So geht Verkehrswende. Nicht.

„CDU/CSU und SPD wollen im Bundeshaushalt 2020 die Mittel für den Aus- und Neubau der Infrastruktur für die Bahn kürzen. Zugleich sollen die Haushaltsmittel für die Straßen weiter steigen“, sagt Matthias Gastel, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss für die Grünen.

Googlet man mal nach „Bundeshaushalt 2020“, dann findet man den „Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2020 (PDF, 176 KB)“ und da bekommt der Haushalt 20 einen anderen Drall. Zitat: „Im Verkehrshaushalt werden die Investitionen gegenüber dem geltenden Finanzplan weiter erhöht. Die klassische Verkehrsinvestitionslinie (der Bereiche Straße, Schiene und Wasserstraße) wird im Jahr 2020 gegenüber dem noch geltenden Finanzplan um über 770 Mio. € auf rund 15,3 Mrd. € gesteigert“ (Seite 11). Dass Gastels Zahlen (2020: 10,92 Mrd. € Investitionen für Autobahnen, Bundestraßen und Schienenwege) und die Zahlen der Regierung (2020: 15,3 Mrd. € Investitionen in den Verkehrsbereich) nicht vergleichbar sind, liegt vermutlich daran, dass die Investitionen in den Wasserstraßenausbau und die Milliarden für den Radschnellwegbau bei Gastel nicht berücksichtigt werden.

Und weiter aus der Haushaltsvorlage der Bundesregierung: „Die Steigerung kommt vor allem dem Schienenbereich zugute, der als klimafreundlicher Verkehrsträger weiter gestärkt wird“ (Seite 11). Konkrete Zahlen werden dann allerdings nicht genannt, stattdessen recht blumige Aussagen darüber, dass ganz, ganz viele Milliarden (konkret: 51,4 Mrd. €) für die Schienenwege im Zeitraum 2020 bis 2029 eingeplant sind. Gut zu wissen, dass heute in zehn Jahren viel Geld in den Schienenausbau gesteckt werden soll, allerdings hilft uns das hier und heute kein Stück weiter. Notwendigerweise ist der sofortige Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur erforderlich und nicht erst in einer Dekade.

In den Kommentaren zu Gastels Tweet werden auch Neuwahlen und eine grüne Regierung gefordert. Mal abgesehen davon, dass das nicht passieren wird, weil zu viele SPD- und CDU-Abgeordnete Angst haben, nicht wiedergewählt zu werden und deshalb die Merkelregierung nicht in Rente schicken, bekomme ich bei solchen Äußerungen immer ein flaues Gefühl im Magen. Die Grünen schlagen einen CO2-Preis von 40,- € pro Tonne vor. Das führt ungefähr zu einer Spritpreiserhöhung von 10 Cent pro Liter. Da die Einnahmen aus der CO2-Steuer „dem Bürger wieder zurückgegeben werden sollen“, schlagen die Grünen die Streichung der Stromsteuer und eine Barauszahlung von 100 Euro pro Einwohner vor. Der Rest des Geldes soll in die Ladeinfrastruktur von E-Autos gesteckt werden. Richtig gelesen. Der kleine Mann soll zehn Cent mehr für Sprit zahlen, das Geld fließt (teilweise) in die Infrastruktur für 30.000-Euro-E-Autos. Das ist Umverteilung von unten nach oben. Wenn die Grünen wenigstens vorgeschlagen hätten, die Mehrwertsteuer für Bahnfahrten von 19 Prozent auf Null zu stellen und die MwSt. für Regionalbahnen von 7 % auf Null zu setzen. Aber so kann ich nicht wirklich glauben, dass mit den Grünen eine radikale Verkehrswende geht.

Bundesfinanzministerium: Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2020 (PDF, 176 KB)

Thilo Jung: Grünes „Sofortprogramm“ zum Klimaschutz: Hofreiter, Baerbock & Kretschmann – BPK 28. Juni 2019 (Youtube-Video)

4 thoughts on “So geht Verkehrswende. Nicht.

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  1. „Aber so kann ich nicht wirklich glauben, dass mit den Grünen eine radikale Verkehrswende geht.“ Das ist nicht weiter verwunderlich. Radikal werden die Wähler erst, wenn man ihnen an das gewohnte Leben will, nicht vorher.

  2. Grüne fordern 40€/t CO2.
    Munich Re fordert 115€/t CO2:
    https://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/munich-re-joachim-wenning-fordert-viel-hoeheren-co2-preis-a-1271812.html
    Verkehrte Welt…

    (Und das Märchen vom „armen kleinen Mann“, dessen Menschenrecht auf möglichst billigen Sprit beschnitten werden könnte, was ja überhaupt garnicht geht, könnt ihr mal in die Tonne treten bitte. Ernsthaft. Das ist CDU-Bullshit für Abgassüchtige. Eine flächendeckende Verkehrswende lässt sich nur über den Preis erreichen – Autofahren ist umweltschädlicher Luxus und hat entsprechend teuer zu sein.)

  3. Die Grünen sind — leider — auch in erster Linie eine Autofahrerpartei. Der innerparteiliche Streit verläuft nicht zwischen pro und contra Auto, sondern pro-Verbrenner (Kretschmann) und pro-Elektroauto (Hofreiter). Siehe https://nerdpol.ch/posts/751abcf070bb013542eb52540061b601

    Hier in Berlin stellen die Grünen die Verkehrssenatorin. Wer sich davon den Wiederaufbau des umweltfreundlichsten, komfortabelsten und praktischsten öffentlichen Verkehrsmittels, der Straßenbahn (einst > 600 km, heute nur noch < 200 km), erhofft hat, ist enttäuscht. Stattdessen gibt es Schwachsinnsprojekt wie "Berlkönig" und Batteriebusse.

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