Die Nachricht ist zwar nicht neu, aber im Tagesspiegel gibt es aktuelle Daten aus einer Haushaltsbefragung der TU Dresden. In Berlin verschiebt sich der Modal Split zugunsten von Fußgängern, Radfahrern und ÖNPV. Demnach hat der Anteil der Fußgänger in den letzten 10 Jahren um vier, der Anteil der Radfahrer um drei Prozent zugenommen (Sind hier Prozentpunkte gemeint?). Der Autoverkehr hat um 7% abgenommen. Es werden 30,9% aller Wege mit dem Auto zurückgelegt, 29,8% zu Fuß, 26,2% im ÖPNV und 13,1% mit dem Rad. Das Auto hat eine durchschnittliche Auslastung von 1,3 Personen.
Während die Bundesregierung die Umwelt mit fragwürdigen Prämien „rettet“, an der Verkehrsverteilung aber lieber nichts ändern will, wird Berlin hier die Möglichkeit eines ernsthaften umweltverträglichen Handelns in die Hand gegeben. In vielen Straßen ist der Verkehrsanteil der Radfahrer bereits höher als derjenige der Autos, dennoch dominieren sie das Bild und benötigen fast den gesamten Verkehrsraum, und sei es nur zum Parken.
Ein noch schnelleres Umsetzen der die Bezirke verbindenden Fahrradrouten, die Schaffung echter autofreier Fahrradstraßen, die Abschaffung gefährlicher Radwege und – wo nötig – die Markierung von ausreichend breiten Radstreifen – all dies ist geeignet, um mehr Leute aufs Rad steigen zu lassen.
Fahrradrouten:
Weiß jemand, warum die Strecke über die Prinzregentenstraße/Handjerystraße nach wie vor nicht eingerichtet wurde?
Angeblich sollte das bereits 2008 eine Fahrradstraße werden, aber tatsächlich wird die immer noch gerne von Autofahrern als Ersatzstrecke zur ja so grauenerregend unbefahrbaren Bundesallee genutzt.
Das einzige, was sich geändert hat, ist die Ausweitung der verkehrsberuhigten Zone auf Höhe des Volksparks um geschätzte 75m nach Süden.
Die im folgenden Kloblattartikel beschriebenen Schilder gibts immer noch nicht, und wir haben jetzt August 2009:
http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article162457/Strasse_nur_fuer_Radfahrer_in_der_City_West.html
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Verkehr;art270,2589810,7-pg1
Ach, und auch hier schon:
https://rad-spannerei.de/blog/2008/02/04/fahrradlinks-3/
Gemeint ist keine Fahrrad-ROUTE, sondern eine Fahrrad-STRASZE, sorry.
Wooh! Ein echtes SZ/ß. Find ich toll. 🙂
Fahrradstraßen sind doch nur Augenwischerei, siehe das kleine Stück in der Bergmannstraße. Zwischen Mehringdamm und Marheinekeplatz muss man sich weiter mit Autofahrern rumprügeln um dann zu der Alibistrecke zu gelangen. Die zwei, drei neuen Schilder haben aber auch dort nichts zum Abnehmen des Autoverkehrs beigetragen.
@textbauer:
ja, stimm ich dir zu. momentan ist das irgendwie alibipolitik nach dem motto: hey, wir tun was.
der teil der bergmannstrasse, der nicht fahrradstrasse ist, wir aber eh von den radfahrern berherrscht 🙂 was einem da immer an radlermassen begegnet ist schon toll.
wär vlt. was für die bloghauptseite, ein etwas „untypischer“ (so nicht unbed. zu erwartender und differenzierender) bericht in einer konservativen zeitung 😉
http://www.faz.net/s/Rub9AE899D74FA64E1C97C29D196E8EB0BB/Doc~E7C41EE4E858F4E3EB032FF9790E4B117~ATpl~Ecommon~Scontent.html
@textbauer, wenigstens kann man dort fahren. Die Linienstraße ist derzeit in beiden Richtungen dicht. Dass die Anlieger-frei-Fahrradstraßen aber keine für Radfahrer positiven Aspekte mit sich bringen, da stimme ich zu. Ich halte es für sinnvoller, Nebenstraßen in der Mitte für den Kraftverkehr durch Barrieren zu sperren. So hat man die Gewissheit, dass nur echte Anlieger einfahren – und würde sich wundern, wie wenige das sind.
@berlinradler
Die Linienstrasse ist auch deshalb ein Trauerspiel, weil sie (absichtlich?) von der Verwaltung fehlinterpretiert wird. Zuständig für die Ausschilderung im Baustellenbereich ist ein Herr Christian Henderson, der mir aucf Anfrage mitteilte, dass die Linienstrasse „in erster Linie“ für den Anliegerverkehr und den Baustellenverkehr aufzunehmen hat. Der Fahrradverkehr ist für ihn nachgeordneter „weiterer Verkehr“, der aufgrund der geringen Strassenbreite nicht zugelassen werden kann.
Laut Beschilderung ist es andersherum: Die Linienstrasse ist in erster Linie eine Fahrradstrasse, in der Anliegerverkehr als weiterer Verkehr zugelassen ist. Diese Gewichtung kann Herr Henderson offensichtlich per Verwaltungsakt nach persönlichem Gusto umkehren.
@jemand
Der Artikel ist zwar ausnahmsweise keine Polemik gegen Radler, aber ich hab trotzdem Bauchschmerzen bekommen: Hier wird Geisterfahrerei auf dem Radweg alls Allheilmittel angepriesen. Ich bin dagegen…
Pragmatisch betrachtet hat Herr Henderson ja sogar Recht. Die fahrbaren Metallkisten müssen 23 Stunden am Tag irgendwo abgestellt werden können, dafür wird jede einzelne Straße in Berlin gebraucht. Echte, autofreie Fahrradstraßen kann es daher leider nicht flächendeckend geben.
Dass der Parkverkehr aber in der Form bevorzugt werden muss, dass Radfahrer am Ende gar nicht mehr fahren können, ist schon seltsam.
…es ging nicht um den Parkverkehr. Es ging um die Bevorzugung des Anliegerverkehrs in der Engstelle an der Baustelle Ecke Rosenthaler. Da gab es zwei Alternativen: Entweder Anliegerverkehr sperren (was für Anlieger bedeutet hätte, dass sie nur die Ausfahrt Richtung Alte Schönhauser hätten benutzen können), um Radverkehr in beide Richtungen zu erlauben, oder Rad- und Autoverkehr in einer Richtung sperren, um Anliegerverkehr in der anderen Richtung zu erlauben.
Hier hätte ich erste Variante bevorzugt. Schliesslich handelt es sich um eine Fahrradstrasse, in der der Anliegerverkehr dem Radverkehr nachgeordnet ist. Herr Henderson entschied sich für die zweite Variante, mit dem Argument, dass die Linienstrasse in erster Linie dem Anliegerverkehr dient, trotz der Ausschilderung als Fahrradstrasse.
@Markus, mit Parkverkehr meine ich Fahrzeuge, die vorrangig Ein- oder Ausparken wollen. Insofern reden wir doch eigentlich vom selben Thema.
P.S. Ich habe fast gewonnen – mein Zahlenfeld unten steht auf 888884. Jetzt war ich nur 4 Ziffern vom Millionengewinn entfernt 😉
Radfahrstreifen sind auch keine Lösung:
http://www.huebsch-gemacht.de/radwege/txt/radfahrstreifen.html
@Chris, in der Tat kann man mit Radstreifen die Situation verschlechtern, insbesondere indem man die Radfahrer an den parkenden Verkehr ranholt und den Nahüberholern ein gutes Gewissen gibt – spricht sie zu eng gestaltet. Generell ablehnen würde ich sie nicht, ich kenne in Berlin Beispiele, die ich als vorteilhaft erachte.
Oft frage ich mich aber, wozu vielbefahrene Hauptstraßen überhaupt eine Lösung für Radfahrer brauchen, wenn diese ihre Situation nicht verbessert. Der bessere Weg ist in manchen Fällen wohl der Verzicht auf Radverkehrsanlagen und das Ausschildern alternativer Wege.
@ Chris
Hm.. sehr ausführliche Darstellung der Nachteile. Mir fällt auf, dass es sich bei den von Dir kritisierten Radstreifen um welche mit durchgängiger Linie handelt. Hast Du Erfahrungen mit gestrichelten Radstreifen gemacht? Ich kenne einen, den ich auch relativ oft nutze. Die Straße ist nicht breit genug für zwei sich entgegenkommende Autos plus Radfahrer, also zweispurig. Es gibt keinen Parkraum rechts der befahrenen Trasse. Wenn kein Radfahrer zu sehen ist, befahren die Autos den Radstreifen um bequem aneinander vorbeifahren zu können. Wenn aber ein Radfahrer unterwegs ist, dann warten die Autos hinter dem Radler bis der Gegenverkehr frei ist und sie ein normales Überholmanöver starten können. Der Radstreifen verhilft in diesem Falle dazu, gefährliche Überholmanöver zu verhindern. Es wird i.d.R. auch genug seitlicher Abstand zu den Radfahrern eingehalten, wenn man mal vom gelegentlichen Auto-Rowdie absieht. Finde ich sehr praktisch. Durch diese Gegebenheiten kann ich als Radler auch um haltende Autos herumfahren und dazu den Radstreifen verlassen. Die hinter mir fahrenden Autos müssen ja auch die Spur wechseln.
> Oft frage ich mich aber, wozu vielbefahrene Hauptstraßen überhaupt
> eine Lösung für Radfahrer brauchen, wenn diese ihre Situation nicht
> verbessert. Der bessere Weg ist in manchen Fällen wohl der Verzicht
> auf Radverkehrsanlagen und das Ausschildern alternativer Wege.
Und da schließt sich der Kreis zu meiner Frage am Anfang:
Die Umwidmung der Prinzregentenstraße zur Fahrradstraße wäre ein ebensolcher alternativer Weg. Eine Alternative zur wenige hundert Meter weiter westlich liegenden Bundesallee, die mit ihren FahrradWeg!en und dem Autorennpistencharakter nicht zum Radfahren einlädt.
Was ist nun mit der Umwidmung, die bereits Anfang 2008 angekündigt wurde? Warum passiert da nichts?
@Linda: Ja auch zu den von dir nachgefragten „Schutzstreifen“ habe ich was zu sagen. (Ich werde wohl auch dazu mal einen Artikel schreiben.)
Schutzstreifen werden da eingerichtet, wo für „richtige“ Radfahrstreifen kein Platz ist. Dummerweise ist schon der „richtige“ Radfahrstreifen das, was man eigentlich als Minimalbreite für sicheres Radfahren ansieht.
Dem Autofahrer ist es eigentlich egal, ob der Streifen nun aus Strichellinien oder breiter Linie besteht. Ich würde behaupten, dass 85% aller Autofahrer da den Unterschied nicht einmal wissen. Für sie wird der Straßenraum geteilt in „ihre“ Straße und den Teil für Radfahrer. Also wird entlang der Linie gefahren (egal wie die aussieht). Sehr, sehr unangenehm, wenn man dann als Radfahrer gerade einmal 80 cm Platz zugebilligt bekommt.
Doof ist, wenn dann doch noch rechts ein Parkstreifen eingerichtet wird (was nicht selten der Fall ist) und dann eine öffnende Tür gleich den gesamten Streifen „sperrt“.
Im übrigen hat beim Anlegen von Schutzstreifen am Fahrbahnrand ein Halteverbot ausgesprochen zu werden. Haltende Autos zum drumrumfahrne sollte es eigentlich nicht geben – theoretisch… 😉
Bilder hab ich auch, wie sowas aussieht:
http://www.huebsch-gemacht.de/radwege/filter.php?cmd=filter&ort%5B%5D=ssks&
Bei den Bildern auf der letzten von Chris verlinkten Seite wird einem ganz anders. Das kommt einem Radfahrverbot für alle gleich, die weder ihr Leben aufs Spiel setzen noch andauernd angehupt werden wollen.
Gibt es keine Mindestbreiten für Schutzstreifen? Ich weiss, dass das in Berlin mal ein Thema war und man sich – wenn ich mich recht erinnere nach einem Unfall – auf Mindestbreiten geeinigt hat.
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