Kampagne „Cities Fit for Cycling“ der Tageszeitung „The Times“

Save our cyclistsDie nationale Tageszeitung „The Times“ in Großbritannien machte heute die ganze Frontseite frei für die Kampagne „Save our cyclists“, „Rettet unsere Radfahrer“. Den Anstoß zu dieser Aktion gab der Fahrradunfall der Reporterkollegin Mary Bowers, die im November letzten Jahres nur wenige Schritte von der Redaktion entfernt von einem Lastkraftwagen überfahren wurde und seitdem im Koma liegt.

Die Zeitung macht einen Vergleich: „Seit dem Jahr 2001 wurden in Afghanistan und im Irak 576 britische Soldaten getötet. In der gleichen Zeit starben auf den Straßen Großbritanniens 1275 Radfahrer. Die neuesten Daten zeigen, dass es in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres 1859 Tote oder Schwerverletzte gab, 12 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.“

Die Leser der Zeitung werden aufgefordert, den Aufruf der Times zu unterschreiben, ihn zu verbreiten und sich an den Parlamentsabgeordneten zu wenden.

Das 8-Punkte-Manifest der Times

  1. Ausrüstung aller LKWs mit Sensoren, akkustischen Wende- und Rückfahrwarnern, Extraspiegeln und Unterfahrschutz.
  2. Die 500 gefährlichsten Kreuzungen werden identifiziert und so neugestaltet, dass Radfahrer durch Ampelschaltungen Priorität besitzen und LKW-Fahrer durch fest installierte Verkehrssspiegel Radfahrer im toten Winkel neben ihnen erkennen können.
  3. Es ist eine landesweite Erhebung notwendig, wieviel Menschen in Großbritannien Rad fahren und wieviel Radfahrer getötet oder verletzt werden.
  4. Zwei Prozent des Verkehrsbudgets sollte für Radfahrerinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden.
  5. Radfahrer und Kraftfahrer sollten besser trainiert werden und die Radlersicherheit sollte verbindlicher Bestandteil der Fahrausbildung sein.
  6. Die generelle Höchstgeschwindigkeit sollte in Ortschaften 20 Meilen pro Stunde sein, wenn keine separate Radspur vorhanden ist.
  7. Die Privatwirtschaft sollte eingeladen werden, Sponsor von Fahrradwegen zu werden.
  8. Es sollte in jeder Stadt ein Radverkehrsbeauftragter ernannt werden, um Reformen voranzutreiben.

The Times: Save our cyclists (Artikel)
The Times: Cities Fit for Cycling (Kampagnenseite)
The Times: Cities Fit for Cycling (Manifest)
[via]

11 thoughts on “Kampagne „Cities Fit for Cycling“ der Tageszeitung „The Times“

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  1. Dies wäre auch was für Zeitungen aus dem deutschsprachigen Raum ohne dass vorher ein Journalist überfahren werden muss

  2. Wäre mal interessant, wie sie vor dem Unfall über Radfahrer berichtet haben. Sowas kann eben auch Menschen aus dem eigenen Umfeld treffen.

  3. Gut. Aber schlimm, dass auch Journalisten erst anfangen nachzudenken, wenn es sie selbst (bzw. ihr Umfeld) trifft.

  4. find ich gut, dass eine große Zeitung mal so einen Artikel auf die erste Seite packt. Im Spiegel u.A. stehen Radberichte immer unter „Auto“.

    @Michael S: so funktioniert Journalismus. Vor Untergang der Costa soundso hat keine Zeitung darüber geschrieben, dass es bei Kreuzfahrten üblich ist möglichst nah am Ufer zu fahren, und dies u.U. zu schlimmen Katastrophen führen kann.

  5. @ Christoph: ich weiß wie Journalismus funktioniert – aber man darf trotzdem eine Vorstellung davon haben, wie Journalismus funktionieren sollte.

  6. Zwei Prozent des Verkehrsbudgets sind zu wenig. Es sei denn man schließt auch die Öffentlichen Verkehrsmittel mit ein. Schätze, da hat der Chefredakteur wohl an seine politischen Freunde gedacht und gebremst.

  7. Da tut sich was auf der Insel.

    Die ehrwürdige Times bezieht eine eindeutige Stellung. Der Guardian hat schon länger einen vernünftigen RadBlog. Chapeau.
    Hierzulande gibt es Feuilleton Kriege wegen Rechtschreibung, und der ADAC hat Hubschrauber.

    Man kann nur hoffen das das Momentum nicht nach der Olympiade verpufft.

    http://www.guardian.co.uk/environment/bike-blog/2012/jan/09/summer-of-cycling-bike-organisations

    Der verunglückten Radlerin, alles gute.

  8. […] Aber auch andernorts tut sich nahezu Unglaubliches, z.B. hat die Londoner Times gestern mit dem Artikel „Save our Cyclist“ – „Rettet unsere Radfahrer“ die Kampagne „Cities fit for cycling“ gestartet, hier eine deutschsprachige Zusammenfassung. […]

  9. Das ist ja sehr spannend! Großbritannien ist ja bislang ausgesprochen fahrradfeindlich… Mit Ausnahme von London tat sich da bislang wenig… Sehr gute Initiative, die hoffentlich Nachahmer findet.

    Befürchte aber, dass da in Deutschland ganz schnell Herr Wissmann in den Redaktionen anruft und sagt, dass man ja die arme Autoindustrie nicht noch mehr gängeln darf. Die teueren Anzeigen wollen ja auch irgendwie bezahlt werden…

  10. @ Tim: Ich weiß nicht, mein Bild von London ist durch youtube sillycyclists und den frustriert ausgewanderten David Hembrow geprägt. Da sehe ich ausschließlich behelmte und bewarnwestete Rennradfahrer in Funktionskleidung durchheizen. Wenn das der Erfolg der Londoner Radansätze ist, hoffe ich, dass wir davon verschont bleiben. Um so weit zurückzufallen, müssen wir erstmal den ADAC offiziell zum Verkehrsministerium umdeklarieren und 20 Jahre arbeiten lassen.

  11. In Italien ist die Kampagne „Salva i ciclisti“ auch gestartet worden. 5000 Radfahrer aufforderten das Parlament ein neues Gesetz zu verkünden, um sie zu schützen. Das Gesetz ist schon im Senat vorgetragen worden. Die Situation für Radfahrer ist in Italien sehr schwer: mehr als 250 Radler sterben jedes Jahr wegen Verkehrunfallen.

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