In seinem Beschluss vom 7. Januar 2010 in dem Verfahren 22 U 153/09 hat das Oberlandesgericht Frankfurt folgenden Leitsatz aufgestellt:
Stößt ein mit einem ohne jegliche Licht- oder Reflexionseinrichtung versehenen Mountainbike fahrender Radfahrer bei Dunkelheit und Nässe mit einem entgegenkommenden, nach links abbiegenden Omnibus zusammen, muss er sich einen Mindesthaftungsanteil von 30% anrechnen lassen, auch wenn die Unfallstelle durch Straßenlampen ausreichend beleuchtet ist und der Busfahrer ihn bei besonderer Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen.
In seiner Urteilsbegründung hat das Oberlandesgericht folgendes ausgeführt:
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger sich gemäß § 254 BGB wegen mitwirkenden Verschuldens einen Verursachungsbeitrag von 30 % anrechnen lassen muss.
[…]
Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger nach Eintritt der Dunkelheit mit einem Fahrrad gefahren ist, das weder vorschriftsmäßig beleuchtet war noch entsprechende Beleuchtungseinrichtungen vorsah. § 67 StVZO beschreibt detailliert, mit welcher Beleuchtungseinrichtung ein Fahrrad ausgestattet sein muss. Neben dem Scheinwerfer ist vorne auch ein weißer Reflektor erforderlich, außerdem sind in den Speichen gelbe Reflektoren anzubringen. Die Beleuchtung eines Fahrrades dient nur sekundär dazu, die vor dem Radfahrer liegende Straße sehen zu können, primär dient sie, wie auch die vorgeschriebenen Reflektoren zeigen, dazu, dass der Radfahrer durch andere Verkehrsteilnehmer auf verschiedene Weise in der Dunkelheit erkannt werden kann. Die Benutzung eines Fahrrades in der Dunkelheit ohne jegliche Beleuchtungs- oder Reflexionseinrichtung stellt deshalb eine extrem hohe Eigengefährdung dar, die ein sorgfältiger Radfahrer unter keinen Umständen eingehen würde und die deshalb ein so erhebliches Verschulden gegen sich selbst im Sinne des § 254 BGB darstellt, dass der vom Landgericht angenommene Mithaftungsanteil von 30 % als noch an der unteren Grenze angesiedelt anzusehen ist.
Dies gilt unabhängig davon, ob die Straße ausreichend ausgeleuchtet ist oder aus sonstigen Gründen der Radfahrer gut zu sehen ist. Die Vorschrift des § 17 StVO verlangt die Benutzung der vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen unabhängig davon, wie stark die Dunkelheit oder die sonstigen Sichtverhältnisse sind.
Die Entscheidung im Volltext bei Hessenrecht.
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Zitat: „Die Benutzung eines Fahrrades in der Dunkelheit ohne jegliche Beleuchtungs- oder Reflexionseinrichtung stellt […] eine extrem hohe Eigengefährdung dar, die ein sorgfältiger Radfahrer unter keinen Umständen eingehen würde“.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich bin selbst als Allwetter-Fahrradfahrer täglich in Berlin unterwegs und kann nur den Kopf schütteln über die vielen „Kollegen“ ohne Licht und mit dunklen/schwarzen Klamotten…
Das Urteil heißt auch: Der Radfahrer trägt nicht nur 30 Prozent seines eigenen Schadens selbst, sondern er hat auch für alle Schäden am und vor allem: im Bus anteilig zu zahlen. Wenn der Bus eine Vollbremsung macht & dabei Fahrgäste stürzen & sich verletzen, wird das schnell sehr, sehr teuer.
Vielen Schwarzfahrern wahrscheinlich auch nicht klar: Sie haften auch, wenn Autofahrer sie im letzten Augenblick doch noch sehen, ausweichen & dabei einen Unfall verursachen.
„Die Beleuchtung eines Fahrrades dient nur sekundär dazu, die vor dem Radfahrer liegende Straße sehen zu können […]“
Wie nett. Radfahrer haben eben keine Bedürfnisse, und dass sie beispielsweise Fußgänger auf Mischwegen sehen ist auch nur sekundär.
Irgendwann finden sie heraus, dass Fahradfahren per se eine extrem hohe Eigengefährdung darstellt.
Kopfschütteln auch bei mir bei den „Kamikazefahrern“ ohne Beleuchtung und Reflektoren.
Mein Auto hat vorn 2×55 Watt. Wenn ich damit nicht mehr sehe wo ich hinfahre, dann gebe ich den Führerschein ab. Würde wohl jeder Richter begrüssen. Es sei denn, man übersieht mal einen Radfahrer.
Mit unbeleuchteten Radfahrern habe ich nur als Radfahrer ein Problem aber nicht wenn ich Auto fahre.
at siggi:
bei nässe glitzert alles wie ein tannenbaum, da kann man schon mal so einiges übersehen.
als berufsfahrer mit entsprechender schicht im lauten bus mit innenbeleuchtung
ist das dann so wie WDR4 laut aufdrehen und innenbeleuchtung im privatPKW einschalten und dann noch was sehen wollen
ich bin eher für reflecktierende hundeleinen als das verhalten des MTB-fahrers zu rechtfertigen
immerhin sagt das OLG ja schon „Beleuchtungs- ODER Reflexionseinrichtung“
warscheinlich stellt ein katzenauge vorn und hinten dann nur eine mittlere Eigengefährdung da
Immerhin heisst das, dass der Busfahrer als Berufskraftfahrer zu 70% die Haftung trägt. So gesehen finde ich das in Ordnung.
Die meisten Radfahrer verhalten sich sowieso, als ob sie unsichtbar wären. Zumindest gegenüber dem Fahrbahnverkehr. Deshalb ist es eigentlich egal, ob sie (aktiv) beleuchtet sind.
Mir ist das zu anstrengend. Ich beweg mich mit dem Fahrrad genauso wie mit dem Auto. Deshalb bin ich auch nachts voll beleuchtet und hab zumindest einige Reklektoren.
Von reflektierenden Hundeleinen / Fußgängern halte ich nicht viel. Zumindest nicht als Forderung für die sichere Teilnahme am Straßenverkehr. Bisher ist das so geregelt, dass Fahrzeugführer auch mit nicht reflektierenden Fußgängern rechnen müssen, also ggf. im Dunkeln ihre Geschwindigkeit nach unten anpassen müssen.
Bei Radfahrern sehe ich die Notwendigkeit von aktiver und passiver Beleuchtung, insbesondere wenn man, wie Kai schreibt, normal am Straßenverkehr teilhaben will.
Die einzige Gefährdung, die von meinem Rad ausgeht ist der Lichtkegel des Edelux. Wahrscheinlich bekomme ich 30% Teilschuld, wenn ich nen Omnibusfahrer damit blende und er von der Fahrbahn abkommt.
Sieht halt nicht so stylisch (cool) aus mit
so blöder Beleuchtung am Design-Rad …
Sieht doch im Dunkeln keiner 🙂
Moment, hier stimmt was nicht. Rein statistisch gesehen fehlt bei diesen Kommentaren die „ich fahr ohne Licht weil ich brauch’s nicht etc“-Fraktion.
Werdet Ihr alle von Schmidt, Bumm & Co bezahlt?
Fragt ein mit Schmidt- und Bumm-Produkten bestens versorgter
BikeBlogger
Ach so: noch was zum Thema. Ich halte das Urteil auch für ok.
@bikeBlogger
Ich denke die, die hier nicht zur Schmidt, Bumm & Co-Fraktion gehören, gehören dann zur Knog, Cateye, Smart/Union besitzenden und von Lupine und expoure träumenden Akku-Poitionslicht-Fraktion. Die Produkte dieser Hersteller passen dann auch am Designrad. 😉
…tatsächlich bin auch ich jemand, der – bei aus welchem Grund auch immer ausgefallenen Licht – nach Feierabend entweder noch eine neue Batterie oder gar Lampe – wenn vergessen – (Smart Eur 10.-) im Laden um die Ecke holt, als ohne Licht zu fahren, weils einfach keinen Spaß macht – Und wenn die Läden zu sind, läuft oder das Rad in die Straßenbahn nimmt.
Mit B&M und Nabendynamos und supertollen Edelsonstwas-Lampen im Retrodesign kann man mich allerdings tatsächlich jagen, weil samt und sonders – rein subjektiv natürlich – grottenhässlich. Fast so schllimm wie Sigma/Trelock 😉
Eventuell ist die Zielgruppe hier eine etwas andere als der durchschnittliche Radfahrer. Die meisten machen sich über die Ausgestaltung des Straßenverkehrs nicht viele Gedanken.
@chris: okee… aber bevor ich mir ne Lupine anschaffe spare ich das Geld lieber für ne Rohloff-Schaltung… eloxiert und dazu farblich passend den SONdelux…
So hat jeder seine Träume.
hier haben doch alle n langen lichtpenis 😉
apropos licht: es wird frühling. die fahrradidioten im dunklen ohne licht werden mehr 😉
Die, die den Winter über Auto gefahren sind, fahren nun wieder vermehrt Fahrrad. Das bedeutet, dass der Durchschnitt der Autofahrer sich jetzt etwas besser an die Regeln hält, der Durchschnitt der Radfahrer etwas schlechter.