Wolfgang Güllner ist Gründer und Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts Forsa und Honorarprofessor an der FU. Laut Wikipedia gilt Güllner als ausgesprochen „meinungsfreudig“. Das brachte ihm wiederholt den Vorwurf ein, er vermische die ermittelten Daten mit persönlichen Ansichten, woraus sich ein Cocktail ergebe, der seriös und unabhängig aussehe, doch voller Meinung stecke.
Ein Beispiel seiner Meinungsfreudigkeit präsentiert Güllner heute auf der Webseite einer Partnerorganisation des deutschen Städte- und Gemeindebundes. Unter der Überschrift „Fahrrad – Wahn in Deutschland“ fordert Güllner Kommunalpolitiker auf, sich nicht vom „Fahrrad-Wahn“ verleiten zu lassen, sondern Verkehrspolitik für alle Bürger zu betreiben.
Güllner will „Zahlen, Daten und Fakten zum Thema“ bringen. So sei in den sechziger Jahren in Köln für die „enorme Summe von DM 600.000 ein Fahrradwegenetz“ errichtet worden. „Doch kaum ein Fahrradfahrer wurde auf diesen Fahrradwegen jemals gesichtet.“ Der nächste Fakt, den Güllner heranzieht, ist eine aktuelle Umfrage des Forsa-Instituts zur Nutzung des Fahrrads in einzelnen Bevölkerungsgruppen. Aus der Tatsache, dass 32 Prozent aller Männer und 22 Prozent aller Frauen ein Fahrrad nutzen, schließt er folgerichtig, dass der Anteil derer, die das Fahrrad als Verkehrsmittel nutzen, nach wie vor eine Minderheit ist. Da das Fahrrad aber nicht von allen Bevölkerungsschichten gleich stark genutzt wird, ist der Anteil der Radfahrer bei jenen deutlich höher, die Präferenzen für die Grünen hegen.
Güllner legt dann Zahlen einer Umfrage des Forsa-Instututs zu wahrgenommenen Prioritäten der Verkehrspolitik vor Ort vor. Danach denken 36 % der Bundesbürger, dass die Politik sich vor allem um Radfahrer kümmert. 30 % der Bundesbürger denken, dass das Auto im Zentrum der Politik steht, während 23 % der Meinung sind, dass die Politik sich vor allem um die öffentlichen Verkehrsmittel kümmert. Und schließlich denken 11 % der Bundesbürger, dass die Interessen der Fußgänger im Fokus der Politik stehen.
Güllners Resumee: „Die Kommunalpolitik wäre somit gut beraten, wieder eine ausgewogenere Verkehrspolitik als heute zu betreiben und sich nicht von „Fahrrad-Lobbyisten“ – wie z. B. dem Initiator des Berliner Volksentscheids „Fahrrad“ Heinrich Strößenreuther – zu falschen Weichenstellungen verleiten zu lassen.“
Kommunal: Fahrrad – Wahn in Deutschland
„Politik pro Rad begünstigt vor allem Wohlhabende Menschen“
Ah ja. Interessanter Mißbrauch von Statistiken….
Recht hat der Mann.
Wenn dieser Fahrradwahn nicht aufhört ist es bald vorbei mit Fahrrad als Verkehrsmittel.
Interessanter Artikel. Da wird auch gegen verkehrsberuhigte Zonen und „flächendeckende Tempo 30-Zonen“ gewettert. Jedes dritte Wort ist „Grüne“ … das kenne ich auch aus Onlinediskussionen, dass immer angenommen wird, man wäre ein solcher.
Interessant finde ich die von den Bürgern wahrgenommenen verkehrspolitischen Prioritäten. Das kann ich mir fast gar nicht vorstellen. Radwege an Straßen sind ja nun alles andere als flächendeckend und gerade in den besagten Kommunen bestehen Radwege doch nur aus Schildern, die am baulich unveränderten Bürgersteig angebracht wurden.
Der ist echt kein Troll?
@berlinradler Ich kann mir das ganz gut vorstellen. Schließlich bedeutet eine verstärkte Förderung oder Beachtung von Radverkehr eine Minderbeachtung von Autoverkehr, bzw. eine Veränderung des jahrelangen Status Quo. Dass dieser bisher kollosal das Auto priorisierte wird der Durchschnittsbürger, der auf einmal auf seinem Arbeitsweg langsamer fahren soll oder dem ne Fahrspur abhanden kommt nicht sehen, der flucht nur über den aktuellen Zeitgeist und die vermeintliche Dauerpräsenz des Themas Rad. Er täte freilich – wie bei so vielen Themen, die für erhitzte Gemüter sorgen – besser daran seine „Privilegien zu checken“, aber das sich dies in der Breite so nicht wiederfindet kann ich gleichermaßen verstehen wie dennoch doof finden 🙂
Ach, die wahrgenommenen Prioritäten lassen sich ja auch durch die davor liegenden Fragen beeinflussen. Stell 5 Fragen über Fahrräder und mehr Menschen geben an, dass die Politik sich nur dafür interessieren würde.
Nachdem ich nun den Herren mal gegooglet habe bin ich sehr froh, diesen Müll gelesen zu haben. Bisher hatte das Label Forsa für mich immer ein seriöses Image – das ist jetzt weg und ich bin froh, dadurch in Zukunft nicht mehr leichtfertig manipuliert zu werden.
er klingt mit seiner statistikbehandlung ein wenig wie sarrazin.
Forsa findet ja nur das heraus, was der Auftraggeber in Auftrag gibt. Also muss diese Kommunal als Erzeugnis des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ja ein gewisses Problem mit den Grünen haben. Eigentlich unvorstellbar bei einem überparteilichen Verband.
Stefan Niggemeier hat sich auch bereits ausführlich mit Güllner beschäftigt:
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/tag/manfred-guellner/
Haste Töne?
Radfahrer gehören also zu den eigentlich Wohlhabenden. Das Gros der Autofahrer kann sich halt kein Rad leisten. Die Radfahrer verstopfen unsere Innenstädte und ihre Ausdünstungen sind ein gewaltiges Umweltproblem. Zudem ist radfahren frauenfeindlich.
meint sinngemäß Prof. Dr. Güllner..
Willkommen in der postfaktischen Welt.
„Güllner legt dann Zahlen einer Umfrage des Forsa-Instututs zu wahrgenommenen Prioritäten der Verkehrspolitik vor Ort vor. Danach denken 36 % der Bundesbürger, dass die Politik sich vor allem um Radfahrer kümmert. 30 % der Bundesbürger denken, dass das Auto im Zentrum der Politik steht, während 23 % der Meinung sind, dass die Politik sich vor allem um die öffentlichen Verkehrsmittel kümmert. Und schließlich denken 11 % der Bundesbürger, dass die Interessen der Fußgänger im Fokus der Politik stehen.“
Wäre ja mal interessant gewesen, diese, nicht nur aufgrund der tendenziösen Fragestellung, sondern auch aufgrund der Berichterstattung „wahrgenommenen Prioritäten“ der Verkehrspolitik mit den tatsächlichen Prioritäten zu vergleichen.
Die tatsächlichen politischen Prioritäten sind aus den Haushaltsansätzen ablesbar.
Aus dem Quotienten aus Wahrgenommene Priorität Radverkehr (36%) geteilt durch Tatsächliche Ausgaben Radverkehr (< 1%) könnte man den Verdummungsfaktor u.a. solcher Forsa-Umfragen und ähnlicher Berichterstattung errechnen.