Am gestrigen Montagmorgen bin ich mit dem Fahrrad und dem Zug zurück nach Berlin gefahren. Mein „Stammbahnhof“ ist Fürstenberg, von dort geht es mit dem RE5 in einer knappen Stunde zurück nach Gesundbrunen. Da ich noch eine halbe Stunde Zeit hatte bis zur Abfahrt, habe ich im neu eröffneten Café Ahoi am Bahnhof einen Kaffee getrunken. Tagesgespräch im Café war die chaotische Situation am Sonntagabend auf dem Fürstenberger Bahnhof. Nach Angaben des Cafépersonals sollen mehr als 100 Radfahrer vergeblich versucht haben, in die Züge Richtung Berlin einzusteigen. Normale Fahrgäste ohne Fahrrad konnten immerhin einsteigen, auch wenn es im Zug recht eng war. Die Radfahrer blieben auf dem Bahnsteig zurück. Im Cafe traf ich einen Vater von drei Kindern, die schließlich ohne Fahrräder die Heimreise antraten. Der Vater kam Montag früh wieder nach Fürstenberg, um vier zurückgelassene Räder abzuholen.
Auch wenn es am vergangenen Sonntag wegen des Immergut-Festivals in Neustrelitz besonders voll im RE5 war, so ist das eigentlich das gewohnte Bild an jedem sonnigen Wochenendsonntag. Die Züge des RE5 starten in Rostock und Stralsund. Das hat zur Folge, dass die Fahrradabteile bereits wegen des Ostsseerückreiseverkehrs proppenvoll sind. Radfahrer, die in den Brandenburger Bahnhöfen Fürstenberg, Gransee und Löwenberg zusteigen wollen, kieken in die Röhre. Ich selbst habe das Glück, antizyklisch fahren zu können – statt Sonntagabend fahre ich lieber Montagmorgen. Aber Leute, die darauf angewiesen sind, rechtzeitig zurückzukommen, etwa, weil sie schulpflichtige Kinder haben, können Nordbrandenburg aus der Liste der Kurzurlaubsziele streichen.
Ich fahre seit etwa zehn Jahren regelmäßig nach Fürstenberg und finde, dass sich die Situation im RE5 durchaus verbessert hat. Die Strecke wird ausgebaut und kann schneller befahren werden, was die Fahrzeit von Berlin um zehn Minuten verkürzt. Nach und nach wird die Infrastruktur der Bahnhöfe verbessert und für das Jahr 2030 ist sogar ein barrierefreier Zugang zum Bahnhof Fürstenberg angekündigt. Die Fahrradabteile im RE5 sind größer und besser als vor zehn Jahren. Trotz aller dieser Verbesserungen kann man die Uhr danach stellen, wenn man wieder einmal Chaos in den Zügen erleben will. Das nächste Chaos ist bereits wieder in drei Wochen, wenn vom 26. bis 30. Juni das Fusion-Festival in Lärz stattfindet.
Tagesspiegel: Züge überfüllt: Radfahrer wurden nicht mitgenommen
Diese Lösung mag nicht für alle Menschen geeignet sein, aber ich komme gut damit klar: Seit 20 Jahren fahre ich ein Klapprad. Es handelt sich um ein eher hochwertiges Modell eines Herstellers aus London, welches hoffentlich noch weitere 20 Jahre hält.
Ein Klapprad ist für die Bahn ein normales Gepäckstück, d.h. ich nehme keinem anderen Radler den wertvollen Fahrradplatz weg. Und ich kann damit auch in Zügen fahren, die keine Fahrradmitnahme erlauben, z.B. ICEs, TGVs, AVEs usw. Es ist auch kein Problem, es auf einer Fähre, im Bus oder Taxi mitzunehmen.
Wie sieht es eigentlich mit Fahrgastrechten aus, wenn man ein gültiges Ticket hat und dann nicht mitgenommen wird? Bei normalen Verspätungen/Ausfällen gibt es ja ab 60 Minuten Verzögerung eine Entschädigung und wenn nötig Übernachtungskosten, falls man das Ziel nicht mehr am selben Tag erreicht. Und teilweise werden sogar bis 80 Euro Taxikosten erstattet, was ja in vielen Fällen bis in den S-Bahn-Bereich reichen würde, wenn man das Fahrrad ins Auto (gegebenenfalls Großraum-Taxi) kriegt. Gilt das alles auch, wenn zwar der Zug fährt aber einfach nicht genug Plätze für Fahrräder da ist?
Die Fahrradmitnahme ist für die Bahn nicht verpflichtend, selbst wenn man ein Radticket gelöst hat.
Es ist sicher richtig, dass sich die Bedingungen langsam verbessern. Aber die Betonung liegt hier auf langsam. Das entspricht keineswegs dem Bedarf. Der RE 3, den ich öfter (ohne Fahrrad) nehme, bietet das gleiche Bild. Natürlich ist der Bedarf am Wochenende größer und wenn es mal irgendein Event gibt, dass den Bedarf nochmal exorbitant steigert, sollte man auch Verständnis für Engpässe haben. Aber es geht ja nicht darum, dass „mal“ 5 Radfahrer irgendwo stehen bleiben und den nächsten Zug nehmen müssen. Mal blöd gefragt: Gibt es solche Zustände auch in der Schweiz?
Ich habe Ähnliches auch schon diverse Male auf dieser Strecke erlebt. Anfang Mai 2017 kam es sogar an Unterwegsbahnhöfen zu Einsätzen der Bundespolizei, um eine Weiterfahrt des RE zu ermöglichen und frustrierte Fahrgäste am Einstiegsversuch in den komplett überfüllten Zug zu hindern.
Was ich allerdings auch immer wieder beobachte ist, dass es Radler oder -gruppen gibt, die sich sehr rücksichtlos verhalten. Das Abnehmen von Gepäcktaschen spätestens im Zug sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Ebenso ein respektvoller Umgang miteinander und das gegenseitige Unterstützen beim Zu-/Ausstieg bzw. beim Sortieren der Räder vor den nächsten Zwischenhalten.
Leider reichen bereits wenige A********r (unter den Radlern oder unter denjenigen mit sperrigem Gepäck) je Zug für eine insgesamt jeweils chaotische und unerfreuliche Situation. Die mögliche Kapazität der Fahrradabteile wird jedenfalls mitunter nicht ausgeschöpft und das verschärft die Lage dann zusätzlich.
Die Bahn sollte – jetzt gleich, am nächsten Montag – Packwagen bestellen, wie es sie früher in fast jedem Zug gab. Wenn es irgendjemand ernst meint mit der Verkehrswende, ist das dringend nötig.