Stau in Berlin

Die gute Nachricht für Berliner Autofahrer zuerst: Berlin liegt im weltweiten Stauranking weit abgeschlagen auf Platz 91. Das heißt, es gibt neunzig Städte, in denen man noch mehr Zeit im Stau vergeudet und der Umwelt schadet, ohne einen Meter voran zu kommen.

Nimmt man nur die deutschen Städte, dann liegt Berlin bereits auf Platz zwei, knapp hinter Hamburg, der Stau-Hauptstadt Deutschlands. Die Firma TomTom, Hersteller von Navigationssystemen, hat diese Daten ermittelt und den so genannten „TomTom Traffic Index“ vorgestellt. Danach beläuft sich der Berliner Stau-Level auf 31 Prozent, noch mal ein Prozent mehr als im Vorjahr. Das bedeutet, dass man bei einer 30-Minuten-Fahrt am Morgen 14 weitere Stauminuten drauflegen muss. Am Abend in der Stoßzeit steht man für einen Halbstundentrip sogar zusätzliche 17 Minuten im Stau. Besonders krass ist der Zeitverlust in Karl-Marx-Straße, Leipziger Straße, Hermannstraße, Tempelhofer Damm und Seestraße. Es kostet keine prophetischen Gaben, um vorherzusagen, dass der Staulevel im kommenden Jahr ein weiteres Prozent nach oben geht, weil immer mehr Menschen in diese Stadt ziehen, weil immer mehr Menschen wegen zu hoher Mieten in den Speckgürtel abwandern und nach Berlin einpendeln.

Dagegen hilft nur, aktiv zu versuchen, den Stau zu vergrößern und zu verlängern, Jede gesperrte Brücke bedeutet Verkehrsberuhigung für die direkten Anwohner und verlängert den Stau auf Alternativrouten. Solange ich selbst bequem am Stau vorbeiradeln kann, ist mir egal, ob die Leute eine oder zwei Stunden im Stau stehen. Irgendwann muss das das Autofahren so unattraktiv sein, dass die Autofahrer beginnen, auf den ÖPNV umzusteigen.

TomTom: TomTom Traffic Index
Berliner Zeitung: Neue Verkehrsanalyse Hohe Mieten treiben die Berliner in den Stau

4 thoughts on “Stau in Berlin

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  1. Versuche mal an einem normalen Arbeitstag gegen 08:00 vom Speckgürtel mit dem ÖPNV ins Berliner Zentrum zu fahren…. ich bin froh, das ich das nur ein paar mal pro Monat machen muss…

  2. Nur wegen die Fahrtkosten und Fahrzeiten lohnt sich meisten ein Umzug in dem Speckgürtel nicht. Wer in Berlin arbeitet und wohnt sollte sich zweimal überlegen, ob er wirklich umziehen will. Darüber hinaus viele Autofahrer in der Innenstadt sind auch Berliner, man muss nur vor der Kitas bzw. Schulen anschauen wie viele Elterntaxi es gibt!

  3. Vergleicht mal Werbung (z.B. Schleichwerbung in TV-Serien oder Kinofilmen) der Autoindustrie mit der Realität.

    In deren Werbung fährt man in der intakten Natur mit saftigem Grün und weit und breit kein weiteres Stink-Lärm-Platzverschwendungs-Dings.

  4. Push&Pull wäre toll. Mehr Stau ist ja quasi eine Push-Maßnahme, die ganz von selbst kommt. Bei Pull sieht es aber finster aus. Der ÖPNV ist fast schon am Ende der Ausbaukapazitäten, wegen Fahrzeugmangel, Fahrermangel, Planungsstau. Verbesserungen für den Radverkehr werden von der Verwaltung in weiten Teilen, von der Politik noch immer zu großen Teilen zögerlich umgesetzt. Und der Fußverkehr darf sich über den Status „Reines Gelaber“ freuen. Das ist ein wirkliches Armutszeugnis und so kann ich wenig Freude dabei empfinden, dass die Stauzeiten anwachsen, zumal das ja noch nicht mal bewußte Verkehrspolitik ist. Wärs das das Ziel, gäb’s in Berlin vermutlich keine Staus.

    Es gibt auch einen großen Teil an Autofahrern, die momentan einfach keine attraktivere Alternative haben. Und seien wir mal ehrlich: Im Stau stehen ist nicht immer eine Belastung. Man hört in feinster Qualität seine Musik, absolviert ein paar Telefongespräche oder genießt einfach nur die Ruhe, bevor Job oder Familie mit ihren Ansprüchen kommen. Und das beste: Nach Stau und Parkplatzrunden kann man sich gegenseitig bestätigen, wie wahnsinnig schlimm das alles ist. Das ist wie „Haste mal ne Zigarette?“ ein toller Kommunikationsstarter für manche.

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