Ein paar Zahlen zu Beginn: in den USA starben im Jahre 2012 exakt 33.561 Menschen bei Verkehrsunfällen. Der Anteil der Fußgänger an den Verkehrstoten lag bei 4.732, das waren 14% aller Verkehrsopfer. In New York City lag der Anteil getöteter Fußgänger im gleichen Jahr bei 52 Prozent. Fünf Prozent aller Kraftfahrer, die in einen tödlichen Unfall mit Fußgängern verwickelt waren, kamen in Haft. Wenn man als Autofahrer einen Fußgänger tötet, hat man eine große Chance, ungeschoren davon zu kommen. Ist also das Auto die perfekte Tatwaffe, wenn man jemanden umbringen möchte?
Diese Fragen werden in einem Podcast von Freakonomics mit allen Pros und Cons diskutiert. Abgesehen von der nervigen Werbeunterbrechung in der Mitte ist das eine spannende halbe Stunde.
Freakonomics: The Perfect Crime – A New Freakonomics Radio Podcast
Diese Form des Mordes ist in Deutschland bestimmt auch sehr verbreitet. Wenn aus „Unachtsamkeit“ jemand totgefahren wird, gibts in der Regel 9 Monate auf Bewährung plus 2-3000 Geldstrafe. Es müssen sich nur zwei zusammentun, wo die Polizei bei dem Verkehrsunfall nicht direkt auf eine Verbindung zwischen dem Opfer und dem Fahrer kommt.
Ich denke, oft gibt es die Beziehung zwischen Täter und Opfer gar nicht, sondern der Angriff findet aus irgendeiner Verkehrsaggression heraus statt. Wenn das Opfer dann noch selbst Fehler gemacht hat, beispielsweise bei Rot gegangen ist, wird nie im Leben jemand fragen, ob man vielleicht absichtlich nicht gebremst hat.
Ich wiederhole mich, aber ich erlebe und beobachte immer wieder aggressive Manöver, die eindeutig nicht fahrlässig geschehen. Zum Glück ist das zwar nicht Alltag, aber so 1 mal im Jahr, vielleicht etwas seltener, sehe oder erlebe ich so etwas. Leichte „Belehrungen“ vielleicht etwas öfter, die sind manchmal schwer zu identifizieren. Das reicht ja auch schon. Man stelle sich 1x im Jahr einen miterlebten Messerangriff in der U-Bahn vor, da würde man sich nicht mehr reintrauen.
@ berlinradler: ich würde das etwas weniger drastisch sehen. Es entspricht doch wohl eher häufiger der Situation ‚Messer zücken, „Ich stech dich ab du Sau“ mit Gefuchtel nahe an der Gurgel, Messer wieder einstecken‘. Was nicht heißt, dass das Gefuchtel nicht manchmal NICHT danebengeht. Also nicht so übertreiben…
Ich vergleiche die Straftaten des erzieherische knapp Überholens optional mit anschließendem Schneiden, häufig abgerundet mit ordnungswidrigem Hupen zur Strafe für vermeintliche oder tatsächliche Ordnungswidrikeiten von Radfahrern , um dass er hier wohl in aller Regel zuvorderst geht, gerne mit folgender Szene: Jemand parkt im vermeintlichen oder tatsächlichen Parkverbot und steigt aus dem Wagen. Ein Passant sieht das, hebt einen faustgroßen stein vom Boden, rennt auf den Falschparker zu und schleudert den Stein wild schreiend mit voller Wucht aus 1,50cm Abstand15cm am Kopf des Falschparkers vorbei.
Ich denke, wenn sowas Schule machen würde, wäre schnell der Teufel los (zu Recht natürlich).
Fragt sich halt nur, warum nicht der Teufel los ist, wenn der Stein ein Auto ist und der vermeintliche oder tatsächliche Falschparker ein Radfahrer, der den tatsächlich oder vermeintlich benutzungspflichtigen Radweg nicht benutzt.
Und der Stein ist tagtäglich in Deutschland ohne Frage vieltausendfach ein Auto und eigentlich nie ein Stein.
@Reclaim: Gratulation zum Beispiel. Las es mit offenem Mund, staunend. Recht haste.
Musst nur vielleicht noch in Betracht ziehen – aus psychologischen Experimenten meines Wissens nach bekannt: Die Hemmschwelle jemanden zu verletzen ist niedriger bei indirekter Gewalteinwirkung (Elektrotaster bedienen, Stromschlag wird ausgeteilt) gegenüber der direkten Gewaltanwendung (körperlich, selbst ausgeübt). Natürlich gilt dies möglicherweise nicht für trainierte Kampfsportler, aber für die meisten Normalos unter uns.
Zunächst Korrektur: Ich meinte natürlich nicht 1,50cm Abstand, sondern 150cm Abstand. Und zur Grammatik im ersten Absatz…man versteht ja sicher, was gemeint ist – kurz MSJWGI 😉
Zur Hemmschwelle: Klar. Sowas in der Art ist sicher ein Grund, warum der Stein regelmäßig ein Auto ist und kein Stein. Und ich bin mir auch sicher, dass nicht allzuselten genau der eben noch geschnittene Radfahrer, kurz drauf der erzieherisch knapp überholende Autofahrer ist.
Und wenn das nicht, dann „wenigstens“ der den Fußgänger erbost, erzieherisch, knapp überholend und dabei ordnungswidrig klingelnd vom Radweg verscheuchende Radfahrer. Eventuell noch mit einem bescheuerten Kommentar jm Vorbeifahren auf den Lippen. Halt exakt dieselbe Straftat begehend, nur eben zwangsläufig begrenzter in der Gefährlichkeit durch die zur Verfügung stehenden Mittel: 100kg statt 1500kg und 25km/h statt 50-120 oder so. Reiner Zufall und „Glück“ für das Opfer sozusagen. Moralisch oder juristisch aber kein Deut besser.
Aber so ganz passt das mit den Elektrotasterexperimenten und Kampfsportlern nicht. Denn weder bei Stein noch Auto (oder Fahrrad – siehe voriger Absatz) besteht ja irgendeine Absicht, jemanden tatsächlich zu verletzen. Beides kann halt nur auch mal schief gehen, wie einem jeder Statistiker belegen können wird. Und das ist, denke ich, auch @berlinradlers Punkt neben der Tatsache, das natürlich auch schon die ausgeübte Bedrohung/Gefährdung durch Stein/Auto(/Fahrrad*) eine Art von Gewaltanwendung ist. Juristisch wohl eine ziemlich veritable Nötigung.
*Oh Gott, sind mir die die Fußgänger vom Radwegwegscheuchklingler fremdschämpeinlich. Wegen denen ließ sich der Beitrag hier leider nicht so richtig schön schwarz-weiß/ gut-böse/Imperium-Rebellen-mäßig schreiben… Am liebsten würde ich die „Fußgänger vom Radwegwegscheuchklingler“ immer anhupen, extra knapp überholen und dann mit einem bescheuerten Kommentar (Nein, das wäre weigstens ein intelligenter Kommentar ;-)) auf den Lippen schneiden… :-/
Was Du beschreibst, reclaim, ist ein gegenseitiges Hochschaukeln. Das kann ich an mir selbst auch beobachten – da ich mir als Radfahrer immer und überall pauschal Vorwürfe machen lassen muss, fallen mir Verstöße anderer Verkehrsteilnehmer und von Verkehrsbehörden stärker auf, als das eigentlich sinnvoll wäre. Das ärgert mich manchmal selbst etwas.
Mein Ideal – für mich selbst – ist aber eher, die Dinge gelassen zu sehen. Es ist ja so, dass man am Verkehrswesen nichts ändern kann oder die Änderungen langsam vonstatten gehen. Daher muss man sich seine Wege durch die nichtideale Welt suchen und so fahren, dass die häufigsten eigenen und fremden Fehler entweder nicht auftreten oder ausgebügelt werden.
Das Thema der Straßenkriminalität, wie oben beschrieben, wüsste ich gerne mal in den Medien angesprochen – liegt aber außerhalb meiner Macht. Derzeit gibt es dafür kein Bewusstsein und man eckt damit an.
Apropos „anecken“: ich gehe mal davon aus, dass nur über „anecken“ auch Bewegung in Verhältnisse kommt. Durch rein überlegtes optimieren seitens der Politik kann man wohl kaum auf Veränderung veränderungsbedürftiger Verhältnisse hoffen. Ist natürlich auch immer eine Frage der Energie, die man einsetzen mag. Wenn man ständig „aneckt“, kostet das eben auch viel Kraft. Darauf aber grundsätzlich zu verzichten, ist meiner Meinung nach auch nicht zielführend.
Das kapier‘ ich nicht. Anklingeln muß doch sein. Und wenn der auf meinem Radweg läuft oder meiner Bahn, dann muß er auch damit leben, daß ich knapp dran vorbeifahre.
Komischer Vergleich. Ich beobachte jedenfalls bei manchen Radlern ein ähnliches Gemäßigtsein, wie man es in der Männerbewegung erleben kann, wo man peinlichst darauf bedacht ist, nicht anzuecken oder auch von einem guten Feminismus zu reden, den es angeblich gebe.
Interessant finde ich ja immer wieder die herumheulenden Fußgänger, die selbst äußerst rücksichtslos handeln. Man erlebt da immer wieder die krudesten Dinge.
hups… da muss ich mich ja mal vorsichtshalber ganz schnell von Sebastians Form von „anecken“ distanzieren. Ich beobachte bei manchen Radlern jedenfalls auch ganz merkwürdige Dinge…
@sebastian. Nein Du musst nicht klingeln. Genaugenommen darfst Du es in einer solchen Situation nicht einmal: Hupen und Klingeln sind innerorts ausschließlich zur Warnung vor Gefahren erlaubt. Und dazu gehört nicht eine Gefahr, die Du gleich vorsätzlich durch knappes Überholen erst zu erzeugen gedenkst…
Aber das nur am Rande. Denn Klingeln ist nicht der Punkt. Einmal klingeln aus 5 sek vor Erreichen des Fußgängers, Fußgänger tritt beiseite. Vielleicht noch ein Danke im Vorbeifahren und ein ‚Tschuldigung. Vom Fußgänger und alles ist easy und Bestens.
Ganz sicher muss aber niemand „damit leben“, dass Du seine körperliche Unversehrtheit bedrohst, weil er eine harmlose Ordnungswidrigkeit begangen hat. Dieses vorsätzliche knapp Ůberholen ist schlicht Straftat. Wer es praktiziert ist schlicht und tatsächlich kriminell.
Auch wenn es Deinen Überholopfern nichts nutzt: Ich hoffe, Du kannst dann wenigstens auch damit Leben, wenn Du von Autofahrern auf „ihrer Fahrbahn“ entsprechend vorsätzlich gefährdet wirst. Ansonsten bliebe nur, Dir eine gehörige Portion Doppeldenk zu diagnostizieren, unde bliebe völlig unklar, warum Du meinem Vergleich nicht folgen kannst.
Und komisch. Dich erinnern Nichtnötiger im Strassenverkehr an irgendwas mit Feminismus? Ich muss angesichts von Radwegscheuchern irgendwie immer an eine Mischung aus Hannelore Kohl und Conchita Wurst denken. Und natürlich an das Sprichwort vom nach oben Buckeln und nach unten treten, das für Radfahrer oft sinnfre verwendet wird, aber genau hier dann wirklich mal zutrifft: Denn in 80% der Fälle stellt sich doch die Frage, warum der Radwegscheucher überhaupt auf dem Radweg fährt und nicht auf der Fahrbahn daneben, wenn ers so eilig hat. Keine Eier in der Hose? , sozusagen.
@ reclaim: Der Tag fängt gut an 🙂
Naja Sebastian, auch wenn jemand anderes einen Fehler macht, musst Du Dich darauf einstellen und alles tun, um Gefahren zu vermeiden. D.h. läuft ein Fußgänger auf dem Radweg, kannst Du zwar klingeln und auch nah vorbeifahren – aber ganz langsam. Man muss ja auch bedenken, dass Radwege oft kaum erkennbar sind und Fußgänger ggf. körperlich eingeschränkt sind. Anecken durch Gefährdung ist sicher nicht das, was Michael mit seinem Beitrag meinte. Sondern durch Diskussion.