Risiken bewerten

Die Helmdebatte ist seit einigen Wochen wieder aktiv. Das Thema ist und bleibt emotional und auch Nicht-Betroffene – also Menschen, die selten oder nie Radfahren, mischen mit. Menschen, die keinen Helm tragen, stehen zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Denn – ein kluger Kopf weiss sich zu schützen! Wer Risiken für Leib und Leben eingeht, kann doch nur einen an der Waffel haben. Oder?

Ist es dumm, Risiken einzugehen?

Nein, es ist sogar unvermeidbar. Jeden Tag treffen wir Entscheidungen, und bei nahezu jeder Entscheidung kann etwas schiefgehen. Wir essen und gehen das Risiko von Vergiftungen oder Infektionen ein. Wir gehen aus dem Haus und gehen das Risiko von Unfällen und Kriminalität ein. Wir treiben Sport und gehen das Risiko von Verletzungen ein. Oder wir treiben keinen Sport und riskieren aus Bewegungsmangel resultierende Folgekrankheiten. Bei unseren Freizeitbeschäftigungen könnte ebenso was passieren. Selbst unser Körper ist ein einziges Risikogebiet: Fieseste Krankheiten warten nur darauf, in Erscheinung zu treten – dem können wir nur begrenzt entgegenwirken. Kurzum: Irgendwann passiert jedem von uns mal was Dummes, und einiges davon wäre sicher „vermeidbar“ gewesen, wenn wir an dem Tag zuhause geblieben oder in irgendeinem Detail eine andere Entscheidung getroffen hätten. Dummheit? Nein, normales Lebensrisiko.

Also munter drauf los ins Risiko?

Es gibt Risiken, die wir nicht eingehen. Der eine vermeidet es, nachts die U-Bahn zu nutzen aus Angst vor Übergriffen. Der nächste geht – um die Risiken schlechter Ernährung zu vermeiden – nur in den Biomarkt. Manche lassen sich jährlich gesundheitlich durchchecken. Beim Autofahren schnallen wir uns an, trotz grüner Ampel beobachten wir die Wartepflichtigen …

Warum gehen wir also einige Risiken ein, andere hingegen nicht? Das hat zwei Gründe: einerseits bewerten wir Risiken, andererseis wägen wir Vor- und Nachteile ab und gehen Risiken ein, wenn die Vorteile scheinbar überwiegen.

Wie bewerten wir Risiken?

Die meisten Risiken werden aus dem Bauch heraus bewertet. Aktuelle Ereignisse und Medienberichte können auf die Risikobewertung einen Einfluss haben. Kurioserweise gehen wir an mancher Stelle große Risiken ein, während wir an anderer Stelle lieber darauf verzichten. Das Dilemma kennt wohl jeder Radfahrer: Man weiss, wie riskant der Radweg ist, aber das Bauchgefühl drängt einen dennoch oft nicht auf die vielbefahrene Fahrbahn. Die Risikobewertung ist oftmals fehlerhaft: Nach dem 11. September 2001 vermieden viele Amerikaner die Nutzung des Flugzeugs. In den ersten zwölf Monaten nach den Anschlägen starben in den USA etwa 1.600 Menschen mehr auf der Straße, als dies zu erwarten war.

Fehlerhafte Risikobewertung ist natürlich und menschlich, Grundlage für Gesetze muss hingegen eine realistische Risikobewertung sein.

Wie kann man Risiken objektiv bewerten?

Risikobewertung ist häufig gar nicht so einfach. Nicht jede Entscheidung hat eine klare Auswirkung – ein Gehirntumor könnte z.B. vom Handy ausgelöst sein oder eben nur eine natürliche Krankheit sein.  In vielen Fällen ist der Vergleich zweier Risiken hilfreich: Da wir uns z.B. den Verkehrsrisiken aussetzen müssen, können wir – wenn Risikovermeidung hohe Priorität hat – das sicherste Verkehrsmittel wählen und versuchen, häufige Unfallursachen zu vermeiden. Im Verkehrsbereich ist Risikoverringerung aufgrund der guten Datenlage relativ einfach.

Also nochmal kurz und knapp: Wo wir Risiken nicht vermeiden können, haben wir die Möglichkeit, die Risiken zu vergleichen und das geringste einzugehen.

Ein Risiko können wir also bewerten, indem wir es mit anderen vergleichen. Im Verkehrssektor haben wir das recht objektive Maß „Verletzte pro Milliarden Personenkilometer“ bzw. „Tote pro Milliarden Personenkilometer“. In anderen Sektoren kann es ausreichen, überschlagsmäßig zu rechnen und die Vorfälle in Relation zu den beteiligten Personen zu setzen, also z.B. die jährlich 30.000 Grippetoten zu den 80 Millionen Einwohnern Deutschlands oder die 400 Badeunfälle mit xxx Leuten, die schwimmen gehen (hier kann man dann wirklich nur noch gröbstens schätzen).

Welche Fragen müsste man also stellen, um eine Helmpflicht objektiv zu begründen?

Es gibt Tote beim Radfahren, und es gibt Kopfverletzungen bei Fahrradunfällen. Das ist unbestritten, kann aber allein noch keine Grundlage für eine gesetzliche Regelung sein. Diese kann – zumindest bei rationaler Entscheidungsfindung – nur begründet werden mit:

1.) einem Kopfverletzungsrisiko für Radfahrer, das das normale Maß überschreitet (Risikovergleich!) und

2.) einer messbaren Senkung des Risikos.

Radfahren ist nicht gefährlich!

Beim Radfahrern kann man sich schwer verletzen oder sterben. Das passiert jährlich mehreren Menschen, ist sehr tragisch und auch immer wieder Thema in diesem Blog. Dennoch stehen dem beeindruckende Zahlen gegenüber, die ich hier schon einmal zusammengetragen hatte: in Berlin gut 365 Millionen Fahrten und um die 14 Milliarden gefahrene Kilometer pro Jahr mit dem Rad. Im Jahre 2012 gab es 15 tote Radfahrer und 684 Schwerverletzte, natürlich jeder einer zu viel, ein Großteil davon nicht Unfallverursacher. Dennoch ist das Risiko für den Einzelnen so gering, dass er sich nicht zwingend darauf einstellen muss, da es vor anderen Lebensrisiken schlichtweg in den Hintergrund rückt.

Radfahren erhöht die Sicherheit!

Bezogen auf das eigene Lebensrisiko hat Radfahren, so wie eigentlich alle Arten von Sport, erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit und das Herz-Kreislauf-System. Bewegung gilt als relevante Vorsorge gegenüber Krankheiten, deren Auswirkungen vergleichbar mit denen eines schweren Unfalls sein können.

Die persönliche Risiken-Nutzen-Abwägung beim Radfahren zeigt stark in Richtung des hohen Nutzens. Wer sich gar nicht bewegt (und das tut ein relevanter Teil der Gesellschaft – woran durchaus auch das Mobilitätsverhalten einen relevanten Anteil hat), lebt riskanter als derjenige, der ohne Helm radfährt.

33 thoughts on “Risiken bewerten

Comments-Feed
  1. Der Artikel spricht mir aus der Seele, bis auf den letzten Absatz: Wieso sollte man ‚Fahrradfahren ohne Helm‘ mit ‚zu wenig Bewegung‘ vergleichen? Wenn, dann sollte der Vergleich zwischen mit und ohne Helm gezogen werden.

    Der wichtigste Punkt aber ist: Fahrradfahren ist nicht gefährlich.

    Tobi

  2. Ein sehr guter Beitrag!

    In einem Punkt stimme ich nicht zu:

    Zitat:“……im Jahre 2012 15 tote Radfahrer und 684 Schwerverletzte gegenüber, natürlich jeder einer zu viel, natürlich unnötig sinnlose Tote aufgrund fehlgeplanter Verkehrsanlagen.“

    Von den 15 Radfahrtoten waren 5 selbst Hauptverursacher. Die Infrastruktur (fehlgeplante Verkehrsanlagen) war nicht die Ursache.

  3. Entscheidend ist, dass nur ich allein über MEINEN Körper und MEIN Leben zu entscheiden habe.
    Wenn ich fremdbestimmt bin, lebe ich nicht mehr mein Leben, sondern das von anderen.
    Deshalb weder ein Fahradhelmverbot noch eine Fahrradhelmpflicht.

  4. gut recherchiert. Und in den meisten Fällen stimmt das leider auch. Egal ob man nun Fußgänger oder Radfahrer ist jeder hat, beide können verletzt werden. Aber mit einem Helm kann man zumindest das Risiko minimieren auch noch als Radfahrer schwer verletzt zu werden. Außerdem gibt heutzutage so coole Helme dass man sich da echt nicht schämen muss . Habe ich gerade gefunden http://www.liquid-life.de/fahrradbekleidung/fahrradhelme/ . Der Bell Sanction gefällt mir am Besten. Also Helm auf Leute Ihr tut euch damit nur einen Gefallen 😉

  5. @Tobi:
    Ich halte die Verknüpfung Deiner beiden Absätze für den Punkt. Fahrradfahren ist ohne Helm schon nicht gefährlich. Mit Helm mag man evtl. das (im Rahmen des durchschnittlichen Lebensrisikos geringe) Risiko weiter senken, aber dazu kann wegen der geringen Relevanz m.E. nicht verpflichtet werden.

    Auch bei anderen üblichen Lebensrisiken (die weitaus gefährlicher sind) wird zum Eigenschutz nicht Unangemessenes verlangt. Für viele alltägliche Handlungen mit weit höherem Risiko wird auch keine maximale Absicherung verlangt, sondern ein vernünftiger Umgang.

    Der Aspekt des gesundheitlichen Nutzens spielt dabei auf zwei Ebenen eine Rolle. Zum Einen KANN ich individuell bei Abwägung der Vor- und Nachteile eines Helmes mich dafür entscheiden, Rad auch ohne Helm zu fahren, selbst wenn ich von einem Sicherheitsgewinn durch einen Helm ausgehe, weil ich von einer insgesamt dennoch förderlichen Wirkung des Radfahrens selbst bei vermeintlich höherem Risiko ohne Helm ausgehe.

    Zum Anderen MUSS der Staat von einer Helmpflicht absehen, weil jenseits aller Kosten-Nutzen-Rechnungen (die alle dagegen sprechen) die Helmpflicht kein geeignetes Mittel für den angestrebten Zweck des Schutzes von Leben und Gesundheit ist. Selbst wenn ein Helm vor 85% aller tödlichen Verletzungen schützte (wovon wohl niemand mehr ernsthaft ausgeht) wäre der Gesamteffekt einer Helmpflicht auf die durchschnittliche Gesundheit und das Leben negativ, das Gegenteil würde erreicht.

  6. Bei der Abwägung der Gefahren, die von der Benutzung des Autos ausgehen, ist man offensichtlich auch zu dem Schluss gekommen, dass die Unfalltoten und Verletzten das Risiko wert sind.

  7. @Bernd Z, danke für Deine Korrektur, das werde ich so einarbeiten. Natürlich hast Du Recht, dass die Unfallursachen vielfältig und nicht immer fremdverschuldet sind.

  8. Und @Tobi, beim Vergleich des Radfahrens ohne Helm mit dem Radfahren mit Helm kann das Radfahren mit Helm sich als sicherer herausstellen. Es gibt auch Leute, die dem widersprechen, ich find das schwer einschätzbar. Harte Zahlen, wie weit der Helm das Risiko einer Kopfverletzung senkt, sind schwer zu finden – trotz der Ambitionen des Verkehrsministers werden keine aussagekräftigen Statistiken zusammengetragen.

    Prinzipiell fände ich den Vergleich übrigens sehr interessant.

    Insgesamt ist das dennoch eine Frage des Risikenvergleichs, wenn wir uns gegen das geringe Risiko einer Kopfverletzung beim Radfahren schützen, warum schützen wir uns dann vor anderen geringen Risiken nicht?

  9. ja, ein wirklich guter beitrag!

    was mich wirklich einmal interessieren würde: schwere verletzungen pro zeiteinheit hausarbeit und verletzungen pro zeiteinheit radfahren ohne helm. da fehlt mir jedes gefühl.

    @Bernd Z:

    deinen kommentar verstehe ich noch nicht ganz. auch wenn der text inzwischen geändert ist, berührt er aber einen sehr interessanten aspekt.

    bedeutet dein einwand, dass immer dann, wenn der radfahrer im rechtlichen sinne „hauptverursacher“ ist, die infrastruktur nicht die eigentliche ursache sein kann?

    dem stimme ich nicht zu. es gibt viele beispiele, in denen schlechte infrastruktur radfahrer zu gefährlichen dingen zwingt oder verleitet. z.b. schwierige spurwechsel, einfädeln oder überqueren. wenn radfahrer dabei dann fehler machen, die zu einem für einen auto- oder tramfahrer unvermeidbaren unfall führen, sind sie im rechtlichen sinne hauptverursacher des unfalls. trotzdem hättere bessere infrastruktur den jeweiligen unfall möglicherweise vermeiden können.

    im weiteren sinne gilt das selbst für offensichtliche und grobe verstöße. etwa ein rotlichtverstoß an einer großen kreuzung hat auch deshalb heute manchmal tödliche konsequenzen, weil wir kfz einschließlich LKW erlauben, innerhalb der stadt mit 60-70 km/h unterwegs zu sein. bei durchgesetzten 30 km/h (auch das wäre m.E. „infrastruktur“ für radfahrer) könnte ein solcher unfall in manchen fällen wesentlicher glimpflicher ausgehen. nicht immer, denn auch radfahrer können andere gefährden, das ist klar. aber eine weniger auf allgemeines rasen ausgelegte verkehrsplanung würde auch situationen seltener machen, in denen radfahrer einen rotlichtverstoß begehen und dabei auch noch sehr schnell fahren.

    wenn die aussage so gemeint war wie ich sie verstehe, enstammt sie nach meinem eindruck einer immer noch zu sehr autofahrerzentrierten perspektive, keine mobilitäts- und vor allem menschen-zentrierte betrachtungsweise.

    es mag natürlich unfälle geben, die durch keine denkbare verkehrsplanung zu vermeiden sind, die lassen sich aber nicht so einfach kategorisieren. eine gute radverkehrsführung mindert selbst risiken klarer alleinunfälle, wie etwas das einfädeln in die straßenbahnschienen auf der kastanienallee. ohne die parkenden autos wäre dort genug platz für alle. leider traute sich das der grüne stadtrat nach eigenem bekunden nicht. warum auch immer – wahrscheinlich sind radfahrer nämlich auch gentrifizierer und berlin soll nicht wie freiburg werden…(-;

  10. Personenkilometer nicht unbedingt das beste Maß. Jeder Mensch hat nämlich nur eine bestimmte Expositionsdauer auf Erden. Von daher ist oftmals die Gefahr eines Unfalls bezogen auf die Eposistionsdauer realistischer.

    Ansonsten kommt selbst eine Saturn V auf recht ordentliche Ergebnisse was Unfälle / Personenkilometer angeht 😉

  11. Diese ganzen Diskussionen führen doch zu nichts. Entweder es wird gesetzlich geregelt oder nicht. ( Wie beim Gurt) Es muss doch jeder Wissen ob er sich schützen will oder nicht. Und die Risiken, und das für und wider muss auch jeder selbst tragen.

  12. @Holger – Du hast in gewisser Weise schon Recht. Dennoch muss ein solches Gesetz gut begründet werden. Derzeit wird viel mit „ist doch logisch“ argumentiert, eine genauere Aufschlüsselung der konkreten Risiken sowie der konkreten Schutzwirkung des Helmes kann hingegen nicht schaden, wenn man es mit dem Gesetz ernst meint. Schließlich sollen am Ende weniger verletzte und tote Radfahrer stehen …

  13. Für die Sicherheit des Radverkehrs bringt das Tragen von Fahrradhelmen nachgewiesenermaßen gar nichts. In keinem Land, das die Helmpflicht eingeführt hat, konnte ein positiver Effekt des dann vermehrten Helmtragens nachgewiesen werden. Und das waren schließlich große Realexperimente, die zuverlässiger als jede Studie sind. Sicher ist nur, dass die Radverkehrsanteile in den betreffenden Ländern stark zurückgegangen sind. Für Deutschland wäre eine Helmpflicht eine wirtschaftliche Katastrophe. Schon ein Rückgang des Radfahrens um 20 Prozent würde die Fahrradwirtschaft in größte Schwierigkeiten bringen. Zahlreiche Insolvenzen und Tausende neuer Arbeitsloser wären zu befürchten. Außerdem darf auch der Hinweis nicht fehlen, dass in Holland, dem für Radfahrer sichersten Land, üblicherweise keine Helme getragen werden. Warum wohl?

    Aber dennoch kann sich jeder, der will, einen Helm anschaffen. Eine Pflicht ist dafür nicht erforderlich. Und Helmpropaganda haben wir ja genug. Damit kommen wir von der gesamtgesellschaftlichen zur individuellen Risikobewertung.

    Weil Helme ohne Zweifel manchmal helfen, muss man davon ausgehen, dass sie genauso oft schaden. Anders ist die Nullsumme der Wirkung nicht zu erklären. Schaden richten Helme an, wenn sich Behelmte allzu sicher fühlen. Oder weil Autofahrer Helmträger für weniger gefährdet halten. Die Hauptursache dürfte allerdings sein, dass durch einen Helm der Kopf künstlich vergrößert wird. Dadurch steigt die Gefahr überhaupt irgendwo anzuschlagen und es kann zu ungünstigen Hebelwirkungen kommen. Auch besteht eine grundsätzliche Strangulationsgefahr. Die Vergrößerung des Kopfes ist der Grund, warum ich persönlich keinen Helm trage. Als ehemaliger Judoka und Kampfsportler kann ich Kopf, Gesicht und Körper durch verschiedene Falltechniken und Schutzreflexe viel umfassender und effektiver schützen als mit einem Helm. Mit Helm wäre z.B das Abrollen durch den vergrößerten Kopfquerschnitt gar nicht möglich. Mein Rat speziell für noch flexible jüngere Fahrer wäre, das Geld für einen teuren Helm lieber in einen Grundkurs des örtlichen Judovereins zu investieren und reflexartig richtig fallen zu lernen. Fahrradtechnisch kann man Sturzverläufe günstiger gestalten, wenn man auf sperrige Lenker, übergroße Rahmen, unnützes Zubehör und Haken- und Klickpedale verzichtet. Dann bleibt man im Unfallverlauf nicht am Rad kleben, wird sich weniger am Rad verletzen und kann den Sturz besser steuern und ausgleichen.

    Trotzdem würde ich einen Helm für manche Gruppen von Radfahrern bedingt empfehlen. Zumindestens hat dort der Helm dann eine beruhigende Wirkung. Allen voran den zahlreichen Fahrern, die steif wie ein Brockmannscher Dummy auf dem Rad sitzen. Die fallen natürlich so wie es der physikalische Zufall gerade bewirkt und damit auch leicht mal auf den Kopf. Daneben allen, die Radfahren als Risikosport betreiben, Fahranfängern, aus medizinischen Gründen Sturzgefährdeten und eventuell besonders verletzungsempfindlichen betagten Menschen.

    @Holger Müller:
    Ob man Personenkilometer, Expositionsdauer oder Anzahl Wege nimmt, bleibt sich in Bezug auf eine Risikoberechnung gleich. Alle Werte lassen sich ineinander umrechnen und stellen lediglich verschieden Sichtweisen derselben Sache dar.

  14. Eigentlich hatte ich zuletzt ja das Gefühl, in der Schweiz wird was für den Radverkehr getan, und man will ihn stärken (siehe Pilotprojekt in Basel zum Rechtsabbiegen an roten Ampeln).
    Aber auch da gibt es Gegenwind von Versicherungen. Ursachen sind egal – nur das Resultat zählt – und natürlich ist die Verkehrsart schuld.

  15. @Quietschkette

    Interessanter Link. Hier hat sich die Allianz einmal klar als fahrradfeindlich geoutet. Man würde Schweizer Schülern die Benutzung des Fahrrads auf dem Schulweg am liebsten verbieten. Und weil ein solches Ansinnen keinerlei Chance hat, fordert man die Helmpflicht. Wohl wissend, dass dann die Zahl der radfahrenden Schüler deutlich zurückgeht. Auch in Deutschland dürften die Versicherungen eine treibende Kraft hinter der Helmpflichtpropaganda sein.

  16. Das ist doch ganz logisch das die Versicherer IHR Risiko so gering wie möglich halten wollten, sind ja schließlich nicht die Wohlfahrt.

  17. Noch zwei Anmerkungen zum Text: Dass Radfahrer im allgemeinen über die Gefahren der Radwege Bescheid wissen, bezweifle ich weiterhin stark. Demnach kann auch eine persönliche Risikobewertung nur falsch ausfallen. Ich nehme an, sehr viele Radfahrer bewerten immer noch das Risiko, von hinten angefahren zu werden, als weit höher als das, auf dem Radweg gefährdet zu sein. Und wenn sie die Risiken der Radwege kennen, dann sagt man sich „wenn ich nur vorsichtig und aufmerksam genug fahre und immer den Schulterblick mache, bin ich sicherer als auf der Fahrbahn“, war auch hier im Blog oft genug so oder ähnlich zu lesen. Beim Helm ist das ähnlich, aber noch ein Stück mehr irrational. Wenn man das Verhalten mancher Helmträger sieht, schützt das Helmtragen schon vor dem Unfall selbst.

  18. Die zweite Anmerkung habe ich noch vergessen: Faxe, es ist nicht egal ob ich Personenkilometer oder Expositionszeit nehme. Du weisst doch selbst, wie gerne und oft Statistiken von allen möglichen Leuten missbraucht werden. Wenn man mit Pesonenkilometern rechnet, ist z.B. das Space Shuttle ein sehr sicheres Fahrzeug, obwohl dort mehrere Menschen gestorben sind. Und das zu Fuss gehen wäre eine der gefährlichsten Tätigkeiten.

  19. verkopft, keine Ahnung und Anderen Vorschriften machen. Scheint Mode zu sein.

    Jeder soll selbst entscheiden ob er mit oder ohne Helm Rad fährt.

    Ich will nicht gezwungen werden, einen Helm aufzusetzten, wenn ich gemütlichen um den Block zum Einkaufen lullere.

    Beim täglichen Pendeln 10km durch die Stadt entscheide ich mich für „mit Helm“.

    Ein Fahrradhelm schützt nur in ganz seltenen Fällen vor Verletzungen. Bei mir ist der letzte solche Unfall 18 Jahre und zig zehntausende km her.

    Ich finde es lächerlich, dass das Thema dermaßen aufgeblasen wird.
    Wer Radfahren sicherer machen will sollte bei den zweispurigen, motorisierten Verkehrsteilnehmern ansetzen wie z.B. LKW Abbiegeassistenzsysteme per Gesetz vorschreiben. Oder Rechtsabbiegevergehen ahnden. Oder zu geringe seitliche Sicherheitsabstände ahnden. Oder in 30er Zohnen unnötiges Überholen direkt vor Kreuzungen verbieten. Oder Raser in 30er Zohnen blitzen. Oder Raser in Spielstraßen rausziehen. oder oder oder. Und dann kann man sich irgendwann mal über Helmpflicht für Radfahrer unterhalten – aber das ist dann eigentlich auch überflüssig.

  20. @Kai: Ich verstehe deine Bedenken. Ich bleibe mal beim Radfahren. Nimmt man das Risiko pro Personenkilometer wäre das laut ADFC 1/33000000 bezogen auf ein Jahr. Kennt man die Durchschnittsgeschwindigkeit von Radfahrern – z.B. 15 km/h -, kann man dann das Risiko pro Stunde Expositionszeit ausrechnen – also 1/(33000000/15). Und das erscheint dann eben 15 mal größer. Je schneller ein Fahrzeug ist, desto größer erscheint das Risiko, wenn man in die Expositionszeit umrechnet. Und beim Space Shuttle ist das Risiko dann schon selbstmörderisch.

    Nehmen wir einmal an, Autofahrer und Radfahrer würden die gleiche Zahl von Personenkilometern zurücklegen und hätten auch die gleiche Zahl von Verkehrstoten. Dann wäre doch Auto- und Radfahren gleich riskant. Gibt man dann das Risiko in Expositionszeit an, würde bei einer angenommenen Durchschnittsgeschwindigkeit für Autos von 45 km/h und Fahrrädern mit 15 km/h, das Risiko für Autos 3 mal größer erscheinen, obwohl es genau gleich ist. Trotzdem ist diese Sichtweise natürlich zulässig, weil ich ja bei höherer Geschwindigkeit pro Expositionszeit mehr Kilometer zurücklege und in mehr Gefahrensituationen komme. Allerdings kann man damit herrlich manipulieren, wenn man z.B. die Zielsetzung verfolgt, Radfahren im Vergleich zum Autofahren als weniger gefährlich dastehen zu lassen.

  21. Radfahren erhöht die Sicherheit!

    Bezogen auf das eigene Lebensrisiko hat Radfahren, so wie eigentlich alle Arten von Sport, erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit

    Das Rad verringert auch das Risiko meiner Mitmenschen und trägt zu ihrer besseren Gesundheit bei wenn man das Rad als Alternative zum Auto benutzt.

  22. @siggi: ein absolut wichtiges Argument, das manches erklären kann. Bisher irgendwie an mir vorbeigerauscht.

  23. Ja stimmt, bei der Risikobewertung sieht man irgendwie immer nur sich. Auch die Sicherheitssysteme in Pkw sind nahezu ausschließlich so ausgerichtet, dass sie Insassen schützen.

    Das ist auch ein Aspekt, der mich an der Zahl der Toten pro (Personenkilometer / Expositionszeit) immer etwas (ver)zweifeln lassen. Denn das Kfz hat erheblichen Einfluss auf das Unfallgeschehen von Radfahrern und Fußgänger. Und auch Radfahrer haben einen nicht wegzudiskutierenden Einfluss auf die Sicherheit der Fußgänger. Die Unfallgefahren der Fußgänger, wenn es eben nur solche gäbe, würden sich ohne Autos reduzieren.

    So gesehen stehen die Werte nicht für sich bzw. bewerten die Risken eigentlich nur auf die derzeitige Situation bezogen, in der eben das Kfz einen erheblichen Verkehrsanteil hat.

  24. *************
    Holger schreibt:
    Freitag, 09.08.2013 um 12:35

    Das ist doch ganz logisch das die Versicherer IHR Risiko so gering wie möglich halten wollten, sind ja schließlich nicht die Wohlfahrt.
    *************

    ……….. dann wundert es mich aber, dass die Versicherungen nicht mit Vehemenz darauf bestehen, dass im Haushalt Schutzhelme zur Pflicht werden.
    Lt. statistischen Daten 2010 sind ca. 3800 Menschen im Straßenverkehr getötet worden, davon ca. 380 Radfahrer. Gesamt-Verkehrsverletzte: ca. 0,37 Mio., davon Radfahrer ca. 0,08 Mio.
    Dagegen sind im selben Jahr ca. 7500 Menschen bei Haushaltsunfällen getötet worden (80% Sturz als Ursache!!!!) und ca. 2,73 Mio verletzt worden.

    Wenn also das Argument, die Folgen von Unfällen beim Radfahren könnte durch einen Helm vermutlich (!!!) verringert werden, von den Versicherungen zur Minimierung ihrer finanziellen Risiken angeführt wird, warum hört man dann nichts von einer Helm- oder Schutzkleidungspflicht im Haushalt? Das Risiko, dort tödlich zu verunglücken, ist immerhin ca. 20-fach höher als auf dem Rad. Bei den Verletzten ist es ca. das 35-fache Risiko.

    Letztlich ist also das ganze „Gejammer“ um eine Helmpflicht nur und ausschließlich für Radfahrer nichts anderes, als das Pflegen eines „Feindbildes“ Radfahrer, weil man sich damit als Politiker oder Versicherung in der Bevölkerung ein gutes Image verpassen kann „Wir sorgen und um die Sicherheit der Schwächsten“.
    Da Radfahrer eine wenig homogene Bevolkerungsmenge sind, riskiert man auch keine Masse an Wählerstimmen, die einem die nächste Wahl verhageln können. Wer eine flächendeckende Helmpflicht für Radfahrer fordert, wird gewählt – wer flächendeckend Tempo-30 fordert, wird geteert, gefedert und aus dem Amt gejagt –> so einfach ist das.

  25. Entscheiden ist das man sich mit dem Fahrradhelm schützen kann und dieses auch machen sollt => Helmpflicht . Ich verstehen nicht wie wie man dagegen seine – kann man schnallt sich ja auch bei Autofahren an oder ?

  26. yay mein Bingoschein ist fast schon voll…

  27. Man liest aber auch Artikel, die man kommentiert. Oder? 🙂

  28. Man liest aber auch Artikel, die man kommentiert. Oder?

    War auch mein erster Gedanke, aber dann war mir klar: Lesebedarf entfällt bei messianischem Bewusstsein.

  29. […] sehr schönen Artikel über die Bewertung von Risiken findet man bei der Radspannerei. Ich verstehe sowieso schon seit vielen Jahre nicht, warum die […]

  30. Sehr schöner Beitrag. Die Helmpflichtdiskussion ist meiner Meinung nach deshalb so aufgeblasen, weil sich da Verantwortliche aus ihrer Pflicht stehlen können. Ich halte eine Helmpflicht für ausgemachten Schwachsinn. Das die Versicherungen da mitmischen, ist mir klar, da kann man auf primitive Art verzocktes Geld wieder einfahren.

    Es muss jeder beurteilen, ob er einen Helm tragen will oder nicht. Ich persönlich habe mich aus meinen Erfahrungen heraus für den Helm entschieden, ich habe übrigens zuletzt immer mehr Radfahrer mit Helm gesehen, also so unsexy scheint der Helm gar nicht zu sein.

    Viel interessanter ist, dass großmäulig immer betont wird, wie wichtig doch der Radverkehr sei und in der Praxis alles beim alten bleibt. Allein die immer noch weit verbreitete Radwegbenutzungspflicht ärgert mich immer wieder. Da werden Radfahrer ohne ersichtlichen Grund auf heruntergekommene Wege gezwungen und damit klar gemacht, dass sie eigentlich den Straßenverkehr stören. Und die Verwaltungen hintergehen durch ihre übliche Faulheit die Aufhebung der Benutzungspflicht, die bereits gerichtlich oder per Bescheid angeordnet worden ist. Ich denke, das sollte man mal klarer benennen, weil hier viel mehr die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird, als durch einen nicht getragenen Helm.

    Aber das interessiert weder Medien noch Versicherungen.

  31. Hi zusammen,

    Je mehr Statistiken man anführt umso mehr werden die Entscheider verwirrt.
    Es kommt immer auf die Betrachtungsweise an und auf die persönlichen Erfahrungen (total subjektiv):
    – Schwägerin vom Radfahrer vom Rad geholt (natürlich mit fahrerflucht), hätte ohne Helm mit großer Wahrscheinlichkeit schwere Kopfverletzungen davon getragen
    – bekannte ebenfalls schwer gestürtz, kein helm, wegen schwerer Kopfverletzungen ein Pflegefall im Wachkoma, seit jahren
    – Selber im Frühjahr gestürzt (Schienen im Radweg…), im Augenblick des Aufpralls mit dem Helm auf dem Asphalt (nein, da kann man nicht immer reagieren!) dachte ich wie gut daß ich den habe.

    Alle Unfälle wären als Fußgänger gar nicht erst passiert.

    Mein Fazit (wieder total subjektiv): Alle in der Familie fahren immer mit Helm (obwohl ich eigentlich auch lieber ohne fahre, aber die Einschläge waren doch schon verdammt nah).
    Helmpflicht? Nein, man sollte aber auf Apelle und einen Kulturwechsel setzen. Für meine Kinder und ihre Freunde ist der helm total normal und selbverständlich und hält sie kein bisschen vom radfahren ab.
    Wir Erwachsenen sind da schwieriger („hab ich früher auch nicht gebraucht“ – Sicherheitsgurte auch nicht…)

    Gruß

    ElGato

  32. Sorry, sollte natürlich heißen „Schwägerin vom AUTOfahrer vom rad geholt“…

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