Immer wieder wird in Diskussionen die Meinung vertreten, dass Kennzeichen böse Radfahrer zur Räson bringen würden und nach Unfällen, bei denen angeblich besonders Radfahrer durch Fahrerflucht auffallen, vorteilhaft wären. Zwar wären Kennzeichen für Radfahrer keine Katastrophe, doch wären sie wohl nichtsbringender Aktionismus.
In meinen Beiträgen weise ich immer wieder darauf hin, dass die öffentliche Wahrnehmung nicht unbedingt den Unfallgefahren entspricht. Ein besonders geeignetes Beispiel ist immer wieder die Stadt Münster, die einen gleich hohen Anteil an Rad- und Autofahrern hat. Ideale Bedingung, um Unfallzahlen zu vergleichen – Autos sind dort in mehr als 10x so viele Unfälle verwickelt wie Radfahrer.
Auch zeige ich immer wieder anhand von Beispielen auf, dass die Mär des sich wohlverhaltenden Autofahrers und des rüpelhaften Radfahrers nicht zutrifft, sondern dass in beiden Gruppen erhebliche Defizite in der Regelwahrnehmung bestehen. Die Häufigkeit des Regelbruchs ist dabei schwer zu messen, da sich die Verstöße unterscheiden. Fahren Radfahrer „generell“ bei Rot oder auf dem Bürgersteig, so fahren Autofahrer „generell“ zu schnell und achten beim Rechtsabbiegen nicht auf Radfahrer.
Dass sie ein Kennzeichen haben, hindert sie daran übrigens nicht – dabei ist das eines der Hauptargumente der Befürworter einer Kennzeichenpflicht für Radfahrer.
Im übrigen besteht in Deutschland keine Halterhaftung – das bedeutet, dass der anhand des Nummernschildes ertappte Radler sich ebenso herausreden kann wie der ertappte Autofahrer, derartige Stories kann man täglich neu unter radarforum.de nachlesen (Taschentuch nicht vergessen, meist sind die Geschichten rührselig ausgeschmückt).
Wollen wir wirklich eine weitere Bürokratie, die am Ende nichts bewirkt? Eine Art Dosenpfand für den Straßenverkehr? Ich sage nein. Als Radfahrer, der sich an die Regeln hält, helfen solche Nebelkerzen nicht, wenn ich danach weiterhin von Fahrzeugen mit Kennzeichen in Engstellen überholt oder auf dem Radweg gefährdet werde.
Wann kommt endlich der öffentlich diskutierte Vorschlag, der die Situation regelkonform fahrender Radler verbessert?
Berlinradler
Ich nehme hier in Regensburg (Gast in Berlin) wahr, dass mich zunehmend die Mitradfahrer mehr nerven als die Autofahrer. Das hat die Ursache darin, dass zu viele Radfahrer auf zu engen Radwegen zusammengepfercht sind, aber das hilft ja in der Praxis nix. Zu Zweit mit MP3 Player in den Ohren nebeneinander mit Schmackes um die Kurve ist einfach scheiße. Kennzeichen helfen sicher nix sondern nur gscheit zusammenstauchen, d.h. sozialer Druck. Es ist NICHT cool andere zu gefährden. Auch nit mit dem Rad.
Vergiss es.
Sieh Dir den Stand der Diskussion um sogenannte „Fixies“ an, da erkennst Du, wie sehr schon unter Radfahrern Regelkonformität umstritten ist.
Es ist angesagt, seine individuelle Freiheit auszuleben, der Rest ist das störende „Schweinesystem“, Autofahrer sind sowieso Schweine, und Verkehrsregeln dienen ausschließlich dem Autofahrer.
Und technische Überlegungen, daß in recht dicht befahrenen Gebieten funktionierende Bremsen vielleicht auch einen Nutzen haben könnten, werden mit Hinweisen auf das überlegen-vorausschauende Fahrverhalten plattgebügelt.
Bei diesem Diskussionsstand ist ein Versuch, die Gesamtsituation zu verbessern, wirklich völlig nutzlos.
So schade und so ärgerlich das auch ist.
Da haben sich anscheinend in perfekter Eintracht zwei Freunde der Vorschrift als Selbstzweck gefunden. So wünscht sich das der Autofahrer, das die da Unten nur nach unten treten. Zum Beispiel das von Prokrastes‘ den Radfahrern unterstellte
„Verkehrsregeln dienen ausschließlich dem Autofahrer“
Beweise das Gegenteil! Meine Prognose: Kannst du nicht.
Es gibt in der aktuellen STVO auch regeln die das Radfahren betrefen, und diese sin einzuhalten, da gibt es kein wenn und aber.
Dieses verhalten was einige Radfahrer in Berlin an den Tag legen Kotzt mich echt an. Es wird auch immer schlimmer, mitlerweile bin ich soweit zu sagen, ja ich möchte Kennzeichen für Radfahrer, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit grösser das mann diesen ganzen “ ach ich lebe meine Freiheit aus, alles andere kümmert mich nicht“ Fahrer ein wenig einhalt gebieten kann. Genau wegen solchen leuten haben Radfahrer doch einen solch schlechten ruf.
heute morgen auch wieder son patienten gehabt, der mich an jeder roten ampelkreuzung, an der ich gehalten habe, überholt hat. hab ihn jedesmal danach wieder überholt. das spiel ging dreimal so, bis er abgebogen ist. natürlich bei rot.
was mich dabei ankotzt ist, dass solche leute massiv zum negativbild der radfahrer beitragen. merken tun sich die leute nämlich nur die bei rot fahrer und nicht die, die anhalten
Das stimmt, Philip. Besonders schwer nachvollziehbar finde ich die Rotfahrer, die nah an den Fußgängern durchziehen, die bei grün gerade loslaufen wollen. Als Fußgänger gucke ich bei grüner Ampel immer nach links, ob nicht ein Radfahrer kommt. Als Radfahrer fahre ich schon in Normalsituationen am liebsten mit 10 Metern Abstand an Fußgängern vorbei, insofern kann ich solche Leute schon gar nicht verstehen.
Ob sie das aber mit Kennzeichen echt nicht tun würden?
Das problem ist doch das mann auf dem Fahrrad anonimität geniesst, aber mit Kennzeichen wäre es damit vorbei insofern denke ich schon das es was bringen würde.
„Das problem ist doch das mann auf dem Fahrrad anonimität geniesst, aber mit Kennzeichen wäre es damit vorbei insofern denke ich schon das es was bringen würde.“
Klar bringt es was:
1. Kosten für die Kennzeichen. Du hast 5 Fahrräder? Tja, dann eben fünfmal so viele Kosten. Und sicherlich muss man die Kennzeichen alle x Jahre erneuern.
2. Als Folge aus 1.: weniger Leute, die Rad fahren. Damit: weniger Sicherheit für alle.
3. Man muss ständig damit rechnen, sich mit unberechtigten Anzeigen von Käfigtieren auseinandersetzen zu müssen („Der ist aber nicht auf dem Radweg gefahren und hat mir den Platz auf der Fahrbahn weggenommen!!!“). Was potentiell wieder zu 2. führt.
4. Kosten für Staatsanwaltschaft, Polizei und Gerichte. Wie berlinradler oben schon schreibt: ein Kennzeichen führt nicht dazu, dass man Leute effektiv strafverfolgen kann. Im Zweifelsfall wars eben mein Bruder, der auf meinem Rad gefahren ist. (Klar, dann kann man natürlich noch das Fahrradfahrtenbuch fordern…) Dass das durch Bußgelder jemals ausgeglichen wird, ist garantiert nicht der Fall.
Ist schon faszinierend, wie RadfahrerInnen begierig Forderungen aufgreifen, die ihnen selbst massiv schaden würden.
Ich glaube du verstehst mich falsch, ich will mir nicht selber schaden, und eigentlich wäre es mir auch zu Blöd mir ein Kennzeichen ans Rad zu Schrauben. Irgendetwas muss aber Passieren den so schlimm wie dieses Jahr war es meiner meinung nach noch nie. Es sind viel mehr Räder unterwegs als sonst, nur die meisten dieser Radler kümmern sich echt überhaupt nichts um irgendwelche regeln, ich habe so das gefühl das es mittlerweile zum guten ton gehört bei Rot zu fahren, auf der falschen seite und ohne Licht, vom Bürgersteigfahren ganz zu Schweigen. Irgenwie nervt das ganz gewaltig, es heisst dann nämlich immer Radfahrer machen was sie wollen und regeln kümmern die nicht. Gerde in letzter zeit spreche ich solche leute öffters mal an, aber es bringt absolut nchts ausser beleidigungen. Das ist halt meine meinung wenn es auch nur ein wenig dazu beiträgt, solch ein Verhalten zu ändern dann bin für KNZ, auch wenn mich die Idee nicht ganz Überzeugt.
@Markus.M: Ich kann Deine Empfindungen durchaus nachvollziehen, da es viele chaotische – oder oft auch nur chaotisch wirkende Radfahrer gibt. Aber:
Es gibt Straßen, in denen Radfahrer sich weitgehend regelkonform verhalten und dann gibt es Straßen, wo fast alle Radfahrer nicht regelkonform fahren. Oftmals ist es schlichtweg ein fehlendes vernünftiges Angebot für Radfahrer, das sie dazu verleitet, beispielsweise auf den Bürgersteig auszuweichen. In einer Fahrradstraße machen Radfahrer nicht viel falsch.
Überhaupt nicht nachvollziehen kann ich, dass andere Radfahrer das Verhalten anderer Autofahrer nicht ebenso chaotisch finden. Akzeptiert man es, dass man in manchen Straßen generell zu nah überholt wird und dass man auf Radwegen generell geschnitten wird? Und zwar von Leuten mit Kennzeichen, das muss ich nochmal wiederholen.
„Chaotisch“ ist ein Großteil der Verkehrsteilnehmer, völlig unabhängig vom Verkehrsmittel.
@Markus: Klar, genervt bin ich von manchen MitradfahrerInnen auch.
Tipp 1: Radwege meiden. Immer schön auf der Straße fahren (zumindest wenn man halbwegs schnell fährt). Ist zwar bei Benutzungspflicht nicht regelkonform und man wird manchmal angehupt, aber insgesamt viel schneller und entspannter als auf überfüllten Radwegen mit GeisterradlerInnen etc.
Tipp 2: Live and let live. Aufregen und genervt sein bringt nix. Andere Leute ansprechen in der Regel noch weniger (und kann sogar gefährlich sein). Solange also niemand außer der regelbrechenden Person gefährdet oder behindert wird, einfach einmal mit den Augen rollen und es dann wieder vergessen.
@berlinradler:
„Es gibt Straßen, in denen Radfahrer sich weitgehend regelkonform verhalten und dann gibt es Straßen, wo fast alle Radfahrer nicht regelkonform fahren. Oftmals ist es schlichtweg ein fehlendes vernünftiges Angebot für Radfahrer, das sie dazu verleitet, beispielsweise auf den Bürgersteig auszuweichen. In einer Fahrradstraße machen Radfahrer nicht viel falsch.“
Da sprichst du glaube ich einen zentralen Punkt an. Beispiel Schönhauser Allee. Im Bereich der Hochbahn hat man es immer mit großen Mengen GeisterradlerInnen zu tun. Hauptgrund: Man kann nur an wenigen Stellen die Straße überqueren und muss somit, wenn man links in eine der kleineren Straßen abbiegen will, entweder einen Umweg fahren oder auf der falschen Seite fahren. Dort, wo es von der Torstraße bergauf geht, hat man es mit einer Kombination aus Benutzungspflicht und auf dem Radweg rumstehenden/-torkelnden Kneipenpublikum zu tun. Konsequenz: Ich fahre auf der Straße.
Andererseit gibt es natürlich auch bei der bestmöglichen Infrastruktur immer noch genug Deppen, die es nicht schaffen, an einer Ampel mal kurz anzuhalten.
„Überhaupt nicht nachvollziehen kann ich, dass andere Radfahrer das Verhalten anderer Autofahrer nicht ebenso chaotisch finden. Akzeptiert man es, dass man in manchen Straßen generell zu nah überholt wird und dass man auf Radwegen generell geschnitten wird? Und zwar von Leuten mit Kennzeichen, das muss ich nochmal wiederholen.“
Ist halt eine andere Art von „chaotisch“. An einer roten Ampel stehen die Chancen ziemlich gut, dass Käfigtiere sich dran halten, und in der Einbahnstraße kommen sie einem auch selten entgegen.
@Markus.M … da fällt mir gerade ein, dass ich gestern auch mal wieder ohne Licht unterwegs war. Genauer ohne Rücklicht. Also so wie neulich auf dem Leihschrott – dank Seitenläuferdynamo und Regen damals auch ohne Frontstrahler.
Aber zurück zu gestern: Mein Fahrradladen – super professionell! – hatte den Auftrag, das Rücklichtkabel ordentlich im Rahmen zu verlegen. Nach jetzt einem Monat scheint dies möglicherweise sogar die Garantiezeit zu überleben. Zumindest das Kabel im Rahmen.
Doch leider, ja leider, muss ich es praktisch vor jeder Teilstrecke kontrollieren – hieß übrigens KDVE bei der NVA. Also einmal um das Fahrzeug rumlaufen und gucken, ob noch alle Räder dran sind – natürlich mit Lichtprobe.
Ja das kleine Problem ist, dass mein Fahrradladen – gleich super professionell! – am Ende der Kabel irgendwelche Gumminippel rangepappt hat, die leider, leider nicht mit dem super hochwertigen Rücklicht eines großen deutschen Herstellers kompatibel sind und immer abfallen. Also zum Beispiel beim Abnehmen der Office Bag. Das nix verlötet oder wenigstens passend verdrillt ist, muss hier sicher nicht groß erwähnt werden. Vielleicht empfielt der große deutsche Lampenladen auch genau diese Gumminippel – vielleicht, weil es doch schon immer so gemacht wurde.
Klar, was ich damit sagen will: Mit Nummernschild wäre dies garantiert nicht passiert. Denn da hätte ich mich schon längst ans Werktor aller Made in Germany produzierenden Fahrradfreunde angekettet und es wären nur noch Fahrräder mit Licht ausgeliefert worden – sagen wir mal, die sogar Licht haben, das sogar geht. Man gibt ja die Hoffnung nie auf …
Interessant in diesem hier selbst produzierten Sommerlochgejammer wäre übrigens mal zu erwähnen, dass das leuchtende Beispiel der Fahrradkennzeichnung mit Nummer (aus 30 Zentimeter Entfernung gut zu lesen) , nämlich die perfekte Schweiz, diese gerade abschaffen will, da sinnlos, bürokratisch und teuer …
Was bringen Nummernschilder, wenn es keinen Unfall, keinen Personen- und keinen Sachschaden gab? Am Sonntag hat mich musste sich ein Kombifahrer mit TF-Nummer hinter mir in einer Tempo-30-Zone bei Tempo 27,5 so ärgern, dass er mich bei der nächsten Lücke in die ich rechts reingefahren bin, mit dem Spiegel streifen musste. Und hatte er mit seiner Abmahnung nicht recht? Schließlich bin ich doch 2,5 km/h unter der geforderten Mindest- … äh … Höchstgeschwindigkeit geblieben. Was hätte wohl der leitende Dorfpolizist zu einer Anzeige gegen den unbescholtenen Bürger im Individualfahrzeug gesagt?
Ich bin übrigens nach wie vor für die Einhaltung von Verkehrsregeln – und im Zweifel für deren Änderung, falls sie schwachsinnig sein sollten. Was gar nicht geht, andere Verkehrsteilnehmer vom Fahrrad aus belehren zu wollen. Machen ja auch einige Verkehrsteilnehmer aus ihrem Individualfahrzeug heraus – und kommt gaaanz schlecht an …
Selbstproduziertes Sommerlochgejammer ist gut, die Redewendung merke ich mir 😉
Also Ermahnungen finde ich auch nicht so hilfreich. Besonders ärgerlich, wenn sie inhaltlich falsch sind – oft in Zusammenhang mit freigegebenen Einbahnstraßen oder nicht benutzungspflichtigen Radwegen. Ich würde als Radfahrer keinen anderen Verkehrsteilnehmer ermahnen, bzw. tue das allenfalls 1x im Jahr, wenn jemand mich übertrieben gefährdet hat. Ich überlasse das Ermahnen lieber Polizei und Ordnungsamt – deren Aufgabe, und meistens kennen die auch die Regeln.
Ganz fatal finde ich Ermahnungen durch eigenes Fehlverhalten. Wenn jemand bei Rot über die Ampel fährt, hat man schlichtweg nicht das Recht, einfach draufzuhalten. Man muss bremsen, egal wie „ungerecht“ einem das erscheint.
Das thema ist bei mir nur so Hochgekocht weil ich am WE mit meinem Sohn auf der Herrstr. zwei begegnungen mit Geisterfahrern hatte, die sind nicht einen mm ausgewichen, und er wäre fast gestürzt. Ich selber bleibe immer ruhig (fast), nur wenn mein Sohn durch solche leute Gefährdet wird, das regt mich dann einfach auf.
@ Berlinradler: ich mache so etwas nur sehr sehr Selten, nur wenn solche leute mich wirklich gefährden.
berlinradler hat es angesprochen: ich denke auch, dass fehlverhalten oft durch schlechte verkehrsführung produziert wird.
wenn ich mal in die schönhauser allee fahre, dann sche*** ich auch auf den benutzungspflichtigen radweg, weil er mir einfach zu gefährlich ist. viel zu wenig platz für die massen an radlern, geisterradler, zugeparkt, fußgänger usw.
Ja wodurch ein Verhalten „erzeugt“ wird is doch eine völlig andere Ebene! Wenn mir einer eins aufs Maul haut is mir der Familienhintergrund erstmal egal.
Es geht auch nicht um Regelkonformität sondern um die Anwendung von ein bisschen gesundem Menschenverstand.
Gerade WEIL Radwege gefährlich gebaut sind muss man dort eben – sorgfältig – fahren. Das ist IM PRINZIP auch in Gegenrichtung möglich. NUR wird dadurch das Beispiel für die gesetzt, die nicht sorgfältig fahren können oder wollen. So, und nicht aus Prinzipienreiterei oder Staatsbegeisterung kommt die Regel ins Spiel.
Im Übrigen: Daran, dass ihr körperliche Gewalt fürchtet wenn ihr diese Kandidaten ansprecht („kann gefährlich sein“) sieht man doch mit welchen Typen man es da zu tun hat. Muss ich mich mit denen solidarisieren?
Face it: Nicht alle Radfahrer sind die Guten, dass sie glauben sie wären es macht sie Böse.