Nach einer Erhebung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) trugen im vergangenen Jahr elf Prozent aller Fahrradfahrer einen Helm, das ist ein Prozentpunkt mehr als 2008.
Höher liegt die Quote bei Kindern: von allen Kindern bis zu zehn Jahren auf dem Rad hatten 56 Prozent einen Schutzhelm auf. Schon bei der nächsten Alterssufe (11 bis 16 Jahre) ging die Helmtragequote auf 23 Prozent zurück. Bei Erwachsenen schwankt sie je nach Alter zwischen drei und zehn Prozent.
bast: Gurte, Kindersitze, Helme und Schutzkleidung – 2009
Grafik: Bundesanstalt für Straßenwesen
Naja ein Prozentpunkt sind immerhin 10% mehr in einem Jahr, ich finde, das ist eine ordentliche Steigerung.
Interessanter fände ich aber andere Zahlen, die geeignet wären, das Risiko bestimmter Verletzungen vorauszusagen. In Berlin verletzen sich täglich im Schnitt 1,6 Radfahrer schwer, d.h. sie müssen nach einem Unfall ins Krankenhaus. Zu viel, gewiss. Aber Panik muss wohl nicht ausbrechen. Ich fahr jedenfalls weiter ohne Helm.
Bis Mitte des Jahrzehnts lag die offizielle Helmtragequote immer so bei 5-6 %. Wenn man sich nun die Grafik nach Altersgruppen anschaut sieht man deutlich, wo die Steigerungen herkommen. Es sind offenbar überwiegend die Kinder im schulpflichtigen Alter, bei denen die Helmtragequote nach oben gegangen sind. Man könnte also mit etwas Zynismus behaupten, dass also diejenigen, die selbst über das Thema „Helm oder nicht Helm“ entscheiden können, auch weiterhin keinen sonderlichen Bedarf sehen. Wohl aber diejenigen, die sich nicht wehren können (schulische Indoktrination, Zwang durch Eltern), die Quote in die Höhe treiben.
Wenn es also demnächst mal wieder irgendwo in den Medien heißt, dass immer mehr Radfahrer „vernünftig werden“ und sich „für einen Helm entscheiden“, dann sollte man diese nach Altersgruppen aufgedröselte Statistik im Hinterkopf behalten.
Interessant wäre hierbei auch mal die Frage nach dem Wert des gefahrenen Rades.
Mir persönlich ist aufgefallen, wer Geld für das Rad ausgibt, der trägt oft auch Helm.
Der durchschnittliche Stadtgurkentreiber, der sein Rad vom Flohmarkt oder eben auch aus dem Baumarkt hat, trägt meist keinen Helm…klar, kostet der Helm ja dann schnell mal das gleiche wie die Stadtgurke.
Weiterhin wäre die zu fahrene Strecke interessant. Ich habe dafür nun keine Statistiken, doch glaube ich, dass viele Radler kaum mehr als 5km am Tag zusammenbekommen. Bei derart kurzen Strecken sind die Erlebnisse, die einen zum Helmkuaf bewegen können meist deutlich geringer.
So beobachte ich es zumindest auch bei mir. Fahre ich zur Arbeit sind es 40 bis 60 km am Tag, da trage ich wie selbstverständlich einen Helm. Bei kurzen Fahrten ins Kaffee, die Kneipe oder zum Supermarkt trage ich „natürlich“ keinen.
Wie auch immer, Helm tragen ist ne gute Sache, mich wundert es, dass es in D immernoch keine Pflicht ist. Aber muss es ja auch nicht. Allerdings finde ich, dass man es ruhig als Pflicht bei Kindern einführen könnte.
@Klemmi, aber warum? 1,6 verletzte Radfahrer pro Tag, die ins Krankenhaus kommen. Davon sicher nur ein kleiner Teil mit solchen Kopfverletzungen, die durch Helm vermieden werden können. Es bedarf keiner Pflicht. Jede ernstgemeinte Risikoaufklärung ist sinnvoller.
fahrradhelme sind auch wieder so ein bluff, um dem fahrrad fahren gefährlichkeit zu unterstellen.
@dan:
genau das war mein gedanke. Die armen Kinder können sich nicht wehren und werden von allerlei Gutmenschentum dazu gezwungen. Sei es von Eltern, die sonst doof angemacht werden, von der Schule, wo es sonst verboten ist, an Radfahrten teilzunehmen oder von der Presse, die Radfahren ohne Helm als unverzeihliche Leichtsinnigkeit darstellt.
Wollen wir hoffen, dass der Spuk auch irgendwann mal wieder zu ende geht. Zur Not muss man schauen, ob man nicht wenigstens den Helm als „was für Kinder“ brandmarkt, dass jeder Teeenie den so schnell wie geht in die gelbe Tonne wirft.
Anscheinend scheint es Einigen ja nahezu körperlich weh zu tun, dass es Menschen gibt, die Wert auf die Unversehrtheit ihres Hirns legen. Nun, ich lass euch den Spaß. Aber ich wünsche euch, dass ihr nicht einmal darüber nachgrübeln müsst, warum ihr nicht auch einen Helm getragen habt.
Dass ein Helm „nur was für Kinder“ sein soll, wundert mich. Wenn ich mich mit anderen Rennradfahrern treffe, sind die Nicht-Helmträger in der absoluten Minderheit. Vielleicht sind also Rennradfahrer in der Regel Minderjährige, die von den bösen Eltern zum Helmtragen gezwungen werden? 😉
Ach ja, bevor es mir unterstellt wird: auch von mir ein NEIN zur Helmpflicht.
Ein Nein zur Helmpflicht ist ja zumindest ein Anfang. Das Unterstellen von Unvernunft ist trotzdem ärgerlich.
Ich halte es wie Klemmi: Bei längeren Strecken mit Helm, zum Einkaufen um die Ecke ohne. Helmpflicht lehne ich auch eher ab, aber davon redet ja auch keiner, zumindest keiner den man ernst nehmen müßte.
Ich finde Berlinradler’s Argument „nur 1.6 schwer verletzte Radler am Tag“ etwas merkwürdig. Da könnte man auch argumentieren „Drogen sind sicher, nur 0.5 Drogentote am Tag“.
Ich habe vor einigen Jahren als Zivildienstleistender auf einer neurochirurgischen Station gearbeitet. Von etwa 1500 Patienten hatten etwa 10 eine schwere Kopfverletzung, welche sie sich im Straßenverkehr zugezogen hatten, Autofahrer waren die größte Gruppe, drei Radler. Alle drei waren Helmträger. Soll ich aus diesem subjektiven Eindrücken etwa schließen, dass Helm tragen gefährlich ist?
Eher nicht, auf die Normalstation kamen nur die Fälle auf dem Weg der Besserung. Wenn man einige dieser Pflegefälle gesehen hat, wünscht man sich einen gewissen Schutz zwischen sich und dem Asphalt und sei es nur eine dünne Styroporschicht. Seit meiner Zivizeit bin ich immer mit Helm unterwegs. Die Aussage: „Bei längeren Strecken mit Helm, zum Einkaufen um die Ecke ohne“ kann ich überhaupt nicht verstehen. Längere Strecken sind relativ sicher, das kurze Gewusel im Stadtverkehr birgt die unberechenbaren Gefahren.
Ich bin gegen eine allgemeine Helmpflicht, da erstens vermutlich weniger auf das Rad steigen würden, was zu einer Gefahrenerhöhung der Verbleibenden führen würde und zweitens da eigentlich keine objektiven Beweise zu einer Sicherheitserhöhung vorhanden sind. Dem Freundeskreis und der Familie versuche ich allerdings eine Helmnutzung nahezulegen.
Die oben zu sehenden Daten sind ja ganz lustig, viel interessanterer wäre allerdings das Verhältnis Zeit auf dem Rad zu Unfallrisiko. In meinem Haushalt gibt es drei Radfahrer, wobei auf mich etwa 90% der Fahrzeit entfallen. So wird es überall aussehen, Menschen mit dreistelligen Jahreskilometern bezeichnen sich als Radfahrer.
@Martin LE: _Alle_ Stürze mit Verletzung, die ich in den letzten 10 Jahren hatte, sind auf langen Strecken passiert. Kein einziges Mal ist mir sowas auf einer Kurzstrecke passiert. Auf kurzen Strecken fahre ich gewöhnlich eher langsam, da ist das Sturz- und Verletzungsrisiko minimal. Auf langen Strecken fahre ich bedeutend schneller. Wenn ich dann stürze, tut meistens hinterher irgendwas weh. Deswegen fahre ich nur längere Strecken mit Helm. Hat aber weniger mit der Länge der Strecke als mit meiner Geschwindigkeit zu tun.
Endlich mal jemand aus einer Klinik der nicht ins Horn der Hannelore Kohl stiftung bläst, sympatico @Martin LE
Und ja, wer in Statistik aufgepasst hat würde eher eine Helmpflicht für Autofahrer fordern, oder alternativ einen Lenkrad-Dorn gegen die Risikokompensation.
@ozelot, es gibt viele, viele Möglichkeiten sich schwer zu verletzen, zu erkranken oder zu sterben. Gegen alle Möglichkeiten kann man sich überhaupt nicht schützen. Sinnvoll ist ein Schutz gegen häufige Verletzungsarten! Es gibt Fahrradunfälle mit Verletzten, es gibt dabei Kopfverletzungen und bei einigen kann der Helm helfen. Wenn dies aber seltener passiert als (ich spinne jetzt mal) eine Verletzung durch herunterfallende Astteile, wird man dem einzelnen wohl freistellen können, ob er sich schützt. Sowohl Gedanken über eine Helmpflicht als auch Sprüche a la „ein kluger Kopf schützt sich“, die alle Argumente von vornherein in eine dumme Ecke stellen, finde ich wie gesagt bedenklich.
So einen sozialen Druck erleben nicht mal Raucher, die bestimmte Erkrankungsrisiken nachweisbar steigern, was man mit derselben Überheblichkeit als „dumm“ darstellen könnte.
Lasst doch einfach jeden machen wie er will.
berlinradler, ich sage ja nicht daß Du einen Helm tragen sollst, und es liegt mir auch fern nicht-Helmträger als „dumm“ hinzustellen. Ich bin ja auch gegen die Helmpflicht. Es ist mir auch wurscht, ob andere Radfahrer einen Helm tragen oder nicht. Soll jeder selber entscheiden.
Mich persönlich stört der Helm nicht besonders, und da ich schon mal bei einem Sturz direkt von meinem Helm profitiert habe, weiß ich Ihn auch zu schätzen. Deshalb fahre ich mit Helm.
@BikeBloggerBerlin … das mit der Helmnutzung beim Sport ist leicht zu erklären: Ohne Helm kein Radrennen – sonst darf man nicht die Bundesstraße mit überhöhter Geschwindigkeit langheizen oder sich lebensmüde den Berg runterstürzen. Mach ich beim Sport auch so.
@ozelot … interessant ist der Vergleich mit den Drogentoten, in Berlin im vergangenen Jahr 0,42 pro Tag, bundesweit 3,6 pro Tag. Hinzu kommen die Toten aufgrund legaler Drogen …
Noch interessanter sind allerdings die Verluste im Kampf gegen Drogen. Allein in Mexiko gibt es seit vier Jahren täglich 19,2 Tote im so genannten Drogenkrieg. Je nach Rechenart und Bezeichnung des Krieges in Afghanistan und anderen Anbauländern dürfte auch dort einiges zusammenkommen. In der Mischung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Polizei und Justiz sowie dem Aufbau von mafiösen Strukturen durch die Prohibition, offenbar ein Kampf, der mehr schadet als nutzt. So ähnlich kommt mir die angebliche Sicherheitsdiskussion beim Thema Fahrradverkehr vor.
Insofern ist die immer wieder aufflammende halbgare Diskussion um einen vermeintlichen Sicherheitsgewinn durch eine Helmpflicht symptomatisch dafür, Risiken richtig einschätzen und bekämpfen zu können. Sicherer wäre nicht nur die bessere Sichtbarkeit von Radfahrern (im Sichtfeld der Autofahrer auf der Fahrbahn), sondern auch eine klare Regelung für das Vorbeifahren von Kfz an Radfahrern (auf der zweiten Spur oder der Gegenfahrbahn) – würde zusammen mit der Sichtbarkeit nahezu alle Ursachen für Fahrradunfälle beseitigen.
Auch noch ein ganz subjektives Erlebnis von Neulich:
Notgedrungen benutze ich den benutzungspflichtigen Radweg der Landsberger Allee stadteinwärts, als mir eine Familie mit Fahrradhelmen entgegen kommt. Die fahren irgendeine Schlangenlinie auf dem Gehweg (statt auf dem dort neu gebauten Zweirichtungsradweg), bis sich ein Nachwuchshelmträger plötzlich entscheidet, den mir zugedachten Radweg in der Gegenrichtung zu testen – richtig bremsen hat in diesem Fall die mögliche Schutzwirkung eines Helmes ersetzt. Der Ärger über eine Sorglosigkeit wie diese („ich schütze mich doch mit einem Helm, also bin ich sicher“) sitzt in dem Augenblick aber trotzdem tief.
Ich könnte auch noch von lustigen Fahrradunfällen von Helmträgern berichten – der Helm muss dabei nicht unbedingt schaden, aber einfach mal die Grundregeln für die Teilnahme am Straßenverkehr üben, könnte mehr helfen.
@benno: ich meine keine Lizenzfahrer / -rennen. Ich meine die Rennradler, die regelmäßigen in und um Berlin fahren. Da wird der Helm nicht getragen, weil es Pflicht ist, sondern weil wohl nahezu jeder Rennradler jemanden kennt, der noch lebt bzw. keine schweren Verletzungen erlitten hat – weil er beim Sturz einen Helm hatte.
Dass ein Helm Vernunft nicht ersetzt ist keine Frage – dies ist aber auch kein Argument pro oder contra.
@BikeBloggerBerlin … von den wenigen Lizenzfahrern spricht ja auch keiner, die fallen ja schon unter Leistungssport 😉
Wenn aber sonst so entspannt dahinradelnde Mitbürger wie ich am Velothon oder am KitzAlpBike teilnehmen, dann muss ich einen Helm tragen. Da fragt mich keiner ob ich das freiwillig tue.
Und diese Betätigungen haben eben auch nix mit Fahrradverkehr zu tun, sondern sind Sport – und da ist die Verletzungshäufigkeit ungleich höher. Allein beim Velothon habe ich mehrere Halbtote gesehen – vor einem Jahr waren es wohl um die 80 Teilnehmer, die in der Waagerechten weggebracht wurden – die es so im täglichen Fahrradverkehr mit 50 Mal mehr Teilnehmern in Berlin nicht gibt.
Ganz so übrigens, wie es im Autosport mit Schumi eine Helmpflicht gibt und beim Autowandern zum Bäcker um die Ecke eben nicht … 🙁
@BikeBloggerBerlin:
Dein Satz „sondern weil wohl nahezu jeder Rennradler jemanden kennt, der noch lebt bzw. keine schweren Verletzungen erlitten hat – weil er beim Sturz einen Helm hatte“ müßte eigentlich lauten:
… sondern weil wohl nahezu jeder Rennradler jemanden kennt oder von jemandem gehört hat, der glaubt, dass bei ihm bei einem Sturz ein Helm lebensrettend gewesen sei oder ihn vor schweren Verletzungen bewahrt habe.
Der häufige Logikfehler, dass aus „mit Helm Glück gehabt“ ein „ohne Helm wäre es garantiert schlimm ausgegangen“ wird, ist weit verbreitet. Und wird, weil jeder engagierte Radfahrer ganz tief drinnen doch Angst vor schweren Unfällen hat, natürlich sehr emotional kommuniziert und von anderen als ernstes „Argument“ wahrgenommen. Obwohl es letztlich kein logisch-sachliches Argument ist, sondern eher eine Art Glaubensbekundung. Da setzt logisches Denken dann aus, das sind rein instinktgetriebene Reaktionen.
> Wenn dies aber seltener passiert als (ich spinne jetzt mal)
> eine Verletzung durch herunterfallende Astteile,
Spinnst Du wirklich?
Gibt es eine belastbare Statistik, wie groß der prozentuale Anteil von durch Helme vermeidbaren/vermiedenen Kopfverletzungen an allen Fahrradunfällen ist?
Und sind in dieser Statistik, so es sie geben sollte, Unfälle bei Leistungssportveranstaltungen und Geländesport à la „downhill“ klar erkennbar? Und wird zwischen Unfällen im Stadtverkehr und Unfällen außerhalb geschlossener Ortschaften unterschieden?
Ich kenne nur hysterische Wassermelonenfallenlasser. Das sind die Leute, die ein Auto mit vier Airbags abstoßen, weil sie sich darin unsicher fühlen, und ein neues Auto mit mehr Airbags anschaffen. Und das sind die Leute, die sich unsicher fühlen, wenn nicht eine vom ADAC konzipierte Sicherheitskarte im Auto untergebracht ist, auf der der Feuerwehr detaillier beschrieben wird, wie das Auto im Un-Falle aufgeschnitten werden kann.
Merkwürdigerweise tragen diese Leute aber keinen Kopfschutz, wenn sie sich in ihrer Wohnung bewegen, sie tragen keine Gelenkprotektoren und sie haben auch keinen Defibrillator in ihrer Wohnung, obwohl der doch erwiesenermaßen bei Herzinfarkten helfen kann.
Aber beim Radfahren muss unbedingt ein Helm drauf, denn vom Fahrrad fällt man unweigerlich herunter wie eine Wassermelone …
@Prokrastes, das ist ja seit Jahren das Problem. Belastbare Zahlen zur Risikoeinschätzung bezügl. der vermeidbaren Kopfverletzungen (nicht alle sind vermeidbar, z.B. solche im Kinnbereich) gibt es meines Wissens nicht. Das fände ich schon sehr wichtig – nicht um mich bestätigen zu lassen, sondern um darauf basierend eine Entscheidung für oder gegen den Helm zu treffen. Ich bin sehr für Sicherheit und würde mich durchaus überzeugen lassen.
Nach meiner groben Einschätzung (s.o.) ist das schwere Verletzungsrisiko beim Radfahren in der Stadt gering. Und kann durch eigenes Verhalten ganz maßgeblich verringert werden, leider nicht aufs Level 0. Schon allein die Entscheidung, das Fahrrad zu benutzen, erhöht das Risiko beispielsweise im Vergleich mit der ÖPNV-Nutzung. Warum – zur absoluten Risikominimierung – nicht gleich hier ansetzen und gar nicht Radfahren? Die Entscheidung, den Ausflug ins Land Brandenburg mit dem Auto zu machen, erhöht das Risiko eines tödlichen Unfalls enorm, Flächenländer-Straßenverkehr ist ne wahre Todesmaschinerie. Machen trotzdem viele. Verbieten? Für dumm erklären? Davon liest oder hört man nichts.
Der Straßenverkehr bringt das seltsame Phänomen mit sich, dass in vielen Fällen Gefahren maßlos überschätzt und in anderen Fällen die Gefahren maßlos unterschätzt werden. Zwar lehnen viele eine statistische Herangehensweise ab, beim Helm-Thema wäre ich aber echt dankbar, wenn es überhaupt eine Grundlage für so eine Herangehensweise gäbe.
Ich verstehe ehrlich gesagt die Aufregung nicht. Es gibt in D keine Helmpflicht für Radfahrer, und das wird erstmal auch so bleiben. Keiner muß einen Helm tragen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum sich Nicht-Helmträger hier so angegriffen fühlen.
Natürlich gibt es Leute, die für einen Helm argumentieren. Wer einen Sturz hatte, bei dem der Helm geholfen hat (oder jemanden kennt bei dem es so war), der ist dem Radhelm eher zugeneigt.
@dan, es gibt durchaus Fälle in denen der Helm _definitiv_ geholfen hat. Ein Freund von mir ist beim Mountainbiken gestürzt und mit dem Kopf gegen einen Felsen geknallt. Helm kaputt, Kopf ganz. Ich selbst bin mal in der Stadt gestürzt (Vorderrad weggerutscht) und mit dem Kopf seitlich auf den Randstein geknallt. Helm kaputt, Kopf ganz.
Klar kann man nicht sagen wie schlimm die Verletzung gewesen wäre, aber mir persönlich reicht es auch schon, wenn der Helm mich vor einer Platzwunde bewahrt.
Aber wie gesagt, ich gehöre nicht zu denen die eine Helmpflicht fordern. Soll jeder selber einschätzen ob er einen Helm braucht oder nicht.
Für ausgeschlossen halte ich so ein Verbot nicht. In anderen Ländern wurde das ja eingeführt. Wenn selbst die Tagesschau Stimmung in diese Richtung macht, sehe ich schon eine gewisse Gefahr. Und wenn das Verkehrsministerium sich in Traumtänzereien über Tagfahrlicht verliert, ist das auch kein gutes Zeichen für eine realitätsbezogene Unfallverhütung. Üblicherweise werden Gesetze eingeführt und ihr Erfolg nicht geprüft. Das sieht man gut am Dosenpfand, das die Einwegquote verringern sollte – stattdessen hat man heute Schwierigkeiten, Mehrwegflaschen zu finden, die Einwegquote ist drastisch gestiegen.
Die Konsequenzen wären verheerend. Da Radfahrer dann so sicher unterwegs wären, hätte man noch weniger Grund als jetzt schon, typische Unfallursachen zu bekämpfen. Die Radfahrerquote würde stark zurückgehen, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Verkehrsgestaltung.
Auch wenn die meisten Gemeinden den Trend noch verschlafen, so bringt die aktuell hohe Radfahrerquote mancherorts positive Effekte mit sich. Einige Städte suchen schon nach sinnvollen Lösungen, die über sogenannte „Radwege“ hinausgehen. Berlin würde ich da sogar als Spitzenreiter bezeichnen.
Eine Helmpflicht würde der Sache der Radfahrer also schaden. Sozialer Druck ist unnötig, weder in die eine noch in die andere Richtung.
Hm, ich schreibe Verbot .. ich meine natürlich Helmpflicht. Diese halte ich für nicht ausgeschlossen.
Na, wirklich ernstzunehmen ist die Helmpflicht in keinem der Länder in denen sie existiert. Ich sehe hier in D auch keinen ernsthaften sozialen Druck zum Helmtragen im Alltagsverkehr. Da gab’s mal eine Plakatwerbung irgendeiner Stiftung vor ein paar Jahren, aber das kann man wohl kaum als sozialen Druck bezeichnen, oder?
Allerdings lese ich in Kommentaren zu diversen Beiträgen hier mit Bezug auf Fahrradhelme häufiger die Meinung, daß ein Helm die Verletzungsgefahr erhöht, bzw. daß man ohne Helm ja sicherer sei. Und da sehe ich tatsächlich ein Problem. Wer keinen Helm tragen will, soll seinen Willen haben. Die Schutzwirkung eines Helms mit fadenscheinigen Argumenten herunterzuspielen oder den Helm sogar als schädlich hinzustellen ist aber meiner Meinung nach fahrlässig.
> Es gibt in D keine Helmpflicht für Radfahrer,
> und das wird erstmal auch so bleiben.
> Keiner muß einen Helm tragen.
Noch.
> Ich kann nicht nachvollziehen, warum sich Nicht-Helmträger
> hier so angegriffen fühlen.
Es geht nicht um das-sich-angegriffen-Fühlen. Sondern es geht darum, daß nicht eine falsche Stimmung geschaffen wird, in der irgendein profilierungssüchtiger Politiker auf die Idee kommt, eine Helmpflicht einzuführen.
Und diese hysterische Stimmung herrscht im Lande, die Wassermelonenfallenlasserfraktion verbreitet derartige Propaganda, daß nicht auszuschließen ist, daß irgendein „gut“meinender Politiker die entsprecheden Entscheidungsabläufe in Gang setzt.
Und damit wird, wie bereits vor fünfzehn Jahren in Australien erfolgreich bewiesen, die Angst vor dem Fahrradfahren vergrößert, weil es ja so „gefährlich“ ist.
@prokrastes: Ich sehe die Hysterie hier eigentlich nur bei Helmgegnern. Und vor profilierungssüchtigen Politikern brauchen wir zumindest auf Bundesebene keine Angst haben, da die Koalition in Ihrem erbärmlichen Zustand sich sowieso nicht auf ein Gesetz einigen könnte 😀
In Australien wird übrigens gerade ernsthaft die Abschaffung der Helmpflicht diskutiert, weil sie den Fahrradverleih (vor allem im Stile der DB-Räder) quasi unmöglich macht. Außerdem wird die Helmpflicht dort bei weitem nicht in jeder Stadt kontrolliert.
@ozelot:
Die Skepsis bzgl. Pro-Helm-Indoktrination ist schon berechtigt. Im übrigen würde ich nicht die Skeptiker als „hysterisch“ bezeichnen, sondern eher diejenigen, die in Teilbereichen der Gesellschaft Helmpflichten zu etablieren versuchen, obwohl es keinerlei sachliche Grundlage dafür gibt.
Solche „Helmpflicht-Inseln“ gibt es ja leider schon zu viele: Da werden beispielsweise Schulkinder von der Schule (ohne Rechtsgrundlage) verpflichtet, nur mit Helm ihren Schulweg mit dem Rad zu fahren. Es wird den Eltern gegenüber kackfrech behauptet, die Kinder seien bei Nichttragen eines Helmes nicht gegen Wegeunfälle versichert – was jeglicher formaljuristischen Grundlage entbehrt.
Oder nochmal im Bereich Schule: da werden z. B. bei Schulausflügen mit dem Rad Helme vorgeschrieben – was in *diesem* Fall, also schulische Veranstaltung, sogar unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich nicht einmal beanstandet werden kann.
Bei Fahrradausfahrten von ADFC oder Breitensportveranstaltungen von Radvereinen (Radtourenfahrten, RTF), wo es offiziell seitens der Dachverbände explizit keine Helmpflicht gibt, wird immer wieder versucht, auf Ortsverbands-/Organisatorenebene eine solche als lokale Insellösung zu etablieren.
Das alles führt, zusammen mit diverser demagogischer Anstrengung in den Medien, schon zu einer klimatischen Veränderung. Und genau so ist es ja von den Helmpflicht-Befürwortern auch beabsichtigt. Nur arbeiten diese eben nicht mit Sachargumenten, weil es nach wie vor keine wissenschaftlichen „pro Helm“-Erkenntnisse gibt. Stattdessen wird eben auf psychologischer Ebene ein Verhaltensdruck erzeugt. Man appelliert an das Angstgefühl und den Schutzinstinkt der Menschen. Und stellt damit zum einen Rad fahren als etwas grundgefährliches dar, was kontraproduktiv ist. Und übersieht auch, dass ein großer Vorteil des Rades, nämlich seine einfache Benutzbarkeit, z. B. dadurch verloren geht, wenn Alltagsradfahrer nach jeder Kurzfahrt in der Stadt zusätzlich noch so ’n Plastik-Melonenkörbchen mit sich rumschleppen dürfen.
Über etwaige *Negativ*effekte von Helmen auf die Gesundheit (Verstärkung von sturzbedingten Krafteinwirkungen im Halswirbelsäulenbereich aufgrund vergrößerten Kopfumfanges) will ich hier erst gar nicht anfangen.
@dan
Bloß kurz zur Helmpflicht bei RTF u.ä.
Solche Ausflüge sind etwas anderes als normaler Straßenverkehr. Ungeübte Hobbyradler versuchen krampfhaft keinen Zentimeter Windschatten zu verlieren und schauen nicht links und rechts. Letztens hatte sich einer auf einer kleinen Abfahrt bei 60-70 km/h im Feld sein Bemmenpaket munden lassen, fröhlich hin und her pendelnd.
Es herrscht einfach erhöhte Sturzgefahr, wesentlich höher als auf anderen Fahrten. Ich denke der Großteil hier lehnt nicht die Helme als solches ab, sondern nur den sozialen Druck, welcher aus einer Helmpflicht resultieren würde.
@dan: Man muß schon auseinanderhalten, ob man jede Kurzstrecke mit Helm fahren muß (absolute Helmpflicht), oder ob bei bestimmten Veranstaltungen ein Helm gefordert wird. Ersteres ist definitiv abzulehnen, das zweite sehe ich eher ein. Für mich steht der Helm auf einer Stufe mit Funktionskleidung: Sieht zwar meist bescheuert aus, aber ist eben nützlich.
Was mir nicht gefällt ist dieser Unterton, mit dem Du den Helm ins lächerliche ziehen willst („Plastik-Melonenkörbchen“ etc). Wie gesagt, ich habe selbst Erfahren dürfen wie nützlich ein Helm sein kann. Wenn jetzt einer kommt und sagt daß ein Helm eh nix bringt und alles schlimmer macht finde ich das nicht nur ignorant, sondern auch gefährlich.
Vorweg: Ich will keine Partei ergreifen, ob der Helm das Verletzungsrisiko senkt oder nicht. Das kann ich nicht einschätzen. Ich will gerne ein paar Aspekte einwerfen.
Zunächst einmal unterscheidet sich der Fahrradhelm in seiner Wirkungsweise stark von Helmen, wie sie z.B. Motorradfahrer tragen. Bei letzteren geht es auch um die Verteilung der Krafteinwirkung auf eine größere Fläche des Kopfes, so dass z.B. ein Stein nicht in den Schädel vordringen kann. Diese Wirkung hat ein Fahrradhelm nicht. Er mindert, durch Kompression des Styropors, die auf den Kopf wirkende Beschleunigung beim Aufprall. Konzeptionell geht der Fahrradhelm also von weniger schweren Einwirkungen auf den Kopf aus, wie sie z.B. bei einem seitlichen Sturz auftreten.
Dan sprach ja bereits den Hebelwirkungsaspekt an, der bei bestimmten Stürzen auf die Wirbelsäule einwirken könnte. Ein Aspekt, der zumindest nicht völlig weggewischt werden kann.
Jeder, der mal einen Fahrradhelm getragen hat, kennt das: Man schätzt die Höhe falsch ein. Türkanten und Kellerdecken streift man regelmäßig. Kein Drama – aber was, wenn ein Verkehrsschild zu tief angebracht ist? Einige Städte setzen Schilder an geknickten Stangen ein, die dann nicht selten über den Radweg hängen. Es gibt beim Radfahren Situationen, wo man die Höhe einschätzen muss – bei Fahrradgeschwindigkeit kann eine Fehleinschätzung drastische Folgen haben.
Peter de Leuw beleuchtet auf seiner Webseite http://www.pdeleuw.de/fahrrad/helm.html die physikalischen Eigenschaften des Helms. Weitere physikalische Rechenbeispiele finden sich hier: http://myhome.iolfree.ie/~hardshell/physik.html – hier zeigt sich, dass besonders bei Szenarien schwerer Aufschläge mit hohem Gewichtsanteil durch den Körper die Wirksamkeit extrem gering ist, beim Extrembeispiel eines 75-kg-Körpers, der mit 25 km/h gegen eine Wand knallt, wird die Aufprallgeschwindigkeit durch den Helm beispielsweise um 1 km/h gebremst.
Natürlich erwartet niemand, dass ein Helm in allen Fällen schützen kann. Daher wären, wie gesagt, Zahlen hilfreich.
Unterscheiden sollte man auch immer zwischen Unfallfolgenminderung und Unfallverhinderung. Gedanklich und auch sprachlich wird das oft vermischt. Unfälle müssen in viel stärkerem Maße als bisher verhindert werden. Für Radfahrer ganz wichtig sind zwei Aspekte: Einmal die Abschaffung der speziellen Radweg-Risiken und dann die Herabsenkung der Geschwindigkeit motorisierter Fahrzeuge im Kraftverkehr. Wenn ein Radfahrer verunglückt, dann meistens in Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug, d.h. man muss sich maßnahmentechnisch auf ein besser funktionierendes Miteinander konzentrieren. Dieser Aspekt wird vielleicht in Fahrrad- oder Fußgängerforen diskutiert, ist der breiten Masse als Gedankenansatz aber gar nicht bekannt, während über die Helmpflicht wohl jeder schonmal nachgedacht hat.
Berlinradler, Du schreibst daß Du nicht Partei ergreifen willst, aber dann bringst Du diese hanebüchenen Zahlen…
Das Beispiel mit dem 75kg-Körper das Du verlinkst ist haarsträubend. Das ist pure Anti-Helm Polemik, nur unzureichend mit einem wissenschaftlichen Deckmäntelchen verkleidet.
Was dein Beispiel mit der Durchfahrtshöhe angeht – klar kann man immer irgendeine Situation konstruieren, in der der Helm dann tatsächlich schädlich war. Andererseits, wenn Du Deine Durchfahrtshöhe so knapp planst, daß es auf 3 cm ankommt, finde ich das auch ohne Helm sehr riskant.
Und zu der Hebelwirkung auf die Nackenwirbelsäule: Wenn man so hart mit dem Kopf aufschlägt, daß die Nackenwirbelsäule leidet, dann käme man ohne Helm bestimmt nicht mit weniger Verletzungen davon.
Wie gesagt, ich bin total gegen eine Helmpflicht, weil diese das Radfahren im Alltagsverkehr unnötig verkompliziert. Das ist auch das beste Argument gegen eine Helmpflicht (wie wir wissen jetzt auch in Australien). Aber diese ganzen auf gefährlichem Halbwissen basierenden Spekulationen, daß ein Helm keinen Nutzen bringt und sogar gefährlich ist sind kontraproduktiv und spielen durch Ihren Dilettantismus der Helmpflichtlobby in die Hand.
Vorweg:
Wenn es überhaupt jemanden geben sollte der Statistiken über Kopfverletzungen und dessen Risiko haben sollte dann sind es die Versicherungen.
Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Münster stellt im Jahre 1987 fest:
„Es entspricht der Lebenserfahrung, dass mit der Entstehung
eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der
Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand
ausbricht, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern
stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende
jederzeit gerechnet werden muss.“
Was übersetzt heißt:
„Es entspricht der Lebenserfahrung, dass mit der Entstehung
eines Fahrradunfalls praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der
Umstand, dass man jahrzehntelang keinen Unfall gehabt hat, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern
stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende
jederzeit gerechnet werden muss.“
Zu einem Schweren Unfall geören meistens immer zwei. Im öffentlichen Straßenverkehr ist diese Situation also gegeben und mit dem Fehlverhalten anderer muss immer gerechnet werden. Wer hier auf einen Helm Verzichtet ist selber schuld und das Argument einer schweren Kopfverletzung bis hin zum Schädel-Hirntrauma einer Nackenverletzung vorzuziehen, na ja. Ich kann nur jedem raten die Erfahrung einer Platzwunde durch einen stumpfen Gegenstand, es muss ja nicht immer die Bordsteinkante sein, mal gemacht zu haben. Zu dem Wunsch das Kinder auch ab und zu mal einen Helm tragen: Ja, Kinder können in ihren ersten Lebensjahre Geschwindigkeiten, Wege, Gafahrensituationen, und die Konsequenz ihres eigenen Handels nur schwer bis garnicht einschätzen. Nicht um sonst sind einige Errungenschaften unserer Zivilisation erst ab 18 zu haben -> nach der kindlichen Entwicklung kommt der Jugendliche Leichtsinn.
Zum Helmverzicht, insbesondere im (Extrem-) Sportbereich sollte man mal darüber nachdenken ob die gesetzliche Krankenkasse, bzw. wenn es schlimm kommt, die Pflegekasse, noch alle Kosten übernimmt.
@ozelot, könntest Du konkreter werden, was an dem 75-kg-Beispiel falsch ist? Das Arbeiten mit Grenzwerten ist wissenschaftlich durchaus üblich, die Autoren selbst nennen das Beispiel extrem. Was sie herausarbeiten ist, dass die meisten Fahrradunfälle zwischen dem Wassermelonen-Beispiel aus geringer Fallhöhe und dem „Kopf-durch-die-Wand-Szenario“ liegen und die Schutzwirkung schnell im Bereich der Vernachlässigbarkeit liegt. Deine Gegenargumentation würde mich im Konkreten interessieren, gerne kannst Du also ausführlicher werden.
Solche Verkehrsschilder habe ich schon gesehen und einmal auch selbst nachgemessen, hier lag die Höhe bei 2,20 Metern über dem Radweg. Ich finde das reichlich konkret und keineswegs konstruiert. Den Fehler, mich als Fußgänger mit dem Helm nicht zu bücken, habe ich regelmäßig gemacht und bin oft an Türen angestoßen. Warum sollte mir das beim Radfahren nicht passieren können?
Da Du mir bzw. den Quellen Halbwissen vorwirfst und andererseits ja nachlesen kannst, welche Zahlen ich insbesondere vermisse, wäre es nett, wenn Du die Zahlen nennen könntest. Sonst wäre m.E. auch das Fürsprechen für den Helm auf Halbwissen begründet. Solche Vorwürfe sind eigentlich nicht so der Stil, den ich in Diskussionen schätze, aber das habe ich an anderer Stelle schonmal deutlich gemacht.
Und OVG, das Beispiel mit dem Feuer hinkt, sofern Du nicht mit Brandschutzkleidung am PC sitzt. Feuer im Haus ist ein permanent bestehendes Risiko, das auch Verletzungen und den Tod nach sich ziehen kann. Brandschutzkleidung kann hier helfen. Die Tatsache, dass keiner sie trägt, liegt allein begründet in der seltenen Häufigkeit solcher Ereignisse.
Und hier ergibt sich eine exzellente Parallele zum Radfahren. Die Anzahl der in Berlin schwerverletzten Radfahrer ist – nach meiner subjektiven Einschätzung – gerade an der Grenze zur Sinnhaftigkeit von Schutzkleidung. Die Zahl der Schwerverletzten kennen wir und können daraus schlussfolgern, dass ein gewisser Teil Kopfverletzungen hatte. Ich weiss nicht, wie viele das sind – ich wüsste es wie gesagt gerne. Wir sprechen aber definitiv NICHT von einem Massenphänomen sondern glücklicherweise von einem sehr seltenen, wenngleich nicht unmöglichen Ereignis.
Wenn man OVGs Ausführungen ernst nimmt, dann muss man in Lederkombi mit Integralhelm unterwegs sein.
Und zwar nicht nur auf dem Rad, sondern auch zu Fuß, und auch, wenn man nachts mal auf’s Klo muss und durch die dunkle Wohnung stolpert.
@berlinradler: Ich finde es eigentlich offensichtlich daß das 75kg Beispiel mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat, aber da Du konkret darum bittest werde ich gerne ausführlicher.
Wenn man das 75kg Beispiel benutzt um gegen die Schutzwirkung eines Helmes zu argumentieren braucht man sich nicht wundern wenn man ausgelacht wird. Kein vernünftiger Mensch würde annehmen, daß ein Helm irgendeine erwähnenswerte Schtzwirkung bringt, wenn man mit 27 km/h in horizontaler Lage, stocksteif und mit dem Kopf voraus in eine Betonwand einschägt. Genau dies sind aber die Annahmen, die der Berechnug zugrundeliegen. Die Rechnung an sich ist nicht falsch, aber die Schlüsse die zu ziehen dort und in Deinem Beitrag nahegelegt werden sind es.
Und gerne werde ich auch ausführlicher zur Durchfahrtshöhe. Also erstmal, wenn Du schreibst, daß Du häufig den Fehler machst Dich mit Helm nicht zu bücken und dann an Türen anstößt: dazu braucht es keinen Helm, das passiert mir auch ohne. Aber wenn ich das nächste Mal durch diese Tür gehe ziehe ich meinen Kopf ein. Jeder normale, lernfähige Mensch wird dies genauso tun. Und wenn Dir das mit dem Helm passiert, ziehst Du den Kopf halt danach etwas weiter ein. Wo ist das Problem?
Auf dem Fahrrad kann man sich diesen Lernvorgang nicht leisten, wie Du ja auch schön dargelegt hast. Deswegen halte ich auf dem Rad nach oben mehr Sicherheitsabstand. Ein Helm trägt vielleicht 3, maximal 5 cm auf die Kopfhöhe auf. Wenn Du regelmäßig unter Hindernissen mit weniger als 5cm Abstand schnell hindurchfährst, finde ich das ganz schön riskant. Und überhaupt, was spricht dagegen, mit Helm einfach einen etwas größeren Abstand zu halten? Wenn man es gewohnt ist, macht man dies sowieso automatisch.
Auch verstehe ich nicht warum ich hier jetzt Zahlen nennen soll. Ich habe ganz klar dargelegt, warum ich für den Helm spreche. Nämlich aus eigener Erfahrung, die Dank Helm _nicht_ schmerzlich ist. Und gleichzeitig betone ich immer, daß ich niemandem das Helmtragen vorschreiben will. Deswegen verstehe ich nicht, warum Du Dich dadurch jetzt angegriffen fühlst.
P.S.: Woher kommen eigentlich diese ganzen Bezüge zu Wassermelonen in diesem Kommentarthread? Ich lese in der Originalmeldung nichts dazu.
Das Wassermelonenbeispiel ist der übliche Beweis für die Wirksamkeit eines Helmes. Zunächst wird die Wassermelone aus einer bestimmten Höhe fallen gelassen und zerberstet. Dann wird sie mit Helm fallen gelassen und bleibt intakt. Das ist der Beweis für die Wirksamkeit bei Stürzen aus geringer Höhe, z.B. beim seitlichen Umfallen.
Zum 75-kg-Beispiel habe ich dargelegt, dass das ein Extrembeispiel ist. Zwischen dem Wassermelone- und dem 75-kg-Beispiel dürften sich die meisten Unfälle abspielen. Wie gesagt sind Grenzwertbetrachtungen oft hilfreich und sinnvoll, da sie erahnen lassen, was dazwischen passiert. Das kann aber jeder gerne sehen wie er will.
Naja irgendwie drehen wir uns im Kreis, eigentlich ist das Thema auch nicht wirklich wichtig.
Na, ich finde das Thema sehr wohl wichtig. Lustigerweise kam ich über die Links hier in den Kommentaren zu einigen sehr schönen Beispielen, wie Statistiken systematisch falsch interpretiert werden, um dem Helm eine schädigende Wirkung zu unterstellen. Das dies in diesem Forum hier so kritiklos übernommen wird, erstaunt mich. Gleichzeitig werden alle Berichte relativiert, die für einen Helm sprechen, oder sie werden einfach übergangen.
Wer gegen eine Helmpflicht argumentiert sollte dies aber in jedem Fall mit vernünftigen Argumenten tun, anstatt mit fadenscheinigen Zahlen aufzuwarten, die keiner rigorosen Überprüfung standhalten. Man sollte sich beim Kampf gegen eine drohende Helmpflicht auch gar nicht erst so weit auf diese Argumente einlassen, daß man am Ende selbst glaubt, daß der Helm ein Risikofaktor ist.
Das beste Argument gegen eine generelle Helmpflicht ist der negative Effekt auf die Fahrradbenutzungsquote. Dieses Argument kann man als einziges sehr gut empirisch unterfüttern.
Genau die Benutzungsquote ist das wichtigste!
Wir sprechen dann bei Feuer auch definitiv NICHT von einem Massenphänomen sondern glücklicherweise von einem sehr seltenen, wenngleich nicht unmöglichen Ereignis. Daher sind Rettungswege und Brandschutztüren vorgeschrieben, Rauchmelder nur in einigen Bundesländern bei Neubauten pflicht.
Schwere Dosenunfälle sind auch kein Massenphänomen, trozdem gibt es Gurt und Airbag.
Flugzeugabsturze und Bruchlandungen sind auch kein Massenphänomen, trozdem gibt es auf innerdeutschen Flügen Schwimmwesten.
Es ghet mir auch nicht um die Helmpflicht aber man sollte bedenken, dass ein Unfall immer möglich ist, dass eine Kopfverletzung dabei sein kann und dass der Kopf ziemlich wichtig ist um am kacken zu bleiben. Bremsen mit dem Kopf bei 7 Km/h heißt ein Zehntel deines Körpergewichtes (soviel wiegt dein Kopf) aus einem Meter Höhe Fallen zu lassen. Da kann man nur hoffen, dass die Hände schneller sind als die 30 x 30 Gehwegplatte die einem aus einem Meter Höhe auf einen zu kommt, wobei wir wieder beim Thema Glück sind.
Also: Nur Armleuchter fahren ohne Licht!
… da fällt mir gerade ein, dass es durchaus ernstzunehmende Menschen in diesem Lande gibt, die die Macht der Feuerwehr einschränken wollen.
So wie Boulevard-Zeitungen mit einer kruden Mischung aus Angst und Hass Emotionen schüren und Leser rekrutieren, so ähnlich ist es scheinbar auch mit der Feuerwehr.
Das teuerste Haus im Dorf ist oft das der Feuerwehr – obwohl es nur wenige Berufsfeuerwehren gibt und die Zahl der Brände in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark zrückgegangen ist. Und auch eine freiwillige Feuerwehr kostet im Jahr eine höhere sechsstellige Summe, leicht ein Zehntel des Gemeindeetats. Und in den meisten Dörfern hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gebrannt – vor allem, weil es sinnvollere Bauvorschriften und sichere Koch- und Heizsysteme gibt.
Es geht nicht darum die Feuerwehr in ihrer Gesamtheit in Frage zu stellen, sondern die offensichtlichen Auswüchse. Und es gibt zumindest einen mir bekannten drastischen Fall, in dem die Feuerwehr eines Dorfes einen bereits durchgeplanten und durchfinanzierten Radfernweg in ihrem Dorf gekippt hat. Der Weg hätte vermutlich mehr zur Sicherheit beigetragen als ein neues Feuerwehrhaus, da die Leute auf einem guten Radweg abseits der Hauptstraße erstmals freiwillig vom Auto aufs Fahrrad umgestiegen wären.
Und weil man Risiken richtig einschätzen muss, gibt es auch keine Fallschirmpflicht in Flugzeugen oder eine Helmpflicht für Autofahrer. Nur Radfahrer kann man ungestraft mit solchem Zeug seit Jahren vor sich hertreiben (und dabei Sport und Verkehr in einen Topf werfen), obwohl sich das Risiko mit schweren und tödlichen Verletzungen zu verunglücken beim Fahrradverkehr stärker verringert hat, als beim Autoverkehr. Erstaunlicherweise während letzterer Autoverkehr im gleichen Zeitraum mit Gurt, Knautschzone und Airbag förmlich in Watte gepackt wurde, der Fahrradverkehr sich vervielfacht und der Fahrradhelm keine ernstzunehmende Verbreitung erlangt hat …
@benno: Welchen Einfluß hat ausgerechnet die Feuerwehr auf die Planung von Radfernwegen? Magst Du etwas mehr erzählen?
… es geht um den Eigenanteil der Kommune und verschiedene Interessengruppen.
Normalerweise kennt man ja eher den NABU-Aktivisten, der sich vor der Asphaltmaschine quer legt, um – wie ein Umweltminister mal sagte – sich am Radweg schadlos zu halten, nachdem er den Kampf gegen die Autobahn verloren hat. Im Ergebnis können Radfahrer dort und anderswo weiter Dreck schlucken …
In dem beschriebenen Dorf – wie in so vielen anderen Dörfern – bildet die Feuerwehr ihr eigenes Fürstentum. Wenn der geringe Eigenanteil für den Radweg verbraucht ist, kriegt das Dorf die Fördergelder für die neue Feuerwache nicht mehr. Also wird mit allen möglichen Mitteln Stimmung gegen den Radweg gemacht – und in dem Fall wurde sogar mit irgendwelchen weitergehenden Aktivitäten gedroht. Und da in so einem Dorf Jeder Jeden kennt und die Fürstenfamilie aus der Feuerwehrdynastie die Macht hat dies zu nutzen, wurde der überregionale Radweg an dieser Stelle bis heute nicht gebaut.
da interessieren mich jetzt aber brennend die Namen, zumindest die des Ortes, bzw. der Gemeinde!
Ich finde sowas unverantwortlich, dass 40 der Kinder keine Helme tragen, an einigen Sachen sollte man sparen, aber nicht an einem Helm, dass geht gar nicht, ich finde sowas bei Leibe nicht gut, Erwachsene sind ja für sich verantwortlich, aber wir auch für die Kinder.
Was eine Statistik, macht mich traurig so
@Jaqueline: Ich hoffe es macht Dich genauso traurig und Du findest es mindestens genauso unverantwortlich, dass es nicht schon längst verboten wurde, sich in der Nähe von Orten, an denen sich in der Regel Kinder aufhalten (also z.B an jedem beliebigen Punkt in Dörfern und Städten) sich mit ein bis vierzig Tonnen Stahl- und Blechgeschossen mit 50km/h zu bewegen.
Mich z.B macht es nämlich traurig, dass dies nach wie vor erlaubt ist und Kinder sich gegen einen solchen tödlichen Wahnsinn mit lächerlichen 30 Quadratzentimetern Plastik schützen sollen.
Das erinnert mich immer an diese Filme aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, in denen der amerikanischen Bevölkerung empfohlen wurde, sich im Fall eines nuklearen Angriffs zu ducken und z.B eine Aktentasche über den Kopf zu halten, um sich zu schützen…
…
Und rate mal was kommt, wenn alle Radfahrer Helme tragen. Dann sind nämlich als nächstes die Fußgänger dran und es wird Dich traurig machen, dass nicht alle Kinder auch wenn sie zu Fuß unterwegs sind einen Helm tragen und es unverantwortlich finden, wenn die erwachsenen Fuchsgänger nicht mit „gutem Beispiel“ vorangehen.
Fuchsgänger=Fußgänger :-/
Im Jahr 2010 die Anzahl der Helmträger aller Altersgruppen (innerorts) insgesamt wieder etwas zurück gegangen. Im Vergleich zum Vorjahr ist bei Erwachsenen in der Altersgruppe von 31 Jahre – 60 Jahre, die Helmtragequote von 11 Prozent auf 9 Prozent gesunken. Lediglich bei den Senioren ab 61 Jahre ist der Wille sich beim Rad fahren zu schützen gestiegen. Bei Ihnen ist die Quote, im Vergleich zum Vorjahr, von 5 Prozent auf 9 Prozent gestiegen.
Quelle:
http://www.bast.de/DE/Publikationen/Forschung-kompakt/2011-2010/2011-05.html
„Wenn man OVGs Ausführungen ernst nimmt, dann muss man in Lederkombi mit Integralhelm unterwegs sein.
Und zwar nicht nur auf dem Rad, sondern auch zu Fuß, und auch, wenn man nachts mal auf’s Klo muss und durch die dunkle Wohnung stolpert.“
Seh ich genaus. MAnchmal kann man echt übertreiben.