Wer als Radfahrer eine vielbefahrene diagonal überqueren will, muss zwei Grünphasen abwarten und verliert eine Menge Zeit – wer mit dem Auto fährt, hat es da leichter. Dieser Bevorzugung von Autos gegenüber Fahrrädern will man am Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien eine fahrradfreundliche Alternative entgegensetzen: Die „Wiener Diagonale“, ein Kreuzungs-Ampel-Design, bei dem RadfahrerInnen in einer eigenen Ampelphase diagonal kreuzen können.
Statt der üblichen zwei Ampelphasen gäbe es bei der Wiener Diagonalen drei: Während der dritten Phase müssten die Autos in alle Richtungen stehenbleiben, Fahrräder könnten diagonal kreuzen und die Fußgänger, deren Schutzwege nicht die diagonale Fahrradspur schneiden, hätten gleichzeitig auch grün.
Zusätzlich zur Verbesserung des Verkehrsflusses für Fahrräder sieht Verkehrswissenschaftler Tadej Brezina von der TU Wien einen Hauptnutzen der Wiener Diagonale in ihrer Signalwirkung: „Es ist eine gut sichtbare Bevorzugung von Radfahrern – vielleicht trägt das zu einem weiteren Umdenken in Richtung ökologische Mobilität bei.“
Technische Universität Wien: Die Wiener Diagonale: Kreuzungen fürs Fahrrad
Einfach mal anschauen, wie gut (sicher und effizient) Mischverkehr funktionieren kann, auch wenn vorher alle sehr skeptisch waren:
https://www.youtube.com/watch?v=-vzDDMzq7d0
immer dieses rumdoktoren an den Symptomen der Separation … und dass auch noch als Innovation verkaufen
Eine „gut sichtbare Bevorzugung von Radfahrern“ würde die Opfer-Rhetorik der gebeutelten Autofahrer noch mehr stärken. Ich bin mir gerade auch gar nicht sicher, ob Diagonalkreuzungen wirklich eine Bevorzugung sind – das hängt wohl von den Verkehrsanteilen ab. Eher spricht doch das langsamere Vorankommen von Fußgängern und Radfahrern für eine Benachteiligung dieser Gruppen, die man mit solchen Kreuzungen aufheben will.
@Nebsler: Ein faszinierendes Beispiel für gelungenen Mischverkehr. Ohne den Wirrwarr von Ampeln und Markierungen, den das Wiener Modell benötigt.
Eine Diagonalquerung für Radfahrer ist schon 2010 vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern für eine große Kreuzung in der Uni-Stadt Greifswald als Modelprojekt genehmigt worden und es fand 2012 auch schon ein erster Verkehrsversuch statt, der die Machbarkeit bestätigte.
Radfahrer sollen dabei auf einer zusätzlichen Furt, zwischen zwei Linksabbiegerströmen, gleichzeitig mit diesen, diagonal die Kreuzung in beide Richtungen queren können.
Leider blockiert die CDU in der Bürgerschaft die Freigabe der Mittel, mit der Begründung, dass für diese einseitige Bevorzugung des Radverkehrs nicht mehrere 100.000 Euro ausgegeben werden sollen.
@ Nebsler: Was soll denn an der Kreuzung nachahmenswert sein? Vorher aphaltierte Scheiße und jetzt vollgepflasterter Mist. Und die reden von zurückgewonnener Fläche und lebenswerter Straßenraum. Meine Güte.
Nicht falsch verstehen, shared space mag ja funktionieren oder auch nicht, aber als tolles Beispiel würde ich das hier nicht betrachten.
Schau dann mal das an. Die niederländische Variante wird mittlerweile überall im Land umgesetzt. Und funktioniert!
http://bicycledutch.wordpress.com/2013/05/09/a-modern-amsterdam-roundabout/
Also die niederländische Variante lässt mir ein komisches Bauchgefühl aufkommen – ein Innenring für Kfz, ein Außenring für Radfahrer. Dann noch eine Straßenbahn und schlimmstenfalls unzureichende Aufstellflächen neben den Schienen. Litfassäule als Sichthindernis.
Da finde ich das englische Modell besser, wenngleich der Beitrag so positiv und unkritisch ist, dass man durchaus auch vorsichtig sein darf. Mich wundert, dass die Leute, die bei ausgefallener Ampel mit voller Geschwindigkeit in unübersichtliche Situationen fahren, sich besser benehmen sollen, wenn sie in so einen Kreisel kommen. Faszinierend finde ich die Abstände zwischen den einzelnen Fahrspuren, die eine Überquerung stark erleichtern.
Mich würde es in der Freizeit dennoch nicht zu so einer Verkehrswüste ziehen, die Leute müssen nach wie vor schreien, um sich zu unterhalten. Allenfalls die Qualität für die Durchfahrenden und die Fußgänger ohne Aufenthaltswunsch hat sich erhöht.
Kreisverkehr mit umlaufendem Radweg: schöner Murks und das als Standardlösung – grauenhaft!
Zumindest sind die Radwege auf Fahrbahnniveau und nicht auf Gehwegniveau angelegt. Das könnte man sich in Deutschland mal abgucken, für die Radwege, die ja unbedingt weiterhin gebaut werden müssen.
Das ist Herumgemurkse, welches von dem schwachsinnigen Dogma ausgeht, daß man Radfahrer von der Straße fernhalten müßte.
Wenn ich an einer großen Kreuzung links abbiegen möchte, mache ich das so wie die Blechbüchsen: Linksabbiegerspur, warten bis die Ampel grün ist und los.
Wer aber so einen Unsinn braucht, benutzt ein Fahrrad auch nur als Gehhilfe – und sieht es auch als eine solche an.
Nun habe ich natürlich diejenigen verunglimpft und vergessen, denen das Rad tatsächlich eine Gehhilfe ist, die sich unsicher fühlen oder es tatsächlich sind. – Aber um denen etwas gutes zu tun, muß man viel tiefer ansetzen, nämlich beim Verhalten der Büchsenhocker gegenüber andere Verkehrsteilnehmern. Da halte ich mich raus.
CJB schreibt:
Manchmal habe ich den Verdacht, das ist der eigentliche Punkt. Vielleicht würde uns weder eine niederländische Infrastruktur noch Mischverkehr helfen, weil immer noch ein Mindestmaß an Verständnis für das Wegebedürfnis des jeweils anderen nötig ist. Vielleicht brauchen wir in D unsere Ampeln und müssen das Maß an Toten und Verletzten ertragen.
öhm… mein eigener Textanteil war mit spitzen Klammern als „Ketzermodus“ angegeben, aber das wird wohl als ungültiger Code gelöscht.
Linksabbiegen kann schon mal ziemlich ambitioniert sein. Wenn ich da z.B. an die Hardenbergstraße in Charlottenburg denke. Da biege ich fast immer indirekt ab, denn vier Spuren (pro Richtung) zwischen ‚zig Fahrzeugen mit Tempo 50 + MwSt. finde ich nicht so einfach zu wechseln.
Das klingt ja so, als wären Radverkehrsanlagen überflüssig.
es gibt in den niederlanden inzwischen auch kritik an „shared space“
http://www.aviewfromthecyclepath.com/2008/11/shared-space.html
ich kann mir das shared space gut vorstellen, wenn man gleichzeitig massiv verkehrsberuhigende maßnahmen hat, die fahrredtauglich sind, etwa kreuzberger kissen. sonst gewinnt am ende doch wieder der fetteste und unhöflichste und für alle anderen wirds unangenehm.
das gilt so ähnlich auch für einen gemeinsamen kreisel. aus sicherheitsgründen ist das vielleicht besser, als das amsterdamer modell WENN man davon ausgeht, dass die kfz die vorfahrt der radfahrer auf dem kreisel-radstreifen nicht beachten wollen oder radler übersehen, gerade bei LKW sicher ein thema. es muss aber so gestaltet sein, dass auch nicht-fahrradkuriere sich wohlfühlen, in den kreisel zu fahren. also brauch man massive bauliche verkehrsberuhigung. wieder ein kontroverses thema.
@CJB: „Wer aber so einen Unsinn braucht, benutzt ein Fahrrad auch nur als Gehhilfe – und sieht es auch als eine solche an. “
solche äußerungen lassen bei mir den verdacht aufkommen, es geht eher darum, sich als besonders cooler fahrertyp kurierfahrer zu profilieren, als sich gedanken um sicheren und angenehmen radverkehr zu machen. wenn man sich in der linken spur der karl marx allee schon heute wohl fühlt, ist doch prima. dann kann man sich ja in der übrigen diskussion zurückhalten. die infrastruktur ist dann ja jetzt schon nahezu perfekt.
wer hat denn wirklich schon ein knöllchen für das nichtbenutzen von radwegen bekommen?
und noch etwas:
natürlich muss man die beiden typen NL-kreisel auch im kontext der niederländischen radkultur sehen. das ist auch eine frage der gewöhnung für alle verkehrsteilnehmer und eine frage der planung im zusammenhang mit der sonstigen infrastruktur. vor allem: die komplette rad-infrastruktur erhöht den radverkehrsanteil. und damit dann auch die sicherheit für alle radfahrer.
es ist also eine eher systematische betrachtung einer dynamischen entwicklung, als ein ingenieursartiger fokus auf einzelne unfallsituationen im gegebenen kontext, der dort den erfolg bringt.
Also was soll dieses Gerede von wegen Bevorzugung des Radverkehrs? Wenn der Radverkehr nur einmal auf grün warten muss wie der übrige Verkehr auch, dann ist das keine Bevorzugung sondern Gleichbehandlung.
Also allein die Möglichkeit, das ein Radfahrer mal schneller weg kommt an der Ampel scheint ja schon eine Bevorzugung zu sein. Gerade bei einseitigen Radwegen die die Seite wechseln ist man sonst mit dem Rad garantiert immer am schlechtesten dran.
@siggi: „Das klingt ja so, als wären Radverkehrsanlagen überflüssig.“
Ja, allerdings.
Und wenn berlinradler schreibt: „Linksabbiegen kann schon mal ziemlich ambitioniert sein.“ dann hat er natürlich recht. Und auch mir sind – natürlich – Stellen (nicht in Berlin) bekannt, da gibt es ein Spur nach rechts, drei geradeaus und zwei nach links. Da kommt natürlich niemand so schnell mal von rechts außen hin. Und natürlich kann eine Schaltung wie die von den Wienern beschriebene eine Verbesserung sein. Warum das dann aber mit „Radfurten“ und derlei Krampf verbunden sein muß, erschließt sich mir nicht. „Geradeausfahrer ROT, Linksabbieger GRÜN“ würde völlig reichen. Dann könnten nämlich alle, die nach links wollen, (amerikanisch, also mit der rechten Seite aneinander vorbei) auf einmal los, würden zügig auf die andere Seite gelangen und es ginge für die Geradeaufahrer rasch weiter.
Radwegefetischisten könnten dabei sogar befriedigt werden, indem man Radfahrer auf der anderen Seite wieder auf die dortige „Radverkehrsanlage“ nötigt. Aber so ein Ding auf der Kreuzung, plus eigene Ampelphase – nee!
@CJB:
bei der von dir beschriebenen Variante des Linksabbiegens, müsste auf der Radverkehrsanlage vor der Kreuzung zunächst genügend Aufstellfläche sein, damit sich die Radfahrer entspr. den einzelnen Fahrtrichtungen aufteilen können, sonst stehen die Linksabbieger hinter den Geradeausfahrern und können nicht Abbiegen und anschließend das gleiche Spiel andersrum. Leider beobachte ich häufiger, dass Radfahrer sich bei Spuraufteilungen auf Radwegen nicht sehr diszipliniert verhalten und sich dadurch gegenseitig behindern, wobei diese Aufstellflächen häufig auch nicht ausreichend dimensioniert sind.
Außerdem braucht man irgendeine Art Hilfsmarkierung, damit die Radfahrer beim links Abbiegen nicht im ebenfalls linksabbiegenden Gegenverkehr landen.
Als Fahrbahnradfahrer vom rechten Fahrstreifen links Abbiegen zu wollen, halte ich für ziemlich gefährlich – auch wenn die Grünphasen für geradeaus/ rechts und links getrennt sind. Man müsste ja bei Linksabbieger-Rot auf der rechten Spur stehen bleiben, wodurch man die nachfolgenden Fahrzeuge blockieren würde.
Da gibts dann nur die Variante hinter der Kreuzung vom rechten Fahrbahnrand aus links abzubiegen.
Ich versteh das Problem was gelöst werden soll nicht.
Wenn die Ampelführung anders ist kann der Radweg nicht folgen und pflichtig sein.
Man darf also vorher rechtzeitig auf die Fahrbahn auf den linksabbieger wechseln. Auch wenn ein Lolli-Radweg vorhanden ist.
@Lukas:
„Man darf also vorher rechtzeitig auf die Fahrbahn auf den linksabbieger wechseln. Auch wenn ein Lolli-Radweg vorhanden ist.“
Ob man es auch darf, wenn ein Lolli-Radweg da ist und es eine Radverkehrsführung zum links Abbiegen gibt, ist umstritten bzw. meines Wissens nach nicht abschließend geklärt.
Mit der Begründung das links abbiegende Radfahrer nicht auf der Fahrbahn abbiegen sollen, weil dies (vorangig wegen Straßenbahnschienen) zu gefährlich sei, ordnet die Verkehrslenkung Berlin Blauschilder an. Radfahrer müssten in diesen Fällen zwingend die Radverkehrsführung nutzen.
@ Peter: Das ist ja mal eine neue Begründung. Hast du dazu irgendwo eine Aussage bekommen? Und wie will die VLB das nachgewiesen haben? Prinzipiell kann ich mir das schwer vorstellen. Keine Frage, Straßenbahnschienen können schon mal zu Stürzen führen. Die Straßenbahnschienen, die ich so kenne verlaufen aber entweder am rechten Rand, wo man also meist schon zwischen den Schienen fährt oder auf eigenem Fahrdamm in der Mitte. Dann träte so ein Problem erst unmittelbar beim Abbiegen auf, in einer Situation, in der man sich ohnehin auf Tram und Abbiegen konzentriert und langsam ist. Wäre das Problem irgendwo dazwischen, während man sich um den KFZ-Verkehr während eines Spurwechsels kümmert, könnte ich mir eine stärkere Gefährdung als normal vorstellen. Gibt es da Zahlen oder hat sich das wieder nur einer bei der VLB ausgedacht?
Im übrigen meine ich, dass die VLB abgeschafft gehört (Schönen Gruß an Siggi)
Wie setzt sich die VLB überhaupt zusammen? Die treffen ja durchaus politische Entscheidungen, greifen zudem stark in die Sicherheit des Radverkehrs ein, indem sie Radwege ausgerechnet im Kreuzungsbereich bläuen. Die Entscheidungen kommen für mich wie aus einer Black Box, insofern kann ich mir auch eine bürgernähere und mit echten Sicherheitsexperten versehene Lösung vorstellen.
@ berlinradler: Naja, ist halt eine Verwaltung. Näheres ist schwer zu finden, hier mal auf die Schnelle etwas:
http://www.parlament-berlin.de/ados/17/BauVerk/vorgang/bv17-0105-pr%C3%A4sentation.pdf
Ist nicht dein Ernst – oder?
Auf einer Strasse, ohne Radverkehrsanlagen, kann man doch nicht Fahrrad fahren.
Simultangrün für Radfahrer, so dass man eine Kreuzung diagonal überqueren kann, gibt es auch in den Niederlanden schon länger. Ein link zu David Hembrow, dessen blog auch oben schon mal erwähnt wurde:
http://www.aviewfromthecyclepath.com/2008/08/simultaneous-green.html
Nachdem ich vorgestern bei guten Wetter mal wieder durch Mitte nach PBerg gefahren bin: Die meisten dortigen Anlagen sind total unter dimensioniert. Selbst die Linienstr. reicht teilweise nicht aus. Richtig schlimm sind die Radstreifen vor dem Alexa. Nächstes mal den scheiss grossräumig umfahren.
@ Michael S.:
Habe ein Urteil vom Verwaltungsgericht dazu.
Es geht darin um den relativ neuen benutzungspflichtigen Radweg auf der Danziger Str., vor der Krzg. mit der Schönhauser Allee. Da liegen die Straßenbahnschienen auf der Linksabbiegespur, was zugegebenermaßen eine Besonderheit ist.
Mit ähnlicher Begründung dürfte die VLB derzeit versuchen die Benutzungspflichten auf der Schönhauser Allee (nur jeweils vor ampelgeregelten Kreuzungen) zu halten.
@berlinradler:
Soweit ich weiß ist die VLB eine Sonderbehörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt im Range einer oberen Landesbehörde.
Über der VLB steht als oberste Landesbehörde die Senatsverwaltung. Die Grundsatzentscheidungen werden eher bei der Senatsverwaltung, in den jeweiligen Referaten getroffen – die VLB ist mehr Verwaltung würde ich einschätzen.
Auf jeden Fall ist die VLB – grob gesagt – zuständig für die Anordnung von Verkehrszeichen, die den fließenden Verkehr betreffen und Lichtzeichenanlagen auf dem übergeordneten Straßennetz, dass irgendwo definiert ist. Außerdem macht sie die Baustellenkoordination.
Sowas wie Anordnung von Halteverboten und die Beschilderung der Nebenstraßen machen die Bezirke.
edit:
quatsch, auf der danziger liegen die schienen vor dem kreuzungsbereich auf der mittleren spur.
Auch in den Niederlanden weiß man, dass Radfahrer in Kreisverkehren gefährdet sind. Man will halt um keinen Preis das Paradigma der Trennung des Langsamverkehrs vom Schnellverkehr aufgeben. Ironischerweise wimmelt es auf den Radwegen dort von frisierten Mofas und Rollern, die locker 50-60 km/h fahren, Radfahrer zur Seite drängen und wegen der schmalen Radwege ohne jeglichen Sicherheitsabstand überholen.
Am Beispiel des Kreisverkehrsvideos sieht man ja, dass die Opferrolle schon so weit verinnerlicht ist, dass man die ständigen Vorrangverstöße der Autofahrer im Video glorifiziert: „What you perceive as near accidents were simply well calculated passes in front or just behind other traffic users.“
Das sind die gleichen „well calculated passes“ die ich tagtäglich auf Radwegen erleben…
@Peter
das höre ich aber auch selten, seit wann ist diese Praxis strittig?
Steht doch ganz klar in der StVo beim Abbiegen drinne. Ich finde diagonales queren unnötig, es gibt wichtigere Stellen zu optimieren.
@ Lukas:
spätestens seitdem das Verwaltungsgericht Berlin kürzlich die Radwegbenutzungspflicht in der Danziger Str., vor Knoten Schönhauser Allee, bestätigt hat – mit der hauptsächlichen Begründung, dass Radfahrer sich in dieser Kreuzungszufahrt nicht auf der Fahrbahn zum direkten Linksabbiegen einordnen sollen, sondern zum dazu die Radverkehrsführung nutzen sollen. Grund: u.a. wegen Straßenbahnschienen sei direktes Linksabbiegen auf der Fahrbahn an dieser Stelle zu gefährlich.
Wenn Verwaltungsrichter und -Beamte sich mit der StVO auskennen würden…
Gerade zum direkten Linksabbiegen kann und darf ich jeden Radweg rechtzeitig verlassen. Das ist ausdrücklich so vorgesehen. Wer das verhindern will, muss ein echtes Fahrbahnverbot aussprechen, z. B. durch Z. 254 (Verbot für Radfahrer).
Psst sag sowas nicht zu laut, nachher denken die Leute noch, man darf sich das Ziel seiner Reise auf dem Rad selbst aussuchen. 😉
Welches sich dann allerdings auf die ganze Strasse bezieht, wozu auch der Radweg zählt.
@Kai, woraus schlussfolgerst Du, dass das Linksabbiegen auf der Fahrbahn trotz benutzungspflichtigem Radweg ausdrücklich vorgesehen sein soll? Das Thema wurde hier ja kürzlich diskutiert mit unklarem Ergebnis.
Man findest diese Aussage an etlichen Stellen im Netz. Als Beispiel mal
hier.
Das würde ich so nicht unterschreiben, schließlich gilt ein Zeichen 237 auch nicht für die ganze Straße, sondern nur für den Radweg. Man müsste aber vermutlich beide anbringen (für den jeweiligen Verkehrsraum), damit es eindeutig wird.
Natürlich gilt das Zeichen 237 für die ganze Strasse.
Sonst würde es ja nicht für Radfahrer gelten die auf der Fahrbahn fahren.
Zusätzlich ergeben sich daraus Regelungen für Fahrzeuge auf der Fahrbahn.
Z. 237, 240 und 241 haben doppelten Regelungscharakter. Sie gebieten die Benutzung des so gekennzeichneten Straßenteils (also Radweg, Radfahrstreifen etc.) und verbieten das Befahren der Fahrbahn (und aller anderen Straßenteile (wie z.B. Seitenstreifen)).
Die Verbotswirkung der Z. 237 – 241 ist mit der des Z.254 („Verkehrsverbot für Radfahrer“) gleichzusetzen, das die Benutzung aller Straßenteile – einschließlich etwaiger Radwege – verbietet.
Leider wird das Zeichen 254 in Berlin viel zu häufig falsch verwendet, meistens bei Baustellen.
Peter, wie willst du Baustellen sonst beschildern? Ich habe z.B. bei der falschen Beschilderung letztes Jahr am Tegeler Weg eine Beschilderung mit dem Zeichen 254 selbst vorgeschlagen (2. Seite, ganz unten).
Sie haben es dann auch tatsächlich so in der Art gemacht. Das Zeichen 254 wurde de facto sogar ein Stückchen vorher an der Ampel aufgestellt, wo es eine abgesenkte Bordsteinkante gibt, was in jeder Hinsicht vernünftig ist.
Wenn diese Lösung falsch ist, wie wäre deiner Meinung nach die richtige?
@Karsten, naja eigentlich würde ja das Gehwegzeichen ausreichen 😉
stimme „berlinradler“ zu: gehwegzeichen wäre hier korrekt.
an der letzten möglichkeit vom radweg auf die fahrbahn einzufahren, hätte der radweg durch eine absperrschranke gesperrt werden müssen. an dieser stelle hätte auch das zeichen 239 aufgestellt werden müssen.
dazu könnten noch eine gelbmarkierte radfahrerfurt, die auf die fahrbahn führt und ein zeichen 138 (gefahrzeichen „radfahrer“) nicht schaden.
eigentlich hätte ich aber an der stelle am tegeler weg z.239 „radfahrer frei“ erwartet – wahrscheinlich war das passende zeichen grad‘ wieder nich zur hand.
Hallo Peter,
sorry, dass ich mich erst jetzt wieder zu Wort melde. Schau mal hier ganz unten. Dort ist das Ergebnis.
Also gelbe Streifen: nein; Absperrung: ja; und auch an das Warnschild für die Busspurbefahrer haben sie gedacht.
Für „Radfahrer frei“ war die Gasse neben der Baustelle einfach zu eng. Man sieht ja auf der Seite in meinem letzten Post, dass man da als Radfahrer lediglich Fußgänger gefährdet. Also „Radfahrer frei“ ist nicht sinnvoll, wenn der sowieso legal woanders fahren kann.
Hm, und warum darf man dort die Straße nicht mehr befahren? Weil am nicht benutzungspflichtigen Radweg gebaut wird, verbietet man die Nutzung der offenen Busspur gleich mit? Komisch gemacht … willkürliches Fahrradverbot.
@berlinradler: Dass man zum Linksabbiegen den Radweg verlassen darf, ergibt sich indirekt aus zwei § der StVO: § 9 (2): „Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. ….“
->Wer direkt abbiegen will, muss sich einordnen, dazu muss er auf der Fahrbahn fahren.
Benutzbarkeitsgrundsatz: Wenn der Radweg nicht in die Richtung führt, in die ich möchte, muss ich diesen nicht benutzen. Siehe bei Sluka http://bernd.sluka.de/Radfahren/rechtlich.html
Wirst du bei Kettler z.B. auch so ähnlich finden.
Die Behörde, die das unterbinden möchte, muss ein Z. 254 anordnen. Auch wenn das wiederum rechlich falsch ist, da es ein Benutzungsverbot für die ganze Strasse anordnet, es wird trotzdem meist als reine Sperrung der Fahrbahn verstanden.
@Kai: Das ist halt eine derzeit strittige Frage, ob man zum direkten Linksabbiegen den benutzungspflichtigen Radweg verlassen darf. Immerhin verstößt man damit gegen die Benutzungspflicht, die solange gilt, bis der Radweg (am Beginn der Kreuzung) endet.
Als ortskundiger Radfahrer weiß ich, dass es eine markierte Linksabbiegeführung an der Kreuzung gibt, die ich vom benutzungspflichtigen Radweg aus erreichen kann. Das Argument, dass der Radweg nicht in die Richtung führt, in die ich fahren möchte, zieht also hier nicht (ganz). Zumindest indirekt führt er sehr wohl in die gewünschte Richtung.
Gut, dass die STVO permanent weiterentwickelt wird. Nun sind wir zwar keine Radfahrer mehr, sondern Rad Fahrende. Dass da für Kinderkram wie Linksabbiegen keine Zeit blieb, sollten wir schon verstehen.
@Peter: Die Stelle aus der StVO ist eine Kann-Regelung. Man kann genauso direkt abbiegen wie indirekt. Alles andere ergibt sich aus dem Benutzbarkeitsgrundsatz. Ich sehe da nichts, was umstritten sein soll. Zu dem Punkt gibt es mit Sicherheit auch genügend Urteile, die meine Auffassung teilen.
Siehe z.B. hier: http://www.pdeleuw.de/fahrrad/urteile.html
„Ein Radfahrer handelt nicht verkehrswidrig, wenn er zum Linksabbiegen den Radweg verlässt und sich auf der Straße einordnet (OLG Hamm, Az. 27 U 2/89, Urteil vom 08.06.1989, NZV 1990, 26; VersR 1991, 935; VRS 46, 217).“