Ein schönes Beispiel, wie man durch eine schiefe Formulierung gleich eine ganze Grupe diskriminieren kann, liefert heute die Berliner Polizei. Es geht um den Fall eines 22-Jährigen, der eine Serie von Raubüberfällen beging und gestern festgenommen wurde. Hier der Anfang der Pressemeldung der Polizei:
„Intensive Ermittlungen und mehrwöchige Fahndungsmaßnahmen der Kriminalpolizei der Direktion 6 und das hervorragende Erinnerungsvermögen eines Polizeiauszubildenden beendeten gestern Nachmittag das gesetzlose Treiben eines Handtaschenräubers. Ihm wird vorgeworfen, seit Ende Januar in acht Fällen ältere Frauen in diversen Ortsteilen von Köpenick, Treptow und Friedrichshain überfallen zu haben. Dabei hatte er sich ihnen von hinten auf einem Fahrrad genähert und die Handtaschen entrissen. Zum Teil erlitten die Opfer bei den Taten sturzbedingte, schwere Verletzungen, die Operationen und stationäre Behandlungen in Krankenhäusern notwendig machten.“
Im weiteren Verlauf der Pressemitteilung, die man hier nachlesen kann, wird geschildert, wie es zur Festnahme des Räubers kam. Die Überschrift der Meldung lautet „Radfahrer überfiel Seniorinnen – Raubserie aufgeklärt“.
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 0856 vom 09.04.2013 – 11:10 Uhr
“Pole überfiel Seniorinnen – Raubserie aufgeklärt”
…und wo genau ist jetzt das Problem?
@Icke: Problematisch finde ich die Überschrift: „Radfahrer überfiel Seniorinnen – Raubserie aufgeklärt“. Wenn ein Bankräuber ein Auto als Fluchtfahrzeug nutzt, dann müsste die Überschrift analog lauten: „Autofahrer überfällt Bank“.
jau. Was geht noch?
„Fußgänger stachen Mann nieder.“
„S-Bahnfahrer verkaufte Drogen.“
Also ich denk, da seid ihr jetzt aber doch ein wenig überempfindlich. Die Beschreibung des Tatherganges sagt ja nun mal, daß das Fahrrad als Tatmittel eingesetzt wurde. Die Masche des Räubers war es ja, daß er im Vorbeifahren mit dem Rad die Handtaschen geraubt hat. Schwer zu erraten, daß er das Fahrrad genutzt hat, weil er damit unauffällig und leise und mit genügend Geschwindigkeitsüberschuss an das Oper herankam und danach eben schnell weg. Zudem spielte das Rad bei der Ergreifung des Täters ja offenbar auch noch eine besondere Rolle.
Ich fühle mich durch die Formulierung jedenfalls nicht diskriminiert oder grundsätzlich in irgendeine kriminelle Ecke gestellt.
Wenn der halt irgendwie sein Rad nebenan abgestellt hätte und später damit wieder weggefahren wäre, dann könnt ich Eure Kritik nachvollziehen, aber so find ich, schiesst ihr da über’s Ziel hinaus.
Ich hätte gedacht, dass Treptow, Köpenick und Friedrichshain bereits Ortsteile sind. Aber da war befand ich mich wohl in einem Irrtum.
Es arbeiten halt nur eher selten die Literaten an den entsprechenden Stellen, wo es ihrer besonders bedarf.
Vielleicht Rad Fahrender oder Rad Führender oder „Mann, der ein Rad führte“. Das wäre im Sinne der neuen StVO und lässt jedes Bürokratenherz höher schlagen.
@ Oliver: Frag mal einen Marketingfachmann deines Vertrauens.
„Radfahrer überfiel Seniorinnen“ tut fürs Branding eine ganze Menge.
„das gesetzlose Treiben eines Handtaschenräubers“ ist ja auch eine zumindest merkwürdige Formulierung.
Aber als Beispiel „Mofafahrer entriss Seniorin Handtasche.“ wär doch dasselbe in grün.
Auf uns Radfahrern wird doch sowieso gern rumgehackt. Muss wohl so sein, wenn man weder Autofahrer noch Fußgänger ist, so ein Zwischending ist immer verdächtig. 😉
Also ich finde das nicht schlimm. Es ist klar, daß es hier um den Modus delicti geht und nicht um Radfahrer im allgemeinen.
Sollen die schreiben: „Dieb beklaute Seniorinnen auf dem Rad“
@ Ulrike: Es geht um den Titel. Auch der wäre für sich allein genommen in der Polizeimeldung nicht wesentlich. Allerdings werden die Polizeimeldungen eben nicht immer bei der Weiterveröffentlichung journalistisch bearbeitet sondern einfach dankbar übernommen. So landet dann halt ein solcher Titel auch durchaus mal in der Zeitung. Im Text hätte ich an der Beschreibung auch nichts auszusetzen.
@ Sebastian: Das wäre schon ok. Haben sie aber nicht geschrieben.
Man muss es nicht überall und immer 100%ig politisch korrekt sehen – aber bei Polizeimeldungen, die auf Pressetexte hinzielen, darf man durchaus etwas pedantischer sein. Die Untertöne und Zusammenhänge machen letztlich auch die Ausrichtung von Medien aus. Die Fakten sind ja meist dieselben, trotzdem sind Nachrichten gefärbt. Das „Vorfärben“ bei einer Behörde sollte unterbleiben.
Ich finde die Überschrift auch sehr unglücklich gewählt. „Raubserie auf Seniorinnen aufgeklärt“ wäre da viel besser gewesen.
Letztes Jahr gab es hier in Hamburg ein noch krasseres Beispiel.
„Radfahrer verursacht Auffahrunfall auf der A7“ war der Titel…
http://mobil.abendblatt.de/hamburg/polizeimeldungen/article109685935/Radfahrer-verursacht-Auffahrunfall-auf-der-A7.html
„Vorfärben“ .. jo, aber wenn der Rammsauer das mit der geballten Kraft „seines“ Ministeriums solcherlei Unart ständig vormacht, was liegt da näher, als es eben nachzumachen? Wo es doch schon politisch en vogue ist, da macht man doch besser mit.
@ Radpendler: Nach der Lektüre dieses Beitrags, erschließt sich mir so langsam der Sinn der Bemerkung „Ich bin auch Radfahrer“ Damit kann man wohl zukünftig jeden Unfall auf Radfahrer zurückführen. 😉
Eigenzitat:
Nur mal zur Info: Ich habe diese Frage gestellt, weil dieser Satz eben auch bedeuten kann, daß ein Dieb radfahrende Seniorinnen beklaute. Es ist also völlig in Ordnung, wenn man schreibt, daß Seniorinnen von einem Radfahrer beklaut wurden.
Lösung wäre vielleicht noch:“Dieb auf dem Rad beklaute Seniorinnen“.
Radfahrer werden ohne Zweifel in den Medien schlechtgemacht. Habe ich ja selbst schon mehrfach gesagt. Aber man sollte schon genau sein und keinen Diskriminierungsritus daraus machen, wie dies z.B. Feministinnen machen, die auch noch in den obskursten Zusammenhängen Diskriminierungen von Frauen wittern.
Das Beispiel von radpendler ist sicherlich eine starke Nummer. Es ist besser für unsere Sache, wenn man sich auf solche eindeutigen Fälle konzentriert, statt Lappalien ins Feld zu führen.
Der Dieb fuhr Rad, der Autofahrer nicht.
„Autofahrendes Rad verursacht Auffahrunfall auf der A7“ 🙂
Und der Tagesspiegel schafft es dem überfahrenen Fußgänger mittels eines Schlagzeile die Schuld zuzuschieben:
“ Fußgänger prallt in Windschutzscheibe
13.04.2013 14:34 Uhr Am Alexanderplatz kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Fußgänger und einem PKW. Beim Überqueren der Straße prallte er in die Windschutzscheibe des Fahrzeuges.“
Die Berichterstattung des Tagesspiegel in Verkehrsunfällen ist in letzter Zeit mehr als tendenziös, das ist oft schon eine bösartige Verdrehung der Tatsachen. Unliebsame Kommentare dazu werden wegzensiert.
Meinet wegen sollen mich die anderen für einen bösen abstempeln wenn ich Fahrrad fahre 😀
Fahrrad fahren hat halt so einiges praktisches an sich. Verfolgt dich jemand mit Auto fährst du einfach schleichwege wo ein Auto nicht durch kommt.
Verfolgt dich jemand zu Fuß bist du einfach schneller 😀
Dafür hat sich auch der Dieb bestimmt das fahrrad zu Nutze gemacht.