Der Berliner Senat gibt in diesem Jahr etwa 1,60 € pro Einwohner für den Radverkehr aus. Die Gesamtsumme in Höhe von 5,5 Millionen Euro fließt in das Abmarkieren von Radstreifen (3,5 Millionen) und in die Sanierung von Radwegen (2 Millionen).
Nach dem Vorstellungen des Senators für Stadtentwicklung sollen die Investitionen in den Radverkehr bis zum Jahr 2017 auf 17 Millionen steigern: 5 Millionen für neue Fahrstreifen, 5 Millionen für Sanierungen, 3 Millionen für Abstellplätze an Bahnhöfen und Fahrradstationen sowie 4 Millionen für Modellprojekte. Pro Berliner und Jahr würden dann 5 Euro für den Fahrradverkehr ausgegeben.
So sieht es der Entwurf der neuen Radverkehrsstrategie vor, doch der Stadtentwicklungssenator hat die Rechnung ohne Nußbaum und Henkel gemacht. Der Finanzsenator Ulrich Nußbaum will grundsätzlich nicht, dass die Ausgaben für den Radverkehr steigen. Auch Innensenator Henkel befürchtet höhere Personalkosten, da die Ordnungsämter Radfahrstreifen und Radwege in ihre Kontrollen einbeziehen sollen. Die Senatsverwaltungen für Finanzen und Inneres verweigern die Mitzeichnung der Beschlussvorlage. Deshalb kann die Radverkehrsstrategie nicht verabschiedet werden.
Berliner Zeitung: Senatoren blockieren neues Konzept für den Radverkehr
Oh Mann.
Wieviel wird im Vergleich dazu jährlich für motorisierten Straßenverkehr ausgegeben?
immerhin gibts wohl keinen budgetpunkt „lollies“
Ich verstehe nicht warum das Ordnungsamt ein Kostenpunkt ist.
Normalerweise sollten die Gebühren doch so hoch sein, dass sie den Aufwand (Verwarnung schreiben) und die Bereitschaft abdecken.
Ein fleissigeres und besser motiviertes Ordnungsamt würde sich sicherlich besser Tragen, was die Kosten angeht. Die Gurkentruppe hier in Berlin, die nicht mal Autos aufschreibt wenn man sie direkt drauf hinweist, mit Behinderung und allem pi pa po…nunja. Wir bekommen offenbar nicht nur die Politiker die wir verdienen, sondern auch die Ordnungshüter…
Das ist doch kein Problem des Nicht-Könnens, sondern eines des Nicht-Wollens. Natürlich rechnet sich eine Erhöhung des Radverkehrsanteils für die Stadt. Allein ein Besuch im Freibad wie heute läßt einen erahnen, was da an Kosten zukünftig zu sparen ist (dicke Eltern, dicke Kinder). Natürlich rechnet sich die Überwachung eingerichteter Radstreifen, Parkplätze, Kreuzungsbereiche etc. Aber das ist politisch nicht gewollt.
Es ist doch auch nicht erst seit BER klar, dass uns zukünftig gar kein Geld für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stehen wird. Wir müssen schon mit dem auskommen, was jahrzehntelang mit Schwerpunkt Auto gebaut wurde. Stört mich auch nicht soooo wesentlich. Ich kann auch auf dem rechten Streifen einer zweispurigen Fahrbahn bequem noch den 5fachen Radverkehr abwickeln. Nur die Planer müssen erstmal weg, die statt dessen dort ein Radfahrer Verboten aufstellen. Das ist eine Frage der Zeit.
Dann sollen sie das Ordnungsamt eben dicht machen oder einer Diät unterziehen. Die Polizei darf mittlerweile Radarkontrollen von Dienstleistern ausführen lassen, dann kann das Ordnungsamt doch auch Geringverdiener oder Leiharbeiter auf die Jagd schicken. Gibt sicher auch viele übereifrige Senioren, die das ganze sogar ehrenamtlich machen würden.
Michael S. hat das schon richtig erkannt, es ist eine Frage des Willens.
Das Aufschreiben von verkehrswridig und auch verkehrsgefährdend abgestellten Fahrzeugen oder das das Anhalten von Radfahrern, die verbotenerweise auf Bürgersteigen fahren, ist nicht nur ein Problem des Nicht-Könnens oder des Nicht-Wollens, sondern auch des Nicht-Dürfens.
Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die zur Verkehrsraumüberwachung eingesetzt werden, sind nur dafür geschult. Sie dürfen gar nichts anderes machen. Falschradler und Falschparker dürfen nur von gesondert geschulten Ordnungsmitarbeitern „gestellt“ werden. Diese Schulungen kosten Geld, und diese Mitarbeiter bekommen auch mehr Geld. Da aber die moderne Verwaltung (und die Finanzverwaltung insbesondere) einen festangestellten Mitarbeiter als Teufelszeug betrachtet, und einen Mitarbeiter, der etwas mehr Geld erhält als andere, als Zeichen des nahenden Armageddons, gibt es diese Mitarbeiter eben nur in geringer Stückzahl.
Das bestimmte Mitarbeiter einer Verwaltung ihr Geld doppelt und dreifach einspielen, weiß man von Finanzbeamten (trotzdem werden diese nicht aufgestockt) und auch von den Damen, die in den 90er Jahren als Politessen bekannt waren. Diese hat man auch aus „Kostengründen“ abgeschafft, weil das Land Berlin angeblich zu viele Angestellte hatte und, wie gesagt, fest Angestellte Mitarbeiter sind …
Und wozu sind die „Ordnungsmitarbeiter“ sonst da? Gegen Köterhalter, die ihre Kackmaschinen auf Gehwege entleeren, gehen sie ja auch nicht vor, was also tun die?
Ist doch prima, wenn Politiker sich weigern, mehr Geld für Kontrollen von Radfahrern auszugeben. Die Peanuts, die man für Radverkehr noch zusätzlich bereitstellen will, sollten wenigstens in eine verbesserte Infrastruktur gehen. Und manches würde eher ein paar gedankliche Anstrengungen als Geld kosten. Zum Beispiel, wenn man Anforderungsampeln zeitnah reagieren ließe. Dann sinkt der Rotfahranteil dort gleich drastisch ab.
Naja, eine vernünftige Radverkehrspolitik ist ohnehin fast kostenlos zu haben. Berlin hat ein riesiges Netz bestens ausgebauter, meist asphaltierter Straßen. Die Wege sind vorhanden und es wäre ein leichtes, sie auch für den ungeübten Radfahrer attraktiv zu machen.
Eine gute Radverkehrsstrategie beinhaltet in meinen Augen folgende Maßnahmen:
– Heraushalten des motorisierten Verkehrs aus Nebenstraßen, z.B. durch Barrieren, die ein Durchfahren verhindern. So können Anlieger noch zu den Parkplätzen fahren, nutzen die Straßen aber nicht als Fahrstrecken.
– Weiteres Ausschildern geeigneter Routen, wobei hier zu deren Pflege (Winterdienst, Baumschnitt, Beleuchtung) tatsächlich Ausgaben nötig wären. Routen sollten auch angepasst werden, bei Baustellen wäre eine Umleitungsausschilderung sinnvoll.
– Flächendeckende Anpassung der „Radwege“ an die Rechtslage und – wo nicht möglich – Entwidmung.
– Nötig wäre auch mal eine sachgerechte öffentliche Diskussion über die Sicherheit von Radfahrstreifen. Für meine Wege habe ich mir mehr oder weniger ruhige Straßen ausgesucht, finde mich aber selbst dort zunehmend als Geradeausfahrer rechts von den Rechtsabbiegern wieder, dank der Radfahrstreifen. Dort wurden Probleme beseitigt, die selbst ich als doch eher weicheimäßiger Fahrer nicht hatte.
– Und natürlich: Verkehr geht vor Parken. Wo Parkplätze dazu führen, dass Radfahrer regelmäßig bedrängt werden, sollen die Parkplätze wegfallen.
Senator Nussbaum ist bei neuen Ausgaben generell ein Nein-Sager, und das ist zunächst einmal auch richtig. Unglaubwürdig ist es aber, auf der einen Seite den ÖPNV und Radverkehr finanziell klein zu halten und gleichzeitig den Kraftverkehr auf einem extremen Subventionsniveau zu halten.
Und dass Kontrollen mehr kosten als sie einbringen, das wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Im Gegenteil denke ich, dass hier riesige Potenziale verschenkt werden, um eine Gruppe von Verkehrsteilnehmern, die man als Hauptwählergruppe sieht, nicht zu sehr zu ärgern.
@Prokrastes:
Für Fragen und Anregungen nehmen Sie am besten Kontakt mit dem für das Ordnungsamt zuständigen Bezirksstadtrates ihres Heimatbezirkes.
Führen Sie dafür eine genaue Recherche durch, weil das Ordnungsamt in fast jedem Bezirk einer anderen Abteilung zugeordnet ist.
Ehrlich gesagt, ich frage mich auch, wofür Ordnungsamtsmitarbeiter zuständig sind, außer für die Überwachung der Parkzonen, über die schnell und einfach Geld für die Bezirke reingeholt werden kann. Denn andere Mitarbeiter des Ordnungsamtes sehe ich eigentlich nie tagsüber.
Das wäre auch eine Überraschung gewesen, wenn die CDU hier zugestimmt hätte. Zumal sie laut ihres Wahlprogrammes im letzten Jahr die Radfahrer in die Nebenstraßen drängen wollten.
O ja.
Ich bin sehr dafür, z.B. die sogenannte „Fahrradstraße“ Prinzregentenstraße undurchlässig zu machen. Die Unmengen an Anliegern, die da jeden Tag meinen, durchfahren zu müssen, sind ganz sicher keine.
Von Süden nach Norden:
– Durchfahrung durch den Volkspark für Autoverkehr komplett dichtmachen
– Zwischen Waghäuseler und Badenscher Straße, unmittelbar südlich der Ausfahrt aus dem Vattenfallgebäude dichtmachen
– zwischen Berliner und Güntzelstraße, unmittelbar südlich der Tharandter Straße dichtmachen.
Da werden die Anwohner zwar heulen, aber sollnse halt heulen.
Sollen die Anwohner halt aufs Rad umsteigen. 🙂
Ja, naja, wenn sie lieber Autofahren, sollnse doch. Aber Kompromisse müssen eben auch mal zu Lasten des Autoverkehrs gehen, sonst sind es keine Kompromisse.
Im Prinzip freue ich mich über „keine Radverkehrsstrategie“. Meines Erachtens würden Radfahrer noch am meisten von durchgängiger Vmax 30 und daraus resultierenden Neuprogrammierungen von Ampelphasen bzw. „grünen Wellen“ profitieren, die heute zwar dem motorisierten Verkehr vielerorts etwas bringen, den Radfahrern dummerweise meist genau das Gegenteil.
Bzgl. Undurchlässigmachung von Nebenstraßen möchte ich allerdings anmerken, dass mit dererlei Maßnahmen Rettungsfahrzeuge deutlich ausgebremst werden. Technisch „gute“ Maßnahmen, die das Problem vermeiden, wie z. B. fernsteuerbar versenkbare Poller, mögen in Einzelfällen zwar finanzierbar sein. Als Konzept für die Fläche dürfte sowas aus Kostengründen allerdings ausfallen. Und einen Notarzt im 300-Meter-Abstand aussteigen und schlüsseln zu lassen ist auch kein guter Plan, wenn da irgendwo ganz tief im Nebenstraßengewirr gerade jemand einen Herzinfarkt erlitten hat.
Geht mich ja nichts an, aber: „Der Berliner Senat“ … „in diesem Jahr“ … „fließt in das Abmarkieren von Radstreifen (3,5 Millionen) …
Nächster Absatz: „bis zum Jahr 2017“ … „5 Millionen für neue Fahrstreifen“
Na hoffentlich nicht dieselben.
@ dan: das funktioniert doch in Belgien oder den Niederlanden auch. Sterben da die Herzinfarktpatienten beim Anmarsch des Notarztes? Nö. Es geht doch um das Ausbremsen des durchfahrenden KFZ-Verkehrs. Ich kann mich irren, aber Rettungswagen fahren nach meiner Wahrnehmung auf den Hauptstraßen mit Tempo und biegen dann vor ihrem Ziel in die entsprechende Nebenstraße ein. Vielleicht gibts hier ja nen Fahrer, der was dazu sagen kann.
Man muss natürlich immer versuchen, alle Folgen von Veränderungen mit zu bedenken, die erwünschten, die die Veränderung ja in Gang bringen sollen genauso wie die unerwünschten. Aber man muss auch aufpassen, dass die unerwünschten Folgen nicht so in den Vordergrund rücken, dass Veränderungen unmöglich werden. Für die meisten Probleme, die sich neu auftun, wird es eine Lösung geben – wenn man den will.
Ich denke, das mit den Rettungswagen müsste man wirklich vom Einzelfall abhängig machen. Barrieren sind m.E. auch nur im Einzelfall nötig – als krasses Beispiel sehe ich da z.B. die Linienstraße, die ohne Barrieren nicht mal ansatzweise zweckbestimmt genutzt wird.
Ein anderes, in meinen Augen gutes Mittel sind diese Geschwindigkeitsbarrieren. Da denke ich an die Bouchestraße, wo ich einige Monate langfuhr und nicht ein einziges Mal von einem Kfz überholt wurde. Das war angehnehm. Solche Barrieren gibt es dort in der Gegend übrigens sogar direkt für Radfahrer.
Schilder werden unterschiedlich gut beachtet. Durchfahrverbote werden weitgehend eingehalten, Anlieger frei-Schilder werden weitgehend ignoriert.
Was hier (Frankfurt/Main) in Wohngebieten auch gut funktioniert: abwechselnde Einbahnstraßenabschnitte. Das heißt, die Durchgangsstraße ist einem Abschnitt Einbahnstraße in Ost-West-Richtung, ab der Kreuzung in die andere Richtung. Für Fahrradfahrer komplett freigegeben, Rettungsdienste haben auch kein Problem. Etwas günstiger als Poller dürfte die Beschilderung auch sein, zudem vermeidet man die Unfallgefahren, die mit den hier immer dunkelgrauen, nicht reflektierenden Pollern verbunden ist.
Dass hier überhaupt eine Einbahnstraße eingerichtet wurde, hängt natürlich damit zusammen, dass auf beiden Seiten geparkt werden soll…
Naja, ein Rettungswagen kommt in engen Straßen ja auch nicht flüssig durch, wenn dort Verkehr ist. Da müssen die Autofahrer auch erst mal in Parklücken und Einfahrten reinkurbeln, bevor der Weg frei ist…
Logisch wäre es m.E. die Haushaltsmittel bedarfsgerecht zu verteilen, d.h. bei ca. 15 % Radverkehr auf allen Wegen auch den gleichen Prozentsatz in die Fahrradinfrastruktur zu stecken. Aber „logisch“ ist vielleicht nicht unbedingt ein Leitkriterium in der Politik.
Die beste „Radverkehrsinfrastruktur“ ist keine, bzw. nur eine Einschränkung der Auto-Infrastruktur.
„Radwege“ sind erwiesenermaßen nicht erforderlich, „Radverkehrsanlagen“ ebenfalls nicht — allenfalls mit Ausnahme auf sehr großen Hauptverkehrsstraßen.
In Nebenstraßen mit Tempo 30 kann man einfach so mit dem Fahrrad fahren, da ist als einziger Eingriff nur eine Verdrängung des motorisierten Durchgangsverkehres erforderlich, wie von mir schon andernorts für die sogenannte „Fahrradstraßen“ gefordert.
Wofür tatsächlich Geld ausgegeben werden sollte, sind attraktivere Abstellmöglichkeiten, was auch in Form von für Geschäftsbetreibende obligatorische vor ihren Geschäften zu errichtende „Kreuzberger Bügel“ durchzusetzen sein sollte.
Wer hingegen für Radwege“, gar in Form von Hochbordradwegen Geld ausgeben will, der will vorsätzlich Radfahrer töten.
Wobei es eine Art von Radverkehrsinfrastruktur gibt, die Geld kostet und Vorteile bringt. Das sind wirklich eigene Wege für Radfahrer, wie man sie meist nur im ländlichen Gebiet findet. In Berlin gibt es einige wenige Beispiele, z.B. der Weg an der A100 Richtung Schönefeld oder der Kronprinzessinnenweg im Grunewald.
Flächendeckend kann man solche Wege nicht anlegen, hier und da fände sich allerdings die Möglichkeit dafür. Selbst, wenn man irgendwo mal nur für einen Kilometer auf einen Weg ohne Autos abtauchen kann, wäre oft schon viel an Attraktivität gewonnen.
@berlinradler:
Da kommt man ja wieder in den Bereich von „Fahrrad-Schnellwegen“ etc. Berlin verschläft da aber regelmäßig Chancen, wenn Gebiete eh baulich umgestaltet werden. Siehe das leidige Thema Gleisdreieck-Park, Brücke, Verbindung von Mitte/Potsdamer Platz runter nach Süden. Radfahrer landen nach wie vor mit zynischer Regelmäßigkeit von der Flottwellstr. letztlich auf dem Gehweg der Bülowstr. in Höhe Nr. 66. Bekannt ist das auch, sonst würde die Bullerei nicht immer wieder dort mal Abfangkommandos installieren. Es hat sich also selbst in Verwaltungskreisen schon die Erkenntnis breit gemacht, dass es z. B. auf dieser Strecke eine Nachfrage gibt.
Gerade auf dieser Verkehrsachse tut’s richtig weh, den Zustand anzusehen. Denn man hätte hier eine ernste Chance, mit verhältnismäßig wenig Aufwand eine irrsinnig lange überbezirkliche Radverkehrsverbindung zu schaffen, wenn man quasi parallel zur der Anhalter Bahn die Lücken zwischen den oft schon vorhandenen Einzelwegen stopfen würde.
„Verkehrsplaner“ bleibt halt ein Schimpfwort.