Mahnwache anlässlich der vorgestern getöteten Radfahrerin

„Es ist die zweite tote Radfahrerin in Berlin in diesem Jahr. Ursache ist „das übliche“ – ein rechtsabbiegender LKW. Dieser Unfalltyp ist Todesfalle Nummer 1 für Radfahrer. Und obwohl diese Unfallkonstellation sich seit Jahren wiederholt, scheinen die Verantwortlichen überhaupt keinen handlungsbedarf zu sehen.

mahnwache-dammweg.jpg

Anfahrt

Im Radspannereiblog las ich von der Mahnwache und da ich heute Zeit hatte, entschloss ich mich kurzerhand zum Wache schieben. Die Fahrt war kein Traum. Ich kam aus Richtung Neukölln über die Sonnenalle in mir unbekanntes Terrain. Als ich nach links auf den Dammweg bog, wurde es schon ungemütlich. Die Fahrbahn ist schmal, knapp zweispurig, Autos stehen trotz Halteverbot und tun ihr übriges. Die Fahrbahn verengt sich auf eine Spur pro Seite, rechts erscheint dann ein gammeliger Radweg. Ich entscheide mich für die Fahrbahn, ein DHL-Auto will sich zu mir auf den Gepäckträger setzen, so dicht fährt/steht er hinter mir. Die Kreuzung Kiefholzstraße ist nicht weit.

Kleine Versammlung

Der ADFC war mit Banner und zweiköpfigem Personal vor Ort, dazu ein paar Leute, die wie ich vom Aufruf zur Mahnwache erfahren haben. Presse in Form des rbb, der Berliner Woche, des Tagesspiegel und der radzeit (zählt die auch zur Presse?). Dass sich an einem Mittwoch um 11 Uhr vormittag nur wenige Menschen einfinden, war absehbar. Der ein oder andere Radfahrer schaute ungläubig bis interessiert, eine Gruppe Fußgänger hielt an und fragte nach dem Hintergrund der Versammlung.

Eindruck vom Unfallort

Die Kreuzung ist klein. Sie wurde zu Zeiten gebaut, als das Verkehrsaufkommen und insbesondere der Anteil an LKW um ein Vielfaches geringer ausfiel. In den 1,5 Stunden, in denen ich dort stand, war dort ein permanentes Verkehrsaufkommen von und in alle Richtungen. Beim Abbiegen, speziell beim Rechtsabbiegen kommen die LKW nur knapp um die Kurve, sie müssen weit ausholen und fahren mit dem Hinterrad trotzdem auf der Gehwegkante. Fazit: es ist laut, es ist gefährlich, ich empfand es anfangs als sehr bedrückend. Das Erschütterndste für mich war die fast verwischte Markierung, bis zu der die Radfahrerin geschleift wurde.

Fassungslos

Zwei LKW-Fahrer ließen es sich nicht nehmen, beim Vorbeifahren um Aufmerksamkeit zu hupen und mit ihrem Mittelfinger ihre Verachtung dem Leben anderer Verkehrsteilnehmer gegenüber zu demonstrieren.“

Gastbeitrag des Blogs Ein Posterous für Anke
Foto: „Ein Posterous für Anke“
Bei Anke seht ihr noch weitere Fotos von der Mahnwache.

11 thoughts on “Mahnwache anlässlich der vorgestern getöteten Radfahrerin

Comments-Feed
  1. Das Problem wird immer noch nicht ernst genommen – bzw. wird noch immer die Verantwortungen auf die Opfer abgeschoben (Stichwort: toter Winkel).

    Offenbar akzeptieren wir aus reiner Bequemlichkeit (das Essen soll schnell in den Supermarkt kommen) dass potenziell lebensgefährliche Maschinen unsere Stadt bevölkern – warum? Wär’s nicht das mindeste, verpflichtende Kameras zur Vermeidung des „toten Winkels“ vorzuschreiben?

  2. Ich war zwar nicht dabei aber das geschilderte Verhalten der beiden LKW-Fahrer halte ich auch für völlig inakzeptabel. Falls sich jemand das Nummernschild gemerkt hat (und wenn möglich noch ein zweiter Zeuge vorhanden ist) , dann sollte man da auf jeden Fall Anzeige erstatten. Dann muss sich der Fahrer mit seinem Verhalten auseinandersetzen und bekommt wahrscheinlich eine kleine Geldstrafe und ein paar Punkte in Flensburg.

  3. Es ist immer gefährlich geradeaus fahrende Radfahrer rechts der Rechtsabbiegespur zu lenken. Ich persönlich fahre niemals rechts der Rechtsabbiegespur, sondern fast immer nahezu mittig in der Fahrspur. Hierbei nutze ich zum geradeaus Fahren (so vorhanden) die Geradeausspur, bzw. bleibe mittig hinter dem Rechtsabbieger stehen und überhole diesen, bei ausreichendem Platz, links.
    Insbesondere für zügige Fahrten ist diese Fahrweise nach meiner Erfahrung wesentlich sicherer und auch stressfreier.

    Bei vorliegender Benutzungspflicht, missachte ich diese entsprechend der geltenden Unzumutbarkeitskriterien, insbesondere im Sinne der Gefährdungsvermeidung.

    Aktuell habe ich erfolgreich die Aufhebung der Benutzungspflicht Anhalter Bhf., sowie Ebert/Voss Str. durchgesetzt. Der Radweg An der Urania soll umgebaut werden.

    BITTE JETZT POPO HOCH!
    BITTE JETZT RECHTSWIDRIGE BLAUSCHILDER ANZEIGEN!
    Mit oder ohne Foto, Hauptsache anzeigen und an die VLB Berlin:
    Regina.Riemschneider@SenStadt.Berlin.de

    Ich hatte heute Akteneinsicht beim Archiv der VLB. Die Bürgeranzeigen sind keineswegs Luftnummern, sondern führen (zwar nicht immer zum Erfolg) zur konstruktiven Auseinandersetzung und zum „auf die Finger klopfen“ der Verantwortlichen. Im Moment ist die VLB am Rotieren auch wegen dem BVerwG Urteils letzten Jahres.

    Übrigens: trotz gegenteiliger Aussage der Staatssekretärin f. Verkehr Krautzberger von 12/2010 wurde die Benutzungspflicht Schönhauser Allee zwischen Eberswalder und Bornholmer tatsächlich keineswegs weitesgehend aufgehoben. Es laufen aktuell zwei Anzeigen, jede weitere Anzeige ist hochwillkommen und verstärkt den Bürgerdruck.

    POPO HOCH !!!
    BLAUSCHILDER J E T Z T ANZEIGEN!

    DANKE.

  4. Wo waren eigentlich Mahnwachen als ein Radfahrer letztes Jahr ne Fußgängerin totgefahren hat, die grün hatte am Hermannplatz? Oder ist natürlich ganz was anderes?

  5. @Raskolnoff

    bitte mit Quelle.

  6. Wenn die BZ nicht unter ihrem Niveau ist: http://www.bz-berlin.de/bezirk/neukoelln/89-jaehrige-nach-unfall-gestorben-article625936.html
    Und es tut mir leid, der Unfall ist nun sogar mehr als ein Jahr her.

  7. > http://www.bz-berlin.de/bezirk/neukoelln/89-jaehrige-nach-unfall-gestorben-article625936.html

    dazu kann ich sagen, dass es am hermannplatz für fußgänger und radfahrer sowieso schwierig ist zusammen auszukommen. zu schmaler fahrradweg. an den zunehmenden radverkehr nicht angepasste radwegeführung, insbesonders in richtung kottbuser damm ecke weserstraße. bushaltestellen auf dem fahrradweg, hier wären fahrradstreifen auf der straße sinnvoller.

  8. meine Güte wie typisch. Schuld von dem Radfahrer? Nee, da lenkt man lieber ab. Wohlgemerkt, ich kenne die Ecke sehr gut dank täglichem Überqueren und wie oft Radfahrer bei Rot einfach rüberrauschen, obwohl die Fußgänger grün haben, wenn sie von der Sonnenallee Richtung Ubahn wollen, kann ich nicht mehr zählen.

  9. Hallo Raskolnoff,

    wenn du hier ne Weile mitliest, wirst du feststellen, dass die wenigsten hier asoziales Verhalten von Radfahrern befürworten.

    Wenn du also bei der nächsten Gelegenheit eine Mahnwache abhältst, komme ich gern. Rücksichtslose Arschlöcher im Straßenverkehr, die sich nicht mal an einfache Regeln halten können, treiben auch bei mir fahrzeugunabhängig den Blutdruck hoch.

  10. @ raskolnoff

    ich will keine beurteilung über die schuld abgeben, weil ich den unfallhergang und die genaue unfallstelle nicht kenne.
    aber das wir im umgang mit der darstellung von unfällen mit radfahrerbeteiligung in zeitungen u. pressemeldungen der polizei vorsichtig sein müssen, haben wir hier im blog schon des öfteren gelesen.

  11. @raskolnoff :
    Die Statistische Relevanz von Unfällen Radfahrer&Fußgänger ist jedoch nichtig wenn man die Unfallzahlen Auto&Radfahrer dagegen nimmt, einzelschicksale sind natürlich immer schlimm, aber den Radfahrer an der Sonnenallee der durch ein ausweichmanöver wegen eines Fußgängers auf dem Radweg umkam werde ich genausowenig „den Fußgängern“ anhängen wie das von dir Geschilderte „den Radfahrern“ .
    Arschlöcher gibts in allen Gattungen, die Arschlöcher in PKW&LKW töten aber einfach bedeutend mehr Menschen als die anderen beiden hier betrachteten Verkehrsmodi.
    Der „klassische“ Rechtsabbiegeunfall ist nunmal ein Kavaliersdelikt und passiert ständig, ist ja nur ein Radfahrer, Fußgänger, Kleinkind, such dir was aus.

    Aber ja, wo sind die Mahnwachen wegen jedem Verkehrstoten?
    Sie finden nicht statt weil sich kaum einer bei so einem alltäglichen Sterben noch dazu animiert fühlt auf die Straße zu gehen, wenn ich mal wieder einen Polizeibericht lese in dem ein 5jähriger „ohne auf den Verkehr zu achten“ überfahren wurde und der arme Autist „nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte“ hab ich schon nicht schlecht lust mich da mit einem Banner für den kleinen Ali/Kevin/Richerd whatever hinzustellen, allein um darauf aufmerksam zu machen das es viel zuwenig gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr gibt. Wenn du da also was machst, lieber raskolnoff, melde dich einfach, mich haste dabei. Nächstemal aber bitte ohne BZ-Quelle, wenns nach denen geht haben wir auch unentdeckte Nazi-Mondbasen auf der dunklen Seite des Mondes…

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