Die Berliner Polizei will ab heute bis Sonnabend, dem 16. Mai im Bezirk Mitte eine Präventionswoche zum Schutz der Radfahrer unter dem Motto Fairrad durchführen. Bereits Anfang April waren berlinweit Schwerpunktkontrollen gegen Radfahrer erfolgt, bei denen knapp 9000 Fahrradfahrer angehalten und gegen 4.114 Radfahrer Ordnungswidrigkeitsanzeigen geschrieben wurden.
Ob die Polizei in den nächsten Tagen wieder Tausende von Tickets verteilen möchte, ist nicht ganz klar, denn die ankündigende Pressemeldung zur „Präventionswoche zum Schutz des Radfahrverkehrs“ ist insgesamt „kooperativer“ formuliert.
Beteiligt an der Aktion bis zum Wochenende sind Polizisten des Abschnitts 31 (Brunnenstraße Ecke Invaliden). Sie werden die Radfahrer an „einem mobilen Infostand über Gefahren im Umgang mit dem Kraftfahrzeugverkehr, insbesondere beim Rechtsabbiegen durch Lkw (Toter Winkel) informieren. Außerdem sollen die Zweiradfahrer bezüglich ihres eigenen Fehlverhaltens im Straßenverkehr, zum Beispiel des Befahrens von Gehwegen sowie des Missachtens „roter“ Ampeln sensibilisiert werden.“
Ein eigens für die Präventionswoche erstellter Flyer soll an partnerschaftliches Verhalten von Radfahrern und Autofahrern appellieren. Fahrzeugführer Kraftfahrzeugführer selbst scheinen aber nicht zur „Zielgruppe“ der Schwerpunktaktion zu gehören.
Pressemeldung der Berliner Polizei Nummer 1294 vom 07.05.2010 – 14:20 Uhr
@berlinradler: „Autounfälle gelten als normal, Fahrradunfälle werden durch Rüpel absichtlich provoziert.“
Der von BikeBlogger verlinkte Flyer spricht eine andere Sprache. Das sollte auch mal zur Kenntnis genommen werden.
@chris: und nochmal, da Du es ja gerne ganz genau nimmst, hier ein Auszug aus der Verwaltungsvorschrift zur StVO:
„3. Straßen. die mit Zeichen 325 („verkehrsberuhigter Bereich“, Anm. v. ozelot) beschildert sind, dürfen von Fußgängern zwar in ihrer ganzen Breite benutzt werden; dies bedeutet aber nicht, dass auch Fahrzeugführern ermöglicht werden muss, die Straße überall zu befahren. Daher kann es im Einzelfall zweckmäßig sein. Flächen für Fußgänger zu reservieren und diese in geeigneter Weise (z. 6. durch Poller, Bewuchs) von dem befahrbaren Bereich abzugrenzen.“
Quelle: http://www.sicherestrassen.de/VKZKatalog/Kat325.htm
So eine Abgrenzung ist bei mir vor der Haustür sehr wohl vorhanden. Radfahrer haben also auf der für Fußgänger reservierten Fläche (im Volksmund gerne „Gehweg“ genannt), nichts verloren.
Ich bezweifle, dass sich daraus ein Fahrverbot ableitet, ozelot. Bzw. bitte um einen Beweis dafuer. Ansonsten liest sich das a la ‚man muss wegen des Rechtsfahrgebots auch nichtbenutzungspflichtige Radwege benutzen.‘
Was ein Flyer fuer einen Bezug zu der von mir behaupteten unterschiedlichen Wahrnehmung der Verkehrsteilnehmer nach Fahrzeugart zu tun haat verstehe ich nicht.
Und um das mit „Gehweg“ und „Fahrbahn“ nochmal zu konkretisieren: Du zitierst nicht die STVO, sondern die Verwaltungsvorschriften zur STVO. Ich würde diese eher so verstehen, dass es Maßnahmen sein müssen, die den Fahrzeugverkehr in diesen den Fußgängern vorbehaltenen Bereichen physikalisch unmöglich machen. Das mag in Deinem Falle für Kraftfahrzeuge zutreffen, offenbar aber nicht für Fahrräder. In der STVO kann ich nichts darüber finden, dass es sonst irgendwie für Fahrzeuge gesperrte Bereiche in VBZ gibt – d.h. wo man fahren kann, darf man das. Mit Schrittgeschwindigkeit.
„Schrittgeschwindigkeit“ für Autos bedeutet in Gerichtsurteilen schon mal 15 km/h (ohne Worte!), für Radfahrer in einem anderen Urteil 4-7 km/h. Quelle: http://www.pdeleuw.de/fahrrad/urteile.html#fuzo
Aber mal ne Frage, die ist gar nicht ironisch oder so gemeint – wenn es auf dem „Gehweg“ so schlimm ist, warum dort dann nicht auf die „Fahrbahn“ wechseln? Und eine weitere – war das „Kinder über den Haufen fahren“ symbolisch gemeint, oder gab es konkrete Unfälle?
@berlinradler: Wie ich weiter oben ja schon geschrieben habe: Es ist mir wurscht, ob es Radfahrer vor meiner Haustür nun legal oder illegal auf dem Gehweg fahren. Den Verweis auf die VwV-StVO habe ich nur gebracht, weil Chris im Besserwissermodus dauernd darauf verwiesen hat, daß vor meiner Haustür kein Gehweg sei, und daß er sich Sorgen darum macht, ich würde Radfahrer „fälschlich belehren“.
Ich habe nicht mal was dagegen, wenn Radfahrer den Gehweg benutzen. Mach ich ja sogar selbst, dann und wann, für ein kurzes Stück. Aber man sollte sich immer bewußt sein, daß Fußgänger das absolute Vorrecht auf dem Gehweg (und nebenbei gesagt, im gesamten verkehrsberuhigten Bereich) haben, und seine Fahrweise entsprechend anpassen.
Wenn ich mit meinem Kleinen aus der Haustür komme, muß ich inzwischen mehr aufpassen als wenn ich über die Straße gehe, da der Gehweg von der Haustür nicht einsehbar ist. Das hindert die Raser äh Radler auf unserem Gehweg aber nicht daran, schnell zu fahren. Ich brauche nicht erst einen konkreten Unfall, um das als Rücksichtslosigkeit zu empfinden.
Und was den Flyer angeht: Darin werden weder Auto- noch Radfahrer einseitig als Sündenböcke hingestellt, sondern es wird auf die jeweils typischen, aber gefährlichen Verhaltensweisen hingewiesen. Eigentlich eine gute Sache! Das wollte ich mit dem Hinweis in meinem vorigen Beitrag deutlich machen, auch in Bezug auf den allerersten Beitrag, den Du hier oben gepostet hast.
@ozelot: Sorry für den Besserwissermodus. Ich bleibe dennoch dabei, dass Radfahrer auch auf einer solchen mittels Pollern und/oder Kübeln abgetrennten Fläche in einem Verkehrsberuhigten Bereich fahren dürfen – wie Berlinradler richtig bemerkt: Mit Schrittgeschwindigkeit. Verwaltungsvorschriften können daran nichts drehen.
Natürlich dürfen sie – wie jeder andere Verkehrsteilnehmer auch – dort – wie überall anders auch – niemanden gefährden. Schon garnicht schwächere VT oder gar Kinder. Denn sogar abgesehen von der Moral muss sich nach StVO jeder VT genau so verhalten, dass die Gefährdung von Kindern ausgeschlossen ist.
Wenn Du also Radfahrer, die sich in einem VB oberhalb Schrittgeschwindigkeit verurteilst oder Radfahrer, die wo auch immer Kinder gefährden, dann tust Du das selbstredend völlig zu Recht.
Ein Detail in Deinem letzten Beitrag stimmt aber wieder so nicht Fußgänger haben in einem Verkehrsberuhigen Bereich keinerlei Vorrecht gegenüber irgendwem.Schon gar kein „absolutes“- exakt genausowenig wie irgendwer dort in irgendeiner Beziehung dort irgendein Vorrecht gegenüber Fußgängern hat
jetzt hatte ich meinen letzten Absatz in [Besserwissermodus an/aus]-Tags gepackt. Aber die Blogsoftware glaubte wohl, es sei HTML und hat die Tags verschluckt. Also: Der letzte Absatz war wissentlich im Besserwissermodus geschrieben 😉
@chris: Deinen Besserwissermodus bemerkt man auch ohne Tags 🙂
Ich kann Cornelius Bechtler hier überhaupt nicht zustimmen. Wenn Radfahrer als Chaoten und Rambos bezeichnet werden kommt das m.E. immer von Leuten, die schon von vornherein Radfahrerhasser sind – das Rambo-Argument ist *immer* vorgeschoben oder zeugt von einer verdrehten Wahrnehmung. Dass die Linke mit der CDU/CSU bzgl. Radverkehr auf einer Linie ist, passt absolut in mein Bild von dieser Partei und den Äußerungen, die ich von deren Vertretern mit eigenen Ohren gehört habe. Mit dem Benehmen einer Gruppe von Verkehrsteilnehmern hat dies nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die ist nämliche genauso inhomogen wie die der Autofahrer und verhält sich genauso gut oder schlecht wie jene. Dass Autofahrer regelkonformer verhalten als Radfahrer ist ein altes aber absolut falsches Märchen. Man zeige mir einen einzigen Autofahrer, der in Tempo 30 Zonen 30 fährt. Da ist die Ampelmoral bei Radfahrer aber deutlich besser.
Wenn Leute vom ADFC und den Grünen diesen Unsinn schon nachplappern, dann weiss ich schon woran ich bin. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.
Im Übrigen finde ich die Ausführungen von Ben Wilk äußerst zutreffend.
Apropos Schönhauser Allee: Als ich vor Jahren von Auto und U-Bahn aufs Fahrrad umgestiegen bin beim täglichen Weg ins Büro bin ich eine Weile lang täglich die Schönhauser von der Wichertstr. bis zum Rosa-Luxemburg-Platz gefahren. So viele Nahtoderlebnisse hatte ich in meinem Leben noch nicht und auch hinterher nicht, als ich mir einen drei Kilometer längeren aber stressfreieren Arbeitsweg ohne Radwege gesucht habe. Rechtsabbieger biegen dort grundsätzlich ohne zu schauen und zu blinken ab, häufig auch ohne die Geschwindigkeit zu verringern. Und aus den zahlreichen Einfahrten wird immer bis über den Radweg hinaus an den Strassenrand geschossen.
Ich vermute, dass man auf der A100 entspannter und sicherer radelt als auf der Schönhauser. Das dürfte so ziemlich die gefährlichste Strasse Berlins sein für Radfahrer. Einfach mal ausprobieren, ein bis zwei Wochen lang, jeden Tag. Dann braucht niemand mehr zu fragen warum.
@ozelot: Vielleicht kannst du deinen Vermieter bitten, links und rechts von der Haustür irgendwelche Betonteile aus dem Baumarkt oder grosse Blumentöpfe aufzustellen. Bin letztens auch als Fussgänger von einem Radfahrer umgefahren worden.
@Abwrackprämie, endlich mal jemand, der meiner Meinung ist 🙂 Ich dachte schon ich spinne irgendwie.
Und trotzdem – auf der Schönhauser werden viele sich auf dem Radweg sicherer fühlen, nach dem Motto „auf der Fahrbahn wärs NOCH gefährlicher“. Wie ich schon schrieb, Aufklärung wäre hier wichtig. Dem ADFC würde ich da aber keinen mangelnden Willen unterstellen, meine Kritik bezog sich allein auf Cornelius Beitrag.
@abwrackprämie: Du hast völlig recht, was die „eingefärbte Brille“ der Kritiker betrifft. Ich kann nur sagen, dass ich weder als Fußgänger noch als Autofahrer von „Fahrrad-Rowdies“ gefährdet oder nur behindert worden bin.
Mag sein, dass es davon wenige in Tempelhof und Schöneberg gibt.
Meine Vermutung ist: Die Mehrheit der Vorwürfe kommt von Ahnungslosen und von Polemikern.
Die Ahnungslosen behaupten, dass Fahrradfahren auf Gehwegen grundsätzlich nicht erlaubt sei und jeder Fahrradfahrer, der bei Rot über die Ampel fährt, ein Rowdy sei. Dabei achten diese Ahnungslosen nicht auf die entsprechenden Schilder, die es erlauben. Eine ganze Menge von Gehwegen ist für Fahrradfahrer freigegeben: Im Tiergarten und am Teltowkanal fast alle.
Und sie verwechseln die indirekt links abbiegenden Fahrradfahrer mit Rotsündern. StVO §9 Abbiegen: (2) Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll.
Ein Beobachter des Vorgangs der Überquerung hat meistens die Herkunft des Radfahrers nicht beobachtet: Ein indirekt abbiegender Fahrradfahrer hat nicht die Pflicht, die nächste Ampelphase abzuwarten (genausowenig, wie direkt abbiegende). Er kann leicht mit solchen verwechselt werden, die von rechts kommen und geradeaus fahren wollen.
Die Polemiker hingegen sehen den ca. 30% Autofahrern, die im Tunnel andere gefährden, weil sie das Licht nicht einschalten, ihren Fehler nach, aber werfen ihn dem Fahrradfahrer vor, der mal 100 m ohne Licht in der Nacht fährt.
Natürlich brauchen wir mehr Regeltreue, schon alleine für die Zeiten, in denen es statt 12% Fahrradfahrern wieder 50% geben wird (wie in den 50-er Jahren), sonst kommen wir uns untereinander zu häufig in die Quere. Aber wir müssen die Ahnungslosen und Polemiker entlarven,wo es nur geht
Schließlich und endlich bin ich der Meinung, dass wir Fahrradfahrer uns vehementer gegen Verkehrsübertretungen der anderen Verkehrsteilnehmer wehren müssen: vor allen Dingen juristisch. Dann erst wird die Öffentlichkeit wahrnehmen, dass einem normalen Fahrradfahrer etwa alle 5 min sein Recht genommen wird, während es allen anderen nur vielleicht alle halbe Stunde passiert. Die geltenden Vorschriften „definieren“ akzeptabel fahrende Radfahrer häufig zu Verkehrssündern und die Aufgabe des ADFC muss es weiterhin sein, den größten Teil der „Rowdies“ wieder „umzudefinieren“, wie es beispielsweise durch die Aufhebung der Benutzungspflicht der meisten Fahrradwege gelungen ist.
Verstehen Sie mich nicht falsch: auch ich bin dafür, dass sich Fahrradfahrer an Regeln halten. Intern sollten wir also daraufhin arbeiten, dass sich deren Verhalten bessert.
Wir dürfen aber keineswegs den Fehler begehen, die übertriebenen öffentlichen Vorwürfe auch noch zu bestätigen. Eine Menge dieser Vorwürfe stammen von Ahnungslosen und Polemikern. Dabei ist es völlig irrelevant, ob jemand einen Verstoß schon mal irgendwann beobachtet hat: Einzig wichtig ist das Verhältnis zwischen der Gesamt-Anzahl von Verstößen zwischen den einzelnen Verkehrsarten und deren Auswirkungen.
@Wentus: Ahnungslose und Polemiker, soso. Mit Verlaub, über Deine Ahnung kann ich nichts sagen, aber von Polemik bist jedenfalls auch Du nicht frei.
@wentus
empfinde ich auch genau so.
ganz allgemein, und das hatte ich hier noch nirgendwo rausgelesen, dass der radfahrer sich hauptsaechlich erstmal selber gefaehrdet. fast immer. wenn er bei rot uber die ampel faehrt, gefaehrdet er sich. und zwar lebensgefaehrlich. welchem radfahrer will man unterstellen, er fuehre nicht bei 1000% sicherheit bei rot ueber die ampel. ich glaube. davon gibt es in berlin vielleicht hoechstens gefuehlte 3 oder 4 manisch depressive fahrradjunkies mit suizidgefahr. darauf jetzt eine debatte aufzubauen, finde ich fehlleitend. und von der gefahr der autofahrer, bei einem eventuellen unfall vielleicht in der versicherung hochgestuft zu werden, moechte ich jetzt mal nicht sprechen.
wer von fahrradfahren gefaehrdet werden kann, sind natuerlich die fussgaenger. ich kenne leider die statistiken nicht, wieviele fussgaenger tatsaechlich von fussgaengern umgenatzt worden sind, mit boesen folgen. ich kann mir das nicht so vorstellen, aber es wird sie sicher geben. es ist natuerlich wahr, ich sehe immer wieder radfahrer auf fusswegen, die noch nicht mal breit sind. oefters auch mal ganz pflichtbewusste radfahrer, mit helm und so. aber auch mal hausfrauen, die drei schwere volle einkaufstueten nach hause balancieren. die meistens ohne helm. und muetter mit kindern. in den meisten faellen kann ich das sogar nachvollziehen. diese regelverstoesse sind oft zu beobachten an strassen, an denen es keine fahrradstrasse gibt. wie zum beispiel lietzenburger strasse, in dem westteil, wo der radweg sich ploetzlich in luft aufloest und man sich dann den platz mit 60 bis 70 km/h fahrenden pendlern und city-west-shoppern, die vorher die strasse ganz fuer sich hatten, teilen muss. ehrlich gesagt staune ich immer wieder ueber den mut der vereinzelten radfahrer, die es trotzdem wagen, auf der strasse zu fahren. wie dem auch sei, ich kann verstehen, dass es auch ruecksichtslose radfahrer gibt, die dann auf dem fussweg viel zu schnell fahren, was leute erschrecken kann. find ich nicht gut. auch der hinweis auf aeltere menschen ist voll korrekt, so ein schenkelhalsbruch ist fatal. wenn ich mich fuer kurze teilstuecke auch mal auf den fussweg begebe, sehe ich die schreckerfuellten gesichter der menschen, auch wenn ich fast schritt fahre und sehr viel abstand halte. kann ich aber trotzdem vertehen, der fussweg ist eben das reich der fussgaenger, und da haben auch schnellere radfahrer nichts verloren, da man als fussgaenger seiner ruhe und seines friedens beraubt wird. das mein ich absolut ernst.
das sag ich aber auch, um mal auf die angst des radfahrer hinzuweisen. zumindest meine. ich sterbe taeglich tausend tode, und nicht, weil ich selber mich entscheide, ueber eine rote ampel zu fahren, sondern weil mal wieder ein pkw auf eine einmuendung zuschnellt und mir nie klar sein kann, ob er mich tatsaechlich sieht oder nicht. hat er dann aber doch meistens, und bremst einen meter vorher scharf ab. in diesen sekunden hat mein koerper unmengen adrenalin ausgschuettet, aber fast umso besser, denn an der naechsten einmuendung bin ich dann noch mehr auf zack. das schreibe ich alles, um mal auf dieses problem hinzuweisen, weil es eines meiner groessten ist, und ich das von keiner seite jemals hoere. und es vielleicht meine stetige forderung nach kopenhagener zustaenden klarer macht. ich will in keinster weise die angst der fussgaenger, umgefahren zu werden, schmaelern. hier ist das problem die ruecksichtslosigkeit der radfahrer. aber das kernproblem ist der fehlende raum fuer radfahrer. vielleicht moegen sich die fussgaenger dann mal mit den radfahrern zusammen tun, und endlich ein voll ausgebautes radvekehrsystem einfordern. aber vielleicht sind ja all die fussgaenger in ihrem anderen leben die menschen, die nach dem gang durch die fussgaengerzone ins parkhaus laufen und mit ihrem auto nach hause fahren.
in dem zusammenhang mit dem ur-artikel von der polizei als taeter, und NIE als ganz armes schwein und opfer hingestellt zu werden, zeigt mir nur die verschobene sichtweise auf. ich bleib dabei, der radfahrer hat keine lobby, er ist immer nur stoerend, mal wird er belaechelt, meistens angeschimpft und verurteilt. der radfahrer ist eigentlich nur eine nervende witzfigur. von gleichberechtigtem verkehrsteilnehmer traeumen nur die letzten idealisten. dabei ist es echt mal an der zeit, tacheles zu reden und seine rechte einzufordern. vinceremos hin oder her. ich mein das wirklich ernst, die politik hinkt da komplett hinterher und muss endlich mal wachgeruettelt werden.
In der Frankfurter Rundschau stand am 12.5.10 ein Artikel zu Rotlichtmißachtenden Fußgängern (und Radfahrern). Dazu druckte sie am 15.5.10 zwei Leserbriefe. Sowas herrlich freches hab ich von Radfahrern noch nicht gelesen, Zitate daraus:
„Aus welchem Grund in Frankfurt Fußgängerampeln betrieben hat sich mir noch nicht erschlossen. Weil man das eben macht in der Großstadt? Um die Menschen zum zivilen Ungehorsam zu erziehen? Der Verkehrssicherheit dienen sie jedenfalls nicht. […] Stattdessen wäre es an der Zeit, in fußgängerfreundliche Ampelschaltungen zu investieren. […]“
„[…] Meinem Sohn habe ich beigebracht, zuerst auf Fahrräder, Autos oder Ähnliches zu achten, dann erst auf Ampeln, Polizisten oder Schilder.“
@wentus:
Wenn du schon die StVO zitierst, dann lies sie bitte auch komplett. Deine Aussage: „Die Ahnungslosen behaupten, dass Fahrradfahren auf Gehwegen grundsätzlich nicht erlaubt sei“ enthält eine wahre Aussagen: dass „Fahrradfahren auf Gehwegen grundsätzlich nicht erlaubt“ ist. Das ist tatsächlich so! Es gibt nur einige Ausnahmen, z.B. Kinder bis zum vollendeten 10. Lebensjahr und, wenn es eine besondere Ausschilderung gibt.
Abgesehen von diesen Ausnahmen ist RADfahren auf GEHwegen nicht erlaubt:
„§ 2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge
(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen, …“
Die Beschilderung „Radfahrer frei“ mag regional unterschiedlich sein, nach meinen Erfahrungen ist diese jedoch nur an wenigen Straßen anzutreffen. Und selbst wenn: Radfahrer müssen hier Fußgängern den Vorrang lassen. Ich erlebe nahezu täglich Situationen, in denen Radfahrer Fußgänger behindern.
Gehöre ich nun zu den Ahnungslosen oder zu den Polemikern?
Dass das indirekte Linksabbiegen bedeutet, man dürfe die eine Fahrbahn auch bei Rot überqueren, wäre mir neu. Ist das wirklich so? Ich fahr in solchen Fällen geradeaus, warte dann an der Ecke, bis grün wird (dabei geht es oftmals leider nur nach Fußgängerampel) und fahre erst dann nach links weiter.
Nochmal zum Linksabbiegen (indirekt) – hier greift §9 Abs. 2 der STVO:
(neue STVO September 2009, derzeit wohl nicht gültig)
Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- und Einmündungsbereich folgen.
(alte STVO)
Radfahrer, die auf der Fahrbahn abbiegen wollen, müssen an der rechten Seite der in gleicher Richtung abbiegenden Fahrzeuge bleiben, wenn dort ausreichender Raum vorhanden ist. Radfahrer, die nach links abbiegen wollen, brauchen sich nicht einzuordnen. Sie können die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überqueren. Dabei müssen sie absteigen, wenn es die Verkehrslage erfordert. Sind Radverkehrsführungen vorhanden, so haben Radfahrer diesen zu folgen.
Das würde ich beides auch so interpretieren, dass man wohl nicht die zweite Ampel beachten muss (Ausnahme natürlich explizite Fahrradampeln fürs indirekte Linksabbiegen), sondern lediglich den Verkehr. Was meint Ihr?
@ben wilk: Ich bin nicht ganz sicher, was du eigentlich forderst. Einerseits sagst du, dass Radfahrer nicht ernstgenommen werden und immer Störfaktoren sind. Da stimme ich dir voll zu. Aber welche Konsequenzen ziehst du daraus?
Du forderst irgendwelche Radinfrastruktur ala Kopenhagen. Erstens kannst du lange auf sowas warten, zweitens sind das genauso Sonderwege wie in Berlin auch. An solche „Heilmittel“ glaube ich schon lange nicht mehr. Was soll daran „tacheles zu reden und seine rechte einzufordern.“ sein? Der einzige Weg, als Radfahrer ernstgenommen zu werden, ist konsequentes Fahrbahnfahren. Und das massiv öffentlich fordern und als normal darstellen, was ja zurzeit nicht so ist.
Gleichzeitig das Gehwegfahren, auch auf allen Bürgersteigradwegen, verbieten und konsequent ahnden. Und wenn das trotzdem gemacht wird, dann nur mit Schrittgeschwindigkeit. Gleichzeitig Geschwindigkeitsbeschränkung für den allgemeinen Verkehr auf Hauptstrassen, so dass eben nicht mehr 60-70 gefahren wird, wie du schreibst.
Ich schrieb das oben schon, Radverkehrsförderung ist eigentlich Autoverkehrsförderung. Deshalb muss das ganze Gelaber von Sonderwegen endlich aufhören. Deshalb muss jetzt mal der Autoverkehr eingeschränkt werden, dann wird wirklich der Radverkehr gefördert. Der fahrende Verkehr muss auf die Strasse, und die gefahreren Geschwindigkeiten müssen runter. Ganz einfach und konsequent. Die ganzen Sonderlösungen führen nur zu einer Sonderstellung, wie du auch zutreffend beschreibst.
Der letzte Idealist;-)
Nun mal langsam,
…der fahrende Verkehr muß auf die Straße…
(da ist wohl der Radfahrer gemeint) … konsequentes Fahren auf der Straße…
Hört sich gut an. Ist aber nur Theorie.
Die Praxis sieht so aus: 90% der RadfahrerInnen fahren lieber auf dem Radweg! Nur 10% benutzen die Fahrbahn! (BAST-Studie)
Und diese 90% sind sehr davon überzeugt, daß der Radweg (benutzungspflichtig oder nicht) viel, viel sicherer ist, als auf der Fahrbahn zu fahren. Oder gar auf dem Gehweg!
Da könnt ihr hier noch so viel darüber diskutieren und euch wünschen, alle fahren auf der Fahrbahn.
Die „Angst“ fährt bei diesen 90% mit.
Ich habe schon mit vielen dieser „90%“ darüber diskutiert und sie versucht zu überzeugen, daß das Fahren auf der Fahrbahn sicherer ist.
Aus diesem Grund muß eine intensive Aufklärung und Schulung der RadfahrerInnen erfolgen.
Wer macht das?
Der ADFC Berlin wird demnächst intensive Fahrkurse dazu für Mitglieder und (noch) Nichtmitglieder anbieten.
@kai
die konsequenz daraus, da ich das nicht mehr hinnehmen will, ist:
1. immer gegenanreden, sobald jemand das tolle radverkehrssystem in berlin lobt. wenn man mal nachhakt, sind die meisten auch ganz schnell stumm.
2. alternativen aufzeigen, wie zum besten beispiel kopenhagen. leider kennt die stadt kaum jemand (du?), aber es gibt ja das internet und auf youtube sind viele sehr nette und anschauliche filme eingestellt. trotzdem empfehle ich jedem, der mit mir ueber dieses thema auf augenhoehe diskutieren will, dort einmal eine woche das rad zu benutzen. wissen ist das eine, erleben das andere. dort ist nicht irgendein radsystem, sondern eins, was die stadtverwaltung bewusst in vielen jahren fuer ihre buerger errichtet hat. die stadtverwaltung gibt dem rad bewusst den vorrang, sie sind stolz darauf, und die buerger auch. wenn du sagst, das seien nur sonderwege genau wie in berlin auch, muss ich dir widersprechen. eine sehr (!) breite extrastrasse, auf allen hauptverkehrsstrassen neben der fahrbahn fuer die autos, abgesetzt durch einen bordstein und hoeher als die fahrbahn, und wiederum abgesetzt vom fussweg durch einen bordstein. auf allen kreuzungen weist eine intensive hellblaufaerbung die radstrasse aus und gibt gute signalwirkung fuer alle autofahrer. kopenhagener autofahrer wissen zwar wohl alle bescheid. man sieht sowieso ueberall fahrradfahrer und das zu jeder tages- und jahreszeit. aber die farbe ist gut fuer auswaertige, die vielleicht mal unachtsam abbiegend eine fahrradstrasse kreuzen moegen. darueber hinaus gibt es noch viele extrawege nur fuer raeder und besonderheiten wie gruene welle fuer radfahrer und massig abstellanlagen ueberall und noch vieles mehr, das wuerde hier den rahmen sprengen alles aufzulisten. dass man am z.b. am alexanderplatz vergeblich versucht sein rad irgendwo anzuschliessen, brauch ich berliner radfahrern ja nicht zu erzaehlen. es ist auch nicht perfekt in daenemark, aber der springende punkt ist, dass man sich sicher fuehlt. und sicherheit macht zufrieden. einmal ist man sehr viel zahlreicher und sichtbarer, man ist im bewusstsein aller verkehrsteilnehmer. man fuehlt sich respektiert und beachtet. das macht viel aus. sehr viel. man sieht ueberall muetter und vaeter mit spezialkonstruktionen fuer ihre ein, zwei kleinkinder, kleine kinder auf raedern, aeltere menschen, schwangere frauen. jeder faehrt dort rad, und brauch sich nicht komisch fuehlen.
3. mit allen vereinen, verbaenden parteien und politischen institutionen darueber sprechen. der ist- und der soll-, und vor allem der ich-haett-so-gern- und der es-waer-so-schoen-zustand divergieren zunehmend. ich will mal tacheles reden, weil die eine oder drei millionen euro, die fuer das radsystem im berliner landesetat vorgesehen sind, lediglich 0,3% des verkehretats entsprechen. mal nur anhand der verkehrsanteilzahlen von 13% ist das schon mal eine bodenlose frechtheit und alles andere als demokratisch. wenn man dann noch den klimawandel dazu nimmt und weiss, dass in staedten der verkehr allein 30% des gesamten CO2-ausstosses ausmacht, dann brauch kein politiker mehr seinen mund aufmachen und sagen, wir wollen jetzt mal die aermel hochkrempeln und was degegen tun, und wir sind ja sowieso die tollen oekologischen deutschen, und im gleichen zug wird alles getan, um verbesserungen pausenlos zu blockieren und das rad einfach nicht als bestes verkehrsmittel anzuerkennen und massiv zu foerdern. zumal die zeit uns ja davonlaeuft und wir eigentlich nur noch 7 jahre zeit haben, den globalen CO2 peak zu erreichen. aber das ist jetzt mal ein anderes thema. fuer mein empfinden ist in diesem falle ein jaehrlicher etat von 200 – 300 millionen nur fuer die radstruktur absolut gerechtfertigt. ganz gleichberechtigt! und was man damit alles machen koennte….
4. es gibt dann noch unzaehlige andere wege – projekte starten, informieren, die etwas phlegmatischen berliner inspirieren und anstacheln, und natuerlich
5. radfahren.
deinen vorschlag mag ich nicht als loesung anerkennen, da hier eher konfontation und uebliches gegeneinander herrscht, als ein miteinander. und ich finde auch, raeder und pkws gehoeren auf getrennte wege; die geschwindigkeiten sind einfach zu unterschiedlich. ideal waeren eine fahrradstrasse fuer schnelle radfahrer, 25km/h+, z.b., und eine fuer den regulaeren radverkehr. und dann noch eine fuer den rest motorisierten verkehr. das auf alles grossen achsen. nur als beispiel des ist-zustandes: auf der ost-west-achse im westen gibt es im zuge von kaiserdamm, kantstrasse, kudamm, lietzenburgerstrasse direkt 4 parallele strassen, die 18 spuren fuer den motorverkehr hergeben, plus 10 fuer das parken. fuer den radverkehr gibt es 4, auf grossen strecken im gesamten abschnitt nur 2.
den radfahrern wird ja oft vorgeworfen, sobald sie mal ihre stimme erheben, dass sie den autoverkehr blockieren wollen. sagst du ja auch direkt. ich finde alle sollten hier ihr recht bekommen. je mehr leute radfahren, umso weniger autoverkehr gibt es, umso schoener wird es radzufahren, und so weiter. ich kenn deine position, ich hab schon mit einigen gesprochen, die genau das vertreten. fuer euch mag das ja gelten, fuer die gesamtheit ist das keine gute loesung. ehrlich gesagt fahr ich mit meinem rennrad locker 30 -40 km/h und viel lieber auf glatt geteerten oberflaechen, trotzdem aber ungern auf hauptverkehrsstrassen, denn mir ist schon klar, dass der autoverkehr dadurch behindert wird.
ich bin ueberzeugt, dass auch einige autofahrer, die mal so weit gebracht werden koennen, die andere option auszuprobieren, darauf haengen bleiben und ihr auto einfach mal lieber stehen lassen.
und eigentlich gibt es noch einen punkt 6. ich will ja nicht kleinlich sein, aber das wort radeln gehoert eigentlich gestrichen. ich empfinde es als diskriminierend. wird aber ja leider auch von den allermeisten radfreaks benutzt. radeln ist eine alberne verniedlichung, die nichts mit personentransport zu tun hat. aber das ist auch mein allgemeiner eindruck, selbst die meisten engagierten moegen sich und ihre eigenen beduerfnisse nicht wirklich in der form ernst nehmen, wie es der aktuellen situation gebuehrte.
@ben: Erst mal ganz viel Respekt für viele Überlegungen und Ideen. Du bist auf dem richtigen Weg. Ich selbst verfolge Umweltideen im allgemeinen seit 20 Jahren und finde, dass der Radverkehr noch nie so weit war wie heute. Gleichzeitig wird dieser aber immer mit Sonderwegen verbunden und die Angst, sich auf der Fahrbahn zu bewegen, war auch früher wesentlich kleiner. Ich bin quasi ohne Radwege aufgewachsen uns empfinde das als natürlichen Zustand. Du kannst immer irgendwelchen Ideen nachhängen, die mit ganz viel Geld umgesetzt werden könnten. Leider ist es aber nicht so wie in Kopenhagen(war ich noch nicht, kenne ich nur Bilder und Videos aus dem Netz) oder in Holland.
Kopenhagen ist nochmal speziell, wie du schreibst. Ich glaube aber, dass ein wesentlicher Teil der Sicherheit in Kopenhagen auf dem „Safety in Numbers“ beruht. Je mehr Radfahrer irgendwo sind, desto sicherer ist es für den einzelnen. Das kann man z.B. auch in Münster sehen. Dort ist die Radverkehrsinfrastruktur auf dem Stand der 50er Jahre, aber es passiert sehr wenig, weil Autofahrer jederzeit und überall mit Radfahrern rechnen.
Warum du nicht auf die Fahrbahn willst, ist mir echt schleierhaft, da du ja auch schnell bist, wie du schreibst. Das nennt man dann Fahrbahnphobie oder Cyclist Inferiority Phobia: http://www.johnforester.com/Articles/Social/cycinf.htm oder auch Radfahrerminderwertigkeitskomplex. Ist eine reine Psychosache. Wenn ihr so viele seid in Berlin, warum nehmt ihr euch nicht einfach das Recht und besetzt die rechte Spur auf allen Hauptstrassen? Das ist dann auch keine Behinderung oder ähnliches. Du bist der Verkehr. Genauso wie jedes andere Fahrzeug auch. Solange du fährst, kannst du auch niemanden behindern und das ist auch keine Provokation. Einfach nur Gleichberechtigung.
@Bernd Z: Immer wieder aufklären, über die Rechtsabbiegerproblematik reden und über die typischen Ängste, von hinten angefahren zu werden. Hatte nicht die Berliner Polizei Daten, die belegen, dass auf die überwiegende Zahl der Unfälle auf Strassen mit Radwegen passieren, obwohl der weit überwiegende Teil eurer Strassen keine Radwege hat? Angst ist übrigens etwas gutes. Die schützt auch. Die Leute, die sich „sicher fühlen“ auf Radwegen, sind die, die jedes Jahr sterben müssen. Das muss man den Leuten endlich mal klar machen. Und da gibt es auch keine Kompromisse. Das hat der ADFC mMn immer noch nicht verstanden. Dass man auch mal sagen muss: Radwege sind bequem, aber ihr setzt euer Leben aufs Spiel! In Schweden an der Universität Lund hat man das doch auch untersucht und herausgefunden, dass Fahren auf Radwegen 3-12 mal so gefährlich ist wie Fahrbahnfahren. Solche Fakten habe ich vom ADFC aber noch nie gehört.
Tolle Beiträge, Ben und Kai. Da macht das Lesen Spaß!
@kai
geb ich dir voellig recht, nicht auf der fahrbahn fahren zu wollen, ist eine phobie. ich weiss nicht, wo du wohnst, aber in berlin gibt es schon recht viele radwege, nur sehr alte, und sehr enge. und ueberwiegend im westen, aus den 60er und 70er jahren. entsprechend der zustand, mitunter schwer von baumwurzeln unterwandert. diese art von radwegen benutze ich nie, ich sehe ihre berechtigung fuer aeltere menschen, kinder, usw. die mehr schutz brauchen und nicht sonderlich schnell fahren. aber diese radwege sind, wie du sagst, auch sehr viel unsicherer an allen kreuzungen. oft stehen zwischen radweg und fahrbahn baeume, autos, lkws, die die sicht fuer die autofahrer behindern, welche beim rechtsabbiegen kaum erkennen koennen, ob dort jemand langkommt oder nicht. daher sagt auch der ADFC uebrigens schon seit laengerem, dass diese radwege ueberhaupt nicht sicher und nicht gewollt sind. die studien sind bekannt und werden auch eingebracht. eine derzeitige alternative sind die sicherheits- oder angebotsstreifen, die auf dem rechten fahrbahnrand markiert werden. in berlin gibt es sie immer haeufiger. auch wenn das konzept nicht wirklich auf allen strecken funktioniert, weil sie permanent von lieferwagen in geschaeftsstrassen, und pkws zugeparkt werden. im uebrigen selbst von polizeiwagen, die dann die pkws aufschreiben, die darauf parken…. es ist zumindest ein anfang, und es gibt einen offiziellen raum fuer radfahrer. auch wenn das slalomfahren alles andere als sicher ist.
aber nochmal zur phobie – ich fahre schon auf der fahrbahn, allerdings gibt es in berlin einige hauptstrassen, auf denen wirklich sehr schnell gefahren wird, die sehr eng sind, und wo zudem noch am rechten fahrbahnrand geparkt wird. die meisten autofahrer sind ja auch locker und geduldig, aber die einigen wenigen, die nicht verstehen, dass man aus schutz vor sich ploetzlich oeffnenden fahrertueren der parkenden autos fast auf der fahrbahnmitte fahren muss, die einen dann wild anhupen und beschimpfen und wohlmoeglich auch noch gefaehrlich ueberholen und schneiden und sogar machmal zur strafe ausbremsen, die machen mir das leben so derart schwer, dass sich diese phobie immer weiter verstaerkt. ich waere gern so ruhig und faehig, sie einfach weiterziehen zu lassen, ohne dass mein herzschlag sich beschleunigt. dem ist aber leider nicht so. es regt mich auf, und ich kann dir gar nicht sagen wie sehr. es macht mich fertig. ich schreie und schimpfe und rufe gott im himmel an, an den ich gar nicht glaube, und natuerlich auch die polizei, dass sie sich wenigstens um die ausgleichende gerechtigkeit kuemmern sollte.
auch wenn dem so sein sollte, ich plaediere einfach fuer eine gesonderte strasse fuer den radverkehr auf hauptachsen, und deren vorfahrtsrecht. damit waere wohl allen am besten gehofen. und natuerlich je mehr, desto besser, absolut ´safety in numbers´!
@ben: Jetzt verstehe ich. Solche massiven Drohszenarien kenne ich hier im Ruhrgebiet nicht. Ich kenne solche Autofahrer, erlebe das aber nur 2-3 mal pro Jahr. Engüberholer öfter, aber das ist fast immer Gedankenlosigkeit.
Hast du schon mal drüber nachgedacht, eine Kamera am Lenker anzubringen und dann konsequent die Fahrer anzuzeigen? In den Foren gibt es schon einiges dazu, einfach mal gucken.
Meine Theorie zu Autofahren in Großstädten ist ja, dass (fast) alle, die täglich dort mit dem Auto fahren(meinen zu müssen), schon nicht mehr ganz dicht sind. Der ganze Stress erzeugt lauter Psychopathen. Deshalb entstehen dann so viele gefährliche Situationen. Je größer die Stadt, desto schlimmer. Deshalb bin ich für Tempo 40 in Städten, vielleicht mit ganz wenigen Ausnahmen.
Ich denke, es ist nicht nur der Stress, der Psychopathen erzeugt. Selbst Tieren gewährt man mehr Auslauf als manche Menschen sich selbst. Bewegung ist aber für die Psyche des Menschen enorm wichtig. Im Auto wird Bewegung vorgegaukelt, der Bewegungsdrang damit ausgetrickst und im Laufe der Jahre gänzlich ausgeschaltet. Wenn jeder natürliche Ausgleich fehlt, entsteht er eben auf einer Ebene, die im sonstigen menschlichen Umgang als primitv und lächerlich wahrgenommen würde.
Soweit meine Theorie im Geiste des Dr. Freud 😉
Grossartiger blog geworden, lese mit Interesse mit und schliesse mich vollkommen den Argumenten von euch an. @Ben Wilk: das geht mir hier in der Stadt GENAU So, besser hätte ich es nicht formulieren können. Man kann kurz mal die erschrocken hinterher schreien, oder an der nächsten Ampel einen showdown mit Ansprechen versuchen – kann aber auch schief gehen, genau diese Typen sind meist ÜBEL. BerlinRadler BerlinRadler hat übrigens Recht, die Theorie zu mangelndem Abbau von Stresshormonen bei Abwesenheit körperlicher Beschäftigung ist bewiesen. Die sog. Stresshormone Adrenalin und Kortisole sollen unseren Körper ja gerade befähigen Flucht oder Kampf durchzustehen (jetzt wird es ganz evolutionär), und wenn nichts folgt auf den Schreck oder Ärger, dann sammeln sich diese „Stoffwechselschädlinge“ an. Dumm nur, dass Radfahren, ausser in der Natur außerhalb der Stadt, nicht wirklich Stress-vermeidend ist. Eben. Aber man kann zumindest einen Teil des hormonellen Chaos wieder wegpedalieren. Der Blechkistenbewohner muss dafür schon mal so richtig auf das Gaspedal gehen: Unbefriedigend, für alle „Beteiligten“. Der gefühlte Autofahrer-Hornochsen-Faktor war heute bei meinen gut 35km in der Innenstadt bei 25-50%. Berlin eben. Ich lebe. Joshua, Grüsse an alle!
@ben wilk: Parallele Verkehrsachsen für Radfahrer sind wirklich eine tolle Sache. Meinen Arbeitsweg von Kreuzberg nach Dahlem fahre ich fast durchgängig auf Fahrradstraßen, kaum befahrenen 30er Zonen und Schutzstreifen. Ich kann schnell fahren und werde von Autofahrern quasi nicht belästigt. Sogar die Ampelphasen sind Fahrradgeeignet, wenn man das Tempo mal raushat. Traumhaft.
Einmal die Woche muß ich jedoch nach Mitte. Eine Katastrophe. Eine gescheite Nord-Süd-Verbindung durch Mitte fehlt – die Friedrichstraße ist Selbstmord. Die Radwege dort sind grottenschlecht – genau die Sort die Ben beschreibt. Man muß Einbahnstraßen verkehrt herum fahren und durch Fußgängerzonen, wenn man die Autoachsen meiden will.
Was mich wundert – warum ist die Situation in Kreuzberg – Schöneberg – Steglitz so gut, und in Mitte so bescheiden? Ist das ne Ost-West-Sache? Was kann man dafür tun, daß es besser wird?
@Joshua… jep, ich lebe… diese und andere Gedanken und Gefühle hege ich in mir, wenn icke so hier herumradel…
nur stelle ich mir immer wieder die Frage, warum eigentlich Autofahrer so oberflächliches und unverantwortliches Handeln an den Tag legen.
Gestern eine junge Frau beim Rechtsabbiegen, Kind auf dem Beifahrersitz(unangeschnallt) und Muttern versucht det Kind beim Abbiegen mit Ihrer Hand festzuhalten, was nicht funktionierte da sie sich nicht auf den verkehr konzentriert hat, sondern um det Kind… mich, den rechts von ihr, auf dem Radweg fahrenden Radfahrer, hat sie gar nicht beachtet… Fürsorgliche Eltern…
Und nochmal für einige hier, hier geht es um Gefährdungspotentiale!
Denn, die abstrakte Gefahr die von einem KfZ ausgeht, ist wesentlich größer, als ein Fahrradfahrer oder Fußgänger jemals erreichen kann(ok, vielleicht im freien Fall)….
Auch die Quote der kontrollierten Fahrradfahrer und Autofahrer spricht eine deutliche Sprache – auch die Polizei scheint keine Ahnung zu haben, von wem wirklich die Gefahr ausgeht.
die gefahr ist irgendwo da draussen..
@ozelot, es ist ne Bezirkssache. Die Bezirke sind sehr unterschiedlich in ihrer Radverkehrspolitik. Hast Du für Deine Wege mal den ADFC-Fahrradstadtplan oder bbbike.de getestet? Auch Mitte hat gute Straßen.