Einen interessanten Kommentar über die ungenutzten Chancen politischer Steuerungsmöglichkeiten zur Verkehrsmittelwahl hat Christian Schwägerl im Spiegel verfasst. Er beklagt, dass die Regierung eine notwendige Verkehrswende torpediert und das Autofahren durch ungerechte Subventionen eher fördert. Dies wiederum führt zu „Umweltverschmutzung, hässlichen Städten, Flächenverbrauch und Verkehrstote inklusive.“ In einer Medienlandschaft, die (Nur-)Autofahren eher mit hohem Lebensstandard verbindet und den derzeitigen Zustand mittels Elektroauto bis in alle Ewigkeit festhalten will, ist so eine Aussage durchaus bemerkenswert.
Schwägerl kommt des weiteren auf die steuerliche Ungerechtigkeit zu sprechen – so bezahlt jeder Steuerzahler die Straßen, für deren Benutzung derjenige den höchsten Betrag beim Finanzamt absetzen kann, der den größten und vielverbrauchendsten Dienstwagen benutzt. Sein Gegenvorschlag: „Neue Autobahnen und Bundesstraßen sollten diejenigen zahlen müssen, die sie tatsächlich nutzen – denn jeder zusätzliche Kilometer ist purer Luxus, das deutsche Wegenetz ist längst dicht genug.“
ja, ziemlich traurig und ungerecht alles.
irgendwann wird die verkehrswende ja eh kommen (müssen), die elektromobilitätsblase zerplatzt und deutschland hat ne chance vertan sich frühzeitig in die richtige richtung zu orientieren
Immerhin sind solche Artikel in Zeitungen mittlerweile möglich. Man denke nur 5 oder 10 Jahre zurück. Niemals hätte es etwas Autokritisches in einer Zeitung wie dem Spiegel gegeben. Ein Umdenken findet statt. Nicht nur in der Presse, sondern auch in der Gesellschaft. Und das ist gut so.
@Heinzer: Ich stimme Dir da zu.Aber in der Printausgabe des Spiegel wird sich so ein Artikel/Kommentar auch heute nicht wiederfinden denke ich.
Da braucht es wohl nochmal 20 Jahre, bis es soweit sein könnte.
Endlich traut sich das mal jemand zu schreiben und es wird sogar veröffentlicht. Wenn man sich die Kommentare zum Artikel mal anguckt, sieht man, dass wir mit dieser Meinung trotzdem noch von vielen (wenn nicht gar der Mehrheit der Bevölkerung) als Hardcore-Öko-Spinner angesehen werden.
Wen man sieht, wieviel sich in den letzten Jahren (Jahrzehnten) geändert hat, kann man ruhig optimistisch sein. Vor kurzem noch war das Auto das Maß alles Dinge, dem alles untergeordnet wurde – diese Zeiten sind (teilweise) vorbei. Die öffentliche Meinung ändert sich, die Politik muss nachziehen. Nur schade, dass bis dahin vielleicht sehr viel Zeit vergeudet wird.
Es fing in den 60ern in der BRD an: ein Haus im Grünen und Arbeiten in der nächsten Stadt. Damit das geht, wurde die KM- Pauschale erfunden. Wer mehr fährt, bekommt mehr Geld vom Fiskus zurück. Wer in der Stadt wohnt und kurze Wege hat, geht (fast) leer aus. Irgendwann kamen die Grünen auf die Idee eine KM- Pauschale einzuführen, unabhängig welches Fortbewegungsmittel genutzt wird. Schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Dann kamen die Umweltzonen. Neue Autos wie die „tollen“ SUVs bekamen grünen Plaketten, alte Fahrzeuge mit wenig Verbrauch wurden geschreddert, weil keine oder rote Plakette. 2500 Euros gabs noch obendrauf für den neuen Flitzer. Dann wurde noch kurz der armen Autoindustrie mit Finanzhilfen unter die Arme gegriffen. Und wo erkennt Ihr nun die Trendwende?
Bundespolitisch hat sich doch in den letzten Jahren und Jahrzehnten gar nichts geändert. Von der Kilometerpauschale mal abgesehen hat selbst Rot-Grün den Verkehrssektor nicht angetastet. Niedrige Besteuerung des Flugverkehrs, hohe Subventionen und Bevorzugung des Autoverkehrs, hohe Besteuerung des Bahnverkehrs – war immer so und sieht auch nicht so aus, als ob sich das ändern würde. Optimistisch? Nicht bei der Bundespolitik. Zur Zeit ist ja nicht mal klar, welche STVO-Fassung derzeit gilt.
Landespolitisch ist Berlin auf einem guten Weg, auf dem aber noch viel zu tun ist. Noch können Bewegungsneurotiker auf Bezirksebene vieles verhindern, was auf Senatsebene entschieden wurde – und tun dies oft mit voller Kraft. Gefahren sehe ich in der nächsten Senatswahl, einigen Parteien traue ich ernsthafte Bemühungen bei der Unterstützung des Radverkehrs eher nicht zu.
Optimistisch? Auf Bundesebene nicht, auf Landesebene (für Berlin) schon.
Naja, in der Politik ist der Wandel vielleicht noch nicht angekommen, aber im Bewusstsein der Bevölkerung tut sich doch einiges. Das sieht man alleine schon, wenn man vergleicht wieviel Rad heute gefahren wird im Vergleich zu vor 15 Jahren. Das wird man irgendwann auch in der Politik nicht mehr ignorieren können. In Berlin haben es ja schon einige erkannt, die Erkenntnis kommt schon noch irgendwann.
Selbst das Internet hat die Politik im Vergangenen Jahr bereits entdeckt. Man muss den verkalkten alten Herrschaften einfach Zeit geben 😉