Etwa fünfzig Leute waren gegen 18 Uhr am Heinrichplatz aufgetaucht und als jemand kurz vor halb sieben meinte, man solle doch mal losfahren, setzte sich die Kritische Masse der Sonne entgegen in Bewegung. Unter den Radfahrern waren erstaunlich viele, die sich auf französisch oder englisch unterhielen. Hinter dem Oranienplatz war die Zahl der Biker auf sechzig, vielleicht siebzig gestiegen, aber es reichte nicht, um flashmobmäßig den Kreisverkehr am Moritzplatz zu blockieren, also gings weiter Richtung Check Point Charlie. In der Zwischenzeit hatten sich eine ganze Reihe von Polizeifahrzeugen hinter der Critical Mass eingefunden. An der Ecke Leipziger und Friedrichstraße gab es den ersten Versuch der Polizei, die Leute an der Weiterfahrt zu hindern.
Die quergestellte Wanne wurde locker umkurvt, über Friedrichstraße und Unter den Linden ging es gut gelaunt an Alex und Volksbühne vorbei die Schönhauser Allee hinauf. Neben den geschätzt sechs bis acht Polizeifahrzeugen tauchten nun mehrere Zivilautos der Polizei in den Seitenstraßen auf, von denen hektisch das Blaulicht vom Dach gerissen wurde, sobald sich die Critical Mass näherte. An der Ecke Danziger Straße und Prenzlauer Allee sah die Polizei ihre Chance. Auf dem linken Fahrstreifen hatte sich eine Lücke gebildet, in die zwei Polizeiwannen mit hohem Tempo setzten, die Fahrraddemo überholten und sie vor der Kreuzung blockierten. Da sich hinter der Demo ebenfalls Polizeifahrzeuge gesammelt hatten, bildete sich eine Art Kessel, aus der zunächst mal niemand hinaus kam. Nach der (vergeblichen) Suche der Polizei nach einem „Verantwortlichen“ für die CM folgte eine ellenlange Prozedur, in der die Personalien der Teilnehmer aufgeschrieben wurden. Außerdem wurde den Teilnehmern das Verbot ausgesprochen, weiter im Tross auf der Straße zu fahren. Ansonsten würde das Fahrrad eingezogen werden. Ende der CM gegen 20 Uhr.
1. untereinander kontaktdaten austauschen
2. eine anlaufstelle (mail/newsgroup etc. aufmachen)
3. leipzig kontaktieren (cm und/oder adfc)
4. beistand in der stadtverwaltung/politik suchen (schon wegen des schnelleren informationsflusses)
5. entspannt bleiben
wenn das so wie in leipzig läuft wärs schön. die können mittlerweile wieder gänzlich ohne cops rollen. und die verfahren wurden auch eingestellt.
Hm. Ich war nicht dabei, daher kann ich zu den Vorkommnissen nichts sagen. Aus meiner Sicht ist das Verhalten der Polizei, wenn es, wie geschildert, keine weiteren Gründe gegeben haben sollte, unverhältnismäßig. Sowohl das Recht auf Versammlungsfreiheit im Grundgesetz wie auch §27 StVO (http://bundesrecht.juris.de/stvo/__27.html) können als Grundlage für solche gemeinsamen Fahrten herangezogen werden. Solange die Verkehrssicherheit nicht gefährdet wird (das Verlangsamen des Verkehrs ist damit nicht gemeint) dürfte die Polizei nicht einschreiten. Allerdings erlaubt der §27 nicht, mehrspurige Straßen komplett zu blockieren. Unbelassen bleibt der Rennleitung natürlich, die Verkehrssicherheit der einzelnen Räder zu prüfen. Dies für den ganzen Verband vorzunehmen scheint mir jedoch auch wieder unangemessen zu sein.
Wichtig ist dabei: die CM (Critical Mass) ist keine Demonstration, denn diese müsste angemeldet werden. Aus einer CM eine politische Demonstration machen zu wollen wäre eine Verkehrung des Sinns dieser Aktion.
Interessant wäre, hierzu eine Stellungnahme eines Juristen einzuholen.
[…] Critical Mass in Berlin aufgelöst Von bikebloggerberlin Die Critical Mass am Freitag nachmittag in Berlin wurde von der Polizei aufgelöst. Da ich nicht dabei war verweise ich auf den Beitrag der Radspannerei. […]
nun, mehrmalige zählungen haben ergeben, dass es in hochzeiten knapp über hundert waren. Das vorgehen der polizeit sei eine schikane gewesen, ein gespräch sei keineswegs zustande gekommen, so konnten die verteilten zettel (paragraph 27.1) getrost und enttäuscht vernichtet werden, heißt es weiterhin. Schön, dass es wohl so viele gewesen waren und schade, dass die Rennleitung absolut unvervältnismäßig und nur pseudokooperiationsbereit reagiert hat… ich mein, es ging doch nur ums gemeinsame radfahren!
Gab es eine Begründung dafür, dass die Personalien aufgenommen wurden? Ein konkreter Vorwurf, oder einfach erstmal so, bzw. zum Daten sammeln?
> Außerdem wurde den Teilnehmern das Verbot ausgesprochen,
> weiter im Tross auf der Straße zu fahren.
> Ansonsten würde das Fahrrad eingezogen werden.
Hätte man das mal vor ein paar Wochen bei der Fußballveranstaltung gemacht, bei der riesige Idiotenhorden mit ihren Autos im Tross auf der Straße fuhren …
die polizei will nur dafür sorgen das sich solche aktionen nicht einbürgern und setzt daher rechtzeitig auf repression und schikane.
Ich finde, wenn Autos Stau verursachen sollte man den Fahrern das verbieten und die Autos einziehen wenn sie weiter im Tross auf der Straße fahren.
> Nach der (vergeblichen) Suche der Polizei nach einem „Verantwortlichen“ > für die CM folgte eine ellenlange Prozedur, in der die Personalien der
> Teilnehmer aufgeschrieben wurden.
Na logo, ohne Führer kein Verband
StVO § 27.5:
Der Führer des Verbands hat dafür zu sorgen, daß die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden.
Ich bin ja ein unbescholtener Bürger und habe nach dem CM-Erlebnis am selben Abend noch versucht, bei der Polizei eine Radtour von 2 oder möglicherweise mehr Personen zur Beusselstraße ordentlich anzumelden.
Hat leider nicht geklappt, die Polizisten meinten wir sollten doch einfach fahren.
@Heino: impliziert Abs. 5, dass ein Verband gem. § 27 StVO einen Führer haben muss?
@CM (Leipzig), meines Wissens dürfen Personenkontrollen anlassunabhängig stattfinden, täusche ich mich da?
Ansonsten würde mich natürlich auch die Rechtsgrundlage interessieren. Die Rückfahrt von der Fahrradsternfahrt erfolgt auch nicht selten in so großen Gruppen, dass das Hintereinanderfahrgebot faktisch uneinhaltbar ist. Die Busspur Unter den Linden ist so z.B. nach der Sternfahrt stundenlang vollständig mit Radfahrern besetzt, andere Fahrzeuge haben es hier schwer.
Da CMs ja glücklicherweise immer häufiger werden, sollte die Polizei ggf. ihre Rechtsansicht mal prüfen und artikulieren.
Bei so einer Veranstaltung sollten die Radfahrer wohl peinlich genau darauf achten, die STVO einzuhalten. Nur so kann man argumentativ die Hohheit behalten und der Polizei ggf. zu Recht Willkür vorwerfen.
Mich würde freuen, wenn Dietmar vielleicht die Zeit hätte, eine Einschätzung zu schreiben.
Autos dürfen jeden Tag CM spielen, aber wehe Radfahrer blockieren den Motorisierten verkehr….
Als weitere Analogie möchte ich Personengruppen nennen, die sich als Fußgänger fortbewegen. 20-30 Leute sind nicht unüblich, aber auch größere Gruppen würden m.E. keinen Polizeieinsatz auslösen.
@ berlinradler
„meines Wissens dürfen Personenkontrollen anlassunabhängig stattfinden“
Vermutlich ja.
Entweder wurde hier kontrolliert, um noch Anzeigen zu machen – da wäre eben interessant weswegen. Oder das war einfach nur Einschüchterung, damit nächstes Mal weniger Leute kommen und sich das – aus Polizeisicht – Problem CM von selbst löst.
Bei uns in Leipzig hatte man Personalien festgehalten und zunächst nicht gesagt, weswegen eigentlich. Später hieß es dann auf Nachfrage von Journalisten, es werden Anzeigen rausgehen; wurde aber nicht gesagt wegen welchen Verstößen. Noch später bekamen einige Leute Anzeigen wegen eines Verstoßes, den wir nicht begangen hatten (rote Ampel sei missachtet worden).
Regelkonformes Fahren sollte man schon umsetzen, vor allem wenn die Polizei die CM begleitet und genau auf die Räder und FahrerInnen schaut. Also zumindest wenn man ein Interesse an Entschärfung der Situation hat und kein Bock auf permanente Gängelei.
Wir hatten zwischenzeitlich auch mal mit der Polizei gesprochen und am Ende kamen wir auf Punkte wie:
– zwei Räder nebeneinander fahren, kompakt fahren, bei mehreren Spuren nur eine Spur nutzen
– wie EIN Verkehrsteilnehmer verhalten (also Ampeln, Vorfahrten und sowas beachten) und der Verband richtet sich nach der Spitze
Zwei weitere Punkte könnten ein Problem sein:
– Führer des Verbandes (kann sein, dass die Polizei will, dass der sich – auch namentlich – zu erkennen gibt)
– Kennzeichnung des Verbandes (kann sein, dass die Polizei neben der Tatsache, dass ihr alle ein Rad habt noch was extra will)
Das ist bissl schwammig und soweit wir rausgefunden hatten, gab es da auch keinerlei Rechtssprechung o.ä. an der man sich hätte orientieren können. Da es bei uns auch nicht zu Verhandlungen kam, wurden die Fragen was ist ein Fahrradverband und was darf/muss der auch in Leipzig nicht vor Gericht behandelt.
Die letzten beiden Punkte (Führer/ Erkennbarkeit) haben wir zeitweise umgesetzt. Dh, kurz vor Losfahrt hat eine/r gesagt, er/sie sei Führer des Verbandes. Wir haben auch gesagt, wo wir hin wollen (was ziemlich bescheuert ist und den Spaß der Sache nimmt). Einmal haben wir uns ein paar weiße Zettel in die Speichen geklemmt (erkennbar, naja).
Mittlerweile können wir uns diese Punkte aber sparen, da die Polizei uns nicht mehr begleitet.
Abwarten, ob es Post in Form von Anhörungsbögen gibt, oder was bei der nächsten CM passiert – vermutlich wird sich die Situation aber nicht einfach so entspannen. Man wird versuchen zu verhindern, dass ihr losfahrt.
Für diesen Fall – und so ihr nicht auf Konfrontationen steht – ist es nicht schlecht, eine Ausgabe der StVO dabei zu haben, eine/n die/der die Verbandsführerrolle übernehmen würde und Handzettel für die Teilnehmenden, die an regelkonformes Fahren appelieren u/o zur Kennzeichnung genutzt werden können. Wenn die euch das dann immer noch verwehren, sollte man rechtlich dagegen vorgehen.
Vielleicht auch noch ein paar PressevertreterInnen zur nächsten CM dazuholen, die das Ganze dokumentieren…
hi, i came from italy.
in milano (mailand), we do the critical mass every week – every thursday night!
in summer we reach the 250-300 bikers and, comparing to berlin, milano is not a very big and modern city.
of course we create big lines of cars behind us, but normally, the maximum of police which follows us, is one car (often is in plain clothes).
we go around the city for more than two hours, and nothing stops us (not the traffic lights, not the cars, not the police…)
this friday i was at the critical mass in berlin and i think that the situation has been really ridiculous!!
there were 4 big vans, and many cars… at a certain point i was even looking for helicopters… i’ve never seen something like that… and then, when they blocked us for so long time, they created more traffic problems than we did before.
i’m sure is necessary to create a stronger belief in the real meaning of ‚critical mass‘: no leaders, no official demonstration, no rules except for the respect for people and the city.
if lots of cars go in the same road in the same direction, nobody stops them… in the same way, should became normal that many bikes go together in the same direction, without been considered a demonstration or something worse!
i always use the bicycle and i believe in better cities with less and less cars.
and i also believe that people can change the situation, but they must be not only law-abiding, but even intelligent and work together!
Der richtige Ansatz fürs Einschwören der Rennleitung auf recht- und verfassungsmäßiges Verhalten dürfte sein, beim Verwaltungsgericht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung wegen des von dem Beamten so genannten Verbandfahrverbots zu stellen und diesen ggf. rechtzeitg vor dem nächsten letzten Freitag im Monat mit einem Eilantrag zu flankieren. Hilfreich ist sicher, wenn alle Adressaten der Anordnung bei der für den Bereich zuständigen Polizeidienststelle Widerspruch einlegen & auf die Wiederholungsgefahr hinweisen. Das kostet nichts, macht wenig Mühe und führt Polizei-intern zu weiterem Nachdenken.
Wann ist denn die nächste Critical Mass? Hier scheint man ja ernsthaft noch um Grundrechte wie die Teilnahme am Straßenverkehr streiten zu müssen. Da mach ich gerne mit.
Der Kommentar von camilla bringt mich auf eine Idee: Was, wenn man vorher das Gespräch mit der Rennleitung sucht?
Kommunikation ist alles 😉
…noch was: auf dem Bild oben ist u.a. ein – nach neuesten rechtswissenschaftlichen Erkenntnissen – nicht ganz so super StVzO-konformes „Starrgangrad“ zu sehen…. Um der Rennleitung möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, sollte man darauf zu achten, eine helltönende Glockenklingel und den anderen StVzOKrempel am Rad zu haben.
jedeR soll ein StVzO rad fahren? und wie soll man dann 200 leute zusammen bekommen (like in milano)?
CM means no rules. das problem sind nicht wir, sondern die, die uns stoppen wollen
> jedeR soll ein StVzO rad fahren?
Natürlich, was denn sonst?
> und wie soll man dann 200 leute zusammen bekommen (like in milano)?
Die Anzahl der Vollpfosten, die sich über Regeln hinwegsetzen, ist erstaunlicherweise immer noch kleiner als die, die kapieren, daß nicht alles, was eine Regel ist, auch gleichzeitig Schwachsinn sein muss.
> CM means no rules.
Das allerdings lässt auf ausbeutenswerte Vorkommen von Filz im Kopf schließen.
> das problem sind nicht wir, sondern die, die uns stoppen wollen
Das Problem ist hier, daß das Klopfen dummer Sprüche wichtiger ist als das, worum es eigentlich gehen sollte.
Aber das kapieren die Web2.0-Hipster eh nicht mehr, der Zug ist abgefahren.
@berlinradler: Die CM findet zweimal im Monat statt. Der erste Termin ist am letzten Freitag des Monats um 18 Uhr am Heinrichplatz. Die nächste Ausfahrt startet also am 27. August.
Die zweite CM beginnt immer am Brandenburger Tor an jedem ersten Sonntag im Monat um 14 Uhr.
@Kommunikator: es gab einige Starrgangräder, die alle zumindest vorn eine Bremse hatten. Deren Fahrer haben darauf geachtet, nicht allzu nah neben den Polizisten zum Stehen zu kommen. Dieser Respekt ist berechtigt, denn Polizisten überprüfen sehr gern bei CMs die Funktionen eines Fahrrads. Da reicht bereits eine fehlende Klingel, um Ärger zu bekommen.
Gestern war der erste Sonntag im Monat.
Was war los?
Kann Vollzug gemeldet werden?
http://www.youtube.com/watch?v=shJJSKzTZmQ
liebe grüsse aus wien. wir sind nun im vierten jahr der wiener CM und haben regelmässig zwischen 150 (winter) und 500 leuten (sommer)
am anfang (naja .. die ersten zwei jahre immer wieder) war bei uns die polizei auch sehr repressiv und wollte uns einschüchtern. anzeigen, kontrollen, auflösungen, repressionen, drohungen …
wir haben einerseits versucht uns nicht unterkriegen zu lassen und auf anzeigen mit hilfe von guten anwälten reagiert, medienarbeit gemacht und andererseits aber auch immer gesprächsangebote an die polizei gemacht und versucht hier einen sinnvollen draht zu haben.
diese strategie war in dem sinn efolgreich, dass die cm mittlerweile sehr gut funktioniert und wir kaum noch repressionen haben. die polizei fährt aber immer mit – mittlerweile sogar mit eigenen fahrrädern 🙂
diskutabel ist diese strategie natürlich allemal. will mensch mit polizei kooperieren oder nicht. gibts unterschiedliche meinungen und standpunkte und wird auch immer wieder in wien diskutiert.
ich finds angenehm, ned jedes mal die repression zu spüren und irgendwo auch im vorfeld zu fürchten und die CM als lustvolles radfahren und ungefragtes + kraftvolles raumnehmen zu leben. aber natürlich ist der gedanke, dass einfach so machen zu können – ohne polizeibegleitung – auch recht reizvoll.
alles gute euch und egal wie ihr weitertut: lasst euch von der staatlichen repression ned kleinmachen. wir sind viele !! solidarische grüsse !!
Weil immer wieder erwähnt wird, dass Autos Staus (ungestraft) produzieren dürfen bzw. nebeneinander fahren dürfen während die CM dafür bestraft wird.
Nun, ein nebeneinander fahren ist nun einmal laut StVO nicht erlaubt.
Autos dürfen das.
Jedoch spricht nichts dageben, wenn ihr hintereinander fährt, einen entsprechenden Sicherheitsabstand zu den parkenden Autos lässt und immer wieder ein paar Kollegen, links und langsam, überholt.
Dies ist erlaubt :-).
Und ob das Recht auf Versammlungsfreiheit auf der Straße/öffentlichen Verkehr erlaubt ist/sein sollte, darf stark bezweifelt werden.
Sollte die Polizei wieder eine unverhältnismäßige Anhaltung bzw. Blockade machen, so sollte sich die CM wie in den Asterix Comics die Römer, zu einer Art Igel-Schild zusammenstellen. Darüber hinaus sollte bei der ersten Handgreiflichkeit sofort die Rettung und Feuerwehr angerufen werden.
@Alex: dass Nebeneinanderfahren verboten sei, ist nicht ganz richtig. Nach §2 StVO ist es zulässig, „wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird“. Behinderung ist natürlich wieder dehnbar.
Für die CM muss der §27 StVO Anwendung finden (http://bundesrecht.juris.de/stvo/__27.html). Egal, wie man es sieht, sobald mehr als 15 Radfahrer zusammen fahren müssen sie als Verband betrachtet werden.
Hier die entsprechenden Absätze des § 27 StVO, nicht relevante Teile habe ich ausgelassen:
(1) Für geschlossene Verbände gelten die für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen sinngemäß. Mehr als 15 Radfahrer dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren. …
(2) Geschlossene Verbände … müssen, wenn ihre Länge dies erfordert, in angemessenen Abständen Zwischenräume für den übrigen Verkehr frei lassen; an anderen Stellen darf dieser sie nicht unterbrechen.
(3) Geschlossen ist ein Verband, wenn er für andere Verkehrsteilnehmer als solcher deutlich erkennbar ist. Bei Kraftfahrzeugverbänden muß dazu jedes einzelne Fahrzeug als zum Verband gehörig gekennzeichnet sein.
(4) … Eigene Beleuchtung brauchen die Verbände nicht, wenn sie sonst ausreichend beleuchtet sind.
(5) Der Führer des Verbands hat dafür zu sorgen, daß die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden.
(6) …
Zum Asterix-Quatsch schweige ich lieber.
Das mit dem Hintereinanderfahren funktioniert nur bis zu einer gewissen Fahrrad-Verkehrsdichte. Ich nannte bereits das Beispiel der von der Sternfahrt abreisenden Radfahrer über Unter den Linden. Würde man hier ernsthaft verlangen, dass diese hintereinanderfahren, so würde sich am Brandenburger Tor eine lange Warteschlange ergeben. Man müsste lange warten, bis man einen Platz in der Schlangeauf der Straße hat. Die STVO hält hier nichts geeignetes vor.
100 Leute können in der Stadt mit dem Fahrrad nicht zusammenbleiben, wenn sie hintereinanderfahren. Jede Ampel trennt die Gruppe.
„Steht nunmal so in der STVO“ ist ja genau das, gegen das Fahrradaktivisten kämpfen, nämlich eine Benachteiligung. Warum sollten Fahrradgruppen illegitim sein und warum sollten sie, aus praktischen Gründen, nicht den rechten Fahrstreifen nutzen dürfen?
Was war denn nun Sonntag los? Sind da alle zu Hause geblieben? 🙂
An camillas Kommentar sieht man meiner Meinung nach übrigens sehr gut, dass wir hier verkehrstechnisch noch in einem Entwicklungsland (oder Polizeistaat) leben.
@berlinradler und andere:
„Warum sollten Fahrradgruppen illegitim sein“ und Sternfahrt-Heimreisebeispiel… ich glaube, die situative Bewertung auch seitens der Polizei hängt stark davon ab, aus welchem Grunde ein hohes Radverkehrsaufkommen an einem bestimmten Ort stattfindet.
Aus klassischen „Industriestädten“ kenne ich es durchaus, dass in der Nähe von Betrieben, wo im Schichtbetrieb gearbeitet wird, binnen Minuten eine Flut von hunderten von Radfahrern aus den Werkstoren quillt. Da ist dann eine vierspurige Straße mal eben dicht. Und es wird auch nicht „hintereinander“ oder „in Zweierreihe gefahren“, sondern die (z. B.) beiden Fahrstreifen pro Richtung werden flächig ausgenutzt, mit effektiv 5-6 Radfahrern nebeneinander. Solche Pulks sind in manchen Städten zu manchen Uhrzeiten völlig normal, der Autoverkehr kommt für ein paar wenige Minuten zum Erliegen, und nach den ersten 3-4 Kreuzungen löst sich dann das große Getümmel auf, weil es eben nicht ein homogener „Verband“ ist, der da fährt, sondern jeder eben seines eigenen Weges zieht.
In solchen Szenarien würde die Polizei nie auf die Idee kommen einzuschreiten. Da gibt es dann auch keine Verbandsdiskussion. Die Straße ist dann kurzzeitig mit Verkehrsteilnehmern kapazitativ abgefüllt, und es sind eben ausnahmsweise mal Radfahrer und keine Blechtonnenbeweger.
Eine CM hingegen hat einen gewissen „Selbstzweck-Charakter“. Zum einen fordert sie spezielle Rechte ein, nämlich z. B. das Recht auf Fahren im geschlossenen Verband. Zum anderen handelt es sich trotz der proklamierten „Zufälligkeit“ des Geschehens eben im Gegensatz zum Werksverkehr-Beispiel nicht um eine wirklich zufällige Anhäufung individueller Verkehrsteilnehmer, sondern es ist ja schon geplantes Ziel dabei, eben möglichst lange gemeinsam zu fahren.
Das „Prinzip CM“ ist schon auf eine gewisse Art eine Provokation. Die eben nicht nur in die gewünschte Richtung provoziert, sondern auch mal zu hinterfragenswürdigen Reaktionen der Exekutive führt.
Critical Mass Berlin von Polizei im Keim erstickt…
Die Critical Mass in Berlin wurde von einem massiven Polizeiaufgebot an der Weterfahrt gehindert und aufgel……
So ist das genau richtig. Die Ordnungshüter sollen diese linke Brut ruhig schön gängeln und sie in die Schranken weisen !
Obvious Troll is obvious
Ich würd das Verhalten nichtmal verurteilen wenn bei den Autokorsi wegen irgendwelcher Ballspiele gleich vorgegangen würde, aber Autokorso scheint ja Menschenrecht zu sein…
War dies die erste CM in Berlin? Wenn ich bedenke, dass hier in Madrid (vor allem im Sommer) mehrere Tausend Radler zusammenkommen…
Wäre lustig, wenn die Polizei da Daten aufnehmen würden wollte. Glücklicherweise beschränken sie sich darauf den Verkehr mehr oder weniger abzuriegeln und bei Konflikten dazwischen zu gehen.
Vielleicht funktioniert da hier so gut, weil man als Radfahrer wirklich noch ein Exot ist 🙂
hallo,
was soll der der stunt ? werden demnächst denn auch im gegenzug staus auf der BAB durch die polizei aufgelöst ?
ich halte dieses vorgehen für pauschal bedenklich.
Es ist wohl einfach die unterschiedliche Mentalität in verschiedenen Ländern:
Wenn sich in Deutschland „einfach so“ viele Leute auf der Straße versammeln, ob nun mit Fahrrad oder sonstewie, dann rückt sofort ein Bullenaufgebot an und wartet nur darauf, die Menge auseinanderzutreiben oder sonstwie mit Repressalien zu „versorgen“.
Wenn in anderen Ländern – da braucht man nur nebenan nach Frankreich zu gehen – so eine Spontanversammlung stattfindet, dann ist die Gendarmerie auch da. Anstatt gegen die Leute vorzugehen wird sie meist aber eher anfangen, Straßensperren zu errichten. Um die Leute zu schützen und den sonstigen Verkehr irgendwie abzuregeln.
Tja, deswegen sind solche Aktionen notwendig.
Ganz „einfach“ um ein Umdenken, einen Sinneswandel zu bewirken.
Nichts geht von heute auf morgen; das braucht halt alles seine Zeit.
Klar kann es (mir/uns) nicht schnell genug gehen.
Aber wie soll man denen auch einen Vorwurf machen, die jahrelang auf Autoverkehr(t) konditioniert wurden? Fußgänger und anderes nicht motorisierte Volk soll unter die Erde (via Tunnels, Unterführungen etc.).
Jetzt ist endlich eine Gegenbewegung da. Und auch die Polizei, die Verwaltungsbehörden und auch die Gerichte bekommen das mit.
Bis dorthin wird es noch einige Verhaftungen, Aufregungen, Skandale, blutige Nasen und unverständnis geben. Aber das wird schon 🙂