Autofahrer.

    In der Umgebung von Berlin befindet sich die ehemalige „DDR“, die dort autofahrend sozialisierten sind annähernd genauso unfähig wie die im Bundesland Bayern.
    Dort ist Landstraßenfahren verdammt gefährlich.

    In anderen europäischen Ländern sieht die Angelegenheit GANZ anders aus, weil dort die Autofahrer entschieden anders fahren und entschieden anders mit auf der Straße fahrenden Radfahrern umgehen.

    Als ich vor etlichen Jahren auf einer Radtour die bayerisch-österreichische Grenze überfuhr, nahm ich das Fahrverhalten der österreichischen Autofahrer als beunruhigend wahr – der bayerische Autofahrer überholte gar nicht, sondern fuhr mit unveränderter Geschwindigkeit in Minimalabstand an einem vorbei, während der österreichische mit Abstand hinter einem wartete, daß sich eine Überholmöglichkeit bietet, und dann mit locker 2..3 m Abstand überholte.

    Vergleichbares habe ich in Großbritannien, Irland und Italien erlebt.

    Deutsche Autofahrer sind halt die dümmsten. Und Ostdeutsche sind neben bayerischen besonders übel.

  12. [OT] (Landstraßen in Bayern)

    Ich bin in den letzten Jahren häufiger auf den Landstraßen Bayerns unterwegs gewesen. Mit dem Auto. Die dort ansässige Bevölkerung fährt einen unglaublichen Scheiß zusammen. Mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h liegt man in der Kategorie Wegelagerer. Es scheint ebenfalls verboten zu sein, mal ein paar km hinter einem LKW mit 80 hinterherzufahren, wenn es keine Überholmöglichkeit gibt.
    An die „der wird doch jetzt wohl nicht“-Momente hab ich mich gewöhnt, auf diesen Adrenalinschub, wenn der Überholende der Gegenspur direkt auf einen zu fährt, kann ich verzichten. Leider fährt die Bahn immer da lang, wo man nicht hin muss, das ganze mit 4 mal umsteigen, von tollen Spartickets keine Spur, so dass man mit einem Mietauto günstiger fährt als mit der Bahn. Krank.

  13. Also ich kann nicht nachvollziehen, warum man auf Landstraßen nicht rad fahren kann. Wenn ich mit dem Rennrad unterwegs bin, fahre ich fast ausschliesslich auf Land- (und Bundes)straßen. Im Gegentum, da fährt sichs im Mittel deutlich entspannter als in der Stadt (grade in Berlin sind KFZ-Lenker überproportional aggressiv). Allerdings finde ich Radwege an Landstraßen ebenso gefährlich wie in der Stadt. Speziell weil sie häufig die Seiten wechseln, oft unübersichtlich geführt sind und mitunter viel rutschiger Dreck rumliegt. Von gefährlichen Situationen die auftreten können, weil die meisten Leute die sich dort aufhalten oder fortbewegen so tun als ob es dort keinerlei Regeln gäbe und sich absolut unberechenbar verhalten mal ganz abgesehen

    Dass Landstraßen Bayern schlimmer sein sollen kann ich auch nicht bestätigen. Das Berliner Umland ist zwar nicht so zersiedelt, sodass man da viel weniger Verkehr hat als im Münchner Umland, aber wenn man in Brandenburg mal auf nen Autofahrer trifft, ist er häufig auf Krawall aus.

    Ich meine auch festgestellt zu haben, dass „Ossis“ im Auto einen höheren Prozentsatz an Brutalos stellen. Möchte das aber nicht als „Ossi“-Bashing verstanden wissen, ist nur meine persönliche Statistik.

  14. > Also ich kann nicht nachvollziehen, warum man auf Landstraßen
    > nicht rad fahren kann.

    Man kann schon, nur ist es aufgrund der erheblich größeren Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Rad- und Autofahrern gefährlicher.

    Es ist ein Unterschied, ob man in der Stadt mit 60 überholt wird, oder ob man auf einer Landstraße mit 120 überholt wird.

    Ein nahüberholender LKW mit 90 erzeugt einen ganz erheblichen Luftwirbel, so daß das Nahüberholen noch gefährlicher wird als in der Stadt.

    Außerdem rechnen viele Autofahrer nicht mit der Existenz von Radfahrern und fahren entsprechend betriebsblind.

  15. Ich selbst hatte ohnehin nur von vielbefahrenen Landstraßen geschrieben, in denen z.B. vom Gegenverkehr keine Lücken zu erwarten sind. In solchen Fällen haben die Pkw hinter einem die Möglichkeiten:

    – warten, bis eine Lücke im Gegenverkehr kommt
    – langsam nah überholen
    – schnell (ungebremst) nah überholen

    Nach meiner Erfahrung erlebt man alle 3 Verhaltensmuster in etwa in gleicher Anzahl.

    Auf wenig befahrenen Landstraßen fährt es sich ganz gut.

    Wie es unfallstatistisch aussieht, weiss ich nicht. Auf dem Lande kommen mehr Menschen im Straßenverkehr um als in Städten, wie sich das allerdings für Radfahrer darstellt, weiss ich nicht.

  16. Passtend dazu ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:

    Kommunen dürfen Fahrradfahrer nur in besonderen Fällen zwingen, Radwege zu nutzen – und zwar dann, wenn es an der Stelle eine größere Gefahr gibt, die das normale Risiko des Straßenverkehrs „erheblich übersteigt“. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

    Die runden blauen Verkehrsschilder, die die Radler von der Fahrbahn auf die Wege zwingen sollen, dürfen somit an übersichtlichen, unproblematischen Straßen nicht so einfach aufgestellt werden.

    Regensburg hatte einen solchen gemeinsamen Fuß- und Radweg ausgeschildert. Den Schildern nach mussten Radfahrer diesen Weg nutzen und durften nicht mehr auf der Straße fahren.

    (Az.: 3 C 42/09)

    via Tagesschau.de
    http://www.tagesschau.de/inland/radwegpflicht102.html

  17. […] wird. Noch schlimmer finde ich es, wenn das auf gemeinsamen Rad- und Gehwegen passiert. Bei der Rad-Spannerei wird gerade wieder darüber diskutiert, ob Radfahren auf Straßen auch außerorts sicherer ist oder […]

  18. Hallo ! Hier sind alle anscheinend begeisterte Radfahrer das freut mich für mich gibt es auch nichts schöneres. Ich bin aus Bayern und fahre jedes Jahr viele tausend Kilometer auf Landstraßen (wenns geht auf Nebenstraßen) und fühle mich da machmal sicherer als auf Radwegen .Es stimmt die Bayern sind ziehmlich hirnrissige Fahrer aber die gibt es leider überall in ganz Deutschland und in Europa /siehe Italien /Kalabrien/ 8 Radfahrer wurden von einem drogensüchtigen Junky umgebracht.
    In dieser total abgefackten Autofahrergesellschaft haben Radfahrer anscheinend keine Lobby. Die Raserei wird immer schlimmer und die Polizei schaut weg ! Ist klar in diesem Land sind die Politiker nur Marionetten von BMW.VW Audi und co usw. …..

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