Der Pedelec-Korridor Berlin-Brandenburg

Im Mai 2011 beschloss die Bundesregierung, dem darbenden Markt für elektrisch angetriebene Autos auf die Beine zu helfen. Das „Schaufenster Elektromobilität“ sollte dafür sorgen, dass innerhalb der nächsten sieben Jahre eine Million Elektroautos auf die Straße gebracht werden, ein geradezu utopisches Vorhaben, wenn man bedenkt, dass heute nur wenige tausend E-Mobile in Deutschland unterwegs sind. Von den 23 Bewerbern für das Projekt wurden vier ausgewählt, darunter das Schaufenster Berlin-Brandenburg. Im berlin-brandenburgischen Schaufenster sollen 74 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 165 Millionen Euro realisiert werden.

Eines dieser Projekte war der so genannte Pedelec-Korridor Berlin-Brandenburg. Die Idee des Pedelec-Korridors ist es, die brandenburgischen Gemeinden Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf mit einer Fahrradschnellstraße an die Zentren im Berliner Südwesten anzuschließen. Allerdings machte die Bundesregierung sehr schnell klar, dass der Pedelec-Korrridor keine Förderung der Bundesregierung erhält, schließlich möchte man die Autoelektromobiltät fördern und nicht den Radverkehr.

Der Berliner Senat zog daraus die Konsequenz, das Pedelec-Projekt allein durchzuziehen. In der neuen Radverkehrsstrategie ist der Korridor eines der  Modellprojekte des Senats: „Als erste übergeordnete Route für elektromobile Fahrräder soll bis zum Jahr 2015 der „Pedelec-Korridor Berlin-Brandenburg“ zwischen Berlin-Steglitz und dem benachbarten Umland im Rahmen des internationalen Schaufensters Elektromobilität etabliert werden.“

 

Ursprünglich war geplant, auf dem Gleisbett der ehemaligen Stammbahn eine breite und kreuzungsfreie Fahrradstraße zu bauen, um die brandenburgischen Gemeinden mit Zehlendorf zu verbinden. Die Sache hat allerdings einen Haken: die Stammbahn ist noch nicht entwidmet, sie könnte jederzeit wieder in Betrieb genommen werden. Deshalb kam von seiten des ADAC sofort Protest: „Eine bereits vorhandene und nicht entwidmete Bahntrasse ist ein erhebliches Infrastrukturkapital, das auch bestimmungsgemäß genutzt werden sollte.“

Auf der Sitzung des Senats am 12. März wurde eine Landesfinanzierung für das „Schaufenster Elektromobilität“ beschlossen. In der Pressemitteilung zum Beschluss heißt es: „Viele Pendler aus dem Umland der Stadt können in Zukunft ihren Arbeitsplatz in Berlin mit einem Elektrorad besser erreichen als mit dem Auto: Ihre Kosten für den Arbeitsweg sind damit geringer, der Bedarf an Parkflächen am Arbeitsort sinkt und Treibhausgase, Schadstoffemissionen und Verkehrslärmbelastungen werden vermieden. Es geht uns also nicht nur darum, lediglich den Verbrennungsmotor durch einen E-Antrieb auszutauschen, es geht darum, die Vorteile des Elektroantriebs durch eine intelligente Rahmenstrategie voll auszuschöpfen.“

Senat von Berlin: Landesfinanzierung für das „Schaufenster Elektromobilität“ festgelegt: Berlin soll Referenzstadt für Elektromobilität werden

Fahrrdportal: Landesfinanzierung für das „Schaufensterprojekt“ Pedelec-Korridor festgelegt

20 thoughts on “Der Pedelec-Korridor Berlin-Brandenburg

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  1. Ist das nun weniger Lippenbekenntnis? Hm. Ja, schon, würde ich sagen. Mal sehen, was draus wird.

    Zum ADAC: Wieviel „infrastrukturelles Kapital“ in Form von ehemals vorhandenen Flächen für alle Menschen dem Herumstehen von Autos geopfert wurde, will ich lieber gar nicht wissen.

  2. Darf man auch ohne E-Antrieb auf diese Strecke fahren? Oder hält man dann den Verkehrsfluß auf?
    Das ganze als Pedelec-Stecke zu verkaufen finde ich irgendwie affig.

  3. Affig ja, aber ohne das ein Motor irgendwie mit im Spiel ist, tun sich gewisse „Kreise“ schwer damit irgendetwas ernst zu nehmen. Außerdem hat die Merkelin ja gesagt sie will eine Million E-Kisten auf den Straßen haben und damit sind die Fördergelder natürlich an Motoren gebunden (und vier Räder).

    Aber die Strecke … ist das diese hier, die da zu Anfang beschrieben wird?
    http://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Potsdam-Magdeburger_Eisenbahn#Der_geplante_Wiederaufbau_der_Stammbahn
    Wenn ja, dann orakel ich mal, da wird niemals noch irgendwas wieder aufgebaut. Was den „Husten“ des ADAC noch interessanter erscheinen läßt.

  4. @Michael S:

    Das mit dem ADAC ist mir auch gleich so in den Kopf gekommen, aber wir denken da falsch, Parkplatz und Straße ist die einzig bestimmungsgemäße Flächennutzung für einen ADAC.

    Brave new world.

  5. Dürfen denn da dann auch S-Pedelecs drauf fahren? Dann hätte man zumindest einen guten Windschattengeber für’s Rennrad…

  6. pedelecs haben sicher ihre berechtigung, aber das getrommel was darum gemacht wird find ich schon seit eine ganze weile arg übertrieben. wird sich mit der zeit sicher auf ein normales niveau einpendeln

  7. @Philip

    Ist halt ne Menge Geld im Markt, also nicht nur Einzelpreis-mäßig sondern auch von der Größe des Marktes her.Da ist klar, dass sich die Branche drauf stürzt. Ich liebäugle immernoch mit einem E-matic hinterrad fürs Hollandrad 😉

  8. Wenn der Pedelec-Wahn dazu führt, dass echte grüne Wege geschaffen werden, rufe ich: Dafür! 🙂

    Sicher ist die ganze Begründungslinie relativ seltsam, wenn sie beim Elektroauto startet und beim Elektrofahrrad endet. Die meisten Leute fahren hier ein normales Rad und das wird wohl auch noch lange so bleiben. Für die müsste man mehr in solcher Richtung tun. Grüne, kreuzungsfreie Wege sind das Optimum.

  9. Ein Kollege hatte heute beim Essen den Gedanken, wenn wir so richtig kalten langen Dauerfrost hätten, dann wäre der Landwehrkanal ne richtig geile ampelfreie Strecke quer durch die Stadt 😀
    Da würd ich sogar mal Spikemäntel raufziehen und könnte fast Luftlinie von zu Hause zur Arbeit fahren 😀

  10. apropos: Wo war denn das mit ner Schwebetrasse über nem Kanal?

  11. wtf, der ADAC setzt sich für den Erhalt einer Bahnstrecke ein. Das ich das nochmal erleben darf. Wie wohl deren Aussage wäre, wenn die Trasse einer geplanten Straße im Weg wäre…?
    (Und ich bin hin- und hergerissen. Als Eisenbahner kann ich das immer nicht mit ansehen, wenn wieder mal was abgerissen wird (fast die Hälfte des deutschen Netzes innerhalb der letzten 80 Jahre!), andererseits sorgen die Trassierungsparameter der Eisenbahn für äußerst komfortable Fahrradstrecken…)

  12. In Bayern bekommen Radfahrer und Fussgänger ab 20 Uhr an Tankstellen nichts mehr. Man überlegt aber ob E-Bike Fahrer etwas kaufen dürfen.

    In Berlin baut man E-Bike Trassen.

    Voll nach dem Motto:
    Nur wer motorisiert ist – der darf

    Die Vorstellung, dass man auch mit einem ganz normalen Fahrrad nicht nur Brötchen holen kann sondern auch weitere Strecken und sogar verreisen kann, geht wohl mehr und mehr verloren.

  13. Wenn ich drüber nachdenke, dass man hier im Osten früher demonstriert hat für die Wende und nun in Bayern ab 20 Uhr nur einkaufen darf, wenn man nicht zu Fuß oder mit dem Rad kommt, ist das echt ein komisches Bild.

  14. Dass auf der Stammbahn jemals noch mal ein Zug fahren wird ist extremst unwahrscheinlich. Die Strecke wurde halt aus strategischen Gründen noch offen gehalten, bzw. nicht entwimet. Allerdings ist das eine eingleisige, nicht elektrifizierte und weitgehend verrottete Strecke. Es müsste quasi alles neu gemacht werden. Und dann hätte man auch nur eine eingleisige Strecke, d. h. entsprechend niedrige Kapazität. Streckenneubauten für eingleisige Strecken werden aber bei der „großen“ Bahn quasi nicht mehr vorgenommen. Und die S-Bahn wird die Strecke auch nicht brauchen können.

  15. @ siggi

    das man mit nem „normalen“ rad vermutlich auch noch schneller unterwegs ist als die 25km/h krücken mit lithiumzusatzgewicht verleiht dem ganzen dann noch ein extre quentchen ironie.

  16. Die Strecke sollte in der anderen Richtung bis nach Potsdam gefürhrt werden. Das Pedelec ist insofern sinnvoll, als auch weniger trainierte Menschen längere Strecken mit den Rad zurücklegen können und auch der oft genannte Hinderungsgrund für Fahrten zur Arbeit (zu verschwitzt) sein Gewicht verliert.

  17. Velo07 schreibt:
    Dienstag, 02.04.2013 um 13:20

    Das Pedelec ist insofern sinnvoll, als auch weniger trainierte Menschen längere Strecken mit den Rad zurücklegen

    Das bezweifele ich.

    Meiner Meinung nach ist ein Pedelec dazu geeignet, dass wenig trainierte Menschen auch wenig trainiert bleiben und nicht auf die Idee kommen wirklich längere Strecken zu fahren.

  18. Ich fahre seit 30 Jahren mit dem Rad zur Arbeit. Seit einigen Jahren eine längere Strecke, die ich mit dem Rad nicht jeden Tag schaffen würde. Mit dem Pedelec gehts. Leider gibts von Leuten, die noch nie so ein Ding gefahren sind, jede Menge Vorurteile. Mein Fahrrad habe ich immer noch und fahre auch gerne damit.

  19. Es lebe die reine Lehre.

  20. @Velo07: Sogar meine Mutter fährt mit ihrem Aldi-E-Rad zum Nachbarort einkaufen. Davor liegen fast 5 radfreie Jahrzehnte. Das Auto läßt sie dafür dann stehen.

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