Ein glücklicher Küchenchef grinst vom Titelblatt der neuen RadZeit und freut sich, dass er für sein Café in Köpenick Reklame machen darf. Im Heft geht es ebenfalls sehr harmonisch zu. Kritik an der Potsdamer Provinzposse Fahrradschiebestrecke in den Schlossgärten? Ja, aber bitte moderat formuliert und als Gegenpart ein Interview mit Martina Woiwode, in der Potsdamer Stadtverwaltung zuständig für den Radwegebau, die wortreich darlegt, dass im Grunde nichts passiert. Originalzitat Woiwode: „Für den Weg im Königswald ist eine gemeinsame Lösung mit der Forstverwaltung zu finden. Es ist vorstellbar, dass die Stadt Potsdam eine Ausbauplanung anschiebt und Fördermittel beantragt. Hierzu sollen dieses Jahr weitere Gespäche aufgenommen werden, so dass eine mittelfristige Verbesserung in Aussicht steht“ (RadZeit 2 2007, Seite 25). Politik nach Gutsherrenart, wo selbst das Beantragen von EU-Fördermitteln als Gnade der Obrigkeit gegenüber den Radfahrern erscheint.
Den Nagel auf den Kopf trifft Dirk Jacobi in einem Leserbrief an die RadZeit: „Ich habe den Eindruck, dass die RadZeit an Biss verloren hat. Es steht nicht mehr im Vordergrund anzuprangern, wie fahrradunfreundlich Berlin in vielen Teilen immer noch ist und es werden auch nicht konstruktiv die notwendigen einschneidenden Veränderungen von der Politik eingefordert. Sondern es wird sich ausgeruht auf den erreichten, aber noch viel zu kleinen Fortschruitten. Das ist mir zu wenig. Ich wünsche mir wieder mehr radikale Visionen“ (RadZeit 2 2007, Seite acht).
Danke, liebe RadZeit-ler, dass ihr diesen Leserbrief abgedruckt habt und hoffentlich gibt es ganz viele Dirk Jacobis in dieser Stadt. Die RadZeit Nummer 2 erhält man kostenlos in der Geschäftsstelle des ADFC in der Brunnenstraße 28 in Berlin Mitte, an vielen weiteren Stellen und natürlich auch auf der Sternfahrt am übernächsten Wochenende.
Link zur Onlineausgabe wird nachgereicht, sobald die Nummer zwei im Netz ist.
Demokratie ist schon eine schwierige Angelegenheit. Plötzlich dürfen Anwohner beim Straßenausbau nicht nur in Potsdam mitreden und schon ist Schluss mit dem Berliner Mauerweg zum Beispiel im Rotkehlchenweg (wie auch – nur zur Erinnerung – im Mauerpark, Fichtestraße, Heiligenseestraße und vielen anderen geplanten Asphaltierungen/Radspuren im Berliner Fahrradroutennetz…) – die eigentliche Quintessenz im Woiwode-Interview. Gutsherrenart wäre übrigens das Ignorieren von Anwohner-/Eigentümer-Interessen… 😉