Verkehrssenatorin Regine Günther stellte gestern auf der Fahrradkommunalkonferenz das neue Design geschützter Radwege vor, die ab dem nächsten Frühling in Berlin entstehen sollen. Die neuen Radstreifen sollen mindestens zwei Meter breit werden, hinzu kommt eine ein Meter breite Sperrfläche, auf der neunzig Zentimeter hohe Poller stehen, damit die Streifen nicht von Kraftfahrzeugen befahren werden oder als Parkplatz missbraucht werden. Durch eine grüne, flächendeckende Färbung sollen die Radstreifen auch optisch von der Fahrbahn getrennt werden.
In einem ersten Kommentar schrieb der ADFC Berlin: „Grüne Radwege in Berlin? Gerne. Hauptsache, sie sind sicher, ausreichend breit und bilden ein zusammenhängendes Netz.“ Das mit dem zusammenhängenden Netz dürfte einstweilen Illusion bleiben, denn vorerst soll lediglich ein ein Kilometer langes Stück der Hasenheide in Kreuzberg zwischen dem Südstern und der Wissmannstraße auf der südlichen Seite angelegt werden. Das ausgewählte Straßenstück zeichnet sich dadurch aus, dass es vollkommen kreuzungsfrei ist.
Auf den von der Verkehrsverwaltung herausgegebenen Visualisierungen sieht man Radfahrer, die nebeneinander fahren. Bei einer Breite von zwei Metern ist Nebeneinanderfahren und Überholen machbar, kann aber zu gefährlichen Situationen führen, da die Abstandspoller recht nahe am Radstreifen stehen. Nicht möglich ist es dagegen, ein Lastenrad zu überholen.
Weitere geschützte Radstreifen befinden sich in Planung und werden derzeit mit den Bezirken abgestimmt.
Die Strecke eignet sich gut für so einen Radweg, zumal es ca. 1 km lang keine Kreuzung gibt. Problematisch ist die Nordseite der Hasenheide. Da gibt es einen benutzungsfreien und im Grunde auch unbenutzbaren Radweg. Auf der Fahrbahn muß man wirklich weit in der Mitte fahren um nicht abgedrängt zu werden. Warum nicht auf beiden Seiten so einen Streifen? Dann sieht man auch die Vor- und Nachteile bei „normalen“ Straßen, also solchen mit Kreuzungen.
[quote]zwei Meter breit[/quote]
Viel zu schmal zum überholen. Der Überholte muss ja auch einen gewissen Sicherheitsabstand vom Gehweg einhalten (laut Rechtssprechung ca. 75-80cm, siehe BGH vom 26. April 1957, Az. VI ZR 66/56) und wenn man dann eine Fahrradbreite von 60cm annimmt, dann bleiben nur 0-5cm Abstand, also viel zu wenig zum Überholen. Das Problem tritt also nicht nur bei Lastenfahrrädern sondern schon bei normalen Fahrrädern auf.
[quote]ein Meter breite Sperrfläche[/quote]
Hört sich sinnvoll an, wenn die Fläche auch wirklich frei bleibt.
[quote]neunzig Zentimeter hohe Poller[/quote]
So wie die Poller auf dem Bild aussehen sehe ich da eine ganz erhebliche zusätzliche Verletzungsgefahr im Falle eines Sturzes. Gibt es irgendeinen Grund, warum die Poller *deutlich* näher an der Radspur als an der Fahrbahn stehen?
Bei den Parkplätzen links neben der Radspur (im Bild hinten zu sehen) muss man wohl auch davon ausgehen, dass bis zu den Pollern geparkt wird und damit nur ein Bruchteil der Sperrfläche wirklich frei bleibt. Die Türen werden dann doch wieder über den Radweg geöffnet. Man kann das schon heute ganz gut beobachten auf der Straße des 17. Juni, wo insbesondere LKW (aber auch viele PKW) die Sperrfläche völlig ignorieren und bis zur Linie (teilweise auch darüber hinaus, immerhin das wird durch die Poller verhindert) parken.
Abgesehen davon wird ein Ausweichen auf die Fahrbahn zum Überholen (siehe oben) deutlich erschwert (oder ganz unmöglich, wenn links von der Radspur noch geparkt wird). Im Endeffekt müssen sich doch wieder alle nach dem langsamsten richten – in der Hinsicht ist es also keinerlei Verbesserung gegenüber schmalen Uraltradwegen.
[quote]grüne, flächendeckende Färbung[/quote]
Hört sich für mich nach einer Modeerscheinung ohne echten Nutzen an. Bleibt nur zu hoffen, dass die Oberfläche nicht durch die Farbe bei Nässe besonders rutschig wird (wie es bei rot gefärbten Radspuren machmal der Fall ist).
Die nächste Frage ist, wie der „Schutz“ bei Grundstückseinfahrten realisiert werden soll. Da wird es dann (genauso wie bei Radwegen) regelmäßig Autofahrer geben, die erst mal auf die Radspur fahren und dann erst warten, bis die Fahrbahn frei ist (ganz besonders wenn hinter den Pollern noch parkende Fahrzeuge die Sicht versperren). Und durch die Poller kann man nicht so leicht ausweichen. Dazu kommt die Rücksichtslosigkeit von manchen Autofahrern. Wenn die Lücke zwischen den Pollern bei einer Einfahrt breit genug für zwei Autos ist, dann wird sich auch jemand finden, der ein Auto/einen Lieferwagen am Rand der Einfahrt quer über die Radspur (und eventuell Teile des Gehwegs) stellt.
Bleibt nur zu hoffen, dass der Mist am Ende nicht benutzungspflichtig wird und man nach wie vor sicher auf der Fahrbahn fahren kann.
Jakob, ich sehe das alles nicht ganz so negativ wie Du, aber man könnte ein paar Sachen besser machen:
1. Die neuen Fahrradwege nicht rechts, sondern links von eventuell parkenden Autos anlegen. Sonst hat man dauernd ein- und austeigende, be- und entladende Autofahrer auf dem Radweg rumhüpfen. Und es ist viel leichter zum Linksabbiegen auf die Linksabbiegespur zu kommen.
2. Auf die Poller verzichten, damit sich nicht Radfahrer daran verletzen. Außerdem ist es dann nicht so problematisch, wenn der Radweg nur 2m breit ist, da man jederzeit via Fahrbahn überholen kann. Man muß nur aufpassen, daß gerade kein Auto kommt.
3. Auf die rot-rot-grüne Farbe kann man wirklich verzichten. Bei asphaltierten Straßen hat man eigentlich einen guten Untergrund zum Radeln – Farbe macht das nicht besser, sondern schlechter.
So oder so sollten Radwege nie benutzungspflichtig sein. Sind sie gut genug, benutzt man sie gerne. Sind sie nicht gut, ist die Qualität zu verbessern.
Hm – breiter ist immer schöner klar. Ohne Poller wäre es nur wieder ein Rad-=Parkstreifen. und rechts der Parker finde ich richtig.
Ich fahr die Strecke regelmäßig recht flott auf dem Bakfiets (60cm breit). Ich kann auf 2m locker ein anderes Rad überholen, etwas knapper aber durchaus möglich: ein Christiania.
Voll beladen fahre ich in Gegenrichtung auf dem alten kaputten Radweg lieber als mich auf der Fahrbahn bedrängen zu lassen. Also: Freu mich drauf und bin gespannt.
@fab: Der ADFC vertreibt Warnwesten auf denen Automobilisten auf einen Mindestüberholabstand von 1.5 m hingewiesen werden. Ich denke nicht, daß dieser Abstand deutlich unterschritten werden sollte, wenn ein Fahrrad das andere überholt, da man ggf. zwei potentiell „wackelige“ Verkehrsteilnehmer hat. Es kommt immer wieder zu Unfällen, weil sich z.B. eine Tasche oder Jacke (oder ADFC-Warnweste) eines Radfahrers mit dem Lenker eines anderen unvorhergesehen vereint. I.d.R. sind die Unfälle nicht schlimm, weil die kinetische Energie der Radfahrer gering ist, aber es kam auch schon zu schweren Unfällen.
Die 2m wären kein Problem, wenn sich der Radweg links der parkenden Autos befände und keine Radlerpfähle hätte – dann könnte man einfach die Fahrbahn zum sicheren Überholen mitnutzen.
Bleibt zu hoffen, dass diese Poller aus elastischem Material sind und keine starren Metallpoller. Letztere wären wirklich eine zusätzliche Gefahr.
Das wirklich große Problem an diesen „geschützten Radstreifen“ ist meiner Meinung nach, dass die Radfahrenden wieder rechts neben den parkenden Fahrzeugen verschwinden und zu Fuß Gehende, die unachtsam den Radstreifen kreuzen, zur Gefahr werden.
Poller, die nicht aus Stahl sind, werden umgehend von Autofahrern umgefahren und müssen andauernd ersetzt werden.
Metallpoller auch. Da gibt’s bei mir um die ecke einige die regelmäßig umgefahren werden, stehen manchmal keine Woche.
Die wenigsten Autofahrer werden allerdings absichtlich solche Poller umfahren, auch keine aus Plastik Denn ein 90 cm hohes Plastikrohr kann das heilige Blechle auch beschädigen, wenn man dagegen fährt. Es wird wohl kaum ein Autofahrer mehrere Plastikpoller umzufahren, nur um einen Parkplatz freizuräumen.
Die Gefahr für Radfahrer beim Überholen an einen Pfahl zu kommen und dadurch zu stürzen ist unabhängig vom Material.
Allerdings dürfte ein Sturz auf einen Pfahl schlimmer sein, wenn es sich um Metall handelt. Idealerweise sollten die Pfähle aus Weichgummi oder Styropor hergestellt werden.
Wer Pömpel sät, wird Poller ernten.
Und wer Pfähle baut, wird gepfählt werden! :~|
Auf jeden Fall zu schmal zum überholen (erstrecht mit Anhänger). Außerdem sind Radwege (oder _Sch(m)utz_streifen, die so schützen wie der Verfassungs_sch(m)utz_) das perfekte Instrument für weitere Unterdrückungsmaßnahmen (z.B. schikanöse Ampelschaltungen).
Ich finde ja: Die strikte Trennung mit Pollern führt letztlich zur Verkleinerung des tatsächlich fürs Radfahren und jede andere Fortbewegung verfügbaren Raums. Da ist mir die Teilung des Raums lieber. Gerade auf der Hasenheide fahre ich eigentlich ganz gern, auch wenn mir einzelne Autos immer mal wieder zu nah kommen. Die Poller werden ganz oft stören, sind selbst, wenn sie aus flexiblem Zeug sind, nicht ungefährlich und verhindern das Überholen anderer Radler mit ordentlich Sicherheitsabstand. Gegen grün hab ich nix. Die Fahrradspur als solche zu markieren macht auch dann Sinn, wenn immer mal wieder ein Autofahrer drauf fährt oder – schlimmer noch: drauf steht. Er ist dann immerhin im Unrecht & haben die meisten zumindest ein schlechtes Gewissen & damit eine mehr oder weniger hohe Hemmschwelle…
„Poller Dir einen“
Jetzt!
Nörgeln war Gestern.
Na also, da hat sich der neue Trend ‚hin zum benutzungspflichtigen Pollerradweg‘ letztlich doch voll ausgezahlt.
Klar gibt es noch einzelne meckernde Intensivradler (VCs),
http://www.taptoplay.de/post/167481439699/gesch%C3%BCtzer-radstreifen-der-hasenheide-wie-berlin
aber seit klar ist, dass das eine irrelevante Minderheit ist, die eh nur die Kinder auf die Fahrbahn zwingen will – äh sorry das heisst ja jetzt! in neuer Bundes-ADFC Diktion ‚KfzFahrbahn‘ – gehts endlich voran.
Also generell jedenfalls.
Konkret gesehen ist das zügige Vorankommen auf dem Rad ja sowieso überbewertet, daher ist ja auch das Überholen auf den Pollerwegen nicht mehr wirklich sinnvoll, was aber nur die irrelevante Minderheit der ’strong and fearless‘ stört, die jetzt! schon Rad fährt. Denen steht bekanntlich eine überwältigend große Zahl an ‚interested but concerned‘ gegenüber die – Poller sei Dank – jetzt! voll protected die Verkehrswende herbeiführen werden.
Auch die Evaluation ist deutlich einfacher geworden. Ging es früher noch mühselig darum den Autoverkehr zu reduzieren, Unfallstatistiken zu wälzen und Reisezeitverluste zu ermitteln reicht es jetzt! die ‚protected Kilometer‘ und die Anzahl der Poller im Zeitverlauf zu erfassen um eine zuverlässige Erfolgsmessung zu haben.
Dieser grandiose erste Poller-Erfolg ist definitiv ausbaufähig: Patenschaften für bunte ‚Bürgerpoller‘ öffentlich ausschreiben, Pollerbeauftragte auf Landes- und Kommunalebene, ‚Poller des Jahres‘ in Gold,Silber, Bronze verleihen als Gewinn für ehemalige ’strong and fearless‘, die jetzt! endlich auch den ‚rechten Weg zum Poller“ gefunden haben und an ‚Netzlücken‘ nunmehr erschreckt umzudrehen gelernt haben, symbolische Pollerübergaben an PolitikerInnen, ein wahres Füllhorn der kommenden ‚Poller passion‘ von Pömpelmütze bis Pollerprozession …
Und die vom Senat angegebenen 25cm Pedalabstand beim Überholen, ja nun, … da sollen die Alten, Schwachen, Kinder und Kranken halt mal ein bischen Fahrtraining machen, der neue Bundes ADFC hilft bestimmt gern dabei.
Alfons, woher hast Du die Information, der neue Radstreifen werde benutzungspflichtig? Das wäre ja wirklich ein schlechter Witz!
Zum verlinkten Blog noch eine Bemerkung: Mein Transportfahrrad ist nicht 90cm, sondern fast 100cm breit. Zwei davon könnten sich nicht auf einem 200cm breiten Radweg überholen, ohne das berühmte Wagenrennen aus „Ben Hur“ nachzustellen.
(für Kinobanausen: https://www.youtube.com/watch?v=irQdcfOZpCU)
Allerdings wurde kürzlich von Foristen beim Tagesspiegel behauptet der Fahrradstreifen werde 220cm breit. Etwas besser wäre das schon.
https://twitter.com/Kinderradfinder/status/928628905656881153
Frage:
7) Ist für die geplante #pbl an der Hasenheide die Anordnung von Benutzungspflicht vorgesehen?
Antwort des Senats:
7. -> Ja.
Benutzungspflicht? Das ist ja schrecklich!
Viel Positives habe ich vom Volksentscheid Fahrrad ja ohnehin nicht erwartet, aber dass es so negativ werden würde, überrascht mich jetzt doch.
Ich vermute (und hoffe), das Ding fällt nicht unter die Radfahrstreifen-Ausnahmeregelung in § 45 Abs 9 Nr 3 StVO. Dann lässt sich die Benutzungspflicht hoffentlich wie üblich wegklagen. (Bin aber kein_e Jurist_in und deshalb auch nicht sicher.) Trotzdem ist das ja völlig unnötige Arbeit.
Irgendwelche Ideen, wie sich dieses Radgesetz jetzt noch verhindern oder wenigstens verzögern lässt?
Hat jemand zufällig eine Unfallstatistik von der Hasenheide zur Hand? Genau welche real existierenden Unfallgefahren soll dieser Radweg reduzieren?
Ich sehe da im Prinzip nur einen grüngefärbten Hochbordradweg der zu den hinlänglich bekannten Gefahren noch eine *zusätzliche* Unfallgefahr durch die Poller aufweist. Das Schlimme daran ist, dass durch die Art der Präsentation dieses Radwegs in den Massenmedien ein trügerisches Sicherheitsgefühl erzeugt wird, wodurch wiedermal von den tatsächlichen Gefahren abgelenkt wird. Worin diese bestehen, muss ich nicht weiter ausführen, das wurde u. a. in diesem Blog oft genug diskutiert.
Sascha, ich habe keine Unfallstatistik zur Hand, finde aber, daß das Thema Sicherheit allgemein eine zu große Rolle in der öffentlichen Diskussion spielt.
Sicherheit ist nicht unwichtig und natürlich muß man Ängste ernstnehmen, aber die übertriebene Diskussion um Sicherheit schafft mehr Angst als gerechtfertigt ist.
Zum Schluß tragen alle einen Helm und Knieschützer, trauen sich aber trotzdem nicht auf’s Rad – „geschützte Fahrradstreifen“ hin oder her.
Wichtiger als Sicherheit ist den meisten sowieso Bequemlichkeit und Gemütlichkeit. Radfahren sollte also vor allem bequem und gemütlich sein. Und da behindern die Pfähle eher. Auch indirektes Abbiegen ist eher unbequem.
Wieder eine Möglichkeit mehr um eventuell steigenden Radverkehrsanteil in die Schranken zu weisen und der GUTE Radfahrer klatscht dazu noch Beifall.
Weiter so!!!!!
Irgendwann sollen ja die PKW auch mal automatisch fahren. Da muss zuerst mal die „Strasse“ freigeräumt werden.
Mal sehen was in den nächsten Jahren noch so kommt.
Hochbord sehe ich zum Glück nicht. Die Fahrradspur soll da sein, wo jetzt noch Autos fahren.
Hochbord ist es an sich nicht, aber wesentliche Probleme des klassischen Radwegs werden mit der Pömpel Bike Lane weiter gepflegt.
Benutzungspflicht hin oder her: Nach Absperrung der Fahrradspur wird die Benutzung der Fahrbahn auf der Hasenheide unkomfortabel werden. Die Autofahrer haben Hupen & Scheibenwaschanlagen und die Mehrheit wird ein bestimmte Meinung dazu haben, wo Radfahrer sich aufzuhalten haben…
Die selbe Argumentation gibt es auch bei Radwegen. Aber in den vergangenen 5-10 Jahren ist derartig aggressives Vehalten *deutlich* seltener geworden und man kann in Berlin heute relativ problemlos auf der Fahrbahn fahren, auch wenn rechts irgendein Radweg ist. Ich denke mal, dass das bei den „Protected Bike Lanes“ auch nicht anders sein wird. In der Hinsicht lässt sich so etwas sogar leichter ignorieren als ein zu schmaler Schutzstreifen ohne Abstand zu parkenden Autos.
Das Wegklagen der Benutzungspflicht kann eventuell auch ein probates Mittel sein, die Behörden in Erklärungsnot zu bringen und weiterer derartiger Pollerwege zu verhindern.
Dass das Verhalten seltener geworden ist, bestätige ich.
Aber für die Pömpel Bike Lanes wird der Platz auf der Fahrbahn knapper, und während sich langsam rumgesprochen hat, dass klassische Radwege eher selten für Radfahrer gemacht sind, trommelt der Stößenreuther-Fanclub ziemlich laut für den alten Wein in neuen Schläuchen.
Könnte bei dem einen oder anderen Kraftfahrer so wirken: „Was soll das? Ihr wolltet doch diese PBL, jetzt habt ihr sie, auf Kosten unserer Fahrbahn, und du Kampfradler hampelst mir hier trotzdem vor der Nase rum!“ Und weniger für die Teilnahme am Stadtverkehr geeignete Kraftfahrer könnten sich durch so einen Gedankengang zu aggressivem Verhalten berechtigt fühlen.
Bei uns in HH malen sie noch Parkstreifen. Da ist Berlin n Stück weiter.
Kritisch sehe ich den mangelnden Abstand der Poller zum Radweg. Die müssten weiter in den Buffer rein, der mir an manchen Stellen auch sehr schmal auszufallen scheint.
Die Breite mit 2 m erlaubt ein sicheres Überholen. Vergleiche mit den 1,50m Überholabstand für Kfz halte ich für uninformiert bzw unsachlich.
Zu den Breiten.
Natürlich muss es Mindestbreiten geben. Doch die Radwegbreiten sollten sich nicht nur daran orientieren. Die evaluierte bzw prognostizierte Menge des Radverkehrs muss entscheidend für die die Planung sein.
Zur Sicherheit.
Ich fürchte, eine ausreichende wissenschaftliche Vorher-Evaluation hat nicht stattgefunden.
Um aus den ideologischen Grabenkämpfen in der (Rad-) Verkehrspolitik herauszukommen, um (Rad-) Verkehrspolitik evidenzbasiert (als Gegenteil von ideologiebasiert) steuern (und eben auch mal umsteuern) zu können braucht es eine ausreichende Datengrundlage.
Die für die Beurteilung der Sicherheit maßgeblichen Daten sind vor allem die Veränderung der Radverkehrsanteile von Kindern, Senioren und Frauen.
Je höher die Anteile der risikointolerantesten Verkehrsteilnehmer sind, als desto besser muss die Sicherheit beurteilt werden.
Ob die Verwaltung schon soweit ist in ihrem Sicherheitsverständnis bezweifle ich. Sie wird stattdessen wie bisher auf die bloße Entwicklung der Unfallstatistik schauen, die für sich allein bekanntlich nur wenig aussagekräftig ist.
Ich denke, in diesem ganz entscheidenden Bereich der Evaluation und der wissenschaftlichen Begleitung, die letztlich über ideologie- oder eben evidenzbasierte Lösungen entscheiden, ist noch eine Menge Druck und auch Aufklärung nötig.
Welchen Abstand hältst du denn für angemessen für ein Überholen zwischen Radfahrern? Die 1.5m sind natürlich kein Maßstab aber zumindest 50cm sollte es meiner Meinung nach doch sein. Wenn man jetzt mal davon ausgeht, dass der überholte den von der Rechtssprechung geforderten Sicherheitsabstand von 75-80cm vom Gehweg einhält, dann bleiben nur noch 1.20 bis 1.25m für die beiden Fahrräder plus Sicherheitsabstand übrig. Macht bei 60cm Fahrradbreite also *maximal* 5cm Abstand (inklusive Schwankungsbreite der beiden Fahrräder). Wenn das deine Definition von „sicherem Überholen“ ist, dann können wir uns jegliche weitere Diskussion zu Sicherheit gleich sparen.
Eine wissenschaftliche Evaluation wäre in der Tat sinnvoll, damit man nicht den Fehler der Vergangenheit wiederholt und über Jahrzehnte hinweg gefährliche Fallen für den Radverkehr schafft. Allerdings bräuchte man dazu neben der Hasenheide eine weitere Strecke auf einer belebten Geschäftsstraße mit Grundstückseinfahrten, Lieferverkehr (muss dann mehrmals und schwer beladen zu Fuß die Radspur kreuzen), unvorsichtigen Fußgängern (wer rechnet schon nach dem Überqueren der Fahrbahn hinter dem Parkstreifen mit schnell und nahezu lautlos kommende Radfahrer) und Kreuzungen (Radfahrer durch Poller und Parkstreifen/Falschparker versteckt).
Zum Überholen:
„… von der Rechtssprechung geforderten Sicherheitsabstand von 75-80cm vom Gehweg …“
Ich bin bisher von Folgendem ausgegangen:
„Ein Radfahrer hat so viel Abstand vom Gehweg zu halten, dass weder Lenker noch andere Radteile in den Gehweg hineinragen.“(OLG Celle, Urteil vom 21.03.2001, Az. 9 U 190/00).
Bei üblichen 60-70cm Lenkerbreite sind das 35 cm – und nicht 75-80cm, wie von dir genannt.
„aber zumindest 50cm sollte es meiner Meinung nach doch sein.“
Die hat man dann nach deiner Rechnung auch.
Wenn da nicht die Poller wären. Die müssten 50-80 cm in die 1m breite Sperrfläche rein. Das wäre sicherlich entspannter.
Aber auch dann ergibt sich Frage: Wie hoch ist der Durchsatz an Fahrrädern? Kann der auf 2m bewältigt werden?
Dazu braucht man Daten und Potentialananlysen, wie sie für den Kfz-Verkehr übrigens selbstverständlich sind (Z.B. Innerörtliche Verbindungsstrasse oder nur Wohngebietserschließung? 2 oder 4 Spuren?) – und vom Haushaltsrecht meines Wissens auch für Verkehrswege vorgeschrieben.
Diese Gleichbehandlung, das Planen und Dimensionieren aufgrund von Verkehrsmengen statt Orientierung an davon unabhängigen Mindestmaßen, das fehlt noch.
Ich beziehe mich auf das BGH-Urteil hier:
BGH vom 26. April 1957, Az. VI ZR 66/56
Volltext:
https://www.jurion.de/urteile/bgh/1957-04-26/vi-zr-66_56/
Kurze Zusammenfassung:
https://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-bottrop/radverkehr/urteile/abstand-zum-rechten-fahrbahnrand.html
Die 75-80cm beziehen sich natürlich auf den Abstand zwischen rechtem Lenkerende und Gehweg. Ich sehe keinen Grund, warum man den Abstand plötzlich nicht mehr einhalten sollte, nur weil man auf einer Fahrradspur und nicht auf der Fahrbahn fährt. Die Gefahr durch unvorsichte Fußgänger besteht dort auf jeden Fall genauso. Wenn das auf den neuen Radspuren nicht vorgesehen ist, dann ist das auf jeden Fall ein Rückschritt bei der Sicherheit.
Gerichtsurteile sind kein kodifiziertes Recht wie Gesetze und Verordnungen. Sie auszulegen und zu verallgemeinern ist schwierig. Trotzdem sind sie Rechtsquellen, siehe z.B. sog. Präzedenzfälle. Gerichtsurteile wenden das das kodifizierte Recht an und entwickeln es damit.
Dabei gilt natürlich: Je höher die urteilende Instanz, desto desto mehr ‚Präzedenz‘.
Andererseits, da es bei Urteilen ’nur‘ um die Entwicklung des kodifizierten Rechts geht, spielt auch der Zeitpfeil eine große Rolle.
Ob sich ein Richter eher auf ein BGH-Urteil von 1957, so es überhaupt zur Verallgemeinerung taugt, oder auf ein OLG Urtei von 2001, so es überhaupt zur Verallgemeinerung taugt, beziehen würde, das muss dahingestellt bleiben.
Ich habe mich auf meinem Blog vor zwei Jahren mit der Urteilsentwicklung in Sachen sog. ‚Geisterradler‘ auseinandergesetzt.
https://radverkehrhamburg.wordpress.com/2015/09/11/geisterradler/
Noch 1986 entschied das BGH:
„Ein Radfahrer auf der Vorfahrtstraße behält auch dann sein Vorfahrtrecht gegenüber kreuzenden oder einbiegenden Fahrzeugen, wenn er den linken von zwei vorhandenen Radwegen benutzt, der nicht nach StVO § 2 Abs 4 S 2 für die Gegenrichtung freigegeben ist….Nur eine solche Regelung entspricht dem im Straßenverkehr vorrangigen Sicherheitsbedürfnis, das insbesondere in Fragen der Vorfahrt klare und sichere Verkehrsregeln und deren strenge einfache Auslegung verlangt.“
Davon ist heute, nach einer langen öffentlichen Kampagne zugunsten der Kfz-Fahrer, nicht mehr viel übrig.
Die Rechtsprechung und damit die Rechtsentwicklung bei Gerichten einschl. OLGs geht weg vom klaren, auf Präzedenz angelegten BGH Urteil von 1986 und hin zu: Überwiegende Schuld beim Radfahrer.
(eigentlich eine Antwort an Strizzi:)
nunja, dass dir nicht in den Sinn kommt, dass Geisterradler nicht nur für Kraftfahrer ärgerlich sein könnten, sondern auch, wenn nicht mangels Panzerung gar mehr noch, für Fußgänger und (korrekt fahrend entgegengkommende ebenso wie querende) Radfahrer, finde ich vielsagend.
@Vorstadtstrizzi:
Eines meiner Fahrräder ist ein Lastendreirad mit knapp 1m Breite. In Kreuzberg und Neukölln, also in der Gegend der Hasenheide, gibt es auch viele andere Lastenräder, meistens Christianias mit 90cm Breite. Die Lenker stehen da natürlich nicht über, aber die Achsen kommen sich dann schon gefährlich nahe.
Ich verstehe nicht, warum man den Radstreifen nicht einfach links von den parkenden Autos einrichtet und die Pfähle wegläßt. Dann wären 2m kein Problem, weil man – natürlich mit Schulterblick, ob gerade ein Auto kommt – auch über die „Rest-Fahrbahn“ überholen kann.
Auch Probleme mit ein- und aussteigenden bzw. ein- und ausladenden Autofahrern wären so leichter zu vermeiden, die bei der derzeitigen Planung den Radstreifen queren müssen.
Fakt ist, dass Radwege einzig zu Gunsten der Autoindustrie eingerichtet werden. Diese kann ihr Zeug nur verscherbeln, wenn andere auf die eine oder andere Weise dafür bezahlen. „Sicherheit“ käme z.B. durch Geschwindigkeitsreduktion oder Staatsanwälte, die trotz Beweise und Zeugen nicht nicht gegen Autofahrer ermitteln, die versuchten Radfahrer zu ermorden.
Fakt ist… und schon hat man einen Fakt geschaffen.
Das hier https://radverkehrhamburg.wordpress.com/2015/09/11/geisterradler/ angebrachte Wegebeispiel in Lürup mit dem Zweick eine Geisterfahrt zu rechtfertigen ist ja wirklich allerliebst. Da wird ein Umweg konstruiert, der doch so gar nicht nötig ist. Warum nicht einfach aus dem Stückweg links abbiegen (der Text impliziert, dass nur rechts abbiegen „korrekt“ ist) und dann auf der richtigen Seite die Hauptstr. runterfahren?
„einfach aus dem Stückweg links abbiegen“
Der Stückweg in Lurup ist T 30 Zone. In den ca 7 Jahren, die ich auf der Ecke arbeite, habe ich außer einer Kollegin, der ich dort regelmässig begegne, da noch nie jemanden Radfahren sehen.
Zur Einmündung Luruper Hauptstr. hin weitet sich der Stückweg deltamässig auf ca doppelte Breite aus, um den Kfz hohe Ab- und Einbiegegeschwindigkeiten über Fuß- und Radweg hinweg realisieren zu können.
Linksabbiegen, vor allem für Radfahrer, ist nicht ohne. Auf der vierspurigen Luruper Haupt ist sehr viel mot. Verkehr, mit teils sehr hohen Geschwindigkeiten (rechts und links auf hunderte Meter keine Ampel). Eine Sprunginsel gibt es nicht. Als linksabbiegender Radfahrer muss man in den Hasenmodus schalten.
Nun ist der Hasenmodus für Radfahrer nichts Ungewöhnliches, insofern gebe ich @Hardwerker recht.
Doch erschwerend hinzu kommt die Breite der Einmündung. Stellt man sich zum Linksabbiegen auf (linke Seite der rechten Spur), so kann man nicht verhindern, dass sich rechts neben Einem Pkw ebenfalls zum Linksabbiegen aufstellen. Die fahren regelmässig (Lücken sind knapp) zusammen mit dem Radfahrer los, also mit mir.
Nachdem ich zweimal beim Linksabbiegen rechts überholt wurde, einmal davon auf die linke Fahrspur abgedrängt wurde (ich wollte nach rechts auf den Radweg), ist mir das „einfach linksabbiegen“ dort zu unberechenbar und zu gefährlich.
Letztlich bin ich für mich verantwortlich. Soviel Selbstbewusstsein habe ich.
OK, klingt nach einem ziemlich heiklen Unterfangen. Mir war halt beim Lesen halt als Erstes das „Korrekterweise müsste ich ersteinmal 300 m in die falsche Richtung zum Überweg Ackerstieg radeln.“ aufgefallen.
sorry, aber ich verstehe die Diskussion bezüglich der Benutzungspflicht hier nicht … wieso möchte man auf der Straße fahren, wenn es einen bequemen, relativ sicheren und nagelneuen Radweg gibt ?
Es ist doch auch unfair gegenüber den Autofahrern, wenn wegen dem Radweg eine Straßenspur wegfällt und dann die Radfahrer trotzdem noch dieAutos auf der Straße behindern…
Siehe Artikel „Sieben Gründe, auf der Fahrbahn zu radeln“ (https://nerdpol.ch/posts/35faa2d0514b013589f652540061b601)
Sehr schön das es sowas gibt. Da macht es direkt viel mehr Spaß Rad zufahren. Ich denke würde es mehr solche Radwege geben würden immer mehr Leute öfters zum Fahrrad greifen. Auch der Sicherheitsaspekt gefällt mir sehr. So kann man auch in Städten mit kleineren Kindern Fahrrad fahren, ohne Angst vor Unfällen zu haben.
Sehr schöne Idee!
Tja Herr Luckert
Leider verhindern solche Wege, dass so viel Leute auf das Rad umsteigen können um die Lebensqualität in einer Stadt spürbar zu verbessern.
Wo sollen die denn alle fahren? Auf diesem 2m schmalen Streifen etwa?
Passen aufjedenfall mehr Radfahrer drauf, als auf die aktuellen Radwege oder auf den Straßenrand…
Radfahrerinnen und Radfahrern steht die gesamte Fahrbahn zu Verfügung. Diese ist unkomplizerter, breiter, sicherer, übersichtlicher, schneller, bequemer.
Wozu Radgettos?
Für die neu entstandene „ich bin auch Radfahrer“ Szene.
Die wollen es so – im Namen aller Radfahrer.
Hannes, an der Hasenheide gibt es auf der Südseite derzeit keinen Radweg und auf der Nordseite einen grottenschlechten. Insofern bleibt Radfahrern derzeit also nur die Fahrbahn. Diese ist aber in beiden Richtungen zweispurig, sodaß man dort wunderbar auf der rechten Spur radeln kann, während die Autos auf der linken Spur überholen können, ohne sich durch Radfahrer gestört zu fühlen. Und diese rechte Fahrbahn ist viel breiter als der geplante Grünstreifen mit Pfählen.
zum Thema Hasenheide Nordseite: vor fünf, sechs Jahren gab es auch mal Aufregung bei Autofahrern, die angesichts meines Fahrbahnradfahrens ziemlich überfordert waren. War seinerzeit also wirklich nur was für Leute, die den Strizzis dieser Welt dem Klischee des VClers entsprechen. Inzwischen sehe ich alle möglichen Radfahrer den Schrottradweg rechts liegen lassen.
Den Radweg nutze ich lediglich, wenn ich die paar Meter vom Hermannplatz zum Conrad rolle. Für mehr wär mir das zu anstrengend…
@Sascha: Der Abschnitt zwischen Karstadt und Conrad ist allerdings der schlechteste auf der ganze Strecke! Noch schmaler als danach und bei gutem Wetter voller Fußgänger. Andererseits ist auch dieser Teil der Fahrbahn etwas schwierig, da an zwei Stellen gewendet werden kann und nördlich das große Karstadt-Parkhaus, südlich der große Bauhaus-Parkplatz Autos anziehen wie das Licht die Motten.
Dass ist ein interessanter Ansatz. Die Kosten dafür sind aber bestimmt nicht gerade gering. Mich erinnert, das an versenkbare Poller die auch immer öfter zu sehen sind.