Heute stellte die kommissarische Polizeichefin Margarete Koppers den Jahresbericht zur Verkehrssicherheit im Land Berlin vor. In ihrem Resümee sagte Frau Koppers zwei bemerkenswerte Sätze: „Letztlich muss ein Umdenken der Verkehrsteilnehmer stattfinden, um Berlins Straßen noch sicherer zu machen. Nicht das Auto steht im Vordergrund unseres mobilen Denkens, sondern immer der Mensch!“ So eine Aussage eines Berliner Polizeipräsidenten wäre vor zehn Jahren noch völlig unmöglich gewesen.
Die teilweise persönlich gehaltenen Passagen zum Thema Radverkehr zitieren wir vollständig:
„Ich selbst fahre im Sommer viel mit dem Fahrrad und beobachte den Straßenverkehr in meinem neuen Amt natürlich kritischer und mit anderen Augen als früher. An den zahlreichen roten Ampeln auf meinem Weg zum Platz der Luftbrücke bin ich meist die einzige, die anhält. Die mich überholenden und offenbar ohne jeden Skrupel weiterfahrenden Radfahrer machen eher den Eindruck, dass sie mein Verhalten „schräg“ finden; gelegentlich muss ich mich beschimpfen lassen, wenn ich bei „Gelb“ bremse und die hinter mir fahrenden Radfahrer dadurch anhalten oder ausweichen müssen. Rote Ampeln zu überfahren, ausgewiesene Radwege zu ignorieren, obwohl sie Schutz bieten, und nur für Fußgänger vorgesehene Gehwege zu nutzen, scheint selbstverständlich. Auch hier entsteht also der Eindruck, Verkehrsregeln seien nur unverbindliche Verhaltensempfehlungen, denen man nach Lust und Laune folgen kann oder eben nicht. Ist es wirklich spießig oder uncool, Regeln einzuhalten?
Zudem ist es doch ein Trugschluss, selbst genau einschätzen zu können, wie gefährlich die Situation tatsächlich ist. Denn auf die Rücksicht der anderen Verkehrsteilnehmer können wir nicht zwingend setzen. Als Radfahrerin kenne ich natürlich auch die Opferperspektive, habe unfreiwillig einen Salto über eine geöffnete Autotür hinter mir, bin von einem rechts abbiegenden Auto erfasst oder von einem BVG-Bus so an die hohe Bordsteinkante gedrängt worden, dass ich quer über den Bürgersteig geflogen bin.
Gerade weil Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Radfahrern am stärksten gestiegen sind, liegt es mir am Herzen, durch intensive präventive und auch repressive Maßnahmen die Anzahl verunglückter Radfahrer zu senken. Hier ist Kontinuität und Kreativität gefragt, um für Verständnis und Akzeptanz zu werben.
Ich wünsche mir, dass mehr Radler gemeinsam mit mir gelassen an der Ampel auf Grün warten. „Ohne Gefahr sicher ankommen“ heißt hier die Devise.
Wir werden den Fahrradverkehr auch in 2012 konsequent und kontinuierlich überwachen. Selbstverständlich stehen dabei nicht nur die Radfahrer selbst im Fokus, sondern auch die Kraftfahrer mit ihrem fehlerhaften Verhalten gegenüber dieser Risikogruppe.
Parallel werden wir auch in diesem Jahr gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern, den externen Trägern der Verkehrssicherheitsarbeit, wie dem ADFC, dem ADAC oder der BVG gezielte Schwerpunktaktionen durchführen. Insbesondere die 2011 erstmalig sehr erfolgreich durchgeführten gemeinsamen Aktionstage „ADFC-Herbstcheck“ zum Thema „Sicheres Fahrrad“ wollen wir in diesem Jahr fortsetzen und um den „Frühlingscheck“ ergänzen, damit gezielt auf das fehlerhafte Verhalten von und gegenüber Radfahrern hingewiesen werden kann.“
aus: Jahrespressekonferenz zur Verkehrssicherheitslage und Verkehrssicherheitsarbeit 2011 im Land Berlin und zur strategischen Ausrichtung 2012 – Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 0452 vom 10.02.2012 – 12:20 Uhr
Großartig!
Dem ist nicht viel hinzuzufügen.
Als Alltagsradler regen mich diese Rotfahrer und unbeleuchteten Geisterfahrer auch regelmäßig auf.
„ausgewiesene Radwege zu ignorieren, obwohl sie Schutz bieten, “
<>
„Als Radfahrerin kenne ich natürlich auch die Opferperspektive, habe unfreiwillig einen Salto über eine geöffnete Autotür hinter mir, bin von einem rechts abbiegenden Auto erfasst…“
Wie mir scheint, hat sie verschiedene Zusammenhänge noch immer nicht vollends begriffen.
Das übrige unterschreibe ich.
@Jochen: Ja, der Satz ist mir auch aufgefallen.
Wer längere Zeit regelmäßig Fahrrad fährt, der stellt ja genau das Gegenteil fest. Insofern will der Satz nicht zu dem restlichem gesagten passen.
Naja, wir werden sehen. Ich hätte mir ein wenig mehr konkrete Aussagen gewünscht. Z.B. wie sie die Anzahl getöteter Radfahrer reduzieren will.
Ja, im Tenor sicher ok, auch wenn ich bei der Radwege-sind-sicherer-Aussage schon schlucken musste. Richtig positiv tatsächlich das Bekenntnis zum Menschen als Richtschnur für die Mobilität.
Was ich vermisse ist der Punkt KFZ unter den Beteiligungsarten. Fußgänger-Radfahrer-Motorisierte Zweiradfahrer…-Nix mehr. Da bleibt allein durch die Aufstellung der Beigeschmack des Vorwurfs, diese Gruppen sind besonders von Unfällen betroffen, diese Gruppen müssen doch mal besser aufpassen.
Mich würde viel mehr interessieren ob so eine Polizistin denn Anzeige erstattet wenn sie vom Bus abgedrängt wird, oder ob die eh weiss, das die Staatsanwaltschaft alles fallen lässt solang der Radfahrer nicht tot ist…
Tja, hat er schon das schlimmste Erlebt, zieht aber nicht die richtigen Schlüsse. Wie er schon selbst sagt: „Zudem ist es doch ein Trugschluss, selbst genau einschätzen zu können, wie gefährlich die Situation tatsächlich ist.“ Das betrifft insbesondere Radwege die eine falsche Sicherheit suggerieren als auch auf der Straße zu weit rechts fahren, um den Autos den Platz zu lassen. Die ganze Ampeldiskussion hat imo mit dem Sicherheitsgedanken nicht allzu viel zu tun, bei den Fußgängern beschwert sich doch auch keiner.
@ Till: Wir haben in Berlin zur Zeit eine Chefin bei der Polizei…. (allerdings nur, weils um die Besetzung des Chef-Postens mit dem richtigen Parteib… äh Mann Streit gibt). Darf von mir aus noch ein paar Jahre weitermachen.
Hab den Text jetzt mal überflogen und grosse Teile gelesen und finde ihn insgesamt gesehen nicht besonders positiv.
Der Unfallverursacher Autofahrer wird nicht explizit angesprochen, nur in einigen Halbsätzen mal nebenbei erwähnt, ansonsten werden nur die „Unfallbeteiligten“ Fussgänger, Radfahrer, und Motorradfahrer direkt adressiert. Alle drei Gruppen sind aber bei Unfällen mit Kfz überwiegend nicht die Verursacher.
Dann diese von den anderen Kommentatoren schon angesprochenen Passagen über Rotfahrer auf dem Rad und Radwege. Abgesehen davon, dass die Gefahren von Radwegen doch bekannt sein müssten, wird mir da viel zu sehr Radfahrerbashing betrieben und Schuldzuweiser an die Radfahrer.
Gerade der Berliner Polizei sind die Gefahren von Radwegen doch schon lange bekannt, dachte ich. Ist da in den letzten 20 Jahren keinerlei neue Erkenntnis dazu gewonnen worden? Ich lese auch nichts über Engüberholer, nichts über tote Winkel usw…
=> Radfahrerbashing mal wieder, wenn auch nicht unbedingt beabsichtigt.
@ Kai: Radfahrerbashing würde ich das jetzt nicht unbedingt nennen, eher die „ganz normale“ Meinung zu den Gefahren im Verkehr und wie man ihnen (vermeintlich) am besten begegnet. Als Radfahrerbashing würde ich etwas bezeichnen, was einseitig negatives bei den Radfahrern sieht. Einseitig ist das sicher nicht, aber eben auch nicht ausgewogen.
Ich nehme Frau Koppers auch durchaus ab, dass sie mit dem Rad fährt und die Perspektive kennt, aber soweit, dass sie die Bedingungen in Frage stellt, die zu vielen Unfällen führen scheint sie noch nicht zu sein.
Radfahrerbashing wirst Du spätestens nächstes Jahr wieder erleben, wenn der nächste Polizeipräsident im Amt bestätigt ist und den Bericht für 2012 vorstellt.
@Michael S: Ich habe ja geschreiben, dass es *unbeabsichtigtes* Bashing ist.
Aber wo siehst du denn, dass der Text *nicht* einseitig ist? Sie spricht doch nur Radfahrer, Fussgänger und Motorradfahrer an und die wesentliche Aussage heisst „Leute, passt mal besser auf“. Das ist ist für mich einseitig. Dann wird weiter unten zwar von Unfallursachen gesprochen, aber DER Unfallverursacher Autofahrer wird in diesem Abschnitt mit keinem Wort erwähnt. Ich gebe dir insofern Recht, dass dies in PMs der Polizei fast immer so geschrieben wird. Aber neutral ist das trotzdem nicht. als Feigenblatt werden Autofahrer so nebenbei noch mal erwähnt. Völlig verkehrte Welt.
@ Kai: Wie ich selbst schon schrieb:
Als einseitig betrachte ich etwas, was die andere Seite ausser Betracht läßt. Das hat Frau Koppers nicht getan. Das macht ihre Darstellung aber noch nicht ausgewogen, denn dazu gehört eben das Abwägen. Hat sie hier nicht getan. Zu Radfahrerbashing gehört aber eben mehr als „unausgewogen“.
[…] Margarete Koppers hat sich zur Situation des Verkehrs im vergangenen Jahr geäußert — leider widersprüchlich. Der wichtigste Satz steht erst im Resumee: Letztlich muss ein Umdenken der Verkehrsteilnehmer […]
In de.rec.fahrrad gibt es die sogenannten „Auch-Radfahrer“: „Ich fahre auch Rad, aber diese Radfahrer …“
Zunächst wird impliziert, dass Radfahrer sich primär selber gefährden. Anhand eigener Beispiele wird das teilweise bestätigt (nichteingehaltener Sicherheitsabstand zu parkenden Autos), teilweise krass widerlegt.
Und natürlich können wir der Polizei vertrauen, dass sie „auch“ das Fehlverhalten der Autofahrer im Fokus hat. Natürlich immer nur an zweiter Stelle genannt und entsprechend „kontrolliert“. Die Zahlen – 1000 Radfahrer und 50 Autofahrer beim Fehlverhalten erwischt – kennen wir aus diesen objektiven Kontrollen.
Ganz ehrlich – ich glaube nicht, dass Frau Küppers überhaupt weiss, welche Radwege man benutzen muss. Der faktische Unterschied zwischen „ausgewiesenen“ und anderen Radwegen ist meistens, dass bei den noch blau beschilderten noch kein Bürger Lust hatte, ein Gericht zu bemühen. Sicherheitsunterschiede zwischen sonstigen und benutzungspflichtigen Radwegen kann ich nicht erkennen.
Positiv an dieser Rede bzw. Pressemitteilung empfand ich, dass sie vom Tenor her recht „sanftmütig“ und auf ein gutes (Verkehrs-)Klima hin ausgelegt ist. Keine Schimpftiraden, kein wahlloses Öffnen einer bestimmten Schublade und Zielgruppen-Bashing, sondern eher Ermunterung zu Besonnenheit.
Dass Radfahrern überproportional viel (kritischer) Text gewidmet wird hinterläßt dabei einen etwas faden Beigeschmack. Ebenfalls vermisse ich, dass auf den stillen Unbeteiligten namens Straßenverkehrsbehörde überhaupt nicht eingegangen wird. Die Bedingungen, unter denen Straßenverkehr gelebt wird, werden maßgeblich von einigen Amtsstuben aus gestaltet. Dass diese zum Teil mit ihren Planungen und umgesetzten Maßnahmen Risiken erst anlegen bzw. mancherorts sogar herausfordern, das geht vollends unter.
Nun ist die Polizei in einer ganzen Ablaufkette exekutiver Vorgänge quasi die „letzte Instanz“, die sich mit dem rumschlagen muss, was denn nun mal da ist. Insofern ist es schon verständlich, dass sie ihr Hauptaugenmerk auf die Verkehrsteilnehmer legt und nicht auf die planerische Seite. Aber wenn sie den Themenkomplex Sicherheit als ein Thema anspricht, was alle betrifft, dann wäre meines Erachtens ein deutlicher Hinweis auf mancherorts stattfindende „Fallenstellerei“, gerade gegenüber den im Redetext überdurchschnittlich bedachten Radfahrern, durchaus hilfreich.
Das betrifft – auch unabhängig von der speziellen Klientel der Radfahrer – eigentlich auch alle Verkehrsteilnehmer, wenn „Regelakzeptanz“ als abstraktes Gut thematisiert wird. Warum ist denn die Akzeptanz von Verkehrsregeln so gering, oder zumindest niedriger als wünschenswert? Weil vielerorts der Sinn von Verkehrsregeln einfach nicht (mehr) erkennbar ist. Weil eben an manchen Stellen leere Kreuzungen gefühlte Minuten lang mit Rotlicht ausgeleuchtet werden. Weil Radfahrer nicht auf als benutzungspflichtig ausgewiesene Radwege auffahren, die schlicht nicht befahrbar sind. Weil Fußgänger an manchen Kreuzungen nicht die Möglichkeit haben, in einer (ohnehin nur seltenen) Grünphase über die Straße zu kommen.
Regelakzeptanz bzw. Regelunterwürfigkeit ist kein abstraktes Gut, auch wenn der Staat das gern so hätte. Regelakzeptanz im alltäglichen Leben ist eine stete Abwägung. Regeln werden akzeptiert, wenn man
a) aus ihrer Befolgung für sich selbst einen Vorteil sieht – oder zumindest für andere und damit indirekt für sich selbst nach dem Prinzip des reziproken Altruismus,
b) durch die Befolgung von Regeln einem selbst keine übermäßigen Nachteile entstehen (wie z. B. die Verlängerung einer 3-Minuten-Radfahrstrecke auf 10 Minuten, weil dummerweise „rote Welle“ geschaltet und alle Kreuzungen chronisch leer),
c) Regeln in ihrer örtlichen und zeitlichen Vorgabe als sinnvoll angesehen werden (Leute, macht nachts mal diverse Ampeln aus!!)
Die Frage, ob irgendwo grüne Männchen zur Ampelbewachung abgestellt werden, ändert perspektivisch rein gar nichts an der Frage, wie regeltreu sich Verkehrsteilnehmer verhalten. Damit verlagern sich lediglich die Orte, an denen die Regelverstöße stattfinden.
@berlinradler:
Zu Sicherheitsunterschieden beschildert/unbeschildert:
Nach meinen Beobachtungen stehen Blauschilder bevorzugt da, wo Radwege wirklich nicht benutzbar sind. Wo also seitens der Behörden davon ausgegangen wird, dass Radfahrer sie dort im Falle einer freigestellten Benutzung unterdurchschnittlich oft benutzen würden.
Siehe Potsdamer Straße, Am Treptower Park Richtung Plänterwald/Adlershof raus, Mecklenburgische Straße, Saarstraße Friedenau, östlicher Anfang von Alt-Moabit nach Westen fahrend, Alt-Moabit westlich Gotzkowkybrücke, Bismarckstr. Charlottenburg, das Vollchaos am Theo-Heuss-Platz, Messedamm, die allseits bekannte Schönhauser Allee in Abschnitten, Teile der Landsberger Allee…
Das sind fast alles Radwege, die entweder viel zu schmal, in absurdem baulichem Zustand oder zu nah an elendigen Mengen geparkter Autos im Türbereich vorbeigeführt sind. Oder wo Autobahnauffahrten in der Nähe sind, wo sich Radfahrer besonders gut von Rechtsabbiegern umnieten lassen (Mecklenburgische!).
Dass der Punkt der Verkehrsplanung IMMER ausgelassen wird, verwundert mich auch. Ich kenne benutzungspflichtige Radwege, die von der Fahrbahn mit einer gestrichelten Linie abgegrenzt sind. Ich kenne getrennte Fuß- und Radwege, deren Trennung unsichtbar ist. Ich kenne Fußgängerzonen und Parks, die auf einer Seite für Radfahrer freigegeben wurden, auf der anderen nicht. Ich kenne Durchfahrt-Verboten-Schilder an vom Senat propagierten Radverkehrsrouten. Ich kenne eine immer rote Parkplatzampel direkt am Europaradweg R1 gepaart mit der Aufforderung, sich eine Durchfahrgenemigung erstellen zu lassen. Ich kenne einen Fahrradparkplatz am S-Bahnhof, der direkt auf dem Gehweg eingerichtet ist, zur Freude der dort immer wieder auftauchenden Ordnungsämtler. Ich kenne Radfernwege und Fahrradstraßen, die aus Nebenstraßen wegen Abbiege- oder Fahrverboten geradezu unerreichbar sind.
Gerade als Polizeipräsidentin, Polizist oder Ordnungsamtmitarbeiter müsste einem die grottenschlechte Schildersituation doch eigentlich auffallen. Noch schlimmer wird es, wenn man sich in die Verwaltungsvorschriften zur STVO einliest.
@dan, alles vielbefahrene Hauptstraßen (was ich beim Überfliegen Deiner Beispiele so gesehen habe, ich kenne nicht jede Straße). Ich denke, es liegt insbesondere daran. Dass das kein Grund ist, hat das Bundesverwaltungsgericht zwar klargestellt – Klagen kann der Bürger aber scheinbar Straße für Straße, bis sich etwas tut.
unter den Eichen ist noch so ein Kandidat … Der Radweg dort ist lächerlich schmal und stark verwurzelt.
tdamm richtung xberg ist ebenfalls eine große katastrophe.
beide wege fallen aber ebenfalls in das Raster der Hauptverkehrsstraßen. da sind die Dosen auch gerne mal mit 70 unterwegs (liegt am tdamm nicht auch das Polizeipräsidium ? könnte man ja mal das equipment checken … Frau Pozileipräsidentin)
@rbt:
T-Damm sowie Unter den Leichen sind aber in weiten Teilen nicht benutzungspflichtig. Beim T-Damm sind nur die kurzen Stummel jeweils vor den Autobahnauffahrten als benutzungspflichtig ausgewiesen. Bereits unmittelbar nach diesen Auffahrten handelt es sich wieder um fakultative Radwege. Die Fahrbahnnutzung ist also in dem kompletten Abschnitt zwischen Ringbahn und Mehringdamm legal möglich.
@berlinradler:
Bzgl. „viel befahren“: Wenn es wenigstens eine einheitliche Logik gäbe, ab welcher Verkehrsdichte Radwege als benutzungspflichtig ausgewiesen werden, dann könnte man diese Denke ja noch nachvollziehen (bzw. sich eben damit auseinandersetzen i. V. m. der vorhandenen Rechtsprechung). Wenn man mal von Bismarckstr./Kaiserdamm Charlottenburg absieht, wo es eine durchgängig als benutzungspflichtig ausgewiesene Blutspur gibt, sind die sonstigen genannten Beispiele aber sämtlichst willkürliches Flickwerk. Mal ein kurzer Abschnitt benutzungspflichtig, dann überwiegend wieder nicht. Und wenn man dann schaut, WELCHE Abschnitte als benutzungspflichtig ausgewiesen sind, dann handelt es sich KOMISCHERWEISE ausgerechnet um diejenigen Abschnitte, die für Radfahrer nun wirklich am unattraktivsten sind.
Nimm‘ doch mal das Beispiel Am Treptower Park/Köpenicker Lstr. Da gibt es beiderseits jenseits des Treptower Parkes Hochborde. In der einen Richtung in etwas besserem Zustand, in der anderen in schlechterem Zustand und sogar mit „Radwegschäden“ (oder war’s „Gehwegschäden“?) extra beschildert. Rate mal, welche von den beiden Richtungen blaue Lollis hat.
Oder Mecklenburgische Straße Wilmersdorf. Blauschilder um die Autobahnauffahrt herum. Also gerade an der Kreuzung, wo das höchste Risiko lauert, wenn man rechts von Rechtsabbiegern fährt. Etwas vergleichbares gibt es auch weiter unten an der Sonnenallee. Natürlich genau im Bereich der Autobahnauffahrt, und vielleicht gerade mal 100 Meter lang.
Alt-Moabit ist ähnlich bescheuert. Einmal ein kurzer benutzungspflichtiger Stummel beim Rechtsknick der Invalidenstraße auf Alt-Moa. Dann nochmal ein kurzer Abschnitt westlich der Gotzkowskybrücke auf dem letzten End, bevor es dann Kaiserin-Augusta-Allee heißt. Genau in diesen beiden Abschnitten sind die Radwege schlecht und es gibt überdurchschnittlich viele Fahrbahn-Rechtsabbieger an der nächsten Kreuzung. Die Blauschilder stehen also so, dass sie die realen Gefahren für Radfahrer maximieren. Die ganzen restlichen Abschnitte der ja fast durchgehend bds. vorhandenen Radverkehrsanlagen sind nicht als benutzungspflichtig ausgewiesen.
Andererseits gibt es WIRKLICH viel befahrene Straßen in Berlin, wo KEINE Blauschilder stehen und auch keine Radverkehrsanlagen vorhanden sind. Die Hälfte der Leipziger Straße etwa. Oder die Torstraße, wo z. B. ein abmarkierter Radstreifen tatsächlich sogar eine Beschleunigung des Radverkehrs bewirken könnte. (Jetzt komme man mir bitte nicht mit dem Hinweis auf die ja parallel nutzbare Linienstr., die ist real ja nur 2 Wochen pro Jahr benutzbar…) Auch die Müllerstr. Wedding ist so ’n Fall, wo Verkehrsaufkommen keineswegs gegen Präsenz der Radfahrer auf der Fahrbahn zu sprechen scheint. Warum also z. B. abschnittsweise auf der Mecklenburgischen? Oder um die Urania an der Kante Tiergarten/Schöneberg herum? Dort scheinen die (schlechten) Radwege übrigens primär dem Ziel zu dienen, den Radverkehr ggü. motorisierter Fahrt unattraktiv zu machen. Kürzere Grünphasen, zusätzliche Ampelphasen z. B. bei Fahrt aus Richtung Klingelhöfer kommend Ri. Martin-Luther. Wieso darf man da nicht schräg links im Fahrbahn-Fließverkehr, während genau das beim Rathaus Schöneberg doch auch geht?
Ich bleibe dabei: es ist Willkür und nichtmal ansatzweise eine Logik erkennbar. Und solange keine Logik erkennbar ist braucht sich auch niemand bei Polizei oder sonstigen Behörden wundern, wenn die „Regelakzeptanz“ niedrig ist. Im Gegenteil, sie wird noch dadurch sabotiert, dass vielerorts das Gefühl aufkommt, dass man mit der Verkehrsart „Radfahrer“ ja noch zielgerichtet schikaniert wird. Das führt dann dazu, dass man die Verkehrsplaner nicht nur als Bürokraten vom anderen Stern wahrnimmt, sondern sogar als „Feinde“. Mit dem Ergebnis, dass die Bereitschaft zur Akzeptanz der Regeln GENERELL sinkt. Wieso von Leuten überhaupt etwas vorschreiben lassen, die einem offenbar nur Schlechtes wollen? Die sollen mich am Ar*** lecken, und wenn sie zu viel Terror im Alltagsverkehr machen, gibt’s eben am 1. Mai ein paar Steine als Dankeschön zurück. So sinnbildlich das, was da halt im Kopf ausgelöst wird…
dan:
„Bzgl. “viel befahren”: Wenn es wenigstens eine einheitliche Logik gäbe, ab welcher Verkehrsdichte Radwege als benutzungspflichtig ausgewiesen werden, “
Gibt es. Wenn auch nicht direkt im Gesetz, oder seinen Anhängen stehend. OLG-Urteile haben sich mehr oder weniger auf die Zahl 20.000 Kraftfahrzeuge pro Tag einschossen, die es braucht, um eine Straße als so stark befahren = potentiell gefährlich genug einzustufen, um einen benutzungspflichtigen Radweg zu rechtfertigen.
Rate mal wie doll sich die Planungsfritzen an dieser Zahl orientieren. (Bei uns hier NULL, ich wette die haben davon auch noch nie gehört.)
@dan, wie ich schon schrieb – für mich ist meist nicht nachvollziehbar, warum dieser Radweg nun benutzungspflichtig ist und jeder nicht. Du hast Recht, gerade der stete Wechsel zwischen Benutzungspflicht und freier Wahl auf manchen Strecken spricht für sich.
Radfahren könnte wesentlich sicherer und stressfreier sein. Die Gesetze gibt es schon lange. Leider wird die Umsetzung vorsätzlich behindert und blockiert. Radfahrer trauen sich kaum noch auf die Straße, weil sie Angst vor dem Motorisierten Verkehr haben. Das muss nicht sein.
Bitte “vote” im Zukunftsdialog der Bundesregierung.
https://www.dialog-ueber-deutschland.de/ql?cms_idIdea=11235
Falls Du mein Anliegen unterstützt, dann sende diesen link bitte an alle interessierten Radfahrer weiter. Vielen Dank.